Schweitzer Fachinformationen
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Kann man sich mit Mitte vierzig noch mal so richtig verlieben - und wenn ja, in wen bitte schön? Eigentlich kann Grundschullehrerin Sam mit ihrem Leben zufrieden sein: Sie hat eine gemütliche Altbauwohnung in Hamburg-Eimsbüttel, tolle Freundinnen und die beste Tochter der Welt. Nur die Hoffnung auf die große Liebe hat sie längst aufgegeben - bis sie beim Klassentreffen in ihrer Heimatstadt Lüneburg ihren Jugendschwarm Max wiedertrifft. Während sie wie ein Teenie dem nächsten Date entgegenfiebert, rauben ihr die Schule, ihre alternden Eltern und der neue, erstaunlich junge Rektor Finn den letzten Nerv. Um sich von ihrem Gefühlschaos abzulenken, tut Sam das, was ihr am meisten Spaß macht: Macarons backen. Und dabei fragt sie sich, ob sie mit 43 noch einmal etwas ganz Neues wagen soll - im Job und in der Liebe .Ein humorvoller und herrlich romantischer Roman über Liebe, Neuanfänge und das große Glück. Niemand versteht Frauen so gut wie SPIEGEL-Bestsellerautorin und Bloggerin Claudia Schaumann (WAS FÜR MICH).
»Ein Roman wie ein perfekter Sommertag: heiß, heiter und ganz viele große Gefühle.« Julia Karnick »Warmherzig und wunderbar!« Frau von heute (über »Sommer ist meine Lieblingsfarbe«) »Ein sehnsuchtsvoll-schöner Roman über ungerade Lebens- und Liebeswege.« Karla Paul (über »Sommer ist meine Lieblingsfarbe«)
Kapitel 1
Heute
»Du Mistkerl wirst doch wohl nicht .?« Ich hielt die Luft an. Doch, er würde. Ich atmete aus.
Der Zeiger der Wanduhr in dem fensterlosen Raum tickte vorwurfsvoll. Es war Freitagmorgen, ich trug einen rosa Stine-Goya-Tüllrock und Secondhand-Glitzersandaletten, und vor mir lag der aufregendste Abend des Jahres.
Vor mir stand leider der Kopierer, der mal wieder den Elternbrief gefressen hatte, der heute noch rausmusste. Es roch tintensüß und staubig - und wie immer ein bisschen verkokelt. Der Tüll kratzte an meinen Knien, und meine Schuhe sahen definitiv hübscher aus, als sie bequem waren. Ich öffnete die Klappe des mausgrauen Apparats und zupfte ein Blatt Papier in Fetzen heraus.
Als ich es endlich schaffte, den Brief doch noch zu kopieren, hatte es längst geklingelt. Dabei war ich heute extra pünktlich gewesen. In meinem Bauch drückte es. Ich hastete den Flur entlang, meine Schultasche schnitt mir in die Schulter, der noch warme Stapel Kopien flatterte gegen meine Brust. Das bedruckte Papier roch nach frischem Vollkornbrot, wie immer, warum auch immer.
Das Klack-klack-klack meiner Absätze hallte durch den Flur. Es klang aufregend, aber auch ein bisschen, als würden sich die niedrigen 80er-Jahre-Wände über mich lustig machen. Hahaha. Alle Klassenzimmertüren waren bereits geschlossen.
Wenn mich unser Rektor Dr. Fleischer jetzt sah, würde er durchdrehen. Er hasste Unpünktlichkeit. Er würde auch diese Schuhe und den Rock hassen und mir das zwar nicht mit Worten sagen, aber mit seinem zur Seite geneigten Kopf in Kombination mit erhobenen Brauenbalken.
Mir fiel ein, dass ich während meines Referendariats mal wegen meines zugegebenermaßen recht großen Stringtanga-Sichtfensters zur Rektorin bestellt worden war. Vermutlich meine Form des Protests. Vielleicht hätte ich meiner Unterhose die Berufswahl überlassen sollen, dann wäre ich wohl nicht Grundschullehrerin geworden. Dennoch war es unpassend gewesen. Dr. Fleischer ahnte nicht, wie viel Glück er hatte.
Zwei Flure bevor ich da war, hörte ich die 3b bereits. Meine 3b. Es fiel mir immer noch schwer, sie so zu nennen, schließlich hatte ich sie erst vor zwei Monaten von meiner Kollegin Ulla übernommen. Übernehmen müssen, weil Ulla wegen eines Burn-outs von einem Tag auf den anderen nicht mehr zur Arbeit kommen konnte. Ulla tat mir leid. Ich mir auch.
