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Kapitel 2
"Mann, ist das heiß!", stöhnte Carola und wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Ich muss unbedingt was trinken!"
"Is' ja auch kein Wunder, wenn man in der Gluthitze unbedingt Sport machen muss", murrte ihre Mutter.
"Ach komm, Mienchen", versuchte Carolas Vater zu schlichten und hakte sich bei ihr unter. "Ich finde es gut, dass sie einen Sport gefunden hat, der ihr so viel bedeutet."
"Danke, Papa."
Carola lächelte ihrem Vater zu und lief schon einmal voraus zum Essensstand, der auch kühle Getränke zu bieten hatte.
"Ja, vielleicht ein bisschen zu viel", brummte Hauptkommissarin Williamson. "Is' dir schon mal aufgefallen, dat unsere Tochter nit nur deshalb so viel Spaß an Ai. dings hat, weil et ein toller Sport is', sondern weil da auch der Dings rumläuft, der ."
"Ole", half ihr Bernd-Karl.
"Ole! Wat is' dat überhaupt für'n Name? Wieso heißen hier so viele Odo, Finn, Ubbo oder eben Ole? Et kommt mir vor, als ob die alle auf einem Fischkutter groß geworden wären!"
"Das kommt daher, weil wir in Norddeutschland leben, Mienchen. Hier gibt es eben norddeutsche Namen!"
"Wenn et sein muss", brummte Williamson wieder und erschauerte, weil ihr ein Schweißtropfen den Rücken herunterlief. Sie hasste den Sommer. Zu hell, zu staubig, zu heiß. Viel zu . ach, wat soll et!
"Dat is' mir jedenfalls ein bisschen zu viel Nahkampf, wenn du verstehst, wat ich meine!"
Schmunzelnd legte Bernd-Karl einen Arm um seine Frau.
"Sie wird erwachsen, ob dir das nun gefällt oder nicht."
"Eher nit", murmelte Williamson wieder, lehnte sich aber an ihren Mann und atmete tief seinen Duft ein. Bernd-Karl! Wie immer schaffte er es, sie zu beruhigen.
Schließlich kamen sie bei Carola am Essensstand an.
"Mienchen, möchtest du Sushi?", fragte Bernd-Karl seine Frau, die immer noch angestrengt umherschaute. Sofort glättete sich Williamsons Stirn. Sushi! Sie musste zugeben, dass sie den kleinen Fischhappen mit Reis geradezu verfallen war. Sie liebte Sushi! Und Bernd-Karl wusste das natürlich ganz genau.
"Gern", strahlte sie und nahm auch schon eine der Boxen entgegen, die eine appetitliche Zusammenstellung verschiedenster Sushisorten enthielt. Williamson kämpfte wie immer mit den Stäbchen. So sehr sie Sushi mochte, so sehr verabscheute sie es, mit Stäbchen zu essen. Das hatte einen einfachen Grund: Sie bekam es einfach nicht hin.
"Habt ihr für meine Mutter vielleicht eine Gabel?", flüsterte Carola einem jungen Servicemitarbeiter zu. "Die Stäbchen sind für sie . na ja, ein wenig schwierig."
"Aber nur, weil du es bist", antwortete er und ließ seine Muskeln spielen. Er hielt ihr eine kleine Plastikgabel hin und sah ihr tief in die Augen, um sie dann mit einem breiten Grinsen von oben bis unten zu mustern.
"Du siehst wirklich sportlich aus. Seit wann machst du hier mit? Ich sehe dich hier zum ersten Mal."
"Na, na, junger Mann, widmen Sie sich mal wieder Ihrer Arbeit, nit? Da warten noch 'ne Menge Leute, die auch essen wollen!", ging Williamson dazwischen und schnappte sich die Gabel.
Eingeschüchtert wich der Angesprochene einen Schritt zurück. Gegen die rheinische Urgewalt hatte er keine Chance.
Williamson schob ihre Tochter ein Stück weiter zu einem Stehtisch, an dem Bernd-Karl schon wartete.
"Wat is' eigentlich los? Warum gehen den Kerlen so die Hormone durch, wenn sie dich sehen? Macht dat der Anzug, oder wat?"
"Das ist kein Anzug, das ist ein Aikidougi", antwortete Carola und strich sich die verschwitzten Locken aus der Stirn. "Das muss ich tragen als Aikidoka."
"Nur weil du Aiko machst, heißt dat noch lange nit ."
"Ai-ki-do!", warf Carola dazwischen und rollte mit den Augen.
"Jaja, schon jut", winkte Williamson ab und ließ den Blick über den Stadtpark mit den vielen bunten Ständen, an denen japanisches Kunsthandwerk und Fertigkeiten angeboten wurden, schweifen. "Ich muss schon sagen, wat die Janina hier auf die Beine gestellt hat, is' wirklich beeindruckend."
"Nicht wahr?", ertönte hinter ihr eine wohlklingende Männerstimme. "Das sage ich ihr auch immer, aber sie will es mir einfach nicht glauben."
Die Williamsons drehten sich um. Wie aus dem Nichts war eine kleine Gruppe hinter ihnen aufgetaucht, deren unumstößlicher Mittelpunkt eine hochgewachsene, schwarz gelockte Dame war, die in einem wallenden, roten Seidenkleid steckte, das über und über mit schwarzen, unterschiedlich großen Paillettenkreisen bestickt war, die in der Sonne funkelten. Dazu trug sie schwarze, hochhackige Pumps, die ebenfalls mit Pailletten versehen waren.
