Schweitzer Fachinformationen
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Die ersten Beamten der hiesigen Polizei trafen ein. Auch ihnen stellte ich mich als Kollege vor, der die Explosion aus unmittelbarer Nähe erlebt hatte. Das erste Resümee ergab, dass es neben dem Toten und dem Verletzten keine weiteren Opfer zu beklagen gab, mit Ausnahme von ein paar Besuchern mit leichtem Schock. Schließlich traf die Spurensicherung ein und sperrte das Gelände großzügig ab. Nach einer vorläufigen Information der Parkleitung hatte man sich zunächst entschlossen, das Gelände nicht zu räumen, um keine Panik aufkommen zu lassen.
Ich konnte nichts Weiteres tun, als den Kollegen zuzuschauen, was für mich ungewohnt war. Alles schien daraufhin zu deuten, dass das Zentrum der Explosion in oder um den Schubkarren gelegen haben musste.
»Palzki! Was machen Sie hier? Sind Sie für das ganze Theater verantwortlich? Das hätte ich mir gleich denken können!«
Im ersten Moment hoffte ich, dass ich zu halluzinieren begann. Die Reibeisenstimme mit den beleidigenden Äußerungen hatte ich sofort erkannt: Sie gehörte zu KPD, wie wir unseren Dienststellenleiter Klaus P. Diefenbach nannten. Aber was machte dieser in Landau? Ich drehte mich um, und mir fiel der Kinnladen herunter. KPD stapfte in feinstem Zwirn auf mich zu. Das allein war noch nicht ungewöhnlich, für seine Kleidung gab er stets Unsummen aus. Hinzu kam, dass er wie ein Fasnachtsprinz aussah. KPD war über und über mit Orden behangen, und als er näherkam, sah ich, dass er geschminkt war. Außerdem umflutete ihn eine abartig riechende Parfümwolke.
In seiner Begleitung befanden sich mehrere wichtig aussehende Frauen und Männer. Handelte es sich um eine Hochzeitsgesellschaft? Rüde wurde ich in meinen Gedanken unterbrochen. KPD sprach eine neben ihm stehende Frau an und zeigte dabei auf mich.
»Frauke, das ist mein Untergebener Palzki. Ich hab dir schon von seinen ständigen Kapriolen erzählt. Überall, wo er auftaucht, gibt es Tote, und ich als guter Chef muss jedes Mal die Sache wieder ausbügeln. Das Leben könnte so einfach sein, wenn, ja wenn …«
»Jetzt lass doch deinen Mitarbeiter erst mal erzählen, Klaus«, unterbrach sie ihn. »Vielleicht war es ganz anders, als du vermutest.«
»Niemals!«, fiel ihr KPD ins Wort. »Palzki hat das nur gemacht, um mich zu ärgern. Er wusste garantiert, dass wir gerade die wichtigste Attraktion der Landesgartenschau einweihen wollten. Wenn es Schwierigkeiten gibt, ist immer Palzki daran schuld, das ist ein Naturgesetz. Wenn du willst, leihe ich ihn dir gern mal für ein paar Wochen, ach, was heißt Wochen, für ein paar Jahre aus.«
Auch wenn ich es gewohnt war, dass mein Chef wirr redete, ich verstand kein Wort. Was es wohl mit dieser Ausleihe auf sich hatte? Ich bin doch kein Buch.
Zwei Polizeibeamte kamen hinzu und sprachen KPDs Duzfreundin Frauke an.
»Frau Dr. Dammheim, nach dem ersten Überblick nehmen wir an, dass in einem Schubkarren eine Rohrbombe explodierte. Ein Besucher wurde getötet und ein Gärtner der Landesgartenschau verletzt. Es wird eine Weile dauern, bis wir konkretere Informationen für Sie haben.«
»Ein Toter?« KPDs Augen blitzten, Dammheim lächelte.
»Tja, mein lieber Klaus, vorhin haben wir über unsere mörderischen Statistiken gesprochen. Mit diesem Fall werden wir Landauer mit der Anzahl der Kapitalverbrechen an euch Schifferstadtern vorbeiziehen. Den Fall werden wir in Nullkommanichts gelöst haben.«
Während ich aus dem Gesagten schloss, dass vor mir die Landauer Kripochefin stand, fuchtelte KPD grobmotorisch mit den Händen, was wie immer sehr kurios aussah.
»Nichts da, Frauke. Das übernehmen wir Schifferstadter. Schließlich war mein Mitarbeiter Reiner Palzki vor deinen Beamten am Tatort. Palzki ist ein Spezialist für Ermittlungen im öffentlichen Sektor. Natürlich nur mit meiner Hilfe«, ergänzte er schnell.