Natürlich war mir klar gewesen, dass ich nicht dauerhaft um eine Klassenleitung herumkommen würde, jetzt, wo Hermine größer war und ich Stunden aufgestockt hatte. Ein bisschen hatte ich mich sogar auf meine eigene erste Klasse gefreut. Stattdessen war es die 3b geworden - so etwas wie der zottelige, zähnefletschende Hund ganz hinten im Tierheim, den keiner wollte.
Ich hörte die 3b lachen, auf eine um sich beißende Art und Weise. Dann machte es Rumms, und ich presste Augen, Nase und Lippen zusammen. Etwas war umgefallen, hoffentlich ein Stuhl, bitte kein Kind.
Als ich um die Ecke bog, tauchten Ezras schwarze Haare in der Tür auf. »Sie kommt!«, rief sie. Offenbar hatte sich niemand verletzt.
Das Gebrüll in der Klasse verstummte kurz, nur um dann noch lauter zu werden. Ich klackerte schneller - und rutschte beinahe aus. Die Kopien flatterten mir aus der Hand, 28 naturweiße Zettel, wie Eisschollen um mich herum verteilt.
Eine Tür ging auf, und Britta Breuer, Klassenlehrerin der 3a, Fachleitung Mathe, schüttelte ihren geometrischen Kurzhaarschnitt. Sie starrte mich und meinen Tüll und die Elternbriefschollen an. Britta war eine der strukturiertesten Kolleginnen, und die Tatsache, dass ausgerechnet mein Chaos und ich ihre neuen Raumnachbarn waren, verursachte ihr Schnappatmung.
Ich zog eine entschuldigende Grimasse und hielt Zeige- und Mittelfinger als V hoch. Sie aber deutete unpeacig erst auf die Zettel am Boden, dann auf ihre Armbanduhr. Mit einem Knall schloss sich ihre Tür wieder.
Zwei meiner Schüler rannten auf mich zu.
»Emil hat mir den Stinkefinger gezeigt!«, rief Ezra. Ein paar Strähnen ihres Haars hingen wie Spinnennetzfäden vor ihrem Gesicht.
»Weil du mir 'ne Ohrfeige gegeben hast!«, protestierte Emil und kräuselte seine Nase.
»Wir klären das drinnen.« Oder noch besser nächste Woche im Klassenrat, weil wir endlich mit dem Stoff vorankommen mussten. Ich machte einen großen Schritt über die Papierschollen. Erst mal würde ich in der Klasse für Ruhe sorgen müssen, sonst würde Britta gleich noch mal herausspuken.
Beide Kinder musterten mich schweigend.
»Wieso siehst du aus wie eine Torte mit Füßen?«, fragte Emil.
Ezra grinste. »Ich finde, du siehst schön aus.« Sie wischte sich eifrig die Haare aus dem Gesicht. »Wie meine Zuckerwatte-Barbie. Bloß in alt.« Dann sah sie wieder Emil an. »Aber du bist ein doofes Pupskamel!« Sie boxte ihn in die Seite, trampelte mit ihrem Hausschuh auf ein paar meiner Kopien herum und fiel drauf, als Emil sie schubste.
»Mensch, Kinder!«, rutschte es mir raus. Ich sollte ihren Konflikt besser gleich klären. Sonst würde die Unruhe immer weitergehen. Und der Stoff? Der verdammte Stoff? Wie sollte ich bloß Ullas Rückstand aufholen?
Ich hielt Ezra eine Hand hin, sie griff danach und ließ sich von mir hochziehen. Einige Kopien hatten Kinderpopoknautscher.
»Ezra«, sagte ich, »könntest du bitte die Zettel für mich einsammeln?« Sie nickte, und ich flüsterte: »Danke.«
Als ich die Klasse betrat, hopste Lena von einem Tisch. Milo nahm freundlicherweise den Stuhl herunter, den er hoch über seinem Kopf balancierte.
»Entschuldigt, dass ich zu spät bin«, rief ich gegen den Lärm an. Ich reckte eine Hand als Leisefuchs über meinen Kopf und legte den anderen Zeigefinger auf meine Lippen. Normalerweise wurden Schüler leise, wenn die Lehrperson leise wurde. Die 3b nicht. Vermutlich hatte Ulla schon lange vor ihrem Zusammenbruch kapituliert. Die ständig wechselnden Vertretungen hatten ihr Übriges getan.
