Schweitzer Fachinformationen
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Jimmy wartete mit gesenkten Fühlern, dass Flore ihm gehörig die Leviten lesen würde. Doch statt zu schimpfen, starrte ihn die Sammelbiene entgeistert an.
"Goldenes Löwenmäulchen und heiliger Kapuzinerkelch!", entfuhr es ihr. "Unglaublich! Du bist ja ein einziger Pollenhaufen!"
Jimmy hatte keine Ahnung, wovon die Biene sprach. Da sie ihn aber weiterhin verblüfft anstarrte, schaute er an sich hinunter. Sein Pelz war über und über mit Pollenstaub bedeckt. Der sonst schwarz-hellgelb gestreifte Körper war jetzt komplett goldgelb.
Endlich konnte sich Flore von seinem Anblick losreißen und fing emsig an, mit ihren Fühlern und ihrem Rüssel den gelben Staub von seinem Körper auf seine Hinterbeine zu pappen.
"Hihihi", kicherte Jimmy, "das kitzelt aber!"
Flore machte unbeirrt weiter. Jimmy glaubte, zum ersten Mal so etwas wie ein Lächeln in ihrem Gesicht zu sehen. "Wenn ich das gewusst hätte! Dein Pelzkleid ist ein großes Plus beim Pollensammeln", meinte sie und klickte anerkennend mit ihren Mundzangen. "Jetzt müssen wir dir noch beibringen, die Pollen schön auf den Beinen zu lagern." Sie kontrollierte seinen Pelz und nickte zufrieden. "Alles blitzsauber." Dann schaute sie auf seine Beine, an denen nun links und rechts doppelt so dicke Pollenklumpen klebten wie bei ihr. "Sag, Junge, kannst du bei dem Gewicht überhaupt noch fliegen?"
"Klaro!", gluckste Jimmy fröhlich. Er freute sich so darüber, dass Flore zufrieden mit ihm war. Stolz flog er hoch und landete wieder auf dem Waldboden. "Ich spür die Klumpen gar nicht."
"Du bist ein echt kräftiges Kerlchen!" Flore klickte wieder beeindruckt mit ihren Mundzangen. "Dann lass uns noch die Maiglöckchen besuchen, bevor wir zum Bienenstock zurückkehren."
Gut gelaunt flog Jimmy hinter Flore her. Eigentlich wollte er ihr gerade von Oskar der Würgeschlange erzählen. Aber da blitzten bereits weiße Maiglöckchen unter einer jungen Buche hervor. Sofort machte sich Flore eifrig ans Pollensammeln. Jimmy sah etwas weiter links neben einem Rispenfarm ein paar weiße Blumen. Es waren die Blüten der Walderdbeeren. Der süße, fruchtige Geruch war himmlisch.
"Flore!", rief er. "Könnte ich mal die Walderdbeerblüten kosten?"
Die Sammelbiene drehte sich um und murrte: "In Ordnung. Aber flieg nicht weiter weg. Wir müssen bald zum Stock zurück. Und ich hab echt keine Lust, dich wieder zu suchen. Kapiert?"
"Kapiert", antwortete Jimmy und saugte jeden kleinen Kelch der Walderdbeeren leer, den er finden konnte.
Da hörte er eine Stimme: "Hilfe! So helft mir doch!"
Vom Klang her war es die Stimme eines Insektenkindes. Jimmy blickte zur Sammelbiene. Hatte sie den Hilferuf auch gehört? Flores Kopf steckte tief in einem Maiglöckchenkelch, sodass Jimmy nur ihr hin und her winkendes Hinterteil sah.
"So helfe mir doch endlich einer!", wimmerte es wieder.
Da braucht jemand dringend Hilfe, überlegte Jimmy. Und da konnte er doch nicht so tun, als hätte er es nicht gehört, oder? Da musste man doch helfen! Und zwar jetzt!
Halb neugierig, halb besorgt flog er in die Richtung des Hilferufs.
Unter einer gelben Butterblume fand Jimmy ein rundes, großes Käferkind, das auf dem Rücken lag und wild mit den Beinen zappelte.
"Was ist denn mit dir passiert?", fragte Jimmy.
"Ich bin in einen Pilz geflogen und abgestürzt. Jetzt liege ich auf dem Rücken und kann mich nicht selbst umdrehen. Kannst du mir mal helfen?"
"Klaro!", sagte Jimmy und zog sogleich fest am Vorderbein des Käferkindes.
"Aua!", rief es. "So wird das nichts. Du musst versuchen, mich auf die Seite zu rollen."
Jimmy stemmte sich mit aller Kraft gegen den braunen Panzer, doch es nützte nichts, der Käfer war zu schwer.
Da hörte er auf einmal einen Stimmenchor, der näher kam:
"Die Eins, die Zwo, die Drei, die Vier.
Es geht voran, da krabbeln wir.
Die Fünf, die Sechs und die Sieben,
wir sammeln das, was wir kriegen!
Die Acht, die Neun und jetzt die Zehn,
ab ins Nest, wir lassen nix stehn.
