JAGD-SEQUENZ WAS DER HUND BEIM JAGEN ZEIGT
© Andreas Linde
© Andreas Linde
Elemente des Jagens
Das Jagdverhalten des Hundes besteht aus vielen einzelnen Elementen, die in unterschiedlicher Ausprägung gezeigt werden können. Um die Bedürfnisse deines Hundes in Bezug auf das Jagen verstehen und um sein Jagdverhalten kontrollieren zu können, ist es wichtig, dass du diese Verhaltensweisen erkennst.
Die vollständige Jagdsequenz besteht bei Kaniden aus acht einzelnen Verhaltenselementen. Auch wenn nicht mehr alle Hunde die Elemente des Jagdverhaltens in dieser Abfolge und Ausprägung zeigen, besitzen sie dennoch die genetische Veranlagung dazu. Zu einer Veränderung der Ausprägung der einzelnen Elemente kam es durch gezielte Verpaarungen bei der Domestikation des Hundes durch den Menschen. Zeigten zwei Hunde ein bestimmtes erwünschtes Verhalten, das der Mensch sich zunutze machen wollte, in stärkerer Ausprägung, wurden diese beiden miteinander verpaart, um dieses Merkmal bei den Nachkommen herauszuzüchten.
© Andreas Linde
Der Golden Retriever wurde für die Jagd auf Enten eingesetzt, er liebt das Apportieren aus dem Wasser.
Das Jagdverhalten von Hunden besteht aus den folgenden acht Elementen:
Orten Die Beute wird wahrgenommen.
Fixieren Das Beutetier wird nicht aus den Augen gelassen, jede Bewegung wird verfolgt.
Anschleichen Es erfolgt eine vorsichtige Annäherung an die Beute, dabei wird diese weiterhin im Auge behalten.
Hetzen Die Beute wird verfolgt, bis sie ergriffen werden kann oder aufgrund von Erschöpfung zusammenbricht.
Packen Die Beute wird ergriffen.
Töten Durch gezieltes Beißen wird die Beute so schnell wie möglich getötet.
Zerreißen Große Beutetiere müssen in verzehrbare Stücke zerteilt werden.
Fressen Die Beute dient als Nahrung und wird gefressen.
ORTEN
Das Orten ist gekennzeichnet durch ein Suchverhalten, das sich jedoch bei den jeweiligen Rassen in unterschiedlicher Ausprägung zeigen kann. So gibt es Hunde, wie z.?B. die Schweißhunde, die eher mit der Nase nach Spuren von Beuteobjekten suchen, sogenannte Spurjäger. Der Hund hält hierbei die Nase tief am Boden und läuft mit aufgeregt vibrierender Rute, ohne den Kopf anzuheben.
© Andreas Linde
Der Beagle gehört zu den Spurjägern. Spuren zu verfolgen, ist eine seiner größten Leidenschaften.
Andere Hunde, wie z.?B. die Windhunde, setzen zum Suchen eher die Augen ein, d.?h., es erfolgt ein Scannen der Umgebung durch gezieltes Umschauen, sie sind sogenannte Sichtjäger. Ziel des Ortens ist bei beiden Varianten, ein Beuteobjekt auszumachen. Auch auditive Signale spielen eine Rolle, so reagiert der Hund z.?B. auf ein Rascheln im Gebüsch, was auf ein dort verstecktes Tier hinweisen kann. Lediglich die taktile sowie die geschmackliche Wahrnehmung spielen in Bezug auf das Jagdverhalten keine Rolle.
© Andreas Linde
Windhunde, wie Galgo Facundo, gehören zu den Sichtjägern, sie registrieren jede kleinste Bewegung.
FIXIEREN
Hat sich der Hund dem Beuteobjekt so weit genähert, dass er es sehen kann, erfolgt das Fixieren der Beute. Er verharrt in einer Position, z.?B. stehend oder liegend, und wendet den Blick nicht mehr vom Beuteobjekt ab. Es kann dabei eine langsame Fortbewegung in Richtung der Beute folgen. Der Hund versucht hierbei, so nahe wie möglich an die Beute heranzukommen. In dieser Phase ist der Hund natürlich immer darauf bedacht, von der Beute nicht entdeckt zu werden.
© Andreas Linde
Magyar Vizslas gehören zu den Vorstehhunden. Klopfer fixiert die Beute, während er wartet.
Beim Fixieren kann auch ein Vorder- bzw. Hinterlauf des Hundes angehoben werden, diese Handlung bezeichnet man als Vorstehen. Das Vorstehen ist genetisch bedingt, nicht alle Hunde zeigen diese Variante des Fixierens. Insbesondere Vorstehhunde, bei denen diese Ausprägung des Fixierens eines der Zuchtziele war, heben die Pfote beim Vorstehen sehr hoch und winkeln sie stark an. Sie können so eine sehr lange Zeit auf drei Beinen stehen bleiben und die Beute fixieren. Der Hund bewegt sich dabei manchmal auch wie in Zeitlupe vorwärts, sodass die Bewegung der Beine kaum wahrzunehmen ist. So kann es sein, dass der Hund zunächst mit angehobenem Vorderbein und wenig später mit dem angehobenen Hinterbein vorsteht.
