Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Obwohl ihre Expertise beim Abschrauben einer Ventilklappe endet, stellt sich Rebecca einer der größten Herausforderungen des europäischen Radwegnetzes: Sie möchte den knapp 10.000 Kilometer langen Iron Curtain Trail bezwingen, der von der bulgarisch-türkischen Grenze quer durch Europa bis in den hohen Norden führt, immer entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs. Vor ihr liegen unpassierbar erscheinende Berge, einsame Wälder, etliche Grenzübergänge, malerische Orte mit ihren Moscheen, orthodoxen Kirchen oder prunkvollen Kaiserbädern – und nicht zu vergessen, immer wieder das Meer. Aber auch sowjetische Geheimstädte, militärische Sperrzonen und Relikte aus der Ära des Kalten Krieges. Unterwegs kann sie nicht nur mit verschiedensten Menschen sprechen, deren Leben von der Trennlinie und deren Wegfall geprägt ist, sie rollt auch ihre eigene Familienhistorie neu auf. Eine Radtour voller witziger und berührender Anekdoten.Am Ende ist Rebecca die erste Frau, die den Iron Curtain Trail an einem Stück bezwungen hat. Achtung: Wer das liest, möchte sofort selbst losfahren!
"Sowas Witziges, Herzerwärmendes, Ermutigendes, man möchte sich das nach dem Lesen nicht ins Bücherregal stellen, sondern in den Lebensrucksack packen, in den nur die wirklich essentiellen Dinge reinkommen."Süddeutsche Zeitung"Ein Buch, das mehr über unsere ost- und mitteleuropäische Geschichte erzählt, als so mancher hochwissenschaftliche Wälzer. Und gerade die tapferen Töchter strenger Mütter werden sich wiedererkennen. Und so manche Söhne wohl auch."Leipziger Zeitung"Man kriegt das Gefühl, selbst dabei gewesen zu sein."Superillu
Slowenien empfängt mich mit einem zerschossenen Landesschild und einem traumhaften Höhenweg. An der schmalen Straße liegen weit verstreut alte Holzhäuser, von denen einige schon unter dem Königspaar der Überwucherung, Knöterich und Brombeergestrüpp, zusammengesunken sind. Mir begegnet keine Menschenseele, aber vor jedem Hoftor liegt ein Hund. Manch altersmüder Genosse schenkt mir nicht einmal Beachtung, andere Kläffer kommen geifernd hervorgeschossen. Der Wind tobt und braust über die Hügelkuppen, reißt den Hunden das Bellen aus den Schnauzen und trägt es gedämpft die Flanken hinab. Generös trägt er auch den Kopfschmerz davon.
Tief im Tal ein verlassenes Bauernhaus. Von der Umarmung des u-förmigen Gemäuers verspreche ich mir Windschutz. Sah das weiße, niedrige Gebäude von hinten mit seinem rot geschindelten Dach noch ganz nett aus, bietet sich im Innenhof ein desaströses Bild. Die Natur hat den verlassenen Flecken längst zurückerobert, aber zwischen Holunderschösslingen, Dornenhecken und hüfthohen Gräsern finde ich ausreichend Platz für das Zelt. Vorsichtig steige ich die krummen Treppenstufen zur Veranda hoch. Unter der Pergola hängen Maiskolben in adretten Reihen, aber sie sind von einer dicken Staubschicht überzogen. Um einen Blick durch die Fenster zu werfen, muss ich mir den Weg durch allerlei Unrat bahnen: Pappe, rostige Dosen, Küchenutensilien und Krempel, Korn und Schmutz. Aber da stehen Gummistiefel an einer Bank und ein Korb mit Holzscheiten, so, als habe hier gerade noch jemand gesessen. Im Inneren des Hauses dasselbe widersprüchliche Bild. Die Zimmer sind zwar noch komplett eingerichtet und wirken, als wären die Bewohner nur kurz hinausgetreten, vielleicht, um den Sonnenuntergang zu betrachten, aber zugleich ist alles von einer dicken Patina graubraunen Staubs überzogen. In der Schlafstube ist das Bett ordentlich gemacht, das weiße Leinen glatt gezogen, das Kissen aufgeklopft. Aber auf dem Boden liegen verklumpte Knäuel modriger Kleiderberge. In der Küche steht ein leicht abgerückter Stuhl an einem kleinen Tisch mit Wachstischdecke, Emaille-Geschirr stapelt sich in der Spüle, Kaffee- und Zuckerdose warten auf der Anrichte und Kochtöpfe auf dem Herd. Ein gesticktes Tuch hängt an der Wand, Spitzengardinen wehen vor dem Fenster, eine alte Persil-Schachtel steht neben dem Waschbecken. Ein Stillleben einfachen Landlebens, wären da nicht die durchwühlten Schubladen, der über den Boden verteilte Hausrat, das ausgekippte Werkzeug, die dicken Spinnweben.
