Schweitzer Fachinformationen
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Wie kann es sein, dass uns unsere Hunde so auf die Palme bringen, dass wir sie anschreien oder ausschimpfen, obwohl wir genau wissen, dass sie kein Wort von dem verstehen, was wir da sagen? Und wieso können wir manchmal entspannt darüber lachen, wenn sie auf charmante Art und Weise versuchen, unsere Regeln und Grenzen auszuhebeln, während wir uns nur einen Tag später mächtig darüber aufregen?
Um das herauszufinden, befassen wir uns zunächst damit, wie wir Menschen Entscheidungen treffen. Das hängt von vielen Faktoren ab, denn die Entscheidungsfindung ist ein komplexer Vorgang, der sich in unserem Gehirn abspielt. Vereinfacht dargestellt läuft der Prozess in etwa folgendermaßen ab: Reize werden über die SINNESORGANE des Körpers wahrgenommen und als elektrisch-chemische Signale ans GEHIRN weitergeleitet. Von dort aus führen zwei verschiedene Wege zu einer Handlungsentscheidung. Der erste ist der langsame Weg. Über den Thalamus im Zwischenhirn gelangen die Reize in die Großhirnrinde, wo unser Bewusstsein sitzt. Auf diesem Weg finden BEWERTUNGSPROZESSE statt. Das heißt, die Reize werden auf Relevanz geprüft, ob sie bekannt oder unbekannt sind, ob eine Handlung notwendig ist oder nicht und, falls ja, welche Handlung Erfolg verspricht. Dieser Weg bietet viele Vorteile, denn wir beziehen unsere Erfahrungen, die wir schon einmal in einer ähnlichen Situation gemacht haben, mit in diese Entscheidungsfindung ein. So können wir jederzeit sinnvolle Entschlüsse treffen. Doch er hat einen entscheidenden Nachteil: Er ist vergleichsweise langsam.
Drohen akute Gefahren, brauchen wir sehr viel schnellere Lösungen. Hier kommt der zweite Weg der Entscheidungsfindung ins Spiel. Auf diesem gelangt der Reiz vom Thalamus über eine einzige Umschaltstelle in die Amygdala, den Mandelkern. Dort werden reflexhafte Angstreaktionen ausgelöst, noch ehe wir begriffen haben, um welchen Reiz es sich überhaupt handelt. Wir kennen diesen plötzlichen Anstieg von Adrenalin im Blut, wenn wir beispielsweise einen Stock im Gras mit einer potenziell tödlichen Schlange verwechseln. Diese Reaktion des Körpers ist eine STRESSREAKTION und hat uns über viele Jahrtausende der Evolution einen Vorteil gebracht. Wer lange darüber nachdachte, ob es sich wirklich um eine Schlange handelte und nicht nur um einen Stock, der wurde früher oder später von dem Reptil gebissen. Wer hingegen immer reflexhaft zur Seite sprang, auch wenn in 99 von 100 Fällen keine Schlange im Gras kroch, konnte einem Giftbiss entgehen und hatte so bessere Chancen zu überleben.
Überleben ist ein gutes Stichwort. Charles Darwin gilt als Begründer der EVOLUTIONSTHEORIE. Sie besagt, dass eine Spezies, die sich besonders gut an die Umwelt anpassen kann, größere Chancen hat zu überleben und ihre Gene an die nächste Generation weiterzugeben. So setzen sich auf lange Sicht die besonders gut angepassten Arten durch. Da die Stressreaktion, die wir eben beschrieben haben, bei vielen Säugetieren ähnlich abläuft, können wir von einem evolutiven Vorteil ausgehen. Ein Blick auf die KÖRPERLICHEN FOLGEN DER STRESSREAKTION stützt diese Vermutung:
Der Mandelkern steuert diese Reaktion sehr schnell und unabhängig vom präfrontalen Cortex. Unser Körper ist für kurze Zeit EXTREM LEISTUNGSFÄHIG und kann auf die Bedrohung, die die Stressreaktion ausgelöst hat, sehr schnell reagieren.
GUT ZU WISSEN
Der präfrontale Cortex ist ein Teil der Großhirnrinde im vorderen Teil des Gehirns. Hier laufen sensorische Informationen zusammen. Die Reaktionen auf diese Informationsflut, in unserem Fall also das Verhalten unseres Hundes, wird von dort aus gesteuert.
Diese Abläufe im Körper sind hervorragend dazu geeignet, akut auftretendem Stress erfolgreich zu begegnen. Evolutiv gesehen hat uns diese Reaktion einen Vorteil verschafft. Doch in der jüngeren Vergangenheit hat sich UNSER LEBEN STARK VERÄNDERT. Situationen, in denen diese Stressreaktion vorteilhaft für das Überleben war, gibt es in unserer Gesellschaft vermutlich nicht mehr. Wir gehen in den Supermarkt, statt uns unser Essen durch Jagd zu sichern, wir werden nicht von konkurrierenden Nachbarn angegriffen und müssen unser Territorium verteidigen, und es lauern eher selten gefährliche oder gar potenziell tödliche wilde Tiere in unseren Stadtparks auf uns.
