Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
" Recession is when your neighbor loses his job. Depression is when you lose yours.
RONALD REAGAN
Bei den meisten Krisen dieser Welt besetzen wir lediglich die passive Rolle des Zuschauers. Und weil auch die größten Krisen dieser Welt bereits nach zwei Monaten aus den Schlagzeilen verschwunden und nach einem Jahr nur noch ein Teil der Weltgeschichte sind, haben wir gelernt, mit ihnen zu leben. In Sachen Krisenbewältigung ist der Nahe Osten für uns genauso weit entfernt wie der Zweite Weltkrieg. Die deutsche Insel der Glückseligkeit basiert auf dem, was wir aus unserer Geschichte gelernt haben - und natürlich auf unserer geografischen Lage, die uns vor Naturkatastrophen größeren Ausmaßes bewahrt. Wir waren diesbezüglich eigentlich schon immer gesegnet.
Bis heute. Denn heute sind wir eine reiche Industrie- und Exportnation - und somit ein bedeutender Teil des globalen Wirtschafts- und Finanzsystems. Wir sind sowohl High Potentials als auch Global Player, und im Gegenzug sind wir verwundbar und müssen insbesondere finanzielle Krisen und ihre Folgen ertragen und meistern, wo und von wem auch immer sie auf diesem Planeten ausgelöst werden. Diese Krisen treffen nicht nur unsere Wirtschaft, sondern auch jeden Einzelnen: Inflationen, Rezessionen, Entwertungen und Zinsschwankungen bestimmen unseren persönlichen Kontostand, denn auch wenn dieser konstant bleibt, so ändert sich eins doch immer: seine Kaufkraft. Denn was ist Ihre 500.000-Euro-Kapitallebensversicherung, Ihre persönliche Lebensleistung, tatsächlich wert, wenn sie in zwanzig Jahren ausgezahlt wird? Kann Ihr Aktiendepot respektive Ihre Fondsbeteiligung einen Lebensabend im gewohnten Wohlstand garantieren? Was ist Ihre Immobilie noch wert, wenn Ihr neuer Nachbar eine Giftmülldeponie, ein Atomkraftwerk oder eine Schnellstraße ist? Oder wenn die Zentralbank in einer Rezession ganz bewusst die Zinsen anhebt und parallel dazu die Kreditvergabe einschränkt? Und wie sieht es mit Ihrer Schiffsbeteiligung aus, wenn der Eisberg mal wieder stärker oder der Kapitän mal wieder inkompetenter war?
Eine todsichere Sache mal zwei: Bundeswertpapiere, für die unsere Regierung einsteht - und das Sparbuch, das risikofrei einen Hauch von Zinsen abwirft, die nicht einmal die Steigerung der Lebenshaltungskosten auffangen. Glück winkt hier dem, der mit weniger zufrieden ist. Doch wie sicher ist das Glück, das Staaten und Banken anscheinend garantieren? Werfen wir einen analytischen Blick in die Garantiebedingungen - und erweitern wir unseren Blickwinkel mit einer kräftigen Prise Hintergrundwissen zum Thema Geld und Finanzen.
LEHMAN BROTHERS. KLEIN, ABER OHO. --------------------------------
Bankgeschäfte basieren wie alle anderen Geschäfte auf gegenseitigem Vertrauen. Ihr persönlicher Berater am Bankschalter gehört schon zur Familie, denn im Gegensatz zu Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen und den meisten Verwandten kennt er Ihren persönlichen Kontostand. (Seien Sie ihm trotzdem nicht böse, wenn er Ihnen viele Zusammenhänge, die Sie nach Zuklappen dieses Buchs kennen, nicht vermittelt, denn er selbst hat dieses Wissen von seinem Arbeitgeber niemals erhalten. Bald wissen Sie, warum das so ist.)
Doch zurück zum Vertrauen. Warum vertrauen wir Banken? Warum geben wir ihnen unser Geld, wenn wir doch wissen, dass der Schalterbeamte, dem wir unser Geld anvertrauen, es am Nachbarschalter kurz darauf einem völlig Fremden leiht, um damit für sich und seinen Arbeitgeber Geld zu verdienen? Nur zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend: Banken sind Experten in Sachen Geld und - der Werbung sei Dank - gleichzeitig Experten in Sachen Geldvermehrung. Und das Beste: Banken werden von Regierungen reguliert und kontrolliert.
Doch was ist, wenn Sie Ihr Geld wiederhaben möchten? Dann gehen Sie zum Geldautomaten oder - bei größeren Beträgen - zur Bankfachkraft Ihres Vertrauens. Das klappt prima - bis zu dem Tag, an dem überdurchschnittlich viele Kunden ihr Geld zurückfordern. In Griechenland haben wir einen solchen sogenannten "Bank Run" erst 2015 erlebt: 60 ? pro Tag durften die Griechen abheben, selbst wenn das einzelne Guthaben 50.000 ? oder 100.000 ? betrug. Da stellt sich die Frage: Wem gehört denn nun das "Vermögen" - dem Kunden oder der Bank? Das Geld gehört der Bank; der Kunde hat nur eine Forderung, die allerdings auch einmal nicht erfüllt werden kann, denn leider haben die Banken dieser Welt selten mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen Reserven im Tresor. Diese Mindestreserve betrug in der Eurozone von 1999 bis 2012 lediglich 2 % der im Umlauf befindlichen Geldsumme. Wenn Ihnen diese Zahl ein wenig Angst macht, wird es Ihre Angst verdoppeln, wenn Sie erfahren, dass die Mindestreserve im Jahr 2012 um 50 % reduziert wurde und seitdem bei lediglich 1 % liegt.