Ich fühlte etwas in meinem Magen, das es mir schwermachte, eine gute Lehrerin zu sein. Angst.
»Ruhe!«, rief ich, lauter als geplant.
Fast alle schauten kurz auf, starrten meinen Rock an und murmelten weiter. Wenigstens bewegten sich die meisten in Richtung ihrer Plätze.
»Guten Morgen, liebe 3b!«, rief ich.
»Morgen«, brummte es.
Luisa und Lena tuschelten in der ersten Reihe, vermutlich über mein Aussehen. Ich hatte es morgens vor dem Spiegel cool gefunden, mein Abend-Outfit gleich anzuziehen. Vielleicht hatte ich auch einfach Lust auf ein bisschen Glamour zwischen graubrotfarbenem Grundschulbeton. Vermutlich hatte ich gehofft, dass der Tag in Tüll schneller verging.
Felix grüßte nicht. Er saß mit verschränkten Armen an seinem Einzeltisch. Er war zart für sein Alter, und seine weißblonden Haare waren so kurz rasiert, dass ich sie kaum sah. Wie so oft starrte er ins Leere, den Kopf gesenkt, Falten über den Augenbrauen. Viel zu tiefe Falten für eine Kinderstirn. Wäre das hier ein Comic, würden über seinem Kopf Ausrufezeichen, Atompilze und Totenköpfe schweben. Das Einzige an ihm, was sich regte, war sein Fuß, der rhythmisch gegen ein Tischbein trat. Rumms, rumms, rumms.
Ich versuchte, Blickkontakt mit ihm aufzunehmen. Als er nicht reagierte, beschloss ich, sein Treten zu ignorieren, und verbat mir, wütend auf ihn zu sein. Er war ein Kind, und ich war seine Lehrerin. Nicht-wütend-Werden war mein Job, Nicht-persönlich-Nehmen auch. Die Lehrerin-Sam wusste das, die übrige Sam vergaß es in letzter Zeit leider immer öfter.
Baran und Ariel starrten sich an, beide hatten die Arme vor der Brust verschränkt. Die zwei zofften sich ständig, und ich hatte noch nicht rausbekommen, worum es genau ging. Ich nickte ihnen zu, dann zauberte ich eine St.-Pauli-Flagge aus meiner Tasche.
»Schaut mal, was ich hier habe. Wer erinnert sich, über was wir in der letzten Deutschstunde gesprochen haben?«
»Leider nicht über Fußball«, brummte Monti.
»Das Dehnungs-h«, platzte es aus Jeremy heraus. »Aber wir nennen es stummes h, weil es das besser trifft.«
Genervtes Raunen. Felix' Tritte wurden lauter.
»Felix!«, mahnte ich.
Emil sortierte Pokémon-Karten.
»Emil, Karten weg!«
»Scheiß-h!«, beschwerte sich Monti.
»Nicht schon wieder«, murrte Luisa.
»Ich mag nicht«, stöhnte Emil.
Pladatsch - die Pokémon-Karten platschten auf den Boden.
Ich drehte mich zur Tafel und schluckte.
ICH. MAG. AUCH. NICHT. MEHR, dachte ich. Dann zwang ich meine Mundwinkel nach oben und drehte mich wieder um.
»Heb die bitte ganz schnell auf und lass sie im Ranzen verschwinden«, wies ich Emil zurecht.
Im nächsten Moment kam Ezra zur Tür rein und reichte mir mit einem entzückenden Lächeln meine Kopien. Die Blätter sahen aus, als hätte sie jedes einzelne zerknüddelt, damit auf den Mülleimer gezielt, es wieder entknüddelt und anschließend geglättet, so gut es mit ihren kleinen Händen ging.
Ihre dunklen Augen glänzten stolz. »Bitte schön, Frau Lautenschläger!«
»Danke, Ezra!« Sie konnten so verdammt niedlich sein.
»Also, wer kann mir sagen, wie man eine Flagge noch nennt?«
Ich bemerkte, dass Luisa und Lena mit ihren Legami-Stiften auf dem Tisch herumkritzelten. Die beiden besaßen eine beeindruckende Anzahl der gehypten Fineliner mit den Tierkappen. Ich hörte bereits die schrille Stimme von Luisas Mutter am Handy:...
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