Consulter-Auswahl für KMU - Ein Praxisleitfaden
Autoren
Bernd J. Schnurrenberger, Bettina Mohr
und
Franziska Teschke
3 Consulter-Auswahl für KMU
(B. Schnurrenberger, B. Mohr, F. Teschke)
3.1 Einleitung - Wofür Consulter?
Ein Unternehmen wird im Laufe seiner Existenz immer wieder vor Herausforderungen stehen, welche die Einschaltung einer Unternehmensberatung erwägenswert erscheinen lassen. Von ihrer Funktion her stellen Consulter vertraglich gebundene (und temporär begrenzt eingesetzte) externe organisatorische Ressourcen dar33. Zumindest theoretisch könnten in vielen Fällen alternativ auch eigene neue Mitarbeiter bzw. neue Partner diese Funktion übernehmen. Vor- und Nachteile der Varianten sind immer abzuwägen (vgl. Tab. 3).
Eigenrecherche/interne Lösung Fremdrecherche/externe Lösung + - Bessere Problemvertrautheit
- Leichtere Koordination
- Evtl. besserer Zugang zu interner Information
- Informations- und Daten-schutz
- Ausbau eigener Methodenkenntnisse, Lerneffekt
- potentiell längerfristige Kostenvorteile
- Einsatz von Spezialisiten (incl. Spezialequipment, Software etc.)
- Objektivität, Blick-über-Teller rand
- Vergleichswissen aus anderen Fällen
- evtl. kurzfristige Kostenvorteile
- ggf. Lernen vom Spezialisten
- Akzeptanz / Legitimation der Ergebnisse ("Experte sagt..")
- ggf. Betriebsblindheit
- ggf. geringere Methoden-, Fachkenntnis
- Ergebnisbeeinflussung durch interne Interessen (-gruppen)
- Know-how bleibt teils draußen
- ggf. Lieferung von "08/15-Leistungen"
- Einarbeitung, Koordinations aufwand
- Geringere Kontrolle über Prozess, Qualität etc.
Tabelle 3: Vor- /Nachteile interner vs. externer Beratung/Marktforschung (vgl. Schnurrenberger 2019, S. 140)
Manchmal ist es jedoch - in der zur Verfügung stehenden Zeit - auch gar nicht möglich interne Ressourcen aufzubauen bzw. es rechnet sich nicht, da die Leistung nur punktuell und kurzfristig benötigt wird. Neben dem Bedarf an spezifischem Know-How, Wissen, Kompetenzen spielt nicht selten auch die Legitimation eine Rolle, die Empfehlungen externer neutraler Experten genießen. So können bspw. junge Startup-Gründer Dritten gegenüber von der Seriosität und dem Ruf eines "in Ehren ergrauten" Fachberaters an ihrer Seite profitieren. Weitere Rollen, welche Unternehmensberater einnehmen können, wären die von
- Machern/Team- oder Machtpromotoren,
- Interimsmanagern
- "Stabsstellen"
- Coaches/"Geistigen Sparringspartnern (advocatus diavoli)"
Dafür stehen in Deutschland bis zu 80.000 Berater bereit34, welche sich grob in den drei Sparten IT-Beratung, Personalberatung und Managementberatung positionieren. In letzterem Feld unterscheidet man klassischerweise weiter zwischen:
- Strategieberatung
- Organisationsberatung
- Transformationsberatung35
Die von Beratern aufgerufenen Preise bzw. Honorare variieren rel. stark. Dabei stehen wenige globale Player einer großen Anzahl mittlerer, kleiner und kleinster Beratungsunternehmen gegenüber, die oft auf spezifische Beratungsfelder oder auf bestimmte Branchen fokussiert sind.36
Allerdings ist der Begriff des Unternehmensberaters nicht geschützt! Buchstäblich jeder kann ein Consulting-Unternehmen eröffnen.37 Die Auswahl des richtigen Beraters ist für KMU daher oft nicht einfach. Eine Studie besagt, dass nur ca. 7 % der Unternehmen das Gefühl haben, bereits alle wichtigen Beratungs- unternehmen für ihre Projektvorhaben zu kennen. Viele Unternehmen, ca. 90%, verlassen sich bei der Auswahl der Berater auf Empfehlungen. Eine Empfehlung stellt jedoch keine Garantie dafür dar, dass ein Berater für die eigene Problemstellung ebenfalls geeignet ist.
