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Wenn wir uns Said Nursis Leben anschauen, dann gibt es einige Wendepunkte in seinem Leben. Diese Wendepunkte führten letztendlich zum Schreiben der Risale-i Nur Werke.
Mit 14 Jahren hatte Said Nursi einen Traum, der ein wichtiger Wendepunkt in seinem Leben ist. Im Traum sah er, wie die Welt untergegangen war. In dieser Situation wollte er unbedingt den Propheten Muhammed besuchen. Er dachte sich, dass der Prophet bestimmt die Sıratbrücke (die Brücke im Jenseits) durchqueren würde. So entschied er sich, vor dieser Brücke auf ihn zu warten. Nursi bemerkte, dass alle Propheten nach und nach begannen, die Brücke zu überqueren. Er küsste jedem einzeln die Hand. Zum Schluss kam der Prophet Muhammed. Nursi warf sich dem Propheten vor die Knie und bat ihn: "Oh Gottes Gesandter, ich will Wissen von Ihnen." Der Prophet antwortete: "Wenn du meiner Religionsgemeinschaft (meiner Umma) keine Fragen stellst, so bekommst du das Wissen des Korans." Voller Freude stand Nursi auf (2001a, S.30). Dieser Traum ist Ausschlaggebend für den Wissensdurst Said Nursis.
Ein anderer Wendepunkt: Im Jahre 1906 las er in der Zeitung, dass der britische Premierminister William Ewart Gladstone über den Koran folgendes gesagt hatte: "Wir können die Muslime, solange sie diesen Koran haben, nicht beherrschen. Entweder müssen wir diesen vernichten oder sie von ihm abbringen". Als er dies las, verlautete Nursi wiederum in den Zeitungen, "Ich werde der Welt verkünden und beweisen, dass der Koran eine unauslöschliche Sonne ist" (Nursi, 2001a, S.44). Dies ist der zweite Wendepunkt im Leben von Said Nursi. Aus diesen Worten und dieser Aufgabe wird später die Nurculuk Bewegung entstehen.
Ein dritter Wendepunkt im Leben Nursis ist eine Vision, die er hat. Er schreibt hierzu folgendes: "Ich war unter den berühmten Agrı Dagı, der als Berg Ararat bekannt ist. Plötzlich explodierte der Berg mit einem fürchterlichen Knall. Stücke von der Größe eines Berges wurden durch die ganze Welt geschleudert. Ich schaute um mich und sah in diesem Moment, dass meine Mutter bei mir war. Ich sagte zu ihr: ´Habe keine Angst, dies geschah auf einen Befehl Gottes hin. Er ist All-Barmherzig und All-Weise.´ In diesem Moment sah ich plötzlich, dass eine wichtige Person mir einen Befehl gab: ´Zeige den Wundercharakter des Koran!´ Ich wachte auf und verstand, dass eine große Explosion und ein Aufruhr stattfinden würde. Die Mauern, die den Koran umgaben, würden zerstört werden. Dann würde der Koran sich selbst verteidigen. Er würde angegriffen werden, und sein Wundercharakter wäre eine stählerne Waffe. Und ich verstand, dass ich es wäre, der dazu bestimmt ist, dieses Mal den Wundercharakter des Korans zu enthüllen, was über meine Fähigkeiten hinaus ging" (2004b, S.507; 2001b, S.357; vgl. 2001a, S.44). Auf Grund dieser Vision wird sich später Said Nursi nur noch auf den Koran fixieren und die Glaubenswahrheiten, namentlich Risale-i Nur, verfassen.
Und schließlich ein letzter Wendepunkt. Diesmal war er in Ankara. Er beschrieb den Zustand der Regierung als "Betrunken vom Sieg". So verteilte er unter den Abgeordneten einen Aufsatz, in dem er die Wichtigkeit des Pflichtgebetes und der Danksagung an Gott beschrieb (Nursi, 2000d, S.85-87; 2001a, S.125-127). Daraufhin sollen mehrere Abgeordnete sich dem Gebet zugewendet haben, was einige Politiker verärgert haben soll. Es kam zu verschiedenen Wortgefechten und Meinungsunterschieden. Nursi erklärte sein Vorhaben. Daraufhin entschuldigte man sich bei ihm. Man bot ihm ein lukratives Gehalt und einen hohen Posten an. Doch Nursi lehnte ab und schrieb später: "Wenn ich dieses Angebot angenommen hätte, wäre das Risale-i Nur, das weder das Werkzeug für irgendetwas ist noch irgend einer Sache nachfolgt und das Geheimnis der Aufrichtigkeit trägt, nicht entstanden" (2000b, S.258; 2004a, S.334).
Nursi verstand, dass er in Ankara nicht länger bleiben konnte. Seine Hoffnungen für eine Regierung, die die Werte des Islams einhält, waren enttäuscht worden. So stieg er, laut seiner Biographie, in den Zug, fuhr nach Van und wandelte sich zum Neuen Said (Nursi, 2001a, S.133; 2001d, S.294ff; 2002a, S.29-31). Nursi spricht hier vom "Zugticket", das ihn zum Neuen Said verwandelte.
