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In vielen Sportarten sind kleine Sportspiele fester Bestandteil - und für viele Kinder oft auch der Höhepunkt - des Trainings. Das hier auf den nächsten Seiten in Theorie und Anwendung vorgestellte Konzept der "Perfect Games" berücksichtigt Erkenntnisse der Psychomotorik, der Gesundheitswissenschaften und der Trainingslehre in Form ganzheitlicher Sportspiele für Schulund Vereinssport zur Förderung motorischer, psychischer, sozialer und materialbezogener Kompetenzen.
Sportspiele sind insbesondere im Schulsport beliebt, u.a. weil sie niederschwellig auch diejenigen Kinder zu körperlicher Bewegung animieren, die in ihrer Freizeit sonst nicht regelmäßig Sport treiben. Mit Sportspielen können Lehrkräfte komplette Kohorten unabhängig von Herkunft, Sozialstatus und körperlicher Konstitution erreichen und begeistern. Zudem treiben hierzulande 7 Millionen Kinder unter Anleitung von 800.000 Trainern und Trainerinnen in 90.000 Vereinen Sport. Auch im sportartspezifischen Vereinstraining sind kleine Sportspiele fester Bestandteil und für viele Kinder oft auch der Höhepunkt des Trainings.
Bei der sportartübergreifenden Weiterentwicklung spielerischer Trainingseinheiten könnten Erkenntnisse aus der Psychomotorik, der Sportmedizin und der Trainingslehre helfen, wonach sich durch Sportspiele nicht nur körperliche, sondern vor allem auch psychische Kompetenzen sowie Sozial- und Materialkompetenzen fördern lassen (Eime et al. 2013; Nachwitz-Moritz 2000; Schneider 2019).
Konkret lassen sich folgende Kompetenzen durch Sport im Allgemeinen und durch Sportspiele im Besonderen stärken (Abb. 1).
Sportspiele sollen natürlich zuvorderst die klassischen motorischen Kompetenzen schulen. Darunter versteht man in der Sportwissenschaft einerseits - als primär energetische Prozesse - die konditionellen Fähigkeiten Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Beweglichkeit. Diese Fähigkeiten kann man noch weiter differenzieren, etwa in die Kraftausdauer, die Schnellkraft usw. Hinzu kommen - als primär steuernde und regelnde Prozesse - die koordinativen Fähigkeiten. Auch die koordinativen Fähigkeiten lassen sich weiter unterteilen in Differenzierungs-, Orientierungs-, Rhythmisierungs-, Kopplungs-, Reaktions-, Umstellungs- und Gleichgewichtsfähigkeit (Größing, 2007).
Bei Planung und Einsatz von Sportspielen können Sportlehrkräfte nun einzelne motorische Kompetenzen herausgreifen und selektiv schulen. Dabei erkennt man schnell, dass ein klassisches Ausdauertraining durch stupides Rundenlaufen ebenso schnell langweilig wird wie ein klassisches Rhythmisierungstraining mittels Koordinationsleiter oder ein klassisches Krafttraining mittels Gewichten. Anreichern lassen sich derartige Trainingsformen etwa durch zusätzliche mentale Anforderungen, auf die im Folgenden eingegangen wird:
Sportpsychologie und Sportpädagogik differenzieren psychische Kompetenzen ganz allgemein in kognitive, emotionale und motivationale Aspekte. Für kognitive Fähigkeiten bedeutsam ist, dass durch Sport - stark vereinfachend formuliert - Wachstumsfaktoren und Dopamin ausgeschüttet werden, die eine stärkere Vernetzung und eine bessere Durchblutung des Gehirns bewirken. Moderne Bildgebungsverfahren bestätigen, dass sportlich Aktive einen größeren linken Hippocampus aufweisen, was mit besseren Gedächtnisund schnelleren Entscheidungsprozessen in Beziehung steht. So verwundert es nicht, dass beispielsweise Lese- und Sprachfähigkeiten bei sportaktiven Schülerinnen und Schülern besser sind als bei nicht sportaktiven. Beck fasst die Befundlage hierzu prägnant zusammen: "Sport macht schlau" (Beck, 2014).
Als weitere kognitive Kompetenzen kann man durch sportliches Training auch exekutive Funktionen (Arbeitsgedächtnis, Inhibition und kognitive Flexibilität) schulen. Durch den Sport induzierte Strukturveränderungen im präfrontalen Kortex erhöhen daraus resultierende Fähigkeiten wie Problemlösekompetenz, Handlungskompetenz, strategische Kompetenz, Einsichtsfähigkeit, Impulskontrolle und Frustrationstoleranz. Nicht zuletzt stärkt Sport via Selbstwirksamkeit und Kompetenzerfahrung auch das Selbstwertgefühl.
Abbildung 1: Das Perfect Games-Modell
Abbildungslegende: Durch Sport im Allgemeinen und Sportspiele im Besonderen förderbare Fähigkeiten; Grafik: Schneider S (2025) Perfect Games - Gesamtausgabe: Innovative Sportspiele zum Training körperlicher, mentaler und sozialer Fähigkeiten. BoD-Verlag, Norderstedt. Eine großformatige Kopiervorlage dieser Abbildung findet sich im Anhang.
