Schweitzer Fachinformationen
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«Dieser Guntram von Eggern hat ein Auge auf Enneleyn geworfen.» Luzia Wied nahm sich eine getrocknete Pflaume aus der Silberschale, die vom Abendessen noch auf dem Tisch stand. Die Männer hatten sich in Johanns Schreibzimmer zurückgezogen, um irgendwelche Schriftstücke zu sichten, die etwas mit dem Zoll der neuen Brücke hinüber nach Lützelkoblenz zu tun hatten. Enneleyn hatte sich bereits entschuldigt und zurückgezogen, sodass die beiden engen Freundinnen allein in der Stube zurückgeblieben waren.
Elisabeth nickte nachdenklich. «Dir ist es also auch aufgefallen.»
«Aufgefallen?» Luzia lachte. «Sein Interesse war ja wohl kaum zu übersehen. Nun ja, zumindest für das geschulte weibliche Auge. Dein Gemahl hat es vermutlich nicht bemerkt, ebenso wenig wie Martin. Aber sie waren ja auch zu sehr mit ihren Zöllen und den neuen Regelungen für die städtischen Soldaten beschäftigt. Seit man Martin in den Stadtrat berufen hat, schwirrt ihm der Kopf nur so vor lauter Gesetzen, Vorschriften und was weiß ich nicht alles. Versteh mich nicht falsch, es ist ein ehrenvolles Amt, aber ein äußerst zeitraubendes.»
«Das kann ich mir vorstellen.» Mitfühlend nickte Elisabeth. «Johann bemüht sich ja ebenfalls um einen Posten im Rat. Für Zugezogene sind die Hürden nur ein bisschen höher. Sie haben ihm den Posten des Rentmeisters in Aussicht gestellt. Eine hohe Ehre, aber auch eine große Verantwortung. Solange wir in Frieden leben, ist das alles einfach. Hoffen wir, dass der neue Erzbischof, wenn er demnächst offiziell ernannt wird, ein friedliches Regiment führt und seine Vasallen nicht gleich zu den Waffen ruft.»
«Er wird doch wohl nicht gleich einen Krieg beginnen, oder?»
«Ich hoffe nicht. Sein Vorgänger Boemund war ein friedliebender Mann. Na ja, er ist schon sehr alt, deshalb hat er abgedankt.»
«Herr Guntram ist auch ein Lehnsmann des Trierer Erzbischofs, nicht wahr?»
«So sagte er.» Elisabeth nickte. «Ich kenne die Familie nicht, auch wenn ich den Namen bereits gehört habe. Vielleicht sollte ich meinem Vater schreiben und ihn nach der Familie von Eggern fragen. Er weiß bestimmt mehr über sie. Oder Bruder Georg, aber er kommt erst in zwei oder drei Wochen von seinem Besuch in der Benediktinerabtei in Prüm zurück.»
«So eilig ist es nicht.» Wieder griff Luzia in die Schale mit den Trockenpflaumen. «Bestimmt werden Martin und Johann uns später noch etwas mehr über ihn erzählen können, und morgen oder übermorgen tauschen wir dann unsere Erkenntnisse aus.» Sie zwinkerte der Freundin zu. «Auf jeden Fall hat Herr Guntram deiner Ziehtochter gefallen, das habe ich ihr an der Nasenspitze angesehen. Sie hat zwar versucht, es zu verbergen, aber seine Komplimente sind nicht ungehört verhallt.»
«Nein, das sind sie wohl nicht.» Elisabeth schmunzelte. «Er ist aber auch ein ansehnlicher Mann, das muss man ihm zugestehen. Und im Besitz einer schmeichlerischen Zunge.»
«Allerdings. Aber warum auch nicht? Er ist noch unverheiratet und keine schlechte Partie, wenn ich das richtig einschätze. Gepflegter Landadel. Und das Beste: Er hat jetzt ein Haus hier in der Stadt.»
«Mmh, An der Arken.» Nachdenklich tippte sich Elisabeth mit dem Zeigefinger gegen die Unterlippe. «Er ist allerdings sechs- oder siebenunddreißig. Du weißt, dass ich keine Freundin von Ehen bin, in denen ein zu großer Altersunterschied besteht.»
Luzia lachte wieder. «Hör uns nur mal zu. Wir haben die beiden schon miteinander verheiratet, dabei kennen sie sich erst seit ein paar Stunden.»
«Über solche Dinge kann man sich nicht früh genug Gedanken machen.» Elisabeth bemühte sich um einen ernsten Tonfall, musste aber wieder schmunzeln. «Du hast ja recht, wir sollten nicht so viel in den heutigen Abend hineininterpretieren. Ich freue mich, dass Enneleyn die Aufmerksamkeit dieses Ritters geweckt hat. Sie ist ein so hübsches Kind, aber einen geeigneten Gatten für sie zu finden, gestaltet sich doch nicht so einfach, wie ich mir das einst gedacht hatte. Und nun ist sie zwanzig Jahre alt. Johann ist äußerst wählerisch. Er will seine Tochter nur einem Mann anvertrauen, der sie achtet und zu schätzen weiß. Seine Erfahrungen in der Vergangenheit haben ihn diesbezüglich geprägt.»