Es wäre aber zu einfach, wenn man diese Verwandlung als Antwort auf die neue Türkei beschriebe. Vielmehr war es für Nursi ein Rückzug von Genuss und weltlichem Ruhm. Als Mitglied des höchsten osmanischen Rates für Fragen der Bildung lebte er in einem gehobenen Lebensstil in einer Villa. Durch eine Vision (Nursi, 2001d, S.294ff; 2002a, S.29-31) kam er zum Entschluss, dass weltlicher Reichtum nicht strebenswert sei. Ebenfalls könne man nicht mit Politik den Glauben im Volk befestigen. Daher wollte er sich auf den Einzelnen konzentrieren. Das islamische Bewusstsein könne nicht durch die Hand des Staates erweckt werden, sondern durch den Einzelnen. Er widmete sich also der Basisebene einer Gesellschaft. Hinzu kommt, dass er einen Text des mittelalterlichen Sufi Scheichs Abdulkadir Geylani auf sich selbst bezog (2001b, S.339ff; 2004b, S.489). Dieser gab den Rat, "weltabgeschiedener und politikfremder und Einsiedler-Asket zu werden" (Vahide, 1999, S.34). Daraufhin verzichtete Nursi auf Reichtum und Macht und zog sich in die Berge zurück. In völliger Abgeschiedenheit lebte er auf dem Hügel Yusa in Istanbul. Danach zog Nursi zunächst in seine Heimatstadt Bitlis und anschließend nach Van, wo er die nächsten zwei Jahre seines Lebens in den Höhlen verbrachte. Für islamische Gelehrte charakteristischerer Weise zog sich Nursi aus der Politik und dem gesellschaftlichen Leben zurück (Aries, 2004, S.70). Schon Dhu al-Nun al-Misri betonte, dass nichts "der Rechtschaffenheit zuträglicher wäre als die Einsamkeit, denn derjenige, der alleine ist, sieht nichts außer Gott, nichts rührt ihn, außer der Wille Gottes" (Abu-Rabi, 2003, S.84; vgl. Smith, 1995, S.196). So benutzte Nursi das Exil und die Einsamkeit als Inspiration für seine Werke. Er wandelte das Gefühl der Entfremdung in ein Gefühl des Aufgehobenseins (Haddad, 1999, S.309; Abu-Rabi, 2003, S.70). Der Neue Said zeichnete sich dadurch aus, dass er weder politisch aktiv wurde, noch sich zur Politik äußerte.
Er widmete sich der Risale-i Nur. Die Risale-i Nur ist die Verwirklichung seines Traumes, Naturwissenschaft und Religionswissenschaft zu vereinen. Während seiner Zeit in Van entwarf Nursi die Idee einer Universität, die ihn sein Leben lang beschäftigen sollte. Er ging davon aus, dass der Rückzug aus den Wissenschaften zum Untergang des Bildungssystems im Osmanischen Reich geführt hatte. So hatte er die Idee einer Universität in Van (namentlich: Medresetüz Zehra; eine Analogie zur "Al Azhar"-Universität in Kairo). Hier sollten religiöses und naturwissenschaftliches parallel gelehrt werden. Hiermit wollte er zeigen, dass Wissenschaft und Religion, Freiheit und Glauben und Moderne und Tradition miteinander vereinbar sind (Yavuz, 2004, S.122). Später schreibt er hierzu (Nursi, 1999, S.80): "Die Wissenschaft von der Religion ist das Licht (Ziya) des Gewissens. Die Naturwissenschaft spiegelt das Licht (Nur) der Vernunft wider. Die Wahrheit wird offenbar durch die Vereinigung der Beiden. Wenn sie getrennt sind, kommt es zu Fanatismus in der Religion. Und es entstehen Argwohn und Zweifel in der Wissenschaft."1 Somit wollte er die weltliche Bildung vor dem Unglauben und die religiöse Bildung vor dem Fanatismus bewahren (Yavuz, 2004, S. 124).
Ein entscheidendes Gespräch, welches dieses Gedankengut zeigt, führte Nursi 1936, als er nach Kastamonu verbannt wurde. Er schriebt dazu folgendes: "In Kastamonu kam eine Schar von Gymnasiasten zu mir, und sie sagten: ´Erzähle uns von unserem Schöpfer, unsere Lehrer sprechen nicht über Gott.´ (Abdullah Yegin abi ist die glückliche Person, die ihm diese Frage stellt). Da sagte ich zu ihnen: ´Alle Wissenschaften, die ihr studiert, sprechen beständig von Gott und machen den Schöpfer bekannt, jede Wissenschaft mit der ihr eigenen besonderen Zunge. Hört nicht auf eure Lehrer, hört auf die Wissenschaften´" (Nursi, 2002b, S.96; Nursi, 2000a, S.23). Said Nursis Annahme, dass jede Wissenschaft die Existenz Gottes zeigt und dass u.a. die Naturgesetze das System Gottes (Sünnetullah) sind, lieferte eine moderne Interpretation des Korans, die dem Wissenschaftszeitalter entsprach. Der Alltagsmuslim konnte also Physiker und gleichzeitig auch Imam (Prediger) werden. Dies ist eine der soziologischen Gründe, warum viele Wissenschaftler die Risale-i Nur lasen. Sie, also die Bücher, boten eine Alternative zum säkularen Staat, der indirekt forderte, "Entweder Physiker oder Imam". Mit Hilfe der Risale konnte dies nun aufgebrochen werden. Der israelische Religionswissenschaftler Yehezkel Landau beschreibt diesen Zustand in einem Interview folgendermaßen: "Ein Wissenschaftler sagt, ´Ich brauche die Religion nicht´. Einige Geistliche sagen ´Alles, was ich wissen muss, steht in meinem heiligen Buch´. Nursi sagt, ´Nein, das stimmt nicht. Sowohl...
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