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A | 2 Die Landesvertretungen in Brüssel
2.1Europäische Integration bis zur Ratifizierung der Einheitlichen Europäischen Akte und Gründungsgeschichte der Länderbüros
Die Ursachen, die zur Gründung der Brüsseler Länderbüros15 führten, stellen ein Zusammenwirken aus Europäisierung16, dem Streben nach Wahrung eigener staatlicher Kompetenzen und der Suche nach entsprechenden Beteiligungsmöglichkeiten dar.
Hinsichtlich des genauen Zeitpunktes, der die Bundesländer veranlasste, darüber nachzudenken, den Verlust staatlicher Kompetenzen auszugleichen, gehen die Forschungsansichten auseinander. Hrbek vertritt die Auffassung, dass bei den Anfängen der Europäischen Gemeinschaft17 die Bundesländer die Auswirkungen der Entscheidungen zunächst nicht als Bedrohung ihrer im nationalstaatlichen Rahmen existierenden Kompetenzen wahrnahmen, weil die Kompetenzfülle der Gemeinschaft zunächst zu gering gewesen sei (vgl. Hrbek 1997: 13f). Dieser Schluss erscheint insofern nachvollziehbar, als bei Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (kurz: EGKS) Anfang der 1950er-Jahre sich vermutlich aus Ländersicht noch nicht abschätzen ließ, welcher Stein ins Rollen kam und welche Dimension das Harmonisierungsstreben annehmen würde. Andere Wissenschaftler wählen dennoch einen früheren Zeitpunkt, der als Auftakt für die Auseinandersetzung zur Problematik Länderbeteiligung in EG-Angelegenheiten angesehen wird. So meint Borchmann, dass die Diskussion so alt sei wie die Bundesrepublik selbst (vgl. Borchmann 1994: 110f). Auch aktuelle Beiträge verweisen auf einen frühen Zeitpunkt. So hätten die Länder bereits von Beginn der europäischen Integration an beobachtet, welche Folgen für die eintreten könnten. Sie befürchteten Kompetenzverschiebungen hin zur europäischen Ebene und den Verlust der eigenen Staatlichkeit und Handlungsautonomie. Schließlich besaß der Bund das Alleinvertretungsrecht in der Außen- und EU-Politik (vgl. Chardon/Eppler 2009: 27).
Trotz verschiedener Festlegungen hinsichtlich der Zeitpunktbestimmung gilt zweifelsohne als gesichert: Parallel zur fortschreitenden europäischen Integration18 und mit zunehmender Bedeutung dieser Ebene haben die Länder versucht, sich Gehör zu verschaffen und sich um Beteiligungsmöglichkeiten in EG-Angelegenheiten zu bemühen (vgl. ebd. 2009: 27; Knodt/ Große Hüttmann/Kotzian 2009: 124; Neunreither 2001: 92).
Ein Beispiel aus der frühen Geschichte der EG sind die Verhandlungen zu den Römischen Verträgen 1956. Hier konnten die Bundesländer einen ersten Erfolg erzielen. Zwei Ländervertreter wurden für die deutsche Delegation zugelassen, diese hatten zwar reinen Beobachterstatus inne und besaßen kein Mitspracherecht, dennoch konnten sie Länderinteressen grundsätzlich sichtbar machen (vgl. Renner 2006: 103). In der Forschungsliteratur wird ihr Einfluss jedoch als gering bezeichnet. Auch ihre Stellung innerhalb der Gemeinschaft war ein Sonderfall (vgl. Neunreither 2001: 93). Allerdings schafften es die Länder, einen ihrer Vertreter dauerhaft zu verankern, der bis heute in Brüssel seine Aufgaben erfüllt, den "Beobachter der Länder bei den Europäischen Gemeinschaften". Die Institution des Länderbeobachters wurde noch während der Verhandlungen zu den Verträgen 1956 gegründet. Am 27. Oktober 1988 wurde seine Tätigkeit im Rahmen einer Ministerpräsidentenkonferenz (kurz: MPK) mit einem "Gentlemen's Agreement" auf die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (kurz: EWG), die Europäische Atomgemeinschaft (kurz: EAG) und die EGKS ausgeweitet (vgl. Neunreither 2001: 94; Zumschlinge 1989: 223).
Als Mitglied der deutschen Delegation hat der Länderbeobachter Zugang zu den Sitzungen des Rates, er berichtet allen Bundesländern über Ratstagungen, interne Vorbereitungssitzungen sowie über wichtige Sitzungen sonstiger Gemeinschaftsgremien (vgl. Zumschlinge 1999: 60).19 Außerdem erhält der Länderbeobachter Kenntnis von Weisungen, die die Bundesregierung ihrem Ständigen Vertreter in Brüssel erteilt (vgl. Bauer 1996: 417). Bis zur Gründung der Länderbüros lag der Schwerpunkt seiner Aufgabe im Sammeln von Informationen, um diese an die Länderkollegen weiterzugeben, die sich auf diese Weise ein genaueres Bild vom jeweiligen Stand der Beratungen im EG-Rechtsetzungsverfahren machen konnten (vgl. Burgsmüller 2003: 3).
Das Tätigkeitsfeld des Länderbeobachters hat sich mit der Gründung der Büros dahingehend geändert, als die Länder seither in eigener Verantwortung Informationen sammeln und er nur noch Informationen weiterreicht, die die Gesamtheit der Länder betreffen.20
Bis heute arbeitet der Länderbeobachter als eine gemeinsame, auf Neutralität verpflichtete Ländereinrichtung (vgl. Burgsmüller 2003: 6). Der Länderbeobachter ist die älteste Institution der Länder, die direkt in Brüssel ihrer Arbeit nachgeht (vgl. Brummer 2002: 6f). Allerdings können dieser Institution keine Mitwirkungsrechte auf europäischer Ebene zugerechnet werden. Die Bezeichnung "Länderbeobachter" impliziert den Aufgabenschwerpunkt. Es geht um die reine Beobachtung des Geschehens.
