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Von der fernen Vergangenheit bis zum Ende der erblichen Monarchie
Von der ferneren Vergangenheit bis zur erblichen Monarchie
Von antiken Imperialstrukturen zu einem abhängigen Pufferstaat
Der geografische Raum in Zentralasien, der mit einer Fläche von 650 000 Quadratkilometern Afghanistan heißt, ist ein Vielvölkerstaat Ethnologen sprechen von etwa 21 Ethnien am Hindukusch. Die Hauptethnien sind Aimaken, Belutschen, Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Kirgisen, Kasachen, Qisilbash, Türken und Usbeken (Dupree, 1980, 58-64). Da noch nie ein präziser und realistischer Zensus stattgefunden hat, ist weder die genaue Bevölkerungszahl noch der Anteil der jeweiligen Ethnien an der Gesamtbevölkerung des Landes bekannt. Dieses Defizit ist der Skepsis der paschtunischen Elite zu verdanken, was die Resultate einer genauen Zählung angeht, und ist schon seit jeher Gegenstand politischer Konflikte.
Afghanistan grenzt auf 5529 km an folgende Staaten: Pakistan im Osten und Süden mit 2430 km und Iran im Westen mit 936 km; im Norden und Nordosten sind Tadschikistan mit 1206 km, Turkmenistan mit 744 km, Usbekistan mit 137 km und China mit 76 km die unmittelbaren Nachbarstaaten des Landes.
Renommierte afghanische Historiker ? von Ali Mohammad Kohsad (Kohsad, 1946) über Abdul Hai Habibi (Habibi, 1999) bis hin zu Gholam Mohammad Ghobar (Ghobar, 1980) ? beschreiben "Ariana" (Land von Ariern) und "Chorasan" (wo die Sonne aufgeht) als alte Imperien auf dem Boden des heutigen Afghanistans. Das heutige geografische Konstrukt Afghanistan ist aber erst im 19. Jahrhundert als ein Pufferstaat zwischen dem zaristischen Imperium im Norden und dem britischen Imperium im Osten und Süden entstanden.
Vor dem Eindringen des indogermanischen Volksstammes (etwa tausend Jahre vor Christus) war das Territorium am Hindukusch besiedelt von indigenen Völkern. Sie wurden durch indogermanische Volksstämme erobert, massakriert und vertrieben. Sicherlich handelt es sich bei Ariern um einen indogermanischen Volksstamm, der etwa 1500 bis 1000 Jahre vor Christus vom mittleren Kaukasus in die Gebiete des heutigen Irans, Afghanistans und der zentralasiatischen Staaten Usbekistan und Tadschikistan eingewandert ist.
"Chorasan" als historische Region und Reich umfasste ein riesiges Gebiet, das im Nordosten des Iran, im Süden Turkmenistans und im Norden Afghanistans lag. Die historische Region erstreckte sich im Norden vom Amudarya (Fluss Oxus) nach Westen bis zum Kaspischen Meer und im Süden von den Ausläufern der zentraliranischen Wüste bis an die Grenzen Indiens (Hudud al-Alem, 1970, 102).
Als geborene Reiter und ausgestattet mit überlegenen Waffen aus Hartmetall haben die Arier zunächst das Territorium am Hindukusch eingenommen. Im Laufe der Zeit sind sie zum Teil nach Indien weitermarschiert, haben dort die Mohenjo-Daro-Hochkultur der "Indus Valley Civilization" zerstört und die Indigenen nach Süden vertrieben (Basham, 1994, 27; und Garraty, 1987, 96).
Historischer Prozess von Konstruktion, Destruktion und Rekonstruktion
Die Imperien unter dem Namen "Groß-Chorasan" erstreckten sich in variierendem Umfang über verschiedene geografische Räume von Buchara und Samarkand (in Usbekistan) bis Delhi (in Indien) und Karachi (in Pakistan) im Süden, Qashqai (in China) im Osten und bis Isfahan (im Iran) im Westen. Bezeichnend ist jedoch, dass im historischen Verlauf um den Hindukusch herum bekannte Reiche entstanden und zerfallen sind, die die Namen der jeweiligen Gründer tragen, z. B. das Kuschan-Reich, das Hephtaliten-Reich, das Samaniden-Reich, das Ghaznawiden-Reich und das Ghoriden-Reich. Charakteristisch ist auch, dass Entstehung, Aufstieg und Fall dieser Imperien sich keinesfalls friedlich, langsam und sanft vollzogen haben. Jedes Imperium hat den Satrapien einen hohen Tribut abgepresst, der das ökonomische Potenzial der Peripherie zerrüttete und damit die Existenzbasis des Imperiums selbst schwächte bzw. zerstörte. Daher hat die gesellschaftspolitische Entwicklung historisch keinen linearen Verlauf genommen. Im Gegenteil treten diese Entwicklungen durch einen klar erkennbaren Verlauf von Konstruktion, Destruktion und Rekonstruktion in Erscheinung.
