Beschäftigung für jeden Hund
Den Großteil eines Tages verschlafen Hunde, zirka 20 Stunden täglich sind sie mit Ausruhen, Dösen oder Schlafen beschäftigt.
© Klaus Grittner/Kosmos
Beschäftigung macht Sinn
Bei der Beschäftigung von Hunden geht es nicht nur darum, die "aktive" Zeit zu füllen. Durch eine sinnvolle Arbeit vertreibt man nicht nur die Langeweile des Hundes, sie erfüllt viele weitere Aufgaben. So kann durch gezielte körperliche Beschäftigungsformen die Motorik eines Hundes geschult werden. Hunde können lernen, kreativ zu sein, durch erfolgreich absolvierte Aufgaben über sich hinauswachsen und damit selbstbewusster durchs Leben gehen. Gemeinsam Aufgaben lösen fördert die Beziehung zwischen Mensch und Hund, hilft bei der Erziehung des Hundes und macht dazu einfach auch viel Spaß.
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Apportieren macht nicht nur Jagdhunden wie dem Magyar Vizsla-Rüden Jiggar Spaß.
Hunde brauchen "Aufgaben"
Heutzutage werden die wenigsten Hunde in die Familie aufgenommen, um einen Job, also eine bestimmte Aufgabe im Zusammenleben mit dem Menschen, zu übernehmen. Früher dagegen war dies der hauptsächliche Grund für die Haltung eines Hundes. Der sogenannte Schoßhund, der lediglich als Gesellschaftshund für den Menschen fungierte, war den wenigen Reichen und Adligen vorbehalten. Die Aufgabenbereiche von Hunden in vergangenen Zeiten waren vielfältig. Da gab es den Jagdhund, der seinen Menschen bei der Jagd unterstützte, Wild aufspürte und nach dem Schuss zurückbrachte. Der Hütehund war für den Trieb der Herden zuständig, der Herdenschutzhund bewachte die Herden vor angreifenden Raubtieren. Haus- und Hofhunde alarmierten die Menschen, wenn Fremde den Hof betraten. Zudem wurden sie oft als Zugtiere eingesetzt. Sie wurden vor einen Karren gespannt, um z.B. Lebensmittel auf den örtlichen Markt zu bringen. Der Arbeitsalltag der Hunde war dabei in der Regel tagfüllend und sehr anstrengend.
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Labrador Retriever-Hündin Lilyen beim jagdlichen Einsatz: Souverän holt sie die vom Jäger geschossene Ente aus dem Wasser.
Doch wie sieht es heute aus?
Natürlich gibt es immer noch Hunde, die in den ursprünglichen Einsatzbereichen als Jagd-, Hüte- oder Wachhund arbeiten dürfen. Ich schreibe hier bewusst "dürfen", denn für diese Hunderassen gehört ein arbeitsintensiver Tag mit vielen Aufgaben zu einem erfüllten und glücklichen Leben dazu.
Die Anzahl dieser Hunde ist jedoch im Vergleich zu Hunden, die rein zum privaten Vergnügen, als Begleiter im Alltag, in die Familie aufgenommen werden, verschwindend gering. Da viele Menschen heutzutage einen aktiven Hund haben möchten, mit dem sie Sport machen können und der Spaß an gemeinsamer Beschäftigung hat, werden immer mehr aktive, quirlige Hunde wie der Jack Russell Terrier, der aus dem Fernsehen bekannte Dalmatiner oder die vor Jahren noch unbekannte Jagdhunderasse Magyar Vizsla gehalten. Auch Hunde aus Arbeitslinien werden immer beliebter. Alle diese Rassen haben jedoch eines gemeinsam: Die ursprünglich durch gezielte Zucht geschaffenen Anlagen und Verhaltensweisen sind in diesen Hunden noch immer vorhanden. Je nach Rasse und Zuchtrichtung beim einen Hund mehr, beim anderen weniger. Gerade wenn man sich dabei die hochspezialisierten Rassen Deutsch Kurzhaar oder Border Collie anschaut, wird schnell klar, dass diese Hunde nicht damit zufrieden sind, den Tag gemütlich auf der Couch zu verbringen und am Nachmittag eine kleine Runde um den Häuserblock zu spazieren.
Daher ist es wichtig, sich bereits vor der Anschaffung eines Hundes Gedanken über die jeweiligen Bedürfnisse des zukünftigen Familienmitgliedes zu machen. Wie viel und welche Art Beschäftigung braucht der ausgewählte Hund? Passt sein Charakter, sein Wesen überhaupt zu den Bedürfnissen der Familie? Allerdings bedeutet das nicht, dass jede Familie, die sich für einen Border Collie entscheidet, diesem nur dann ein erfülltes und glückliches Leben bieten kann, wenn eine eigene kleine Schafherde gehalten wird. Es gibt viele unterschiedliche alternative Beschäftigungsformen, mit denen man Hunde - je nach ihrem ursprünglichen Verwendungszweck und ihrer Veranlagung - beschäftigen kann. Deshalb ist es wichtig, dass du den Charakter und die Vorlieben deines eigenen bzw. zukünftigen Hundes gut kennen lernst, damit du ihm genügend geistige als auch körperliche Beschäftigung und Auslastung bieten kannst.
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Dalmatiner brauchen als ursprüngliche Kutschenbegleithunde ausreichend körperliche Auslastung.
