10 Südkorea: Wegbereiter und Weltmarktführer in Sachen eSports
(veröffentlicht auf eSports.com)
Südkorea gilt vielen eSportlern als Mekka ihres Sports. Vor allem in bestimmten Genres dominiert das Land seit Dekaden die Szene, das gilt insbesondere für den Bereich der Echtzeitstrategiespiele (RTS) und deren Subgenres. Warum ist dem so? Was können wir von Südkorea lernen? Im Folgenden wird dieser Artikel Südkorea unter die Lupe nehmen und zeigen, weshalb das Land für den Westen als Vorbild dienen sollte.
Aber auch beim Land der Länder in Sachen eSports gilt, dass nicht alles Gold ist was glänzt. Daher wird dieser Artikel ebenfalls einige Schieflagen des südkoreanischen eSports beleuchten.
Die Anfänge
Was in Deutschland noch undenkbar ist, wurde in Südkorea bereits vor mehr als zwanzig Jahren zum Standard: Der landesweite und staatlich subventionierte Ausbau des Breitband-Internets. Die für einen professionellen und nachhaltigen eSports so wichtige Netzwerk-Infrastruktur existiert in Südkorea daher schon sehr lange - und das auf einem Niveau, das weltweit führend ist. Hierdurch sind im ganzen Land bereits Ende der 1990er-Jahre sogenannte PC Bangs entstanden, LAN-und Internetcafés mit gut ausgestatteten Computern und einer stabilen Internetanbindung. Somit hatten Spieler aller Einkommensschichten die Möglichkeit, über das Internet Videogames spielen zu können.
Da sich Menschen gerne miteinander messen, entstanden kurz danach die ersten nationalen Wettbewerbe, die in Sachen Spielerschaft, Infrastruktur und Organisation ein breites Fundament für den gegenwärtigen südkoreanischen e-Sports gelegt haben.
In der Anfangszeit war auch die asiatische Mentalität für den durchschlagenden Erfolg des eSports im Land mitverantwortlich. Wer einmal in China, Japan oder Südkorea gewesen ist, der weiß, mit welcher Disziplin, welchem Ehrgeiz und welchem Willen asiatische Sportler an ihren Zielen arbeiten. Sie wollen nicht nur die Besten in der eigenen Region, dem eigenen Bundesstaat oder dem eigenen Land sein, sondern weltweit auf dem ersten Platz stehen. Diesem Ziel werden häufig alle anderen Aspekte des Lebens untergeordnet. Das hat einerseits zur Folge, dass solche Spieler bei ausreichendem Talent früher oder später herausragende Erfolge erzielen werden. Andererseits sollte man dies aber auch kritisch sehen, denn diejenige Spieler ohne das Fundament des Talents, werden entsprechend scheitern und ohne einen Plan B dastehen.
Neben dem kulturellen Aspekt der Beste sein zu wollen, ist auch die häufig hohe Technikaffinität asiatischer Länder von immenser Bedeutung für den eSports. Wenn man sich die Geschichte des eSports anschaut, dann geht dieser aufgrund seiner Beschaffenheit als elektronischer Sport immer einher mit technischen Neuentwicklungen. Hieraus entstehen Synergieeffekte und gegenseitige Impulse. Je technologisch fortgeschrittener und innovativer ein Land ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch der eSports in diesem Land neue Maßstäbe setzt. Südkorea gilt seit vielen Jahren als das fortschrittlichste Land der Welt, wenn es um Technologien und Neuentwicklungen geht. Daher ist es wenig verwunderlich, dass das Land auch in der eSports Geschichte von besonderer Relevanz gewesen ist.
Korean e-Sports Association - Der Verband der Verbände
Von immenser Bedeutung für den Erfolg Südkoreas war das Spiel StarCraft vom Spielehersteller Blizzard Entertainment. Das Spiel und dessen Erweiterung sind im Jahr 1998 erschienen und bereits nach kurzer Zeit hat sich in Südkorea um das Spiel eine ganze Industrie gebildet, inklusive eigener Fernsehsender, Profiteams und Magazine.
Im Jahr 2000 erfolgte dann die Gründung der Korean e-Sports Association (KeSPA), also des südkoreanischen Dachverbandes für den eSports insgesamt. Bei der Gründung sind von Anfang an politische Ansprechpartner eingebunden worden, was sich nicht zuletzt dadurch ablesen lässt, dass das südkoreanische Sportministerium die Gründung der KeSPA abgesegnet hatte. Die KeSPA hat seither Kompetenzen gebündelt, offizielle Strukturen geschaffen und mehrfach neue Maßstäbe bei Wettbewerben gesetzt. Darüber hinaus haben es südkoreanische eSportler nicht zuletzt der KeSPA zu verdanken, dass eSports schon seit Langem eine offizielle Sportart im Land ist. Darüber hinaus etablierte man langjährige Kooperationen mit Publishern, um zum Beispiel die Rechte an eSports-Übertragungen zu regeln. Die KeSPA trat hierbei gegenüber ihren Verhandlungspartnern mehrfach sehr selbstbewusst auf, was allerdings auch darin resultierte, dass bestimmte Publisher zeitweise die Zusammenarbeit mit dem Verband eingestellt hatten.
