Vorrang der Verfassung und Eigenstaendigkeit des Privatrechts

Spektakulaere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, allen voran der Buergschaftsbeschluss, haben in den neunziger Jahren die Diskussion ueber das Verhaeltnis von Verfassung und Privatrecht wiederbelebt. Unter der UEberschrift 'Drittwirkung' gehoerte die Auseinandersetzung darueber, ob sich die Grundrechte auf das Verhaeltnis zwischen Privaten auswirken, zu den Grundproblemen der Rechtswissenschaft seit 1949. Ausgehend von diesem zeitgeschichtlichen Befund eroertert Matthias Ruffert die Problematik zunaechst im Lichte der Grundvorstellungen zur Wechselwirkung zwischen Verfassung und einfachgesetzlichem Recht sowie der fundamentalen Bedeutung der Privatautonomie. Dem Geltungsvorrang der Verfassung wird ein Erkenntnisvorrang des Privatrechts zur Seite gestellt. Anschliessend zeigt Matthias Ruffert Moeglichkeiten auf, wie die neueren Erkenntnisse der Grundrechtsdogmatik zur Loesung dieser Problematik herangezogen werden koennen. An die Stelle der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Konzeption einer 'Ausstrahlung' des Grundgesetzes auf das Privatrecht soll die praezisierende Auffaecherung der einzelnen Grundrechtsfunktionen treten. Im Privatrecht werden Abwehr- und Schutzfunktion jeweils auf die ihnen eigene Weise wirksam. Sozialstaatliche Gewaehrleistungen entfalten sich nur punktuell; organisations- und verfahrensrechtliche Garantien sind zu vernachlaessigen. Dieser Ansatz wird auf einzelne Grundrechte und privatrechtliche Fragestellungen bezogen. Den Schwerpunkt bildet eine grundrechtsdogmatische Analyse der Privatautonomie, gefolgt von Einzeluntersuchungen zum Eigentum, zu Ehe und Familie, zu Arbeit und Beruf, zur verfassungsrechtlichen Personalitaet sowie zur Kommunikation. In diesem Kontext wird die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung einer kritischen Wuerdigung unterzogen.