Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Über dem Tag lag von Anfang an ein Schatten. Für Berthold Warstein war es ein Tag der falschen Entscheidungen. Und eine davon war tödlich.
Dabei hätte dies der Auftakt zu einem besonderen Wochenende werden sollen. Den 22. Geburtstag seiner Tochter Melanie wollten sie heute feiern, und - eine Überraschung sollte es werden. Auf dieser Feier, im Kreis seiner Familie, wollte er Silvia, der Frau, mit der er seit zwei Jahren zusammenlebte, einen Heiratsantrag machen. Dazu kam der geschäftliche Erfolg, die guten Verkaufszahlen des ersten halben Jahres, die ihn in eine Hochstimmung versetzt hatten. Und am Sonntag stand der >Große Preis von Meran< auf dem Programm, bei dem eines seiner Pferde, die Stute >Bella Ragazza<, zu den heißen Favoriten zählte.
Aber wer sich auf der Siegerstraße wähnt, übersieht leicht Steine und Schlaglöcher, und Warstein, den sie alle >Baron< nannten, neigte ohnehin dazu, missliebige Dinge zu ignorieren oder erst mal beiseitezuschieben.
Mit seiner Firma >Verdina< gab es keine Probleme. Im Gegenteil. Das Geschäft mit Naturkosmetik florierte besser denn je. Sein Vater, ein zugewanderter Österreicher adeliger Herkunft, hatte das Unternehmen vor vierzig Jahren gegründet, und Berthold Warstein hatte daraus sukzessive eine der führenden Kosmetikmarken gemacht. Von seinem Vater hatte er auch die Leidenschaft für den Pferderennsport geerbt.
Zum Wochenende gab es immer eine kleine Aufmerksamkeit für Heidrun Lackner, seine Sekretärin. Heute waren es Blumen, Herbstanemonen, die Silvia heute Morgen, gleich nach dem Frühstück, im Garten gepflückt hatte.
Er stellte den Wagen auf dem Parkplatz des Firmengeländes ab, nahm seine Arbeitsmappe und das Blumensträußchen vom Beifahrersitz und machte sich auf den Weg in sein Büro.
Neben der Pförtnerloge stand Jakob Kranz, sein Fahrer, den er gestern entlassen hatte, weil ihn die Polizei mit zwei Promille am Steuer aus dem Verkehr gezogen hatte. Kranz bat ihn, die Entlassung zurückzunehmen, aber Warstein ließ ihn abblitzen. Vielleicht hätte er ihm den Vorschlag machen sollen, als Gärtner bei ihm zu arbeiten, bis er seinen Führerschein wiederbekam. In der Erregung war ihm das nicht eingefallen, denn Kranz war laut und ausfallend geworden, bevor er sich schimpfend davonmachte.
Heidrun Lackner bedankte sich, stellte die Blumen in eine Vase und eröffnete ihm nebenbei, dass sich zwei seiner leitenden Mitarbeiter krankgemeldet hatten. Ärgerlich, weil für diesen Vormittag ein Meeting angesetzt war, bei dem sie über die Marktanalyse des ersten Halbjahres sprechen wollten, über die guten Verkaufszahlen von >Verdina Naturkosmetik< und über die Erweiterung der Produktpalette und der Vertriebswege. Warstein war sauer. Statt die Besprechung auf Montag zu verschieben, ordnete er für den frühen Abend eine Videokonferenz an, obwohl er sich damit selbst keinen Gefallen tat, weil er ja Melanies Geburtstag feiern und vorher noch zu seinen Pferden ins >Borgo Andreina<* wollte.
Dann brachte ihm der Besuch von Lars Wittmann auch noch das ganze Nachmittagsprogramm durcheinander. Er hatte den Chef einer Hamburger Marketingagentur erst in der nächsten Woche erwartet. Ein falscher Eintrag in seinem Terminkalender. Beim Mittagessen im >Vögele<*, das sich über zwei Stunden hinzog, erläuterte ihm der Mann sein Konzept, wie >Verdina< den skandinavischen Markt erobern könnte. Da mussten die Pferde eben warten.
Anschließend wollte Wittmann die Laboreinrichtungen und den Produktionsbetrieb sehen, um sich für die Kampagne ein Bild zu machen. Auch das ging vor.
Der Nachmittag verging wie im Zeitraffer. Nachdem Wittmann gegangen war und Warstein einige dringende Anrufe erledigt hatte, kam Heidrun Lackner mit der Unterschriftenmappe. »Die Briefe müssen heute noch raus. Übrigens, Roland Bruckner hat Gesprächsbedarf.«
»Das passt mir heute nicht. Machen Sie mit ihm für nächste Woche einen Termin.«
»Es geht um Melanie.«
»Das denk ich mir. Nächste Woche.«
»Und dieser Contini hat wieder angerufen.«
»Was wollte er?«
»Wissen, ob Sie heute noch zum Rennplatz kommen.«
Warstein machte eine wegwerfende Handbewegung. »Dass der immer noch frei herumläuft.«
Für einen Besuch bei den Pferden war es jetzt zu spät. Er nahm sich die Akte Marian Zaharia noch mal vor. Das war ein junger Mann aus Bukarest, dreißig Jahre alt, studierter Biochemiker, dem er vor einem Vierteljahr zu einem Job in seinem Labor verholfen hatte. Praktisch von der Straße weg. Ein Glücksgriff, wie sich inzwischen gezeigt hatte. Jetzt stellte Zaharia bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Keine Frage, dass er ihn dabei unterstützen würde.