Zu dieser Entwicklung, die für die historische Stagnation verantwortlich gemacht werden kann, trugen auch geografische Faktoren bei. Darüber hinaus waren sowohl die Produktionsverhältnisse als auch die Eigenschaft der Multiethnizität des Raumes für diesen historischen Ablauf vor großer Tragweite. In diesem Kontext entfaltete sich die "tributäre Eigenschaft" der Dynastien, Beute aus den fremden Territorien zu erpressen, um durch Bestechung die zentrifugalen Kräfte an die Zentralmacht binden zu können. Die materielle Grundlage der Machterhaltung und Machterweiterung der Zentralinstanz basierte auf durch Raubzüge gemachter Beute, den von anderen Völkern erzwungenen Tributen und Abgaben auf Transithandel. Damit befanden sich die jeweiligen Imperien in kritischer Abhängigkeit von unsicheren Finanzquellen.
Das Land am Hindukusch am Knotenpunkt diverser Kulturen
Das heutige geografische Afghanistan liegt am Knotenpunkt verschiedener Kulturen. Historisch betrachtet haben in diesem Raum große Völkerwanderungen stattgefunden. Verschiedene Völker sind dorthin eingewandert, zum Teil dort sesshaft geworden und zum Teil auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen oder aufgrund politischer Motive weitergezogen. Diese Völkerwanderungen korrespondieren auch damit, dass zahlreiche Könige, Abenteurer und Imperatoren aus allen Himmelsrichtungen diesen Raum immer wieder überfallen, die vorhandenen Produktionsverhältnisse und Lebensweisen der dort beheimateten Völker zerstört und den Raum als "Satrapien" an die Peripherie ihres Imperiums angeschlossen haben. Manche von ihnen haben sich am Hindukusch niedergelassen und dort große Reiche gebildet, die wiederum in der zweiten oder dritten Generation durch internen Zwist der Prinzen, Reichsanwärter und Hauptkommandeure oder durch den Ausfall externer Tribute als ökonomischer Grundlage des Reiches wieder untergegangen sind. Diese Region hat den auf der Seidenstraße beheimateten Völkern große Chancen zur materiellen und geistigen Entwicklung, aber auch riskante Momente der Gefährdung ihrer Existenz beschert.
Gründung der Durani-Dynastie
Nader Schah Afschar, bekannt als Nader Qoli Beyg (August 1688 bis Juni 1747), war der Gründer der Afschariden-Dynastie in Chorasan und einer der mächtigsten Herrscher in der iranischen Geschichte, der von 1736 bis 1747 als Schah des Iran (Persien) regierte. Nach seiner Ermordung gründete Ahmad Khan, der Kommandant der Durani-Einheit in der Garnison von Nader Schah, im Jahr 1747 in Kandahar sein eigenes Reich.
Ahmad Khan, bekannt als Ahmad Schah Baba, gehörte zum Durani-Volksstamm, einem Clan der Paschtunen. Er wurde 1722 in Herat geboren und trat mit 20 Jahren in den Dienst von Nader Afschar. Ahmad Khan befehligte etwa 16 000 Ghilzai und Durani, zwei Hauptclans der Paschtunen (Brechna, 2005, 69). Nach der Ermordung von Nader Afschar nahm Ahmad Khan mit der Unterstützung seiner Tante, der Frau von Nader Afschar, einige Schätze des Hofes (u. a. den berühmten Koh-i-Noor-Diamanten) an sich und marschierte mit seiner Truppe nach Kandahar, wo er 1747 die Herrschaft seiner eigenen Dynastie gründete. Zur Beute von Ahmad Schah schreibt der Historiker Jonathan Lee: "Statt den Körper von Nader Afschar mit zu behandeln, entfernte Ahmad Schah den königlichen Siegelring von der abgetrennten Hand des Königs und stahl den Koh-i-Noor-Diamanten, der um seinen Arm gebunden war. Dies war kaum die Aktion eines loyalen Kommandanten und der Diebstahl dieser beiden wichtigen königlichen Insignien war eindeutig vorsätzlich und in voller Kenntnis ihrer Bedeutung erfolgt" (Lee, 2018, 103).
Seit der Gründung der paschtunischen Dynastie 1747 wurde die politische und sozioökonomische Entwicklung dieses Raumes einerseits durch die interne Zwietracht der Clans der Paschtunen (Durani und Ghilzai) und andererseits durch den Konflikt der zentrifugalen Kräfte des Reiches...
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