Schweitzer Fachinformationen
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Selbst seine obligate Morgenpfeife wollte ihm heute nicht schmecken.
Ungehalten trommelte Chefinspektor Kajetan Vogel mit den Fingern seiner rechten Hand an die Fensterscheibe seines Büros, das sich im dritten Stock des Polizeikommissariats Josefstadt befand. Missmutig betrachtete er die trostlosen, regennassen Fassaden der gegenüberliegenden Häuser, während sein langjähriger Kollege Alfons Walz, mit welchem er sich das Dienstzimmer teilte, am Computer saß und sich mit dem Verfassen eines »leicht« geschönten Berichts über ihren letzten Fall redlich abmühte, was unschwer an dem gelegentlichen Klappern der Tastatur und den wiederholten, leisen Flüchen zu erkennen war.
Dass sie ausgerechnet jetzt, gerade zu Chefinspektoren ernannt, in ihrem ersten Fall gescheitert waren, ärgerte die Kriminalisten in höchstem Maße. Zwar war diese schon längst fällige Beförderung nicht ihren Verdiensten geschuldet gewesen, sondern lediglich zwei zufällig frei gewordenen Planstellen, dennoch hätten sie diese Sache nur allzu gerne zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht.
Was ja im Grunde genommen auch schon geschehen war.
Der Sachverhalt war ganz offensichtlich gewesen, die beiden Zeugen waren einvernommen worden und hatten übereinstimmende Aussagen getroffen, kurz, die Beweislage gegen den Übeltäter war erdrückend, und so war einem erfolgreichen Abschluss eigentlich nichts mehr im Wege gestanden.
Doch just in dem Moment, als alles geklärt schien, waren die Kriminalisten von ihrem Vorgesetzten von diesem eigentlich völlig harmlosen Fall ohne nähere Erklärungen abgezogen worden.
Aus gutem Grund, wie sich bald herausstellen sollte.
Dabei hatte das Ganze ursprünglich nach einer reinen Routinesache ausgesehen.
Im Maurer Wald hatte ein Jäger namens Maximilian Huber am vorletzten Sonntagnachmittag, ohne dass sich das Tier etwas hatte zuschulden kommen lassen, einen frei laufenden Hund erschossen. Als Besitzer eines jagdfreudigen Greyhounds verstand Vogel den verzweifelten Hundebesitzer Herbert Mühlbacher nur allzu gut, der sich nach dem Vorfall mit dem Jäger ein erhitztes Wortgefecht geliefert und ihn in Folge als »schießwütiges Arschloch<«und »besoffenen Idioten« tituliert hatte. Huber fühlte sich daraufhin nicht nur in seiner Waidmannsehre, sondern auch in seiner Existenz bedroht und hielt seinen rasenden Widerpart mit angelegtem Gewehr in Schach. Das Ganze wurde letztlich von zwei Polizisten beigelegt, die von Passanten zu Hilfe gerufen worden waren, als sie das brisante Geschehen beobachteten. Was die Streithähne nicht davon abhielt, sich gegenseitig bei den hinzugeeilten Kräften der Exekutive anzuzeigen. Der Hundebesitzer, ein bei der Gemeinde angestellter Jurist, beschuldigte den Waidmann der Sachbeschädigung in einem besonders schweren Fall, des Schusswaffenmissbrauchs und der gefährlichen Bedrohung mit einer Schusswaffe, woraufhin dieser nicht zurückstehen wollte und Mühlbacher wegen gefährlicher Drohung und Beleidigung anzeigte.
Nach der Einvernahme der beiden Kontrahenten und der Anhörung der zwei Zeugen sah es tatsächlich gar nicht gut für Huber aus, hatte sich der »streunende« Hund doch höchstens drei Meter von seinem Herrn entfernt befunden, was von dem Standpunkt des Jägers allerdings nicht leicht zu erkennen gewesen war, da ihm die Sicht auf den Hundeeigner versperrt war, der sich just in dem Moment seinen Schuh zuband, als der Waidmann des frei laufenden Hundes gewahr wurde. Zudem hatte es sich bei dem Tier um einen sogenannten Therapiehund gehandelt, der dank seiner Ausbildung jederzeit abrufbar und daher dem Leinenzwang nicht unbedingt unterworfen war. Als erschwerend wurde gewertet, dass durch die Streuung der Schrotkugeln auch Mühlbacher selbst hätte verletzt werden können, unter Umständen sogar lebensgefährlich, da er sich im Augenblick des Schusses unweit seines vierbeinigen Gefährten in hockender Haltung befunden hatte. Nach dem Treffer, infolgedessen sein Hund winselnd zusammengebrochen war, war der Eigner des Opfers erbost auf den Waidmann zugelaufen und hatte ihn unflätig beschimpft, woraufhin sich Huber bedroht fühlte und seine Waffe auf den Tobenden hielt.
Dieser Tatbestand war von den anwesenden Zeugen geschildert worden, zudem hatte der Jäger auf sie einen alles andere als nüchternen Eindruck gemacht, was anhand einer sogleich durchgeführten Alkoholkontrolle mehr als bestätigt wurde.
Insoweit war die Sachlage geklärt und Huber erwartete aller Wahrscheinlichkeit nach eine Anklage wegen der genannten Delikte, was neben einer saftigen Geldstrafe aller Wahrscheinlichkeit nach auch zur Einziehung seines Jagdscheins geführt hätte, zumal bei den gemessenen 1,8 Promille die Führung einer Waffe schon längst nicht mehr erlaubt war.