Und so raste die Zeit dahin, und ehe er sich's versah, stand Heidrun Lackner in der Tür und wünschte ihm ein schönes Wochenende. »Die Blumen nehme ich mit«, sagte sie lächelnd und roch daran.
»So war's auch gedacht. Viel Spaß.«
»Danke. Grüßen Sie das Geburtstagskind von mir. Und für Sonntag toi, toi, toi.«
»Keine Sorge. >Bella Ragazza< macht's.«
Als er um kurz vor sieben nach Hause kam, waren seine Damen schon abfahrbereit. »Hat jemand abgesagt?«
Silvia Strasser empfing ihn mit einem Kuss. »Nein, wir sind zu zwölft. Die anderen kommen direkt da hin.«
Berthold Warstein hatte die Bauernstube im >Burggräflerhof< reservieren lassen. Da hätten leicht noch einige mehr Platz gehabt, aber er wollte, dass es bei einer Familienfeier blieb. Hinter Silvia drängten Agnes, die Haushälterin, die seit einigen Jahren zur Familie gehörte, und Melanie, das Geburtstagskind, zur Tür. Beide waren fein rausgeputzt, wie sich das für den Anlass gehörte. Warstein hatte seiner Tochter heute Morgen schon gratuliert, aber Melanie schaute jetzt, beim Hinausgehen, demonstrativ an ihm vorbei. Sie schmollte, weil er ihr nicht erlaubt hatte, Roland Bruckner zu der Geburtstagsfeier einzuladen. Das war eine Geschichte, über die er unbedingt mit ihr sprechen musste. Aber nicht heute an ihrem Geburtstag.
Silvia strich ihm über die Wange. »Zieh' dich rasch um.«
Er nahm ihre Hand und berührte sie mit seinen Lippen. »Ich muss noch was erledigen. Fahrt schon mal vor.«
»Mach nicht so lange.«
»Halbe Stunde, länger brauch' ich nicht.«
Die drei Frauen stiegen in Silvias Wagen und fuhren los. Warstein winkte ihnen noch kurz zu, dann ging er in sein Arbeitszimmer, setzte sich an seinen Schreibtisch und brachte sein Tablet für die Videokonferenz in Stellung.
Die Verbindung stand sofort. Fünf seiner Leute waren zugeschaltet. Der sechste Platz blieb leer. Dass Walter Hendrich, der für die Personalabteilung zuständig war, dieser Sitzung fernblieb, ohne es für nötig zu halten, sich abzumelden, nahm Warstein als persönlichen Affront. War das Hendrichs Antwort auf den Krach, den sie kürzlich miteinander hatten?
»Weiß einer, was mit Hendrich ist?«, fragte Warstein in die Runde.
Allgemeines Kopfschütteln.
»Na schön, so wichtig ist er heute Abend auch nicht. Fangen wir an .«
In den ersten zwanzig Minuten lief alles glatt. Die Wortmeldungen gingen reihum, es wurde lebhaft diskutiert. Aber dann war die Verbindung plötzlich gestört. Die Unterbrechung zog sich hin, und Warstein beschloss, die Konferenz abzubrechen.
»Da hat jemand was gegen uns. Wir verschieben das auf Montag. Danke, meine Herren«, sagte er, aber weil er die anderen nicht mehr im Bild hatte, wusste er nicht, ob sie ihn gehört hatten. Mit der Technik hatte er es nicht so.
Im nächsten Moment läutete es an der Haustür.
»Sekunde, ich komme gleich.« Er schaltete das Tablet aus, schloss den Deckel und stand auf, um die Haustür zu öffnen.
Gianni Furlan amüsierte sich über den Mann am Nebentisch, der versuchte, mit einem Zahnstocher einer Fliege zur Flucht aus seinem Bierglas zu verhelfen. Was ihm schließlich auch gelang. Die Fliege bedankte sich mit einer Ehrenrunde bei ihrem Retter und war dann weg. Farner und die anderen am Tisch waren in die Getränkekarte vertieft und konnten sich nicht entscheiden. Etwas Spezielles sollte es sein.
Vor einer halben Stunde hatten sie sich mit den Carabinieri im >Relax< getroffen, um auf die Beförderung von Sandro Valetta zum Brigadiere Capo anzustoßen. Ivo Gebhard hatte dafür sogar seine Orchesterprobe sausen lassen. Es war eine Selbstverständlichkeit für sie, Valetta ihre Anerkennung zu zeigen, die er sich für seinen Einsatz bei den gemeinsamen Ermittlungen erworben hatte. Nicht nur das. Wenn sich Maresciallo Terranostra eine Bosheit erlaubte oder eine gemeine Bemerkung, was immer wieder mal vorkam, dann war Valetta da und glättete die...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Adobe-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet – also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Adobe-DRM wird hier ein „harter” Kopierschutz verwendet. Wenn die notwendigen Voraussetzungen nicht vorliegen, können Sie das E-Book leider nicht öffnen. Daher müssen Sie bereits vor dem Download Ihre Lese-Hardware vorbereiten.Bitte beachten Sie: Wir empfehlen Ihnen unbedingt nach Installation der Lese-Software diese mit Ihrer persönlichen Adobe-ID zu autorisieren!
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.