Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Einleitung 9
Status quo 2023 - Transformation und Neuerfindung 13
Das Buch 15
Meine persönliche Entdeckungsreise des Direktvertriebs 19
Teil I Der Direktvertrieb aus der Außensicht - ein Panorama
1 Was ist Direktvertrieb? 25
2 Was ist nicht Direktvertrieb? 31
3 Klassischer Direktvertrieb vs Network Marketing - ein Vergleich 41
4 Das Warum des Direktvertriebs 51
5 Die Vor- und Nachteile des Direktvertriebs 55
6 Die Größe des Direktvertriebs 65
7 Die Bedeutung des Direktvertriebs 75
8 Zur Geschichte des Direktvertriebs 81
Teil II Wie funktioniert der Direktvertrieb?
9 Wer ist Direktvertrieb? 97
10 Die DNA des Direktvertriebs 115
11 Systeme im Direktvertrieb 137
12 Die Marketing-Ps im Direktvertrieb 149
13 Salesforce-Segmentierung - ein Beratermodell 183
14 Direktvertriebsmodelle 193
15 EUR = B × A × P - die Erfolgsformel im Direktvertrieb 211
16 Die rechtlichen Aspekte im Direktvertrieb 225
17 Quo vadis, Direktvertrieb? 237
Danksagung 259
Der Autor 261
Literaturverzeichnis 263
Stichwortverzeichnis 267
Was ist eigentlich Direktvertrieb? Welche Definitionen gibt es dafür von den Branchenorganisationen, von Autoren und den Experten aus der Praxis? Welche Beschreibungen und Zitate erfassen das Wesen des Direktvertriebs am besten und treffen »den Nagel auf den Kopf«? Ist der Direktvertrieb nun ein Vertriebskanal oder eine eigene Industrie? Dieses Kapitel zur Einstimmung soll dich vor allem zum Denken anregen.
»Unter Direktvertrieb versteht man im Allgemeinen den persönlichen Verkauf von Waren und Dienstleistungen an Verbraucherinnen und Verbraucher in der Wohnung, am Arbeitsplatz oder an anderen Orten außerhalb ständiger Geschäftsräume nach persönlicher Beratung/Vorführung durch eine Vertriebspartnerin oder einen Vertriebspartner oder unter Zuhilfenahme digitaler Medien, soweit zwischen den Beteiligten die Möglichkeit von gleichzeitigem Sicht- und Hörkontakt besteht und die Ware oder Leistung vor Vertragsabschluss vorgeführt wird (Online-Party, Online-Meeting, Live-Shopping).« (BDD 2023)
Mit dieser aktuellen Definition des BDD, Bundesverband Direktvertrieb, möchte ich deinen Gedankengang beginnen.
»Persönlich« ist eins der Schlüsselworte im Direktvertrieb und ein Baustein seiner DNA. Bei Vorwerk spricht man seit vielen Jahren deshalb vom »personengestützten« Direktvertrieb. Diese persönliche Beziehung zum Kunden hebt die Vertriebsform vom Einzelhandel und erst recht vom E-Commerce ab.
»Direkt« besitzt in unserem Fall eine doppelte Bedeutung. Es meint zuerst den »direkten Vertrieb« ohne Groß-, Zwischen- und Einzelhändler. Für mich steht es aber noch stärker für die »direkte« Ansprache von potenziellen Kunden. Diese proaktive Vertriebsform erreicht eine ganz andere Klientel als der stationäre Einzelhandel, der über die richtige Lage und Werbung seine Kunden ins Geschäft locken muss. Oder als der E-Commerce, der über teure Kampagnen Interessenten auf seine Seite leitet.
»An Verbraucherinnen und Verbraucher« meint das Endkundengeschäft und klammert damit B2B-Vertriebe aus. Hilti und Würth zum Beispiel betreiben milliardenschwere, sehr bekannte und erfolgreiche Vertriebe, aber hauptsächlich an Firmenkunden.
»In der Wohnung« bedeutet, dass die Homeparty, der individuelle Kundenbesuch, die Kaffeerunde oder der Kochkurs traditionell beim Kunden zu Hause stattfinden. Der neue Zusatz (2023) »am Arbeitsplatz oder an anderen Orten außerhalb ständiger Geschäftsräume« ist ein weiteres Zeichen für ein Aufbrechen dieser Definition, denn immer mehr Treffen finden auch außerhalb privater Räume statt, ob in Cafés oder an anderen öffentlichen Orten.
»oder unter Zuhilfenahme digitaler Medien, soweit zwischen den Beteiligten die Möglichkeit von gleichzeitigem Sicht- und Hörkontakt besteht und die Ware oder Leistung vor Vertragsabschluss vorgeführt wird (Online-Party, Online-Meeting, Live-Shopping).« Auch dieser brandneue Zusatz (2023) trägt der digitalen (R)Evolution der letzten Jahre Rechnung und schließt damit alle Formen digitaler Vorführungen mit ein.
Aus zwei Gründen wird sich diese Definition in den nächsten Jahren weiter verändern. Erstens erfolgen heute weitere Teile der Customer Journey1 digital: Sowohl die Kundenansprache durch Social Selling als auch der Verkaufsabschluss im Social Commerce finden vermehrt digital (ohne physischen Kontakt) statt.
Zweitens zwingen gestiegene Kundenerwartungen alle Direktvertriebe zum Multikanal-Vertrieb. Ein treuer Vorwerk-Kunde erwartet heute, dass er seinen neuen Kobold-Staubsauger auch im Vorwerk-Geschäft kaufen und gleich mitnehmen kann, danach trotzdem noch ein Berater für eine kurze Erklärung vorbeikommt und dass er später seine Filterbeutel mit »1-Click« im Onlineshop bestellen kann.