Und natürlich stelle ich mir beim Einschlafen vor, dass doch noch jemand in dem Häuschen wohnt, jemand, der nur nachts herauskommt. Ein Ausgestoßener, der genauso vergessen wurde wie sein heruntergekommenes Kabäuschen. Das sind nicht die besten Gedanken zur Nacht, also stecke ich mir Ohropax in die Ohren. Ich schlafe auch bald tief und fest, erschöpft von den Strapazen des Tages. Bis mich ein lautes Klappern weckt. Ich bin sofort hellwach. Irgendetwas tobt verdammt laut über die Veranda.
»Ksch, ksch!«, rufe ich und klatsche in die Hände, in der Hoffnung, dass es sich nur um einen Marder handelt.
Das Gerumpel und Gepolter nehmen nur zu. Es klingt, als ob sich jemand mit schweren Schritten den Weg durch das Gerümpel bahnt und durch die Zimmer stapft. Ich liege starr vor Schreck. Je lauter das Getrappel und Geklapper, desto unheimlicher wird das Subjekt in meiner Vorstellung, bis mindestens ein Kannibale durch das Gebäude schlurft. Was auch immer in dem Häuschen haust und in der Dunkelheit aus seinem Versteck kommt, um durch die Zimmer und Nebengebäude zu geistern, ist auf jeden Fall umtriebig und laut. Mal entfernt sich das Poltern, dann trampelt es direkt neben meinem Zelt. Ich starre mit weit aufgerissenen Augen in die undurchdringliche Finsternis, unfähig, mich zu rühren. Noch schlimmer wird es, als es urplötzlich wieder ruhig wird, so ruhig, dass ich regelrecht damit rechne, dass sich plötzlich eine knorrige Hand in mein Zelt schiebt und nach meiner Kehle greift oder eine Messerklinge die Zeltplane zerschneidet. Ich sehe die hässliche Fratze, die sich mir grinsend nähert, ganz deutlich vor mir, male mir schon aus, wie mich die Gruselgestalt in die Bruchbude zerrt, massakriert und verspeist.
Aber bevor ich auf Nimmerwiedersehen im Schlund eines Dämons verschwinde, bevor mich ein Zombie in die Welt der Untoten holt, schlafe ich kurioserweise wieder ein, zumindest bis ich erneut hochschrecke, diesmal, weil mir zur Krönung der gespenstischen Nacht ein Hirsch ins Ohr röhrt.
Morgens ist es so warm, dass ich zum ersten Mal kurze Hosen anziehe.
Noch im Tal lande ich in einer einfachen Gaststätte unter Bauarbeitern und bestelle Kaffee und Eier. Eine Wahl, die ich sofort bereue, als ich sehe, was an den Nachbartischen aufgetragen wird: Erst bringt die Kellnerin eine große Suppenschüssel, aus der sich jeder so viel auftut, wie er mag. Nachdem die Terrine abgetragen wurde, kommt der Hauptgang: roter Reis, Fleisch und grüner Salat. Während ich meinen leeren Magen mit langweiligem Rührei fülle, das dazu gereichte Brot wehmütig ignorierend, stoßen die Bauarbeiter schon zünftig mit Bier an.
Bald zieht sich die schmale Straße aus dem Tal hinaus eine Bergkette hinauf. Tritt für Tritt schraube ich mich im kleinsten Gang hoch. Immer wieder muss ich anhalten und nach Luft schnappen. Meine Wangen brennen, heißer Schweiß rinnt über meine Stirn. Anstiege bleiben meine Achillesferse. Es gibt einen guten Grund, warum ich in Leipzig lebe: Diese Stadt ist nämlich - abgesehen von zwei aus Kriegstrümmern aufgeschütteten Hügeln - platt wie eine ausgelatschte Schuhsohle.