Denn wir sind die Putzameisen,
immer flott am Walddurchreisen.
Wir suchen Abfall und nach andren Dingen,
stetig marschierend und emsig am Singen.
Die Eins, die Zwo, die Drei, die Vier.
Es geht voran, da kommen wir ."
Beim "wir" zeigte sich der singende Trupp. In einer streng geordneten Reihe marschierten schwarz-rote Waldameisen durch das Gras.
"Waldputz-Kompanie halt!", brüllte die vorderste, als sie vor dem verblüfften Jimmy und dem zappelnden Käfer ankamen.
Sofort stand der Trupp still.
Die Anführerin räusperte sich und rief: "Toten Käfer auf dem Rücken entdeckt. Arbeiterin Dreitausendsiebenhundertvierundfünfzig, bitte auskundschaften."
"Zur Stelle, Chefin!", piepste eine Stimme und eine schmächtige Ameise huschte am verblüfften Jimmy vorbei und zu dem auf dem Rücken liegenden Käfer. Mit ihren Fühlern betastete sie den Bauch des zappelnden Insektenkinds.
"Hohohoho, hör auf! Das kitzelt ja!", lachte es.
Die kleine Ameise rannte zurück zur Chefin, salutierte und piepste: "Das auf dem Rücken liegende Käferkind ist noch nicht tot. Sollen wir es trotzdem abtransportieren?"
"Ein Käfer, der auf dem Rücken liegt, ist ein toter Käfer. Das ist nur eine Frage der Zeit", antwortete die Chefin wichtigtuerisch und schnaltze dreimal hintereinander mit ihren Mundzangen. Dann drehte sie sich zum Trupp um. "Sechstausendachthundertzwölf und Achtausendfünfhundertsiebenundzwanzig. Käferkind einsammeln und bereit machen zum Abtransport!"
Nun trippelten zwei kräftige Waldameisen hervor, salutierten vor der Chefin und eilten zum erstarrten Jimmy und dem zappelnden Käfer.
Obwohl die beiden Ameisen viel kleiner waren als das dicke Käferkind, hoben sie es mit Leichtigkeit hoch und wollten schon kehrtmachen.
"Nein!", schrie das Käferkind und wackelte panisch hin und her. "Ich will nicht mit! Ich bin nicht tot!"
Rasch versperrte Jimmy den beiden Ameisen den Weg und rief: "He, was macht ihr da? Der ist noch lebendig. Der spricht doch! Habt ihr das nicht gehört? Den könnt ihr doch nicht einfach mitnehmen!"
"Chefin!", brüllte die Trägerin Sechstausendachthunderundzwölf. "Ein honigsuchendes Insektenkind hindert uns am Abtransport."
"Ist das honigsuchende Insekt ein Junge oder ein Mädchen?", fragte die Anführerin streng.
"Eindeutig ein Junge", antwortete die hintere Ameise Achtausendfünfhundertsiebenundzwanzig.
"Dann ist es keine Gefahr. Es hat keinen Stachel. Alles bereitmachen zum Abtransportieren!"
"Stopp!", schrie Jimmy und flog zur Anführerin. "Ich habe zwar keinen Stachel, doch habe ich einen Dornendolch. Und wenn ihr den Käfer nicht sofort runterlasst, dann steche ich zu!" Um zu zeigen, wie ernst er es meinte, fuchtelte er wild mit dem Rosendorn umher.
"Ein honigsuchender Insektenjunge mit einem Dorn!", staunte die Anführerin. Dann räusperte sie sich und meinte tadelnd: "Solltest du eigentlich nicht deiner Arbeit nachgehen? Pollensammeln zum Beispiel, statt hier im Wald herumzulungern und sich in fremde Angelegenheiten einzumischen? So was gehört sich nicht. Nicht bei Ameisen und auch nicht bei einem aus einem honigsuchenden Insektenvolk. Und jetzt lass uns unsere nützliche Aufräumarbeit machen."
"Das werdet ihr nicht! Ihr lasst jetzt meinen Freund runter oder ich stech zu!"
"So, so", sagte die Anführerin. "Dieses Käferkind ist also dein Freund? Obwohl es eindeutig nicht von deinem Volk stammt?"
"Ja, wir sind beste Freunde", beteuerte Jimmy. Und um wirklich keinen Zweifel aufkommen zu lassen, schaute er mit seinen Kulleraugen tief in die winzigen Äuglein der Ameisenchefin und sagte mit Nachdruck: "Aller-allerbeste Freunde!"
Der Käfer, der noch immer von den beiden Waldameisen getragen wurde, starrte zu Jimmy und vergaß vor lauter Verblüffung zu zappeln.
Die Anführerin sog genervt die Luft ein. Dann seufzte sie und brüllte wieder im Befehlston: "Sechstausendachthunderundzwölf und Achtausendfünfhundertsiebenundzwanzig: Käferkind wieder hinlegen, einreihen und bereit machen zum Weitermarschieren."
"Jawohl, Chefin!", riefen die beiden Trägerinnen und...
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