Dies war freilich für einen Waidmann vom Zuschnitt Hubers gänzlich unvorstellbar, und so machte er sich offensichtlich seine Erfahrung zunutze, die er mit Politikern aller Couleur im Laufe der Jahre gesammelt hatte.
Denn als Obmann des Wiener Landesjagdverbandes verfügte Huber über die besten Beziehungen, sodass kein Geringerer als der Wiener Landespolizeikommandant die beiden Inspektoren von dem Fall abzog und die Untersuchung kurzerhand zur Chefsache erklärte.
Womit sie erwartungsgemäß zum Erliegen kam.
Denn wenn Justitia ein Auge zudrückt, ist sie gänzlich blind.
»Kannst du mir eigentlich erklären, warum ich plötzlich unter die Märchenerzähler gehen soll und über einen Fall fantasieren muss, mit dem wir überhaupt nichts mehr zu tun haben?«, fragte Walz ungehalten und schlug entnervt auf die Tastatur. »Soll er ihn doch selber schreiben, unser feiner General.«
»Das ist die alte Geschichte, wenn der General befiehlt, hat die Truppe zu gehorchen, und selbst wenn es der größte Irrsinn ist«, brummte Vogel, während er ungerührt ins trostlose Novemberwetter schaute. »Du solltest froh sein dass er von dir nicht verlangt hat, den ganzen Sachverhalt umzudrehen und den Mühlbacher zum Schuldigen zu machen. Wär' der ein gewöhnlicher Mitbürger und kein ausgebildeter Jurist, hätte das sehr wohl so ausgehen können. Aber da er ja bei der Gemeinde angestellt ist, wird seine Nachgiebigkeit vielleicht sogar mit einer vorzeitigen Beförderung belohnt. So hat sich doch alles bestens gefügt. Der Mühlbacher wird eine Entschädigung für seinen Hund bekommen und kann sich damit sogar einen ganz neuen kaufen, der hält ja viel länger . davon kann doch jeder Autofahrer nur träumen.«
»Sei nicht so zynisch, Kajetan. Denk dir doch nur, der Huber hätte deine Emily erschossen .«, entgegnete Walz verständnislos.
»Das will ich mir lieber gar nicht vorstellen, sonst geht mir gleich das Feitel in der Tasch'n auf«, erwiderte Vogel mit verächtlichem Schnauben. »Im Ernst, ich wüsste wirklich nicht, was ich in einem solchen Fall tät'. Nur eines kann ich dir mit Sicherheit sagen:«, rief er und wandte sich endlich seinem Gegenüber zu, während er drohend seinen Zeigefinger hob. »Es wär sicherlich besser, wenn ich in einem solchen Fall meine Puff'n nicht dabei hätt', sonst könnt' ich für nix garantieren.«
»Glücklicherweise scheint der Mühlbacher ja im Gegensatz zu dir ein besonnener Mensch zu sein, sonst wär womöglich der der Schuldige und der Huber das Opfer, was nichts anderes als ein Jammer wäre«, seufzte Walz und drehte sich von seinem Schreibtisch weg. »Es ist leider nicht zu ändern, die Sache wurde wie so vieles andere auch auf Altösterreichisch gelöst. Da unsere Herren Politiker so korrupt sind, wie sie in der zweiten Republik halt immer schon waren, können wir gar nichts ausrichten. Ein generelles Umdenken müsste halt stattfinden, aber so lange solche Wappler an der Macht sind, wird sich leider nichts ändern . Vielleicht weiß der Huber auch zu viel über diese Herrschaften und genießt deshalb ihren besonderen Schutz.«
Langsam ging Vogel zu seinem Kollegen, um sich dessen literarisches Elaborat anzuschauen, wobei er ihn in eine riesige Rauchwolke hüllte.
»Das wird's wohl sein, eine Sexorgie mit Minderjährigen in der Jagdhütte vielleicht oder was ähnlich Unappetitliches. Denen da oben trau' ich inzwischen alles zu. Wer geht denn überhaupt noch in die Politik heutzutage? Genau die, die zu blöd sind, um es in der Wirtschaft oder in der Forschung zu etwas zu bringen. Früher hat man den Dümmsten der Familie ins Kloster abgeschoben, damit der dort was für seine Verwandtschaft ausrichten kann. Heutzutage schickt man das Depperl halt in die Politik, dass es intervenieren kann, wenn der kleine g'scheite Bruder wieder einmal besoffen am Steuer erwischt worden ist, nachdem ihm leider ein unvorsichtiger Passant ins Auto gelaufen war. Und wenn das Depperl sich dann noch brav der Parteiräson gebeugt hat und den Alten immer brav hinten einikrochen ist, dann wird aus dem armen Depperl, das in seiner Jugend schon immer Probleme mit dem großen Einmaleins g'habt hat, plötzlich ein Sektionschef im Finanzministerium, Minister oder sogar Kanzler. Und da ja keiner g'scheiter sein darf als der Oberste, werden dann die noch größeren Trotteln rekrutiert! Das ist nicht einmal mehr das Mittelmaß, das bei uns das Sagen hat, das ist der Ruß, der nirgendwo anders unterkommt. Und wir haben auch noch die heilige Pflicht, diesem Abschaum den Rücken zu decken. Vielleicht sollte ich doch auf Elektrorasur umsteigen, da brauch ich mir morgens net so lang ins G'sicht schaun. Manchmal könnt' ich mich nur noch...
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