Lang anhaltender oder dauerhafter Stress, der mit der Zeit chronisch wird, kann Hunde genauso krank machen wie Menschen.
Stress, dem wir heute ausgesetzt sind, sieht anders aus und wirkt anders. Es handelt sich seltener um akute Stressreaktionen, sondern eher um lang anhaltenden, manchmal sogar DAUERHAFTEN, CHRONISCHEN STRESS. Dieser wirkt sich ungesund auf unseren Organismus aus. Er sorgt für Kopfschmerzen, Krankheit, Schlafbeschwerden und Depressionen bzw. ein Gefühl des Niedergeschlagenseins. Zwischen 66 und 80 Prozent der Deutschen geben an, dass sie manchmal gestresst sind. JEDE:R VIERTE FÜHLT SICH HÄUFIGER GESTRESST. Hauptgründe sind die Belastungen durch Arbeit, Schule oder Studium. Unmittelbar darauf folgen die hohen Ansprüche an uns selbst. Und dieser Stress nimmt Untersuchungen zufolge immer mehr zu. Im Vergleich zu einer Studie aus dem Jahr 2013 hat sich besonders der Anteil der häufiger gestressten Menschen vergrößert.
Neben gesundheitlichen und psychischen Folgen andauernden Stresses treten zusätzliche Probleme auf: Bei CHRONISCHEM STRESS arbeitet der Verstand nicht mehr so effizient, und Entscheidungen werden an ihm vorbeigelenkt. Wir treffen andere Entscheidungen und handeln anders als im entspannten Zustand. Die Stressreaktion führt durch sogenannte NEGATIVE RÜCKKOPPLUNGSEFFEKTE dazu, dass die Stresshormone, die ins Blut freigegeben werden, eine hemmende Wirkung auf die Ausschüttung neuer Stresshormone hat. So stellt der Körper sicher, dass nicht zu viele Stresshormone im Blut umherschwirren. Die vorhandenen STRESSHORMONE werden vor allen Dingen durch Bewegung wieder abgebaut. Ursprünglich geschah das direkt in den Situationen, in denen es zur Ausschüttung von Stresshormonen kam, also zum Beispiel im Kampf oder auf der Flucht.
In unserem heutigen Alltag treffen wir bei diesem System auf zwei Probleme. Erstens bewegen wir uns in der Regel nicht so viel, dass unser Körper dadurch effektiv Stresshormone abbauen könnte, und zweitens fühlen sich immer mehr Menschen chronisch gestresst. So werden die Stresshormone nicht nur nicht abgebaut, es werden auch immer wieder neue produziert. Somit befindet sich der Körper im DAUERSTRESS.
Uns Hundemenschen verschaffen die Spaziergänge mit unseren Lieblingen zwar zusätzlich Bewegung, doch statt Entspannung kommt oft neuer Stress auf: der Hund, der ständig an der Leine zieht, die Begegnung mit Artgenossen, die mit viel Gebell vonstatten geht, oder der Vierbeiner, der ausbüxt und wegläuft - dies alles sind weitere Stressfaktoren.
Ob wir nun also mit Gelassenheit oder Anspannung auf das Verhalten unserer Hunde reagieren, hängt von unserem inneren Zustand (»Wie gestresst sind wir?«) und unserer Veranlagung ab. Denn nicht jeder Mensch hat ein in gleichem Maß sensibel arbeitendes Stresssystem. Einerseits wird durch die Erlebnisse in den ersten Lebensjahren der Körper auf die Belastungen im Leben vorbereitet. Wer also in einem Lebensraum mit vielen Gefahren überleben will, sollte ein sensibleres Stresssystem haben, das schnell reagieren kann. Natürlich müssen wir heute keine Angst mehr davor haben, von wilden Raubtieren gefressen zu werden, doch zahlreiche Stressoren (stressauslösende Reize) sorgen in unserem Leben dafür, dass unser Stresssystem schon in der Kindheit auf ständige Gefahr gepolt ist.
Doch nicht nur selbst erlebter Stress sorgt für ein sensibles Stresssystem. In den letzten Jahren konnten Wissenschaftler:innen nachweisen, dass über Epigenetik Stresssysteme an die Nachkommen weitergegeben werden. Nagetiere zeigten Angstreaktionen auf negativ konditionierte Reize, die nur ihre Eltern, aber nicht sie selbst je erlebt haben. Wir können also davon ausgehen, dass wir auch die Belastungen der Stresssysteme unserer Großeltern und Eltern (Krieg, Hunger, Flucht) zumindest zum Teil in uns tragen.
Wenn wir sehr gestresst sind, treffen wir falsche Entscheidungen, sind tendenziell höher erregt und schimpfen eher mit unserem Hund. Dies ist eine logische Folge davon, dass unsere eigene Körperkontrolle nicht mehr so gut funktioniert und wir nicht mehr rational handeln können.
Übrigens haben Forscher:innen auch herausgefunden, dass unsere Hunde...
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