Dennoch kann man festhalten, dass die KeSPA der Welt erstmals gezeigt hat, wie organisierter eSports auf vielerlei Ebenen zu funktionieren hat. Feste Gehälter wurden definiert, die zwar sehr heterogen in Abhängigkeit von der Güte des einzelnen Spielers reguliert wurden, aber in ihrer Zuverlässigkeit weltweit einmalig gewesen sind. Gleichzeitig ermöglichte die Anerkennung des eSports als Sport ganz neue Möglichkeiten für Veranstalter von Wettbewerben, Spieler und Clans. Es konnten nicht nur Sportvisa ausgestellt werden, sondern es ergaben sich deutliche Erleichterungen bei der Versteuerung von Preisgeldern und umfassende Möglichkeiten bei der Schaffung einer noch besseren Infrastruktur, etwa durch die Gründung von eSports Akademien.
Die Zwischen-Ära
Die mittlere Zeitspanne des modernen eSports sind die Jahre von 2000 bis 2009. Diese Zeit ist in Südkorea überwiegend durch zwei Titel geprägt worden, die wenig überraschend beide aus dem RTS-Genre stammen. Zum einen konnte Star-Craft seine dominierende Rolle behaupten, zum anderen erschien im Jahre 2002 mit Warcraft 3 der inoffizielle Nachfolger des Spiels.
Der Erfolg und die teilweise vorhandene Dominanz des Landes in beiden Disziplinen lässt sich am besten an den Ergebnissen bei den World Cyber Games (WCG) ablesen. Die WCG hatten zu ihrer Zeit den Ruf als wichtigstes Turnier der Welt und gleichzeitig als international anerkannte Weltmeisterschaften. Vielen galten sie auch als Äquivalent zu den Olympischen Spielen.
In StarCraft gingen alle zehn WCG-Siege der Zwischen-Ära an südkoreanische Spieler, ebenso wie sechs Silber- und drei Bronzemedaillen. StarCraft ist ein vergleichsweise Macromanagement-lastiges Spiel, bei dem es also vorwiegend darum geht, Ressourcen richtig einzusetzen und die eigene Basis zu bauen. Micromanagement ist zwar auch bei StarCraft wichtig, aber noch viel wichtiger ist es bei Warcraft 3. Hier verfügt man nicht nur über einfache Einheiten, sondern auch über Helden mit bestimmten Fähigkeiten und einsetzbaren Gegenständen. Darüber hinaus sind die Kämpfe im Spiel an vielen Stellen deutlich langsamer, dafür ist das Überleben einer jeden Einheit von größerer Bedeutung als bei StarCraft. Unter anderem durch die andere Spielweise von Warcraft 3 war die Dominanz der Südkoreaner hier nicht so groß wie bei StarCraft. Mit dem Niederländer Manuel "Grubby" Schenkhuizen und dem Chinesen Li "Sky" Xiaofeng fanden sich seiner Zeit in Warcraft 3 internationale Topspieler, die nicht aus Südkorea stammten. Dennoch schafften es Spieler aus Südkorea in der Zeit von 2000 bis 2009 immerhin viermal auf das WCG-Treppchen, allerdings ohne eine Goldmedaille zu gewinnen.
Gegen Ende der Zwischen-Ära setzten Spieler des Landes auch erste Ausrufezeichen abseits der RTS-Spiele bei besonders wichtigen Spielen. Mit dem Clan eSTRO holte ein Counter-Strike Team im Jahre 2008 den dritten Platz bei den WCG. Bei kleineren eSports-Titeln konnte man auch schon zuvor glänzen, etwa bei der Fußballsimulation FIFA mit vier Goldmedaillen.
Der Durchbruch des MOBA-Genres
Multiplayer Online Battle Arena (MOBA) Videospiele existierten vor allem als Modifikation für Warcraft 3 bereits seit Langem, aber erst mit dem im Jahre 2009 erschienen League of Legends (LoL) gelang ihnen weltweit der Durchbruch. MOBAs sind ein Subgenre der RTS-Spiele und werden zumeist im Modus 5-gegen-5 gespielt. Durch die MOBAs ist das klassische RTS-Genre deutlich zurückgedrängt worden. Waren zuvor RTS-Spiele und Taktikshooter die dominierenden Genres im eSports, sollten sich fortan die MOBAs zur klaren Nummer Eins emporarbeiten.
Ein Blick auf die gegenwärtige Situation im MOBA-Genre ist sehr spannend, um zu zeigen, dass Südkorea den Wechsel vom RTS-Genre als Referenz hin zu den MOBAs optimal umgesetzt hat. Aber auch im Bereich der klassischen Echtzeitstrategie behauptet Südkorea deutlich die Spitzenposition in der Welt. StarCraft 2 ist aktuell der wichtigste RTS-Titel und unter den erfolgreichsten 25 Spielern der Welt nach gewonnenen Preisgeldern befinden sich 19 Südkoreaner. Lediglich der Finne Joona "Serral" Sotala kann den Südkoreanern ganz oben ein Stück weit das Wasser abgraben. Nun aber zum MOBA-Genre.
In Sachen Marketing und Events ist LoL der wichtigste Titel. Hier befinden sich in den Top 25 immerhin noch 17 Südkoreaner, gleichzeitig sind...