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2 Entwicklungspsychologie der Struktur (S. 6) 2.1 Entwicklungspsychologische und psychoanalytische Perspektiven Die Psychoanalyse ist in ihrem Kern eine Lehre von der Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit, dabei spielen die ersten Jahre der Kindheit eine entscheidende Rolle. Während sich die akademische Psychologie zu Anfang des 20. Jahrhunderts für die Entwicklung des Körpers, der Sinnesorgane, der Wahrnehmung, des Denkens und des Sprechens interessierte, provozierte Freud die Gesellschaft seiner Zeit, indem er das Kindliche mit dem Sexuellen in Zusammenhang brachte und Stufen der libidinösen Entwicklung beschrieb. Darin ließen sich auf oraler, analer und phallischer Stufe unterschiedliche Triebregungen und -befriedigungen unterscheiden, deren konflikthafte Ausgestaltung und Verdrängung den Kern späterer neurotischer Entwicklungen im Erwachsenenalter bildeten. Vor diesem konzeptuellen Hintergrund wurden die Mitteilungen erwachsener Analysanden im Hinblick auf ihre unbewussten neurotischen Konflikte und deren kindliche Wurzeln interpretiert. Im Laufe einer jetzt 100-jährigen Entwicklung entstand daraus ein hoch differenziertes psychoanalytisches Konzept der erwachsenen neurotischen Persönlichkeit (und ihrer Behandlung) sowie ein ebenso ausgearbeitetes Entwicklungskonzept für die menschliche Persönlichkeit. Ein Konzept heißt, dass es jeweils einen Mainstream der offiziellen Richtung gibt, daneben aber viele abweichende Konzeptionen. Im Wesentlichen zentrierte sich der psychoanalytische Blick auf das, was in der psychoanalytischen Situation wahrgenommen werden kann. Das gilt auch für den psychoanalytischen Blick auf die Kindheit: Es ist die Kindheit der erwachsenen Patienten, welche zurückblicken, bzw. in Gegenwart ihrer Analytiker kindliche Erfahrungen und Erlebensweisen wiederbeleben. Geprägt durch das freudsche Grundmodell differenzierte sich so ein psychoanalytisches Konzept der frühen Entwicklung, das durch unterschiedliche Triebkonflikte und Abwehrformationen bestimmt ist. Die Eltern, Geschwister und Angehörige sind die Liebes- und Hassobjekte, auf die sich diese Regungen richten. Zweifellos ist es unmöglich, diesem vielschichtigen Konzept in wenigen Worten gerecht zu werden, dies ist an dieser Stelle nicht unser Anliegen. Hier geht es um die Frage nach der kindlichen Entwicklung der Struktur (vgl. Pouget-Schors 2002). Unbestreitbar hat auch in diesem Zusammenhang Freuds Konzept der psychischen Substrukturen Ich, Es und Über-Ich (Freud 1923) den Grundstein gelegt für ein sich immer weiter differenzierendes psychoanalytisches Strukturmodell (Rapaport 1960). Die Abwehrstrukturen des Charakters fanden ihre eigene psychoanalytische Darstellung (Abraham 1925). Mit dem Aufkommen der Ich-Psychologie wurde die Funktionsfähigkeit des Ich differenziert (Hartmann 1939), speziell die Ich-Entwicklung wird im Zusammenhang mit den Beziehungserfahrungen des Kindes be- schrieben. Mit der späteren Ausdifferenzierung der psychischen Objektbeziehungskonzepte werden die Internalisierungsprozesse betont, welche die Entwicklung von Ich und Über-Ich als Niederschlag der erlebten Objektbeziehung beschreiben (Kernberg 1976). Die beginnende Borderline-Diskussion richtet den Blick auf die spezifischen Belastungen und Entbehrungserfahrungen strukturell gestörter Patienten. Alles dies bleibt in der psychoanalytischen Logik des erwachsenen Rückblicks auf die Kindheit. Anna Freud (1965), die sich mit kindlichen und jugendlichen Patienten befasste, war eine der ersten, die den eng gesteckten Rahmen überschritt. Margaret Mahler (Mahler et al. 1975) und Spitz (1965) bezogen sich auf die Direktbeobachtung von Kindern, und Bowlby (1951) studierte die Interaktionen des Kindes und seiner Angehörigen systematisch. Je intensiver die Entwicklung in diese Richtung ging, desto deutlicher wurde, dass die Direktbeobachtung von Kindern und Familien andere Fakten zutage förderte als die psychoanalytische Retrospektive, und vor allem, dass sich daraus auch andere konzeptuelle Schlussfolgerungen ziehen ließen.
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