Das heißt jedoch nicht, dass du dir bei der Haltung eines sogenannten Gesellschaftshundes keine Gedanken zum Thema Beschäftigung machen musst. Auch der Gesellschaftshund, der ursprünglich keine spezifische Aufgabe hatte, möchte körperlich und geistig aktiv sein. Denn nichts ist für einen Hund schlimmer, als sich den ganzen Tag zu langweilen. Wer nichts zu tun hat, wird kreativ . Diese Kreativität zeigt sich dann häufig in für uns unerwünschten Verhaltensweisen wie z.B. der Zerstörung von Möbeln, dem Zerkratzen von Türen oder dem Jagen von Autos, Joggern oder Fahrradfahrern. Verhindere also, dass dein Hund sein Bedürfnis nach Beschäftigung selbstständig umsetzt und auslebt, indem du ihm von Anfang an Aufgaben stellst und etwas zu tun gibst. Du wirst schnell feststellen, wie viel Freude das nicht nur deinem Hund macht. Schon viele haben durch ihren Hund ihr Hobby gefunden, sei es beim Trickdogging, Dummy, Mantrailing oder Zughundesport.
Beschäftigung fördert die Beziehung
Wer seinen Hund beschäftigt, mit ihm trainiert, gemeinsam mit ihm Aufgaben löst, der stärkt die gemeinsame Bindung und fördert die Orientierung des Hundes an seinem Menschen. Gehst du mit deinem Hund einer Aufgabe nach, die euch beiden Spaß macht, werden sogenannte "Glückshormone" freigesetzt. So wird dein Hund, wenn er gern mit seiner Nase Gerüche erschnüffelt, allein schon durch das Verfolgen einer Spur im Anschluss daran zufrieden und glücklich sein. Hast du deinen Hund auf diese Spur aufmerksam gemacht, die du selbst - oder ein Bekannter - z.B. kurz zuvor als Fährte gelegt hast, und begleitest deinen Hund nun bei der Ausarbeitung der Spur, hilfst ihm bei Problemen, lässt dich von ihm bis zum Ende der Spur führen, verbindet der Hund diese Glücksgefühle auch mit dir. Erwartet deinen Hund am Ende der Spur noch eine Belohnung in Form eines Leckerbissens, aber vor allem auch freudiges Lob und Streicheln, werden erneut Hormone freigesetzt. In diesem Fall das Hormon Oxytocin, das sogenannte Kuschel- oder Bindungshormon. Bei jedem körperlichen Spiel, beim Streicheln, ja sogar bereits beim freundlichen Blickkontakt mit dem eigenen Hund wird dieses Hormon freigesetzt. Es fördert die Bindung, intensiviert das Sozialverhalten und vermindert Ängste und Stress.
Bindung zwischen Hund und Mensch
Was aber macht eine gute Bindung, eine gute Beziehung zwischen Hund und Mensch aus? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich zunächst einmal Gedanken darüber machen, was Hunde neben ausreichend Futter, Wasser und medizinischer Versorgung brauchen.
Hunde sind gesellig, sie fühlen sich nur in der Gemeinschaft bzw. im Familienverband wohl. Die wenigsten Hunde streben dabei nach der Weltherrschaft, vielmehr suchen sie Sicherheit. Gibt es jemanden, der die Gruppe bzw. die Familie souverän leitet, werden sich die meisten Hunde diesem Hund oder Menschen gern und von sich aus anschließen. Hunde sollten ihren Menschen daher als Leitfigur erleben, also als Person, die den Hund sicher durchs Leben führt, ihm Schutz bietet, ihn in schwierigen Situationen sicher und souverän begleitet. Welche Situation vom Hund als schwierig empfunden wird, hängt vom Charakter als auch von den bisherigen Erfahrungen des Hundes ab. Ein schlecht sozialisierter Straßenhund empfindet z.B. den freundlich interessierten Menschen, der sich zur Begrüßung über ihn beugt, als unangenehm und bedrohlich. In dieser Situation muss man als Hundehalter eingreifen, seinen Hund beschützen und ihm helfen, indem man den Menschen bittet, sich zur Begrüßung in die Hocke zu begeben.
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Der 3-jährige Mischlingsrüde Michel zeigt große Unsicherheit bei der Begegnung mit fremden Menschen.
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Begibt sich der Unbekannte in die Hocke, traut sich Michel vorsichtig Kontakt aufzunehmen.
Eigene Erfahrungen sammeln
Dennoch bedeutet das nicht, dass jedes einzelne Gruppenmitglied nicht auch seinen eigenen Bedürfnissen nachgehen darf. Hunde brauchen daher auch die Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu sammeln. Wer eine Hürde aus eigener Kraft meistert, sich bei einer schwierigen Aufgabe selbst überwindet, kann daran wachsen und selbstbewusst werden. Daher sollte man Hunde nicht immer nur führen und ihnen nicht immer jeden Stress abnehmen. Stress gehört zum Leben dazu und kann in einem gewissen Maß auch förderlich sein. Wie immer kommt es dabei darauf an, das richtige Gleichgewicht zwischen Führung und eigene Erfahrungen sammeln zu finden. Dabei spielt natürlich der Charakter des Hundes eine Rolle. Ein eher selbstbewusster und durch nichts zu erschütternder Welpe sollte von klein auf erleben, dass der Mensch ein Partner ist, auf den man sich gerade in stressigen Situationen verlassen kann. Ein eher unsicherer Welpe darf dagegen gern immer wieder einmal erfahren, dass es sich lohnt, aus sich herauszugehen, sich etwas zu trauen. Diese Erfahrungen können dabei zum einen im Alltag stattfinden, sie...