Schweitzer Fachinformationen
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Urzeit, Dinos, Abenteuer: Die Sehnsucht des Menschen nach der Geschichte unseres Planeten ist ungebrochen. Weltweit lassen Paläo-Nerds dieser Leidenschaft freien Lauf. Doch was zum T.rex sind Paläo-Nerds? Es sind Menschen wie Sie und ich, die als Hobby- und professionelle Paläontologen eifrig, fast schon besessen, die Vorzeit in all ihren Facetten erkunden. Die Urwelt bezaubert sie so sehr, dass sie jede freie Minute nach Fossilien jagen, Museen bevölkern und aktiv die Diskussionen in Wissenschaft und Popkultur mitgestalten.
Stefan Schröder ist einer von ihnen und nimmt Sie in diesem Buch mit auf eine Abenteuerreise voller faszinierender Menschen und Gestalten. Er geht der Entwicklung des Lebens ebenso auf den Grund wie dem Ursprung und den teils bizarren Spielarten unserer Faszination für Brontosaurus, Mammut und Co. Unzählige überraschende Begegnungen, Erkenntnisse und Einsichten säumen den Weg.
Lassen Sie sich mitreißen von einer Leidenschaft, die vieles ist, aber niemals »knochentrocken«!
Prolog
Vorwort von Dr.Achim Schwermann, Paläontologe am LWL-Museum für Naturkunde, Münster
Kapitel 1: Herzlich willkommen!
Ihr Reiseleiter
Erwartungen
Unsere Route
Kapitel 2: Was mache ich hier eigentlich?
Eine Frage, die verbindet
Balve damals, Balve heute
Grabungsalltag
Die Neugier bleibt
Intermezzo Nr.1: Jurassic Park - Eine Bilanz
Kapitel 3: Auf ins Abenteuer!
Werkseinstellung: Etwas erleben!
Macht Euch die Erde untertan?
Ein Haltungswandel
Zurück nach Balve
Die Initiation
Staunen
Ein Dinosaurierpark für Gazas Kinder
Sehnen
Suchen
Natürlich: Die »Krebse aus der Urzeit«
Intermezzo Nr.2: Menschliche Dramen vor episch-ewiger Kulisse
Kapitel 4: Der Dino in uns
Getrennte Wege
»Procy« und »Proto«
Rammstein und die Riesenechsen
Kapitel 5: Die alte Diva Erdgeschichte
Terra, Theia und Luna
Ein Fußbad in der Ursuppe oder: LUCA
Zeitsprung
Ruckzuck liegt der Schiefer tiefer
Landgang
Die Menschheit
Intermezzo Nr.3: Gruppen und Communities, die es in puncto »Besessenheit« mit den Paläo-Nerds aufnehmen können
Kapitel 6: Erdgeschichte(n): Wie und warum Menschen in die Urzeit reis(t)en
Mary Anning Rocks!
Anya und Evie
»Steine klopfen«: Warum Adam Stuart Smiths Berufsberater
Recht behalten sollte
Simon Felix Zoppe hat ernst gemacht
»Es ist kein einfacher Brotjob« - wie Dr. Achim Schwermann über die Paläontologie denkt
Im »Dinoversum« von Kathrin Manz
Peter Gensels Wunderkammer
Ein Mammutzahn im Lennebett - In Erinnerung an Rolf Blindert
Rex, Drugs and Rock´n´Roll: Slash ist ein Paläo-Nerd!
Kapitel 7: Der Paläo-Nerd: Entstehung, Verbreitung und Lebensraum
Tags im Museum
Eine Doku der besonderen Art
Intermezzo Nr.4: Wie man einen Dinosaurier gleich zweimal ausgräbt
Kapitel 8: Hilfe, mein Kind spricht dinosaurisch!
Was die Psychologin sagt
Hilfe aus der Urzeit
Mehr wissen als die Großen
Artgerechte Kindererziehung
Kapitel 9: Muss man die Dinos mögen?