Frau Dr. Dammheim überlegte einen Moment. »Grundsätzlich hätte dein Vorschlag durchaus seinen Charme, da viele meiner Beamten in Urlaub sind. Aber nein, das geht einfach nicht, schließlich sind wir in Landau und nicht in Schifferstadt. Außerdem wäre das schlecht für unsere Statistik. Wir wollen doch dieses Jahr den ausgelobten Preis des Innenministeriums bekommen. Du weißt, die Dienststelle mit den meisten aufgeklärten Todesfalldelikten erhält als Belohnung eine Wochenendreise nach Amsterdam inklusive Nackt-, äh, Nachtprogramm. Das werden sich meine Mitarbeiter nicht entgehen lassen wollen.«
KPD hatte gar nicht richtig hingehört. »Ich kenne sämtliche Ausnahmeparagrafen, Frauke. Wir haben sogar schon erfolgreich im ausländischen Baden-Württemberg ermittelt. Das haben wir als bundeslandübergreifendes Versuchsprojekt betitelt. Bei uns in der Pfalz ist es viel einfacher. Jede Dienststelle darf von dem Regionalitätsprinzip abweichen, wenn es für einen schnellen Fahndungserfolg wichtig erscheint. Und da Palzki ein wertvoller Zeuge ist, passt auch unsere Argumentationskette. Vielleicht hat er den Täter sogar gesehen und kann ihn heute noch festnehmen?«
»A, – ab, – aber«, stotterte die Landauer Kripochefin. »Was ist mit unserer Statistik?«
KPD fühlte sich als Sieger. Er klopfte seiner Freundin auf die Schulter. »Weißt du was? Den Fall teilen wir brüderlich auf. Wir 75% und ihr 25% für die Vorarbeit, die deine Mitarbeiter leisten. Morgen früh kommt Palzki zu euch und übernimmt die Akte, abgemacht?«
Ich stand sprachlos daneben und glaubte, nicht richtig zu hören. Bisher dachte ich, KPD wäre der einzige Chef, zumindest bei der pfälzischen Polizei, der nicht alle Tassen im Schrank hatte. Was ich hier geboten bekam, belehrte mich eines Besseren. Solch ein Geschachere war der gemeine Bürger durchaus von Politikern gewohnt. Dass es dies auch im Polizeiwesen gab, war mir zumindest außerhalb unserer Dienststelle neu.
KPD blickte zur Uhr. »So, jetzt haben wir genug Zeit vertrödelt. Lassen wir uns endlich zur Einweihung schreiten.«
Während er sich gemeinsam mit Frauke und den anderen Personen aus seiner Gruppe herumdrehte, sagte er zu mir: »Herr Palzki, bleiben Sie noch eine Weile hier. Morgen früh übernehmen Sie dann die Akte bei Frau Dr. Dammheim. Und jetzt bitte keine Störungen mehr.«
Nach ein paar Schritten blieb er zögernd stehen, drehte sich um und kam noch einmal zu mir zurück. »Herr Palzki«, flüsterte er, »Sie müssen unbedingt den Fall lösen. Selbstverständlich bekommen Sie ab morgen von mir Unterstützung, sonst würde das ja nicht funktionieren. Denken Sie an Amsterdam!«
Sekunden später war KPD verschwunden. Ich wusste es bereits heute Morgen, dass dies einer der schlimmsten Tage meines Lebens werden würde. Ich war ein Gefangener meiner selbst. Gefangen zwischen den Ansprüchen und Plänen meiner Familie und meines Jobs als Kriminalhauptkommissar.
Um mich etwas wichtig zu machen, versuchte ich, Hintergrundinformationen bei einem der Spurenermittler abzugreifen, der sich gerade das Umfeld des Toten besah.
»Haben Sie bereits erste Erkenntnisse?«
Mit mürrischem Blick schaute er zu mir hoch, legte eine kleine Denkpause ein und motzte: »Er ist tot, reicht Ihnen das?«
»Um das festzustellen, hätte ein Praktikant gereicht«, erwiderte ich angesäuert. Leute wie ihn musste man hart anpacken, sonst wurden sie überheblich.
Er glotzte mich mit einer gigantischen Maulsperre an. »Haben Sie Glück, dass Sie kein Kollege aus Landau sind«, sagte er schließlich. »Bei uns herrschen Zucht und Ordnung. Eskapaden wie an anderen Dienststellen gibt es bei uns nicht. Und jetzt halten Sie sich bitte im Hintergrund, wir haben zu tun. Sie sind schließlich nur ein kleiner, wahrscheinlich unbedeutender Zeuge.«
Fast wäre ich versucht gewesen, ihn darüber aufzuklären, dass ich seit wenigen Minuten der leitende Beamte war, doch ich verkniff es mir. Eine persönliche Eskalation wollte ich mir heute nicht auch noch antun. Ich ließ ihn auf dem Boden sitzen und bemerkte, wie ein Krankenwagen mit Sondersignal davonfuhr. Ich sprach einen der verbliebenen Sanitäter an. Es war der Schnauzbartträger, der als Erster am Tatort angekommen war.
»Ist der Gärtner schwer verletzt?«
Er zeigte auf den wegfahrenden Krankenwagen. »Dem do drin is fascht nix passiert. Ä bissel Blut hot er verlore und ähn Finger, morje kann der widder schaffe gehe. Es is ähn Gärtnermeschter vun dem Gelände do.«
Dieser Punkt war also geklärt. Warum er eine Rohrbombe in seinem Schubkarren spazieren fuhr und wer der Tote war, interessierte mich mindestens ebenso.
»Sind Sie Herr Palzki?«
Der sportliche 40-Jährige wirkte auf mich übernervös. In der Hand hielt er ein Handy.
Ich nickte ihm zu und wartete ab.
»Mein Name ist Hubertus Floralis«, sprudelte es aus ihm heraus. »Ich bin der Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft der Landesgartenschau. Frau Dr. Dammheim hat mir eben telefonisch mitgeteilt, dass Sie die Ermittlungen leiten.« Ihm fiel noch etwas ein. »Bitte entschuldigen Sie mein Äußeres. Ich habe heute meinen freien Tag und bin erst vor wenigen Minuten alarmiert worden.«
Ich schaute ihn kurz an. Er war unrasiert, was ich nicht weiter schlimm fand. Vor mir stand also der Geschäftsführer. Klar, dass er nervös war. Die Auswirkungen auf die Schau und die Besucherzahlen waren im Moment nicht abzuschätzen. Doch ich hatte den Eindruck, als trüge er noch mindestens ein weiteres Problem mit sich herum.
»Ich kann Ihnen leider nicht viel über die Sache berichten«, begann ich....
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