«Ganz zu schweigen von eurer gemeinsamen Geschichte, die nicht ganz gewöhnlich zu nennen ist», fügte Luzia hinzu.
«So ist es. Aber sag .» Als Luzia zum dritten Mal in die Schale mit den Pflaumen griff, runzelte Elisabeth leicht die Stirn. «Kann es sein, dass du heute Abend nicht genug gegessen hast?»
Verlegen zuckte Luzia zusammen und legte die Pflaume, die sie sich genommen hatte, auf den Tisch. Dann faltete sie die Hände über ihrem Bauch und räusperte sich.
«Nein!» Elisabeth sprang mit einem strahlenden Lächeln auf und zog die Freundin mit sich auf die Füße. «Sag bloß . Wirklich?»
«Wirklich.» Auch Luzia lächelte, ihre blauen Augen glitzerten fröhlich. «Ich weiß es noch nicht lange und habe Martin bisher nichts gesagt, weil er so beschäftigt war. Aber es sieht danach aus, dass wir bald noch ein weiteres Mäulchen zu stopfen haben werden. Ich schätze, es könnte kurz nach Weihnachten so weit sein.»
«Das ist ja wunderbar! Wie ich mich freue, Luzia.» Elisabeth nahm ihre Freundin fest in den Arm, dann setzten sich die beiden Frauen wieder. «Martin wird einen Freudentanz vollführen, nehme ich an.»
«Das will ich hoffen.» Luzia lächelte schalkhaft. «Immerhin vergöttert er seine älteste Tochter, und unsere Söhne sind ein Ausbund an Mustergültigkeit. Na ja, manchmal. Vor allem Jost.»
«Er ist ja erst zwei Jahre alt!»
Sie lachten. Luzia streichelte leicht über ihren Bauch. «Ist es vermessen, mir nach drei Jungen wieder ein Mädchen zu wünschen?»
Elisabeth beugte sich vor und legte ihre Hand über die der Freundin. «Ich glaube nicht. Immerhin ist die Erbfolge in eurer Familie mehr als gesichert. Und ich bin sicher, dass Martin auch eine weitere Tochter von Herzen lieben wird. Männer tun zwar immer gerne so, als würden ihnen nur die Söhne etwas bedeuten, aber sieh dir Johann an. Er ist vollkommen vernarrt in unsere Mädchen, ob er es zugibt oder nicht, der alte Brummbär. Und nun iss bitte diese Pflaume, denn wir wollen doch dafür sorgen, dass das Kindchen unter deinem Herzen gesund und kräftig wird.»
Luzia nickte, griff nach der getrockneten Frucht und betrachtete sie. «Falls es wirklich ein Mädchen wird, möchte ich sehr bitten, dass sie meinen Sinn fürs Rechnen und Verkaufen erbt. So lieb ich Kathrinchen auch habe, aber sie schlägt so gar nicht nach mir oder Martin. Hätte sie nicht seine Haare und meine Gesichtsform, müsste ich mir Gedanken machen, ob man sie uns vielleicht heimlich untergeschoben hat. Von wem sie ihre Begeisterung für Handarbeiten geerbt hat, ist mir jedenfalls schleierhaft, und auch der Gesang und das Talent für die Laute kommen ganz bestimmt nicht aus meinem Familienzweig.»
«O doch, das glaube ich schon. Immerhin hast du auch immer gerne getanzt», gab Elisabeth zu bedenken.
«Getanzt ja, aber Gesang gehörte noch nie zu meinen Stärken. Ich weiß gar nicht recht, was ich mit ihr anfangen soll.»
«Aber darüber haben wir doch schon einmal geredet, meine Liebe. Lass ihr eine gute Ausbildung zukommen, und wenn sie zwölf, dreizehn Jahre alt ist, nehme ich sie in unseren Haushalt auf und gebe ihr den passenden Schliff. Und wenn sie dann siebzehn, achtzehn Jahre alt ist, werden die potenziellen Bräutigame bei euch Schlange stehen, weil sie nicht nur hübsch, sondern auch eine gut ausgebildete Hausfrau sein wird.»
«Ihr würdet sie wirklich aufnehmen, auch wenn sie keine Edeljungfer ist?»
«Also bitte, Luzia. Ich werde ja wohl die Tochter meiner besten und liebsten Freundin - meine Patentochter! - bei mir aufnehmen.» Mit gespielter Empörung sah Elisabeth sie an. «Sie wird genauso liebevoll, aber auch streng erzogen wie jedes Edelfräulein, das meine liebe Schwiegermutter mir vermittelt. Habe ich dir übrigens erzählt, was Frau Jutta mir in ihrem letzten Brief geschrieben hat? Erinnerst du dich noch an den Ritter Einhard von Maifeld, der mich einst zwingen wollte, ihn zu heiraten, indem er versucht hat, mir Gewalt anzutun?»
Luzia schauderte. «Selbstverständlich erinnere ich mich. Der...
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