Das Wissen über Dinosaurier und die Beschäftigung mit ihnen sind vollkommen nutzlos
Dinosaurier sind ekelig, fies und bedrohlich
Dinosaurier stehlen anderen Urzeittieren und Erdzeitaltern gnadenlos die Show
Dinosaurier sind ausgedachte Produkte der Kommerzialisierung und Projektionsfläche des Imperialismus
Intermezzo Nr.5: Leidenschaft bis auf die Knochen: Der Weg der Elaine Howard
Kapitel 10: Der Nerd in Ihnen darf Heimat finden
Mit Vokuhila in die Lokalredaktion
Passionen
Der sächselnde Koi-Karpfen-Mann
Sandburgen
Ein Kneipengespräch
Tränen der Rührung
Das »Dinosaur Toy Forum«
Leidenschaft schlägt Sinnlosigkeit
Kapitel 11: Das Leben findet einen Weg
Kapitel 12: Jetzt aber raus mit Ihnen!
Schaffen Sie im Kleinen Großes!
Erleben und gestalten Sie Erdgeschichte vor Ort!
Unterstützen Sie eine Sammlung!
Besuchen Sie ein Denkmal oder setzen Sie gleich selbst eins!
Geben Sie Ihr Anliegen an Schulen und Kindergärten weiter!
Tun Sie Gutes!
Schreiben Sie ein Buch!
Besuchen Sie ein Museum!
Häufen Sie Devotionalien an, bis Ihr Zuhause aus allen Nähten platzt!
Malen, zeichnen, skulpturieren Sie!
Peppen Sie Ihren Smalltalk auf!
Abonnieren Sie eine Zeitschrift!
Suchen Sie selbst nach Fossilien!
Epilog
Dank
Paläo-Nerds im Netz / Kontakt
Literaturverzeichnis
Endnotenverzeichnis
»Wir leben in einer mysteriösen Welt voller Unsicherheiten. Und regelmäßig
treffen wir Annahmen, um uns diese zu erklären. Frieden mit der Komplexität
unserer menschlichen Erfahrung zu schließen, erlaubt uns, unserem natürlichen
Zustand der Verwirrung zu entkommen. Erlaubt uns zu überleben.«10
Rick Rubin, US-amerikanischer Musikproduzent (Übers. d. A.)
Fragen wir zunächst uns selbst und, das klingt jetzt vielleicht ein bisschen esoterisch, das Leben selbst, was genau wir auf dieser Welt zu suchen haben. Oft denke ich: Antworten haben wir schon genug, stellen wir uns lieber gute Fragen. Eine, die uns immer wieder dabei helfen kann, unseren Standort zu bestimmen, ist: »Was mache ich hier eigentlich?«
»Was mache ich hier eigentlich?«, fragt sich der Forschende, der Stunde um Stunde mit dem Zahnarztbohrer Gestein von vorzeitlichen Knochen löst. Die Erdgeschichte könnte antworten: »Du suchst nach Erkenntnis. Du befriedigst das urmenschliche Bedürfnis, deinen Standort im großen Ganzen zu bestimmen. Du befriedigst deine angeborene Neugier.«
»Was mache ich hier eigentlich?«, fragt sich die Liebhaberin von Dinosaurier-Devotionalien, die ihrer opulenten Sammlung schon wieder ein sündhaft teures Exponat hinzugefügt hat. Die Antwort könnte lauten: »Du schaffst Ordnung. Das Leben da draußen ist wild und chaotisch, da ist es verständlich, wenn du den Wunsch hast, etwas nach deiner Regie zu arrangieren und zu zähmen, und sei es, dass du die Schädelreplik eines Diplodocus in einer Schauvitrine in Szene setzt.«
»Was mache ich hier eigentlich?«, fragt sich der mittlere Angestellte mit Führungsverantwortung, der dank sinkender Umsätze wieder einmal seinen drängelnden Chef im Nacken spürt und den Stress abends an seiner Familie auslässt. Wenn er genau auf die Antwort hört, wird er womöglich bemerken, dass ihm gerade die Erdung fehlt.
»Was mache ich hier eigentlich?«, fragt sich auch der Neuautor, der gut und gerne weitere Jahrzehnte die Erdgeschichte und ihr Gefolge fruchtlos hätte anschwärmen können. So hätte er sich mühsame Stunden am Schreibtisch gespart - nur, um sich für den Rest seines Lebens zu fragen, wie es wohl gewesen wäre, ein eigenes Buch über seine Leidenschaft zu veröffentlichen.