Wie kann man damit den ganzen Tag laufen un' dann auch noch hier im Stadtpark?, fragte sich Williamson unwillkürlich. Sie selbst trug flache Halbschuhe, die alles andere als chic, dafür aber umso bequemer waren. Um Schuhe mit Absätzen machte sie einen großen Bogen - wenn möglich.
Die Dame kam nun mit ausgebreiteten Armen auf sie zu.
"Wilhelmine", strahlte sie, "Bernd-Karl und Carola. Wie schön, euch zu treffen! Wie ich sehe, lasst ihr es euch schmecken. So viel Kunst und Kultur, da muss man ja hungrig werden!"
Und schon hatte sie Williamson in die Arme geschlossen und drückte sie fest. Die Kommissarin ließ es geschehen und musste gleichzeitig lächeln. Dr. Janina Mohwinkel und die großen Auftritte - eine unschlagbare Verbindung. Janina Mohwinkel war die Präsidentin der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Hannover und mittlerweile ihre beste Freundin.
"Ein tolles Fest, Janina", sagte die Kommissarin zu ihr und ließ wieder den Blick schweifen. "Du hast alles gegeben, nit?"
"Und ob", ertönte wieder die sonore Bassstimme. Sie gehörte Dr. Ansgar Storch, Rechtsanwalt und Liebhaber der japanischen Kultur und, wie Williamson wusste, Janinas "Gefährte", wie sich die Präsidentin ausdrückte.
Stolz legte Ansgar Storch einen Arm um Janinas Schultern.
"Ich finde es in diesem Jahr besonders schön. All die vielen unterschiedlichen Angebote. Von Schmuck, über japanische Stoffe und Kalligrafie bis zur Gartenkunst. Und erst das Bühnenprogramm! Haben Sie die Koto-Spielerin gehört?"
Verständnislos blickte Williamson zu ihrer Freundin. Koto? Was war das nun wieder?
Da ertönte wieder eine Stimme, diesmal eine leise und doch autoritätsgewohnte sowie außerordentlich wohlklingende.
"Ohisashiburi desu, Frau Kommissarin Williamson. Es freut mich, Sie wiederzusehen."
Williamson wollte reflexartig "Gesundheit" sagen, verkniff es sich aber im letzten Moment. Die Geheimnisse der japanischen Sprache hatte sie noch nicht ergründet - und würde es wohl auch nie. Eine winzige Japanerin mit fein geschnittenen Gesichtszügen, in einen wunderschönen Sommer-Kimono gekleidet, verbeugte sich mit einem leichten Lächeln vor ihr.
"Et freut mich auch, Sie wiederzusehen, Frau Generalkonsulin Tanaka", sagte Williamson und streckte ihr die Hand entgegen. Das Verbeugen ließ sie lieber sein.
"Wie haben Sie die Teezeremonie in Hamburg verkraftet?", fragte Yoko Tanaka und zwinkerte ihr tatsächlich zu.
Williamson schüttelte sich innerlich. Im Frühjahr waren Bernd-Karl, Ansgar Storch, Janina und sie von der Generalkonsulin zu einer Teezeremonie nach Hamburg eingeladen worden. So sehr sie Sushi liebte, so sehr verabscheute sie die Bitterkeit des traditionellen grünen Tees. Generalkonsulin Tanaka war dies offensichtlich nicht verborgen geblieben.
"Et war . eine interessante Erfahrung", antwortete Williamson ausweichend und zwinkerte zurück. Das Lächeln der Japanerin wurde breiter.
"Apropos Teezeremonie", mischte sich nun Janina Mohwinkel ins Gespräch, "da müssen wir gleich hin. Vorher wollten wir uns aber noch ein wenig stärken."
In diesem Moment kam ein junger, gut aussehender Mann mit blondem, verwuscheltem Haar auf die Gruppe zu und strahlte über das ganze Gesicht. Genau wie Carola trug er einen Aikidougi. Schnurstracks trat er auf Carola zu und nahm sie in die Arme.
"Da bist du ja", strahlte er. "Komm, wir sind gleich wieder dran."
Williamson spürte, wie das Magma in ihr hochkroch und einen ihrer gefürchteten Ausbrüche ankündigte. Mit einem schnellen Seitenblick auf seine Frau ergriff Bernd-Karl die Initiative, bevor sie etwas sagen konnte.
"Äh . geht ihr zwei doch schon mal vor. Wir kommen gleich nach."
Die jungen Leute machten, dass sie davonkamen. Williamson klappte den Mund wieder zu und klimperte mit ihren braunen Knopfaugen.
Janina Mohwinkel sah sich suchend um.
"Wo ist denn Nicola? Ist sie nicht mitgekommen?"
"Nicola ist beim Manga-Stand", antwortete Bernd-Karl, "und das schon, seitdem wir hier angekommen sind. Sie lässt sich alles genau erklären."
"Ich verstehe ja nit, wieso man dat Comic-Zeichnen nach einem Obst benennt", sagte Williamson und verstand ebenfalls nicht, wieso sie alle fassungslos anstarrten.
"Wieso heißt dat denn Mango?", schob die Kommissarin hinterher.
Bevor irgendjemand etwas tun oder sagen konnte, um die Situation zu retten, ertönte plötzlich lautstark eine Melodie.
"Denn wenn et Trömmelche jeht, dann stonn mer all parat ."
Der Song war der neueste Klingelton ihres Handys - und zugleich die Torhymne von Williamsons Lieblingsfußballverein, dem 1. FC Köln.
Sie kramte in ihrer...
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