Oben bläst mir der kalte Wind den Schweiß von der Haut. Die Kälte hat ihre Schärfe verloren, dringt nicht mehr bis in die Knochen, obwohl auf dem Kamm noch Schneereste liegen, die andernorts schon geschmolzen sind. Bald geht es wieder bergab, die asphaltierte Straße wird zur Schotterpiste und dann zu einem Feldweg. Ich traue mich nicht, mich einfach rollen zu lassen. Mit steilen Feldwegen habe ich schlechte Erfahrungen. Also wird gebremst, bis die Fingerknöchel schmerzen.
Manche Sommerferien verbrachte ich in der Oberpfalz, wo eine Tante mit ihrem Mann und den drei Söhnen in einer alten baufälligen Mühle mitten im Wald lebte. Das Anwesen war riesig, Stallungen, Scheunen und Ländereien gehörten dazu, und weil die Mühle über Jahrzehnte leer gestanden hatte, war das Leben dort altertümlich und asketisch. Sie spannten Kaltblüter vor den Pflug, buken Brot in einem alten Steinofen, hielten Ziegen und Hühner, heizten mit Holz. Wir planschten im Mühlbach, fingen Karpfen mit den bloßen Händen, pflückten Blaubeeren, die wir mit Quark, Sahne und Vanillezucker aßen, holten Heu ein und fachten abends riesige Lagerfeuer an.
Wir Kinder wurden regelmäßig mit großen Milchkannen zum nächsten Bauernhof geschickt. Dafür mussten wir mit dem Fahrrad durch den dunklen Oberpfälzer Wald ins nächste Tal. Ich bekam ein viel zu großes Rennrad, mit den Füßen erreichte ich gerade so die Pedale. Wir fuhren in der ausgewaschenen Fahrrinne eines Waldwegs, der in der Mitte den üblichen Grasbuckel hatte. Bergab wurde ich immer schneller. Ich trat nach hinten, aber nichts geschah. Mein Fahrrad rollte immer rasanter auf meinen Cousin zu, der vor mir fuhr. Ich wusste nicht, dass es Räder ohne Rücktrittbremse gab, hatte keine Ahnung, dass ich Bremshebel am Lenkrad hatte.
»Achtung, Achtung!«, schrie ich, als mein Vorderrad beinahe am Hinterrad meines Cousins klebte.
Mein Cousin verstand nicht, was los war, vermutlich dachte er sogar, ich hätte Spaß an der Schussfahrt. Also sah ich keine andere Möglichkeit mehr als einen Ausreißversuch. Ich scherte aus, hatte aber schon so viel Tempo, dass der Mittelsteg des Waldwegs mich in hohem Bogen ins Dickicht katapultierte. Das Resultat waren eine aufgeplatzte Lippe, ein blaues Auge, Schrammen, Prellungen und ein Höllenrespekt vor Rädern ohne Rücktrittbremse.
Am Dreiländereck Slowenien, Ungarn, Kroatien muss ich im slowenischen Lendava wegen Starkregens zwei Tage im einzigen Hotel ausharren. Der Ort hat nicht viel zu bieten, Menschen tummeln sich nur in den Einkaufszentren im Gewerbegebiet. Die Zwangspause am Hort der Langeweile erfreut wenigstens meinen wunden Hintern, der gefühlt mindestens so rot sein muss wie der eines Pavians. Was ein Blick in den Hotelzimmerspiegel auch bestätigt. Da aber mein Steiß immer noch merkwürdig schmerzfrei bleibt, ist ein leuchtender Affenarsch kein Grund zur Besorgnis.
Durch die Glasscheiben des modernen, komplett verspiegelten Kubus betrachte ich die graue Regenfront. Sie ist so dicht, dass man keinen Meter weit sehen kann. Während der Regen gegen die dicken Fensterscheiben prasselt, informiere ich mich über die bevorstehenden Etappen und stelle fest, dass sich die Wegführungen von Buch und App unterscheiden. Das Buch...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.