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Nach "Trophäe" der neue Roman von Gaea Schoeters – über die unausweichlichen globalen Fragen aus europäischer Perspektive
Elefanten mitten in der Großstadt, und es werden immer mehr. Was geht hier vor? Rasch muss der Bundeskanzler erkennen, dass die Tiere nicht aus dem Zoo entkommen, sondern ein Geschenk des Präsidenten von Botswana sind. 20 000 Elefanten hat er nach Deutschland geschickt, nachdem die deutsche Regierung ein Einfuhrverbot von Jagdtrophäen beschlossen und damit den armen Regionen Botswanas die Lebensgrundlage entzogen hat. "Ihr Europäer wollt uns vorschreiben, wie wir zu leben haben. Vielleicht solltet ihr es einmal selbst versuchen."
Gaea Schoeters nähert sich nach ihrem Sensationserfolg "Trophäe" den existenziellen Themen des globalen Zusammenlebens aus einer anderen Richtung – und mit blitzgescheitem Humor. Ein neues Lese- und Nachdenkvergnügen!
Der Elefant steht am Flussufer. Zögerlich prüft er mit der Rüsselspitze das Wasser, das kälter ist als sonst. Kurz lässt er unbehaglich die Ohren rotieren und schaut sich um, als würde er irgendwas oder irgendwen suchen. Er stößt ein leises, tiefes Grollen aus, erhält aber keine Antwort. Erneut widmet er sich dem Wasser, beschnüffelt die Oberfläche, entrollt seinen Rüssel vollständig, taucht die Spitze unter und saugt die kühle Flüssigkeit auf. Wirft dann den Kopf in den Nacken, führt die Rüsselfinger zum Mund und trinkt gierig. So bleibt er stehen - mit der Spitze im Mund und genüsslich geschlossenen Augen hinter den sanft zitternden Wimpern. Sein Körper entspannt sich, er beugt ein Knie, lehnt lässig auf dem linken Fuß. Die aufgehende Sonne färbt das Tier gelbgrau ein; nur die Stellen, an denen die Haut nass ist, setzen sich dunkel vom Rest ab. Die Wassertropfen, die aus dem Mundwinkel spritzen, glitzern im Sonnenlicht. Dann erstarrt der Elefant für ein paar Sekunden, lässt den Rüssel fallen und saugt die Luft ein. Ein unbekannter Geruch weht ihm entgegen. Auf der Suche nach dem Ursprung hebt er den Rüssel etwas weiter hoch, die dunkle, nasse Spitze bewegt sich forschend umher. Im Gegenlicht zeichnen sich die langen Haare auf der Haut und am Kinn deutlich vor dem hellgrauen Himmel ab. Plötzlich dreht er den Kopf: Da! Bedrohlich und erhaben richtet er sich auf, spreizt die Ohren und blickt zur anderen Uferseite, aus dessen Richtung der Geruch kommt. Der Geruch und das Geräusch sich nähernder Schritte.
Der Mann auf der anderen Seite sieht ihn nicht. Angetrunken und selbstverliebt schreitet er die Uferpromenade am Wasser entlang. An der Flusskrümmung bleibt er stehen. Obwohl noch nichts in Stein gemeißelt ist und er weiß, dass er sich zu früh freut, übermannt ihn ein grenzenloser Siegestaumel. Er angelt sein iPhone aus der Innentasche des Jacketts, entsperrt es und streckt den Arm aus, um ein Selfie zu machen. Bemerkt dann, dass sein Krawattenknopf locker ist, lässt das Handy wieder sinken und macht ihn fest. Ordnung ist nicht nur das halbe Leben, sondern stellt auch den kürzesten Weg zur Macht dar, davon ist er überzeugt. Wieder richtet er die Kamera auf sich selbst und schaut in die Linse. Diesmal ist er mit dem Anblick zufrieden. Er fährt sich ein letztes Mal durch die Haare, verzieht das Gesicht zu einem selbstgefälligen, triumphierenden Lächeln und kneift die Augen halb zu - ein Tipp seines Medientrainers. Wirkt sympathischer. Dann betätigt er den Auslöser. Hinter ihm glänzt die Glaskuppel des Reichstags im Licht der aufgehenden Sonne. Wenn das, was der Journalist ihm da eben erzählt hat, stimmt, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis er da drinnen das Sagen hat, statt lediglich toleriert zu werden. Dann ist die gleißende Kugel sein Spielball, und der weiße Kubus des Bundeskanzleramts, der in der Ferne über seiner linken Schulter hervorlugt, sein zukünftiges Büro.
Er lässt das Mobiltelefon wieder in die Innentasche gleiten und geht weiter am Wasser entlang. Vor seinem geistigen Auge sieht er sich schon auf dem Balkon der siebten Etage stehen, mit Blick über die ganze Stadt. Die ihm gehört. Ihm und den anderen Deutschen. Als er am ARD-Hauptstadtstudio vorbeikommt, grinst er voller Vorfreude - tja, sie werden ihn wohl bald anrufen und einladen müssen. So ein Ergebnis kann nicht ignoriert werden. Fast am S-Bahnhof angekommen, fällt sein Blick auf zwei unter der Eisenbahnbrücke schlafende Obdachlose. Die behelfsmäßige Plane, die sie vor dem unter der Brücke durchpfeifenden Wind beschützen soll, hat sich gelöst und flattert wie ein verzweifelter Vogel über ihren Köpfen. Mit bösartiger Freude kickt Holger Fuchs eine ihrer leeren Bierflaschen weg - laut klimpernd zerschellt sie an den Brückenpfeilern.