Die Länder verfolgten außerdem hinsichtlich konkreter Mitwirkungsmöglichkeiten zunächst eine andere Strategie. Die Bundesländer forderten den Ausbau ihrer innerstaatlichen Kompetenzen, d. h. die indirekte Mitwirkung in EG-Angelegenheiten war das nächstliegende Konzept aus Ländersicht (vgl. Bauer 1996: 417).
Das erste greifbare Ergebnis in dieser Richtung, wie es Borchmann festhält, war das Ratifizierungsgesetz zu den Römischen Verträgen 1957. In Art. 2 ZustG v. 1957 wird die Bundesregierung beauftragt, den Bundesrat und Bundestag über Entwicklungen im Rat der EWG und im Rat der EAG laufend zu unterrichten (vgl. Borchmann 1994: 110f). Die voranschreitende Europäisierung fand weiterhin in der Organisationsstruktur des Bundesrates ihren Niederschlag. Am 20.12.1957 setzte der Bundesrat einen "Sonderausschuss Gemeinsamer Markt und Freihandelszone" ein, der sich mit integrationspolitischen Vorlagen befasst (vgl. Neunreither 2001: 94). Am 26.11.1965 wurde das Gremium in den "Ausschuss für Fragen der Europäischen Gemeinschaften" umbenannt (vgl. Zumschlinge 1988: 220).
In den darauffolgenden Jahren entwickelte sich aus dem "Alten Bundesratsverfahren", welches eine reine Unterrichtspflicht beinhaltete, ein Austausch zwischen Bund und Ländern (vgl. Klaus 1996: 102; Neunreither 2001: 94). Allerdings ergaben sich keine zusätzlichen nennenswerten Verbesserungen im Rahmen der Ländermitwirkung in EG-Rechtsetzungsverfahren. Erst 1979 wurde eine neue Beteiligungsmöglichkeit geschaffen. Das Länderbeteiligungsverfahren fußt auf einem Briefwechsel zwischen dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt und dem Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz Johannes Rau, in dem die Pflicht von Bund und Ländern für eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit betont wurde. Den Ländern sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, bei Angelegenheiten, die innerstaatlich die ausschließliche Länderkompetenz betreffen, umfassend ihren Standpunkt darzustellen. Nur aus zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen, sicherte der Bund zu, werde er vom Standpunkt der Länder abweichen, die Gründe dafür jedoch mitteilen. Bei EG-Vorhaben, die wesentliche Länderinteressen berühren, werde der Bund die Länder anhören (vgl. Borchmann 1994: 111). Weiterhin wurde im Länderbeteiligungsverfahren den Ländern seitens des Bundes zugesichert, im Falle ausschließlicher Länderkompetenz und auf Verlangen der Länder Ländervertreter hinzuziehen, welche an den Sitzungen der Beratungsgremien von Rat und Kommission teilnehmen dürfen, sofern dem Bund die Möglichkeit dazu besteht (vgl. Neunreither 2001: 94; Borchmann 1994: 111).
In der Praxis erwies sich das neue Verfahren als kompliziert. Der hohe Koordinierungsaufwand aufgrund des Konsensprinzips der Länder untereinander und die damit verbundenen langen Verhandlungen machten es zu einem schwachen Instrument (vgl. Neunreither 2001: 94; Buchheim 2002: 177; Zumschlinge 1989: 221).21 Vielfach wird in der Forschungsliteratur das Länderbeteiligungsverfahren daher als unzureichend bewertet (vgl. Neunreither 2001: 94; Buchheim 2002: 177; Zumschlinge 1989: 221).
Die 1980er-Jahre waren von einer Phase des Aufschwungs europäischer Integration geprägt - ein Prozess, der die deutschen Länder zunehmend vor eine Herausforderung stellte und zu einem Kurswechsel in der Strategie der Länder führte. Immer mehr Aufgaben sollten in den Verantwortungsbereich der Gemeinschaft gestellt werden (vgl. Hrbek 2007: 13). Die Länder bemühten sich ab Mitte der 80er-Jahre aktiv um die Verankerung von Mitwirkungsmöglichkeiten sowohl bei der innerstaatlichen Behandlung von EG-Angelegenheiten als auch direkt auf Gemeinschaftsebene, um dem drohenden Kompetenzverlust entgegenzusteuern. Hrbek weist auf das Interesse der Länder hin, die als eigenständige Akteure im Rahmen der Gemeinschaft und in der Brüsseler Arena anerkannt werden wollten (ebd. 2007: 13).22
An dieser Stelle wurde die organisatorische Anbindung des Länderbeobachters erneut ins Spiel gebracht: Seine Stellung sollte mit einer ausgebauten Präsenz in Brüssel gestärkt und die informellen Kontakte zur Kommission sollten intensiviert werden. Die Länder unterbreiteten den Vorschlag, den Länderbeobachter in die Ständige Vertretung der Bundesrepublik einzugliedern. Sie hielten dies für eine effektive, den Informationsfluss zum Bund steigernde und kostengünstige Variante (vgl. Burgsmüller 2003: 3). Während Bundeskanzleramt und Bundeswirtschaftsministerium der Idee grundsätzlich nicht ablehnend gegenüberstanden, scheiterten die Pläne jedoch an der Absage des Auswärtigen Amtes (vgl....
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