EIGENSCHAFTEN VON BIENENWACHS
Trotz der geringen, weiter oben erwähnten Schwankungen in dessen Zusammensetzung, lässt sich das Naturprodukt Bienenwachs (lat. Cera Flava) 14 recht gut beschreiben. Wie viele Naturprodukte besitzt auch Bienenwachs keine großen Varianzen in seinen Eigenschaften, weshalb man Bienenwachs sowohl im Lebensmittel- als auch im Kosmetik- und Pharmabereich reproduzierbar verarbeiten kann. Als Lebensmittelzusatz ist es sowohl als gelbes Bienenwachs (Cera Flava) als auch als weißes Bienenwachs (Cera Alba) unter der Nummer E 901 zur hauptsächlichen Verwendung als Überzugs- oder Trennmittel zugelassen [15].
© Anna Auerbach/Kosmos
LÖSLICHKEIT UND POLARITÄT
Die Frage, ob sich zwei verschiedene Flüssigkeiten - z.B. heißes Wachs und Wasser - miteinander vermischen, oder ob sich ein Feststoff in einer Flüssigkeit lösen lässt, beantwortet ein Chemiker mit dem Grundsatzspruch "Gleiches löst sich in Gleichem" (Similia similibus solvuntur). Ob aber zwei Stoffe "gleich" sind, macht der Chemiker an den sogenannten Polaritäten dieser Stoffe fest (zur Entstehung der Polarität siehe Kasten hier). Stoffe, deren Moleküle einen Dipol besitzen, werden sich sehr wahrscheinlich in einem polaren Lösungsmittel lösen (die Moleküle des Lösungsmittels besitzen ebenfalls einen Dipol). Anders herum löst sich ein unpolarer Stoff nicht oder nur sehr schlecht in einem polaren Lösungsmittel. Als Beispiel löst sich das unpolare Bienenwachs nicht in dem polaren Wasser.
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Nach dem Wachsschmelzen trennt sich flüssiges Bienenwachs recht zügig vom Wasser (dunkle Phase) ab. Das Wasser ist nach der Reinigung stark verschmutzt, da es während der Reinigung die wasserlöslichen Bestandteile aus dem Wachs herausgewaschen hat.
TABELLE 6: STECKBRIEF VON BIENENWACHS (CERA) DER APIS MELLIFERA
Farbe
gelb bis gelb-orange bzw. gelb-braun (Cera Flava)
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Jungfräuliches Bienenwachs ist farblos und erscheint uns weiß; frische Wachsplättchen der Bienen sind mitunter transparent
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Wachs ist innerhalb des Erweichungsbereich deutlich hellgelb
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das mit Oxidationsmitteln gebleichte "weiße Wachs" (Cera Alba) ist farblos
Löslichkeit [S]
in polaren Medien unlöslich - in unpolaren Medien gut löslich
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Bienenwachs ist in Wasser unlöslich
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Dielektrizitätskonstante er ~ 2,6 - 3,0
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in kaltem Alkohol (Ethanol) unlöslich, in heißem Alkohol teilweise löslich (Cerin-Teil)
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gut löslich in Ölen, (heißen) Fetten sowie in anderen unpolaren Lösungsmitteln wie Benzol, (Diethyl-)Ether, Terpentinöl und (warmen) Petrolether
Schmelzbereich [Tf]
40,4 - 67,0°C
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Temperaturbereich, in dem einzelne Bestandteile des Bienenwachses schmelzen. 15
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in diesem Bereich nimmt Bienenwachs zusätzliche Energie für den Wechsel vom festen zum flüssigen Zustand auf (erkennbar an einer erhöhter Wärmekapazität)
Erweichungsbereich [Ts]
oberhalb von ca. 40°C
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erste Bestandteile des Bienenwachses schmelzen
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beim Erwärmen verliert Bienenwachs nach und nach seine feste Beschaffenheit und besitzt im Erweichungsbereich eine mehr oder weniger weiche, schmierige Konsistenz, ohne flüssig zu sein
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das Wachs besitzt im Erweichungsbereich augenscheinlich einen festen Aggregatzustand
(sichtbarer) Schmelzpunkt [Tm]
61° - 63°C
(partieller) Siedepunkt [Tb]
ca. 236°C
spezifische Wärmekapazität [c]
2,5 kJ/(K*kg)
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Wärmekapazität steigt im Schmelzbereich um ein Vielfaches an
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Bienenwachs besitzt eine maximale Wärmekapazität bei 64,5°C
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die Menge an zusätzlich aufgewandter Energie im Schmelzbereich entspricht der Schmelzenthalpie von 170,7 kJ/kg 15
Dichte [?]
0,95 - 0,965g/mL (20°C)
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Bienenwachs hat somit eine geringere Dichte als Wasser
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die Dichte von Bienenwachs ist stark temperaturabhängig
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zwei Ausdehnungskoeffizienten a beschreiben dieses Verhalten:
a1 = (344 ± 31) 10-5 K-1 (für 22° bis ~ 40°C)
a2 = (1048 ± 170) 10-5 K-1 (für ~ 40 bis ~ 62°C)
Verseifungszahl [VZ]
87 - 103
Säurezahl [SZ]
17 - 22
Esterzahl [EZ]
ca. 70 - 80
Peroxidzahl [POZ]
max. 5
Gesamt-Kohlen-wasserstoff [THC]
ca. 14,5%
Die Polarität ist eng mit den Begriffen der Hydrophilie ("wasserliebend") bzw. Hydrophobie ("wasserabweisend") verbunden. Wie im obigen Beispiel erwähnt, besitzt Wasser einen sehr starken Dipol und ist somit polar. Stoffe, die sich in Wasser lösen lassen, also "wasserliebend" sind, müssen ebenfalls polar sein. Hydrophobe, also wasserabweisende Stoffe, lassen sich in Wasser nicht lösen.
Die Begriffe der Hydrophobie bzw. -philie werden häufig bei Substanzen angewandt, bei denen sich ein polarer Dipol nicht über das gesamte Molekül erstreckt. Bei vielen Molekülen kommt es vor, dass ein Teil des Moleküls polare Anteile besitzt (also hydrophil ist), während andere Teile nahezu unpolar und damit hydrophob sind. Das klassische Beispiel für solche Moleküle sind Seifen, die weiter unten noch genauer beschrieben werden. Seifen besitzen sowohl einen sehr hydrophilen als auch einen sehr hydrophoben Molekülteil. Dadurch können sich Seifen sowohl mit Fetten als auch mit Wasser verbinden und so Fett in Wasser "lösen" bzw. mit Fetten eine wässrige Emulsion bilden. Deshalb können wir z.B. unsere fettigen Hände mit Wasser und einer Seife sauber waschen.
URSACHE FÜR DEN POLAREN CHARAKTER VON CHEMISCHEN STOFFEN
Moleküle bestehen aus positiv geladenen Atomkernen, die mit einer "Wolke" von Elektronen umgeben sind. Sofern sich die negativ geladenen Elektronen gleichmäßig, symmetrisch im Molekül verteilen, wirkt das Molekül nach außen elektrisch neutral. Je nach Aufbau eines Moleküls kann es zu einer ungleichen Verteilung der Elektronen kommen, sodass sich ein Bereich im Molekül positiv auflädt, ein anderer entsprechend negativ. Auf diese Weise wird im Molekül - ähnlich wie ein Magnetstab - ein Dipol erzeugt, der auf andere polare Moleküle anziehend wirkt. Die Stärke der Polarität ist über die...