ANSCHLEICHEN
Im Zusammenhang mit dem Fixieren erfolgt das Anschleichen des Hundes an die Beute. Hierbei kann man verschiedene Varianten beobachten. So gibt es Hunde, die sich während des Fixierens in konstanter Geschwindigkeit an das Beuteobjekt annähern. Ihre Körperhaltung ist dabei leicht geduckt, der gesamte Körper ist stark angespannt. Andere Hunde verharren zwischendurch immer wieder, entweder im Stehen oder Liegen, bevor sie die Annäherung weiter fortsetzen.
Das Anpirschen erfolgt in der Regel so lange, bis der Hund eine Distanz unterschreitet, die für ihn nahe genug zum Angriff ist, oder bis die Beute den Hund bemerkt und flüchtet. Bei vielen Kaniden ist das Fluchtverhalten der Beute Voraussetzung für das Ablaufen des nächsten Verhaltenselements, des Hetzens.
© Andreas Linde
Langsam schleicht Klopfer auf die Beute zu, nachdem er das Signal für die Annäherung erhalten hat.
Training sinnvoll gestalten
Viele Menschen gehen automatisch immer mehr auf ihren Hund zu, wenn sie diesen animieren wollen, hinter einer Beute herzulaufen, der Hund aber kein Interesse an dem Objekt zeigt. Für den Hund ist dieses Verhalten aber unlogisch, eine Beute würde sich niemals auf ihn zubewegen, sondern immer von ihm weg. Kein Hase läuft freiwillig in das Maul des Hundes! Daher muss beim Training das Beuteobjekt auch immer vom Hund wegbewegt werden. Nur so baut sich beim Hund Spannung auf, worauf das Verhaltenselement des Verfolgens von Beute ausgelöst wird.
Wer wegrennt, wird zum Opfer!
Unsichere Hunde werden oft zum Opfer anderer Hunde, sie werden ständig gejagt und verfolgt. Schlüsselreiz ist hierbei oft das Wegrennen des Hundes, welches das Jagdverhalten des anderen Hundes auslöst. Halter unsicherer Hunde sollten daher ihre Hunde beim Kontakt mit Artgenossen zunächst einmal an die Leine nehmen. So verhindern sie, dass ihr Hund sich in die Büsche schlägt und damit das Interesse der anderen Hunde an einem "Jagdspiel" überhaupt erst geweckt wird. Sollte der unsichere Vierbeiner sich bei der Anwesenheit des anderen Hundes entspannt verhalten und auch der andere Hund keinerlei Anzeichen von jagdlich motiviertem Verhalten zeigen, kann man beide Hunde miteinander laufen lassen, nachdem die Menschen sich abgesprochen haben.
HETZEN
Das Hetzen des Beuteobjekts erfolgt im Anschluss an das Anschleichen. Der Hund verfolgt in schneller Gangart im gestreckten Jagdgalopp die Beute. Wird die Distanz zu groß, stellt er die Verfolgung ein. Kommt der Hund an das Beuteobjekt heran, erfolgt das nächste Verhaltenselement, das Packen der Beute.
Der Jagdgalopp
Bei dieser Bewegungsform (siehe Fotos hier) werden die Vorderbeine weit nach vorn gesetzt, die Wirbelsäule wird aktiv gestreckt und fördert den großen Schub aus der Hinterhand. Die Rute wird in Verlängerung des Rückens ebenfalls oft waagerecht gestreckt gehalten, genauso wie der Kopf, der weit nach vorn gerichtet wird. Die Schrittlänge ist dadurch enorm, der Hund hat einen sehr großen Raumgriff. Danach greifen die Hinterbeine weit unter den Körper des Hundes, der Rücken wölbt sich weit auf. Der ganze Hund sieht aus wie eine gespannte Sprungfeder, bereit, im nächsten Augenblick wieder kraftvoll auseinanderzuspringen.
Spur- und Sichtlaut
Beim Hetzen haben einige Hunde die Eigenschaft entwickelt, Laute von sich zu geben. So gibt es den Spurlaut, d.?h., der Hund gibt Laute von sich, wenn er eine Spur des Beuteobjekts aufgenommen hat. Andere Hunde zeigen Sichtlaut, d.?h., sie geben Laute von sich, wenn sie Sichtkontakt zum Beuteobjekt haben.
Das Lautgeben eines Hundes bei der Jagd bedeutet entweder hohe jagdliche Erregung und wird dann durch ein lautes, hochfrequentes Bellen deutlich, bei dem die einzelnen Belllaute ineinander übergehen. Es kann aber auch jagdliche Frustration verdeutlichen, hierbei gibt der Hund eine Folge von einzelnen Belllauten von sich. Diese Frustration entsteht aus der Lernerfahrung vorheriger Jagden: Der Hund weiß, dass...