Neben diesen kognitiven Aspekten fördert Sport auch emotionale Fähigkeiten. Sport konfrontiert mit so genannten "grundlegenden Emotionen". Hierzu zählen Wut, Angst, Trauer, Überraschung und Freude. Gerade die im kompetitiven Sportspiel erlebbaren Spannungen, Erfolge und Niederlagen verlangen dem Einzelnen regelmäßig Emotionskontrolle und Copingstrategien ab. Subsumiert wird dies unter dem Begriff der Emotionalen Intelligenz (EI), also der Fähigkeit, Emotionen bei sich und anderen erkennen, kontrollieren und nutzen zu können. Nicht zuletzt lassen sich mit Sportspielen motivationale und volitionale Fähigkeiten, vereinfacht gesagt Willensbildung und Willensdurchsetzung, fördern (Eime et al. 2013).
Man erkennt, dass sich im Rahmen eines sportlichen Trainings motorische und mentale Anforderungen besonders gut verbinden lassen. Ein Beispiel einer solchen Verbindung (hier konkret von Koordination und kognitiver Flexibilität) ist das Training mit Ballmaschinen im Tennis oder mit dem Footbonaut im Fußball. Aber auch solche Formen des Individualtrainings schöpfen nicht das volle Potenzial sportlichen Trainings aus. Modernes Training sollte darüber hinaus auch soziale Kompetenzen fördern, die im Folgenden näher beschrieben werden:
Anders als bei typischem Individualtraining, das etwa in Tennis, Gerätturnen, Fechten, Golf und Leichtathletik weit verbreitet ist, erreichen Sportspiele gleichzeitig eine mehr oder weniger große Gruppe von Kindern respektive Jugendlichen. Damit eröffnen sich unterschiedliche Ansatzpunkte für Vermittlung und Erwerb von Sozialkompetenzen (Eime et al. 2013). Diese werden üblicherweise in selbstbezogene und fremdbezogene Sozialkompetenzen differenziert.
Selbstbezogene Sozialkompetenz ist die Fähigkeit, die eigenen Ziele in sozialen Interaktionen zu erreichen, sich in einem sozialen Kontext auf faire Weise durchzusetzen, eigene Forderungen zu stellen und sich von anderen abzugrenzen. Sport vermittelt die allgemeine Stellung in der Gruppe und die konkrete Position im Team. Kompetenzen wie Selbstbehauptung und Autonomie können im sportlichen Spiel gefördert werden. Sport in der Gruppe setzt aber voraus, dass dem Gruppenmitglied der Balanceakt zwischen dieser Selbstbehauptung einerseits und nötiger Rücksichtnahme andererseits gelingt. Gegenseitige Rücksichtnahme ist ein Aspekt des fremdbezogenen Sozialverhaltens, zu dem auch Empathie, Fairplay, Kooperation und Inklusion zählen.
Sportspiele ermöglichen das Sammeln solcher fremdbezogenen Erfahrungen durch soziale Interaktion und flexible Rollenübernahme. Gerade kleine Sportspiele vermitteln in einem zeitlich, räumlich und sozial begrenzten Setting (etwa in der klassischen Schulsportstunde), dass der Balanceakt zwischen Selbstbezogenheit und Fremdbezogenheit durch flankierende Regeln, Normen und Werte (explizite Spielregeln, informelle Verhaltensregeln, Vorgaben der Lehrkraft, Leitbild der Schule oder des Vereins) am besten gelingt.
Viele der so genannten kleinen Spiele, darunter so bekannte wie Zombie- Ball oder Verfolgungsstaffeln, fordern motorische, psychische und soziale Kompetenzen gleichzeitig. Perfekt wird das Anforderungsprofil eines Sportspiels allerdings erst, wenn schließlich auch noch unterschiedliche Materialien und Spielgeräte ins Spiel kommen.
Sportspiele sind nämlich hervorragend geeignet, um Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichsten Materialien und Sportgeräten in Kontakt zu bringen. Die erste Dimension stellt dabei das so genannte "sensomotorische Lernen und Handeln" dar, welches explorativ und experimentell erfolgt. Im Spiel mit Gegenständen werden die physikalischen Phänomene Raum, Zeit, Gewicht, Reibung, Beschleunigung und Geschwindigkeit erfahren und physikalische Gesetze verstanden. Die zweite Dimension der Materialkompetenz ist das symbolische Lernen und Handeln (Nachwitz-Moritz 2000). Dabei wird z.B. durch die Lehrkraft Material (z.B. Bällen, Kegeln oder Reifen) eine symbolische Funktion oder Rolle zugewiesen (z.B. Geschoße, Verkehrszeichen oder Käfige). Dies schult Kreativität und Abstraktionsfähigkeit. Somit können so genannte kleine Spiele zum einen instrumentell eingesetzt werden, um sportartspezifi-sche Materialien (etwa den Handball, den Fuß-ball, den Volleyball, die Hochsprungmatte) mitsamt ihrer spezifischen Eigenschaften kennen und einschätzen zu lernen, bevor sie dann unter...
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