»Aufgewacht, Leute. Jetzt weht ein neuer Wind in Deutschland, und zuallererst werden wir die Stadt durchfegen. Ihr könnt schon mal einpacken.«
Vom Lärm alarmiert, dreht sich einer der Männer um und richtet sich halb auf - bereit, sich selbst und seine Habseligkeiten zu verteidigen. Fuchs geht schnell weiter und läuft beschwingt die Treppe hoch, gerade rechtzeitig, um in die einfahrende S-Bahn zu springen, die ihn in weniger als zwanzig Minuten nach Hause bringen wird.
Der Obdachlose hat sich in seinem Schlafsack aufgesetzt und sucht in der Plastiktüte mit Wertgegenständen, die er sich nachts immer an die Brust presst, nach seinen Zigaretten. So wie jeden Morgen, bevor der Alkohol die ungeschönte Realität des Tages abschwächt, sieht er die Welt unangenehm scharf. Zwischen den Brückenpfeilern stöbern Ratten herum, zwei von ihnen zerren an den Enden einer Brotkruste, als hinge ihr Leben davon ab. Tut es vielleicht auch. Eine dritte ist in eine weggeworfene Burgerverpackung gekrochen, nur der Hintern mit dem nackten Schwanz hängt heraus; ihre Hinterpfoten stemmen sich gegen den Rand, um besser ziehen zu können. Kurz beobachtet er sie amüsiert, dann konzentriert er sich wieder auf die Suche, aber die Zigaretten sind nicht auffindbar. Frustriert wirft er die Tüte zur Seite und öffnet den Reißverschluss des Schlafsacks. Die Ratten zischen weg, nur die in der Burgerverpackung lässt sich nicht stören und futtert gierig weiter. Widerwillig reibt sich der Mann den Schlaf aus den Augen und schlägt sich anschließend ein paarmal auf die Schultern, um die Kälte der Nacht aus seinem Körper zu vertreiben. Mit mäßigem Erfolg. Jeden Morgen erinnern ihn seine steifen Knochen daran, dass er in einem Land auf der Straße geschlafen hat, das dafür zu kalt ist. Genau wie die dumpfen Kopfschmerzen und der Gestank nach Pisse und schalem Bier, der, ganz gleich, wie stark der Wind weht, unter der Brücke hängen bleibt, ihn jeden Morgen unsanft an seine elendige Existenz erinnern. Sein Blick fällt auf den Müllbeutel mit Plastikflaschen, die er gestern Abend noch gesammelt hat, und deren Pfandgeld er gleich einsacken kann. Automatisch überschlägt er die Summe: fünfundzwanzig Cent, fünfzig, ein Euro, zwei Euro . plus die leeren Bierflaschen . zwei Euro sechzehn . knapp vorbei am Kaffee. Enttäuscht lässt er den Blick über das Wasser wandern - sogar jetzt, nach all den Jahren, gelingt es dem Fluss, seine Wehmut zu schmälern. Aber was ist das? Er packt seinen Kumpel, der noch schläft, an der Schulter und rüttelt ihn wach.
»Ein Elefant. Da steht ein Elefant im Fluss.«
Ohne die Augen zu öffnen, schiebt sein Kumpel die Hand weg.
»Ich weiß nicht, was du gestern geraucht hast, aber anscheinend bekommt dir der Stoff nicht gut. Schlaf weiter.«
»Na, schau doch selbst!«
Aber da hat sich der andere schon wieder die Decke über den Kopf gezogen - ein unnachgiebiges Bündel Widerwille. Der Obdachlose krabbelt aus seinem Schlafsack und geht so leise wie möglich zum Ufer. Dort hockt er sich auf den Asphalt und beobachtet atemlos das Schauspiel im Wasser.
Mitten in der Spree badet ein Elefantenbulle. Gemächlich lässt er seinen behäbigen Körper ins Wasser sacken, geht in die Knie und verschwindet unter der Wasseroberfläche. Kurz denkt der Mann, er hätte sich das gerade eingebildet, der Alkohol muss sein Gehirn vernebelt haben, doch da taucht das Tier schon wieder auf; die großen Ohren hängen ihm wie zwei dünne, feuchte Putzleder am Kopf. Fröhlich rollt der Elefant sich im Wasser hin und her. Dann erscheint neben ihm aus dem Nichts ein weiterer Rüssel, wie ein Periskop. Ein zweiter Elefant erhebt sich aus dem Fluss. Leise grollend begrüßen sich die beiden Kolosse und schlingen ihre Rüssel umeinander. Drücken sich im Flussbett vor und zurück. Kämpfen sie? Nein, ihre Kopfstöße wirken nicht aggressiv, sie scheinen eher zu spielen. Neckisch legt der eine den Rüssel über die Schulter des anderen und drückt seinen Kopf unter Wasser, woraufhin sein Gegenüber freudig prustend wieder auftaucht. Der andere gönnt ihm keine Verschnaufpause, stemmt sich auf seinen Rücken und tunkt seinen Kopf mit den Vorderbeinen erneut unter, aber diesmal wehrt sich sein Kontrahent. Mit erhobenem Rüssel versucht er, den Kopf über Wasser zu halten, die Stoßzähne zum Himmel zu richten, bis...
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