Wir lassen uns von solchen Zahlen nicht beirren und bringen unser Geld weiterhin zur Bank. Warum? Weil wir es dort sicherer wähnen als in unserem Sparstrumpf; weil wir es sehr wahrscheinlich ausgeben, wenn wir es in unserer Brieftasche durch die Fußgängerzone tragen; weil Bank- und Postkutschenüberfalle aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen und der daraus resultierenden Erfolgsaussichten immer seltener werden; weil heute nichts einfacher ist, als eine vierstellige TAN einzugeben oder den Bezahlen-Button auf irgendeiner Website zu drücken.
Schauen wir der Katastrophe ins Gesicht. Wie auch immer Duden und Wikipedia das Wort "Katastrophe" definieren mögen: Wir persönlich definieren es nicht nach dem Auslöser, sondern nach der eigenen Betroffenheit. Für Sie und Ihre Familie ist Fukushima nicht so schlimm, wie es der Verlust des Arbeitsplatzes des Hauptverdieners wäre, der mit 45 Jahren heute schon zu alt für den Arbeitsmarkt ist. Wirklich verheerend ist für uns die Privatinsolvenz, auch wenn wir an ihr nicht ganz unschuldig sind. Ihr persönlicher 11. September ist der Tag, an dem Ihr Onkologe mit ernstem Blick seinen Untersuchungsbericht vorliest.
Die Insolvenz einer Bank wie Lehman Brothers wird nicht als Katastrophe gewertet, denn schließlich sind hier keine Verletzten oder gar Todesopfer zu beklagen. Über Selbstmorde von Bankkunden, die ihr gesamtes Vermögen verloren haben, führt niemand Buch. Außerdem ist in unseren Augen Lehman Brothers keine Bank mit persönlichem Bezug, denn wer von uns betreibt schon ein Konto bei einer US-amerikanischen Investmentbank?
Welche Auswirkungen Krisen und Katastrophen auf der anderen Seite der Weltkugel auf uns persönlich haben können, zeigt die Immobilienkrise, die 2008 in den USA für Wirbel sorgte: Die beiden größten Hypothekenbanken der USA, Fannie Mae und Freddie Mac, waren nahezu zeitgleich zahlungsunfähig. Als staatsnahe Unternehmen galten sie als "too big to fail", weshalb sie kurzerhand verstaatlicht und mit Krediten aus Washington in Höhe von 187 Milliarden US-Dollar unterstützt wurden. Auch Lehman Brothers gehörte 2008 zu dieser Kategorie, doch der politische Druck, Banken gleich welcher Größe nicht mehr mit Steuergeldern künstlich am Leben zu erhalten, führte zum Statuieren eines Exempels. Seitdem sind alle großen westlichen Banken mit der Fed "online", und die Insolvenz traf den "kleinen Mann" mit voller Wucht: Schulden in Höhe von über 200 Milliarden US-Dollar konnten an die Anleger nicht zurückgezahlt werden, der Gesamtschaden lag bei unglaublichen 600 Milliarden US-Dollar. Wie konnte es zu diesem Desaster kommen? Eigene Kurzsichtigkeit war dafür ebenso verantwortlich wie der Glaube, dass Immobilienpreise immer weiter ansteigen werden. Präsident George W. Bush hatte einst die "Ownership Society" zur Chefsache erklärt: Jeder sollte sich ein eigenes Haus leisten können, ohne die bisher notwendige Anzahlung leisten zu müssen. Ein Riesengeschäft für Banken wie Lehman Brothers, die Immobilienkredite aufkauften und mit sattem Aufschlag weiterverkauften. Ausländische Banken finanzierten am Ende die Immobilienträume der Farmer im mittleren Westen, die in den Kreditverträgen nicht einmal ihr Einkommen angeben mussten. Und die Ratingagenturen - die mehrheitlich von den Banken finanziert werden - überschlugen sich aus Dankbarkeit mit immer höheren Bewertungen ihrer Geldgeber. Als die Blase platzte, weil immer mehr Hausbesitzer ihre Raten nicht mehr zahlen konnten und die Zwangsversteigerung ihr letzter Ausweg war, waren die Kleinanleger weltweit einmal mehr die Leidtragenden, denn sie glaubten den Bankberatern, die eine sichere Geldanlage versprachen. Schließlich waren es die Berater, die die hohen Provisionen für die Vermittlung einstreichen konnten. Die Lehmanpleite war unausweichlich, denn Lehman glaubte selbst an die unaufhörliche Steigerung der Immobilienwerte - und investierte...
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