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Templer sind heute in allen Medien präsent. Im Internet finden sich zahllose Seiten, die sich - von ernsthaft bis wenig vertrauenswürdig - mit Templern beschäftigen. Literatur und Filme für ein Millionenpublikum gewinnen ihre Anziehungskraft nicht zuletzt daraus, dass sie Templer auftreten lassen. Im Zeitalter des «Infotainments» kann sich dem auch das Fernsehen nicht verschließen und verbindet scheinbar seriöse Berichterstattung mit der Suche nach magischen Kräften, mythischen Figuren und dem - immer wieder neu postulierten - Templerschatz, der sich jedoch hartnäckig der Entdeckung entzieht. In vielen populären Büchern geht der Einfluss der Templer weit über Europa hinaus, erstreckt sich bis nach Nordamerika, das schon Ende des 14. Jahrhunderts (oder noch früher) auf Templerschiffen erreicht worden sein soll, oder auch nach Südindien. Überall sind neue Templer-Gesellschaften entstanden, darunter auch viele, die sich durchaus ehrenwerten Zielen verschrieben haben.
Allerdings hat diese moderne Faszination für die Templer wenig mit dem historischen Orden der «Ritter vom Tempel des Herrn zu Jerusalem» zu tun, der schon 1312 durch Papst Clemens V. aufgehoben wurde. Sie beruht vielmehr auf dem Templer-Mythos, der sich seit dem 18. Jahrhundert entwickelt hat. Auch wenn diese Aufhebung nicht bei allen Zeitgenossen auf Zustimmung stieß, bedeutete sie doch das faktische Ende der Gemeinschaft. Die verbliebenen Brüder wurden auf Lebenszeit aus geistlichen Besitzungen versorgt, und der Besitz des Ordens wurde sukzessive den Johannitern übergeben. Nur in Einzelfällen - und nur auf der Iberischen Halbinsel - entstanden Nachfolgeinstitutionen. Erst die Fantasie späterer Jahrhunderte wollte dieses jähe Ende der Templer nicht akzeptieren, sondern glaubte an ein Fortbestehen der Gemeinschaft im «Untergrund». Die Freimaurer des 18. Jahrhunderts sahen sich in ungebrochener Kontinuität zu den Templern. Sie beriefen sich auf Geheimlehren des Ordens, die als Vermächtnis des letzten Großmeisters Jacques de Molay auf sie gekommen seien, und sahen diese Lehren als eigentliche Ursache der Aufhebung des Templerordens an.
Einer der deutschen Gründerväter der als «Templerismus» bezeichneten Strömung der Freimaurer war der 1776 verstorbene Reichsfreiherr Karl Gotthelf von Hund, der behauptete, über verlorene Templer-Dokumente zu verfügen. Er gründete die Loge «Zu den drei Säulen», deren Mitglieder in historisierender Ordenskleidung auftraten, und ließ sich im Habit eines Templermeisters bestatten. Der hessische Hofprediger Johann August Starck versuchte sogar, in seine Neutempler einen eigenen Ordensklerus zu integrieren. Im Templerismus wurde die ursprüngliche Gleichheit der Freimaurer durch die Rangordnungen der Strikten Observanz ersetzt, unter Einschluss ritterlicher Grade. Mit dem berüchtigten Georg Friedrich Johnson, der 1765 auf der Wartburg gefangengesetzt wurde, kamen erste Verschwörungstheorien in die Welt. Er warf den Freimaurern die Einflussnahme auf die polnische Königswahl, die Ermordung von Papst Clemens XIV. und von König Ludwig XV. sowie Kollaboration mit den Jesuiten vor. In der Epoche der Revolutionen zwischen 1789 und 1848 wurden die an den Templern orientierten Freimaurer immer wieder mit Umstürzen und Anarchie in Verbindung gebracht. Sie wurden als Erben antichristlicher Sekten und Gemeinschaften verstanden, die die christliche Ordnung zu untergraben suchten. In den romantischen Novellen Ivanhoe (1819) und The Talisman (1825) von Walter Scott wird daraus die Vorstellung, der einstmals kirchentreue Orden sei durch moralischen Verfall zu einer finsteren Geheimgesellschaft von nie da gewesener Macht geworden. Eine - wenn auch durchaus ironische - Spiegelung davon bietet noch der Roman Das Foucaultsche Pendel von Umberto Eco (1988).