Zumal es sich bei Beratungsleistungen charakteristischerweise um Erfahrungs- oder gar "Vertrauensgüter" handelt. D.h. wir können selbst nachträglich nicht exakt bewerten, ob wir optimal beraten wurden. Daher ist es unabdingbar, sich vorab sorgfältig selber zu informieren! Am zweithäufigsten wird übrigens It. o.g. Studie das Internet als Info-Quelle herangezogen.38 Was immer "das Internet" auch sein mag. Im folgenden stellen wir vor, wie KMU ihre Consulter-Auswahl systematisch treffen können (vgl. Abbildung 6).39
Abbildung 6: Prozess der Consulter-Auswahl (Eigene Darstellung)
Unterschieden werden die aufeinanderfolgenden prototypischen Phasen 1-5. Sollte sich in Phase 5 herausstellen, dass keiner der bis dahin berücksichtigten Kandidaten "tauglich" erscheint, geht es in Rückschleife wieder zu Phase 2.
Nach Abschluss eines Projekts sollte auch das Entscheidungsprozedere anhand der gemachten Erfahrungen kurz evaluiert werden. Verbesserungen können ggf. in den jeweiligen Teilprozessen implementiert werden.
3.2 Definition des eigenen Problems/Bedarfs
Bevor ein Unternehmen auch nur einen Schritt Richtung Beratersuche macht, sollte es sich mit folgenden Fragen auseinander setzen:
- Welche Rahmenbedingungen sind im Unternehmen gegeben?
- Welches Problem ist zu lösen, welches Ziel soll erreicht werden?
- Welcher Zeitraum ist für die Lösung des Problems vorgesehen?
- Welcher Budgetrahmen steht zur Verfügung?
Organisatorisch müssen diejenigen internen Mitarbeiter involviert sein, die a) fachlich "betroffen" sind bzw. b) im späteren Projekt auch als "Verbindungsstelle", also Ansprechpartner für den Berater bzw. Projektleiter für die Auswahl in Frage kommen. Die "Freigabe"zur Beratersuche incl. einer ersten Budgetierung wird in KMU dann im Regelfall durch die Geschäftsleitung erfolgen.
Erfahrungsgemäß macht es Sinn, o.g. Dinge in aller Kürze schriftlich festzuhalten. Dies dient dem eigenen "Controlling" sowie später als Briefing-Grundlage wenn Angebote eingeholt werden sollen.
Ohne "saubere" Problemdefinition und ein aussagekräftiges und möglichst präzises Briefing kann der beste Berater kein gutes Angebot erstellen.
Man sollte daneben bedenken, dass jeder gute Berater auch Unternehmer ist und für sich eine Balance zwischen a) möglichst effizienten Beratungszuschnitten (um zufriedene Kunden zu gewinnen) und b) möglichst hohem akquirierten Auftragsumfang (incl. evtl. Folgeaufträge) finden muss, um wirtschaftliche bzw. interne Status-Erfolge zu erzielen.
Man schätzt, dass Berater ca. 30-40% ihrer Zeit mit reiner Akquise bzw. Beziehungspflege verbringen. Es liegt auf der Hand, das die Minimierung dieser (nicht abrechenbaren) Arbeitsphasen ein wichtiges internes Ziel von Consultern sein muss.
Weiter ist nicht jeder Berater der Richtige für jedes Problem. Ohne möglichst genaue Vorstellung von dem was man will, kann also auch die potentielle Eignung von Berater-Kandidaten für eine Lösung nicht wirklich beurteilt werden.40
3.3 Informationsquellen für die Kandidatensuche
Die Suche nach einem geeigneten Unternehmensberater beginnt mit der Identifikation möglicher Kandidaten bzw. von Informationsquellen zur Suche nach solchen Kandidaten. Sinnvollerweise werden mehrere verschiedene Quellen sowohl für Erst-Recherchen als auch für vertiefende Recherchen bzw. Nachrecherchen zu bereits " notierten Namen" herangezogen.
Abbildung 7: Informationsquellen für die Identifikation potentiell geeigneter Berater (Eigene Darstellung)
3.3.1 Empfehlungen
Wie eingangs erwähnt, setzen ca. 90 % der Führungskräfte bei der Suche nach einem Berater für ihr Unternehmen (u.a.) auf Empfehlungen. Dies untersuchte die Wissenschaftliche Gesellschaft für Management und Beratung und befragte ca. 1.000 Führungskräfte aus mittelständischen Unternehmen.41
Es leuchtet ein, dass in der Beraterbranche die Empfehlung eine besonders große Rolle spielt, da die Bezeichnungen Unternehmens-, Betriebs-, Wirtschaftsberater oder Consultant nicht gesetzlich geschützt sind (s.o.)42 und die Beratungsleistung - wenn schon nicht nur Vertrauensgut - so doch Erfahrungsgut, d.h. erst im nachhinein von der Qualität her einschätzbar ist.
Auch die Tatsache, dass Empfehlungen in der Regel von Personen eingeholt werden, die Vertrauens- und glaubwürdig sind, macht diese Informationsquelle besonders attraktiv. Denn die Suche nach einem geeigneten Berater ist von hoher...