»Was mache ich hier eigentlich?«, das hat sich keiner unserer tierischen Vorgänger und Mitbewohner auf diesem Planeten jemals gefragt. Es liegt an uns, diese genuin menschliche Fähigkeit zum »Waswäre-wenn?« zu würdigen und zielführend - das bedeutet für mich, dem Leben dienend - zu nutzen.
»Was machen wir hier eigentlich?«, fragen sich die Menschen, seit sie sich ihres beängstigenden Hineingeworfenseins in diese Welt bewusst sind und sich als Antwort Geschichten über das große Ganze ausdenken. Solche Geschichten schafften Zugehörigkeit und Struktur. Durch sie konnten schon unsere Vorfahren den Mut aufbringen, die enormen Anstrengungen auf sich zu nehmen, die die Entdeckung von Neuland und der längst darauf etablierten Lebenswelt immer wieder erforderte.
So. Nach so viel Pathos wird es Zeit, mal etwas Handfestes zu tun. Gehen wir also auf die Knie, aber nicht aus Ehrfurcht, sondern um zu arbeiten. Dafür belohnen wir uns mit einem verwegenen Ausflug in die Kreidezeit, doch ob der wirklich so harmlos wird? Sonnencreme brauchen wir übrigens sowohl für die Arbeit als auch für unsere kleine Zeitreise - Sie haben doch welche eingepackt?
»Was mache ich hier eigentlich?«, fragte ich mich in einem Massenkalk-Steinbruch im nördlichen Sauerland. Hier sah es aus, als sei der Dino-Killer höchstpersönlich eingeschlagen. Über Jahrzehnte hinweg haben Baufahrzeuge aller Art ein gigantisches Loch in die idyllische Hügellandschaft des Sauerlandes gefressen, um die Bauindustrie mit dem Pulver zermahlenen Kalksteins zu versorgen. Vor rund 400 Millionen Jahren, im Devon-Zeitalter, sanken mikroskopisch kleine Lebewesen mit ihren Außenskeletten auf den Meeresgrund. Unter enormem Druck und großer Hitze wurden sie zu kilometerdicken Gesteinsschichten verschmolzen, wie das vorliegende Gestein zeigt.
Fleischflosser wie der in Kanada entdeckte Tiktaalik wagten zu dieser Zeit erste Vorstöße an Land, das bis dahin nur von frühen Landpflanzen und hektisch umher krabbelnden Wirbellosen erschlossen worden war. Im Meer dagegen wimmelte es längst vor Leben. Die meisten der Wesen dort unten hätten wir wohl mühelos als Fische erkannt, wenngleich manchen ein Unterkiefer fehlte.
Vom Meer war hier heute nichts mehr zu sehen. Die Sonne knallte erbarmungslos auf dieses künstliche Loch, ein wahres Tor zur Unterwelt. Gelegentlich zeichnete sich am Himmel die Silhouette eines Greifvogels ab. Dornbüsche, Flechten und niedrige Sträucher rangen wie einst die allererste Vegetation um Nährstoffe aus dem Gestein. Am Anfang war die Erde wüst und leer.
Am Rande dieses Lochs hockte ich auf den Knien in gut zehn Metern Höhe auf dem Sims einer ziemlich steilen Wand. Vor mir verlief eine gut einen Meter hohe und rund vier Meter breite Stufe aus grauem, zähem Ton. Sie wurde »Balve X« genannt. Hinter mir gähnte der durch ein grünes Tornetz gesicherte Abgrund. Ich arbeitete ein Stückchen urzeitlichen Schildkrötenpanzer aus dem lehmigen Ton heraus, gut erkennbar an seiner noppigen Oberflächenstruktur. Erdgeschichte im Feld lehrt Entschleunigung, denn ein Fossil zeigt sich nicht früher, wenn man heftiger schabt. Sorgfalt ist gefragt; man folge den Formen des Fossils. Grabzeit und ausgegrabene Zeit näherten sich gefühlt einander an. Schweiß durchtränkte meine Baseballmütze, irgendwo surrte ein Insekt. Rechts neben mir hockte Tom aus New Jersey, ein junger Spezialist für ausgestorbene Haie, und legte ein Knochenfragment frei. Links neben mir pellte Dennis, Student der Geowissenschaften aus dem Ruhrgebiet, mit einer Tonschlaufe zähe »Dönerstreifen« von einem der vielen lästigen Felsbrocken ab, die unseren Wunsch nach Fortschritt bei der Grabung immer wieder auf eine im wahrsten Sinne harte Probe stellten. Zentimeter für Zentimeter schabte Dennis vom Fels, bis er das im Durchmesser gut 60 Zentimeter große Stück schließlich aus dem Ton rütteln konnte, um es dann trotzig den Abhang hinunterzuwerfen. Mit einem lauten »Platsch!« fiel der Stein in den Schlämmwassersee. Empört sprangen einige Heuschrecken aus dem angrenzenden Gebüsch, dann kehrte wieder konzentrierte Ruhe ein.