Einer der Autoren, die durch ihre Darstellung der Geschichte der Templer auf die eigene Gegenwart einzuwirken suchten, war der österreichische Orientalist Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall (1774-?1856). Allerdings ist seine Deutung eher dem Bereich der Mythenbildung zuzuordnen. Er brachte die Templer insbesondere mit den spätantiken Gnostikern in Verbindung, ohne jedoch die Unterschiede zwischen den gnostischen Lehren und den nicht das Ordensleben spiegelnden Vorwürfen gegen die Templer zu berücksichtigen. Dabei verband er den Templer-Mythos mit der Gralslegende, die er für einen Ausdruck gnostischer Lehren hielt. Auch wenn Wolfram von Eschenbach in seinem Parzival, der die Gralslegende thematisiert, Templer erwähnt, entbehrt diese Verbindung jeder Grundlage. Sie wurde dennoch seither immer wieder hergestellt. Überhaupt war die Templer-Legende vielfach einsetzbar. Politisch wurde sie von konservativen wie von radikalen Kräften instrumentalisiert, Romantiker wie Scharlatane griffen auf sie zurück. Den Templern wurden die Vermittlung geheimen Wissens aus alten Zeiten und mysteriöse Einflüsse auf die Gegenwart zugeschrieben.
Die verschlungenen Wege der weiteren Ausgestaltung des Templer-Mythos sind ein eigenes Thema und können hier nicht weiter verfolgt werden. Es ist keineswegs so, dass sie nicht die Aufmerksamkeit der Geschichtswissenschaft verdienten, erlaubt die Beschäftigung mit ihnen doch interessante Einblicke in die Vorstellungswelt und soziale Realität der jeweiligen Epoche. Der Mythos sagt jedoch nichts über die Geschichte des historischen Templerordens selbst aus, die vielleicht sogar reizvoller und vielgestaltiger als der Mythos ist.
Zwei Templer zu Pferde (wie auf dem ältesten Siegel) mit Ordensbanner, nach der Chronik des Matthäus Parisiensis
Die Anfänge des Ordens der Templer gehören in den Kontext der Massenbewegung des Ersten Kreuzzugs (1096-?1099). Dessen Teilnehmer zogen im Namen Christi in den Krieg, um den Christen des Orients zu Hilfe zu kommen und die Stätten des «Heiligen Landes» aus der Hand der «Sarazenen» zu befreien. Schon 1096 legten viele Kreuzfahrer ein Gelübde ab, und später banden sich zahlreiche Ritter auf Zeit an die gewachsenen Institutionen im Heiligen Land, um die Erfolge des Kreuzzugs, die Eroberung Jerusalems und die Errichtung der Kreuzfahrerstaaten abzusichern. So fand sich um 1119 auch eine Gruppe von Rittern um den aus der Champagne stammenden Adligen Hugues de Payns zusammen, die streng nach monastischen Regeln lebten, aber zugleich für den Schutz der nach Jerusalem kommenden Pilger kämpfen wollten. Eine gewisse Unsicherheit über die Zukunft der Gemeinschaft führte zur Reise Hugues' nach Frankreich. Diese erbrachte nicht nur die erste schriftlich niedergelegte Regelung der Lebensform, sondern auch die Unterstützung durch den vielleicht prominentesten Vertreter der Kirche in seiner Zeit, den Zisterzienser Bernhard von Clairvaux, der mit seiner Schrift «Über das Lob der neuen Ritterschaft» eine grundlegende Rechtfertigung der Verbindung von Mönch- und Rittertum unternahm. Päpstliche Privilegien und zahlreiche Schenkungen folgten. Aus bescheidenen Anfängen erwuchs so schließlich eine einflussreiche und wirkungsmächtige Korporation, deren Mitglieder mit Päpsten und Königen Umgang pflegten und in vielen Regionen Europas und im Heiligen Land präsent waren. Schätzungsweise zählte die Korporation im 13. Jahrhundert rund 7000 Ritter- und Priesterbrüder, Sergeanten und dienende Brüder, die im lateinischen Westen rund 870 Burgen, Komtureien und weitere Besitzungen des Ordens verwalteten. Die materiellen und personellen Ressourcen des Herkunftsgebiets ermöglichten den Einsatz im sog. Heidenkampf, sowohl im Heiligen Land als auch in Spanien. Das Netzwerk von Templerhäusern, das den Transport von Männern, Pferden, Waffen und Lebensmitteln organisierte, versorgte allein im Heiligen Land wohl bis zu 600 Ritterbrüder und 2000 Sergeanten.
Bleibulle Bertrands de Blanchefort, 1168, Vorder- und Rückseite
Das Ideal des Templerordens - die Verbindung von Mönchtum und «Heidenkampf» - entwickelte eine ungeheuere Anziehungskraft. Nach seinem Vorbild bildete sich ein ganzer Ordenszötus, die Gruppe der geistlichen Ritterorden, die sich am «Lob der neuen Ritterschaft» Bernhards von Clairvaux orientierten. So wurden die als Hospitalgemeinschaft gegründeten Johanniter ebenso nachträglich «militarisiert» wie der 1190 vor Akkon gegründete spätere Deutsche Orden, dem 1198 unter anderem die Templerregel übertragen wurde, und in Spanien wie im Baltikum entstanden Neugründungen nach dem Vorbild der Templer. Alle diese Orden, aber insbesondere die drei großen internationalen Orden der Templer und Johanniter sowie der Deutsche Orden, wurden im...
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