Der Weltverband WFDSA geht in seiner Definition weiter und schreibt von »einem Weg, auf dem unternehmerisch denkende Menschen unabhängig arbeiten können, um ein Geschäft mit geringen Gründungs- und Gemeinkosten aufzubauen«.
Der WFDSA bringt damit das zweite »Produkt« des Direktvertriebs ins Spiel: eine Einkommensmöglichkeit für jede(n) mit geringer Startinvestition. Der Direktvertriebsberater als Unternehmer - dieses Konzept ist vor allem im Network Marketing viel stärker verankert als im klassischen Direktvertrieb.
Gordon Hester spricht von einem »Vertriebskanal mit einem Storyteller für die Produkte und das Unternehmen«. (Hester 2021) Storytelling2 ist heute in aller Munde und bei bestimmten Produkten macht die Möglichkeit, herausragende Eigenschaften erklären zu können, den Unterschied aus. Im Einzelhandel können es sich nur die Topmarken leisten, mit eigenen Flagship-Stores3 ihre Geschichte zu erzählen.
Viele Network-Marketing-Manager sprechen von einem »Programm zur Entwicklung von Persönlichkeits- und Führungsqualitäten, mit einzigartigen Produkten als Basis«.4 Millionen begeisterte Networker leben dieses Mindset tagtäglich und bleiben ihrem Network selbst bei geringen finanziellen Erfolgen treu:
»Es geht vielen Beratern nicht nur ums Einkommen. Sie bleiben dabei, weil sie lernen und als Persönlichkeit wachsen. Sie sehen und spüren das und investieren weiter in sich und sind überzeugt, dass der finanzielle Erfolg irgendwann zu ihrem persönlichen Wachstum aufschließt.« (Mark Beiderwieden 2023)
Die seit Jahren für mich treffendste Beschreibung ähnelt derjenigen der DSEF (Direct Selling Education Foundation):
»Direktvertriebe bieten eine Plattform (Produkte + Einkommensmöglichkeit), die interessierte Unternehmer nutzen, um sich damit ein Geschäft aufzubauen. Technologie und Social Media erlauben die Skalierung mit minimalen Kosten und jeder kann sich das Geschäft so einrichten, wie es ihm passt.« (DSEF 2023)
Gemeinsam ist allen Direktvertrieben, dass sie mit einer größtmöglichen Anzahl an selbständigen, provisionsabhängigen Beratern zusammenarbeiten. Diese formen je nach Vertriebsmodell eine Hierarchie oder ein Netzwerk.
Deshalb bezeichnet man den Direktvertrieb (vor allem in den USA) auch als B2B2C. Also als Geschäft »vom Unternehmen zu Unternehmern zu den Endverbrauchern«.
Traditionell sind Direktvertriebsprodukte exklusiv über die Berater erhältlich. Der bewusste Verzicht auf den direkten Verkauf (heute D2C genannt) stärkt die Position der Berater, wird aber immer wieder in Frage gestellt. Am besten wird das in Abbildung 1 deutlich.
Im Kontrast dieser Definitionen werden zwei unterschiedliche Philosophien sichtbar. Auf der amerikanischen Seite der Berater als »Unternehmer« mit der Einkommensmöglichkeit im Vordergrund. Und auf der europäischen Seite der Berater als »Verkäufer« mit dem Fokus auf dem Produktverkauf. Diese beiden Ansätze spiegeln sich heute in den jeweils vorherrschenden Vertriebsmodellen und Einkommenssystemen wider, doch dazu später mehr.
Abbildung 1: Direktvertrieb als B2B2C-Modell
Die Vielfalt des Direktvertriebs erlaubt die Ausrichtung in die eine oder andere Richtung. Hin zum Produktabverkauf oder zum Unternehmertum. Dazwischen gibt es jede erdenkliche Variation. Deshalb wird es vermutlich nie eine eindeutige Definition geben. In dieser Buntheit liegt gleichzeitig die Flexibilität und Stärke des Direktvertriebs.
Ist der Direktvertrieb nun ein Vertriebskanal oder eine eigene Industrie? Die meisten Experten sind sich einig und sprechen von einer eigenen Branche. Der Direktvertrieb ist für sie eine eigene Industrie mit sehr spezifischen Gesetzmäßigkeiten.
Warum? Weil die Hauptkunden die Berater sind. Die das Produkt so sehr begeistern muss, dass sie es selbst nutzen und gleichzeitig an andere Verbraucher weiterempfehlen und verkaufen. Und weil die Führung von riesigen, volatilen »Armeen von Produktliebhabern« eine besondere Herausforderung ist.
Aus diesem Grund tun sich traditionelle Einzelhandelsunternehmen oft schwer damit, parallel einen Direktvertriebskanal zu etablieren oder zu führen. Zu unterschiedlich sind in meinen Augen die DNA und die Funktionsweisen dieser beiden Vertriebskanäle.
Unabhängig von den verschiedenen Definitionen von Verbänden und Experten muss jedes Unternehmen diese eine Frage selbst beantworten: Was ist der Direktvertrieb für uns? Ist er unser »Warum« oder sehen wir den Direktvertrieb als »einen Vertriebskanal unter mehreren«? Setzen wir weiter bedingungslos auf den exklusiven personengestützten Direktvertrieb oder...
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