Meine Gedanken gingen auf Reisen und malten ein Bild der vorzeitlichen Landschaft, deren Überreste wir in diesen Sommertagen des Jahres 2023 bargen. Ich schweifte ab in eine Zeit ohne Menschen, genau genommen auch ohne Zeit. Das Insekt surrte noch immer. Ich hockte jetzt in dichtem Unterholz, dort, wo ein weiter Sandstrand mit dem bewaldeten Inneren der Insel zusammenwuchs. Karibikflair umwehte mich, doch statt Kokospalmen wuchsen hier am Ufer Schachtelhalme und Nadelgehölz.
Ich blickte auf einen weiten, flachen Meeresarm. Erst weit dahinter schien am Horizont wieder Land in Sicht. War ich auf einer Insel? Da! In der Ferne zeichnete sich eine Herde vierfüßig laufender Saurier ab. Nase voran! Längliche Köpfe, eineinhalbmal so groß wie der eines Pferdes, vorn mit schnabelartigen Mäulern ausgestattet, reckten sich gemächlich, aber wachsam in die Brise. Vom Hals einiger Exemplare schlabberten rosa Lappen. Waren das etwa die Männchen? Die Vorderfüße sahen aus wie Multifunktionswerkzeuge. Diese Leathermans des Erdmittelalters waren mit fünf Fingern ausgestattet und liefen elegant auf den mittleren drei. Ihre Daumen hingegen sahen aus wie gigantische Stachel. Was sie wohl damit taten? Nach außen schließlich stand ein kleiner, scheinbar sehr biegsamer Finger ab. Wow, waren das schöne Tiere! Ich kannte sie, ich hatte sie so ähnlich schon einmal gesehen!
Sie werden aufgrund ihrer weiten Verbreitung, ihrer großen Zahl sowie ihres Fressverhaltens oft als »Kühe der Kreidezeit« bezeichnet; von ihren Händen schwärmt die Wissenschaft. Iguanodon! Wie viele Tiere es wohl waren? Vielleicht 30, vielleicht 50, schwer zu sagen hier im Gebüsch. Von rechts nach links liefen sie zügig zur Höhe meines Strandabschnittes. Ich blieb lieber hocken!
Der Himmel war mit leichten Federwolken bedeckt, über Land und Wasser lag ein nebliger Schleier. Die Herde kam zügig näher, war jetzt vielleicht noch einhundert Meter entfernt. Eine an Dezibel nicht gerade arme Mischung aus Grunzen und Schnaufen erreichte meine Ohren, der wattschmatzende Sound der riesenhaften Geschöpfe mischte sich hinein. Die Iguanodons wogen ihre Köpfe sanft hin und her und hielten ihre Schwänze schräg in die Höhe, als wollten sie mit ihm geheimnisvolle Signale empfangen. Ein elegantes Gesamtbild war das, nicht so unbeholfen wie das der Tauben, ihrer entfernten späteren Verwandten, die in Millionen Jahren über die Marktplätze stolpern und die Abfälle unserer Zivilisation aufpicken würden. Das hier dagegen war Anmut pur.
Zwischen den vierbeinig laufenden Erwachsenen spurtete behände auf den Hinterbeinen die Kinderstube mit. Jetzt konnte ich sie zählen: Es waren 41 Tiere in unterschiedlichen Altersstufen. 13 davon bilden den Nachwuchs. Später, wenn die Mägen größer und sich dadurch der Körperschwerpunkt weit nach vorn verlagern würde, werden sie zu einem...
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