Schweitzer Fachinformationen
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»Führung ist die Einflussnahme auf die Entscheidungen und das Verhalten anderer Menschen mit dem Zweck, mittels steuerndem und richtungsweisendem Einwirken vorgegebene und aufgabenbezogene Ziele zu verwirklichen.« (FwDV100)
Demnach ist der Führungsvorgang zielgerichtet, immer wiederkehrend und in sich ein geschlossener Denk- und Handlungsablauf bei welchem Entscheidungen vorbereitet und umgesetzt werden. Der Führungsvorgang ist nicht auf die Tätigkeit der Einsatzleiterin oder des Einsatzleiters beschränkt, sondern ist von den Führungskräften auf allen Führungsebenen sinngemäß anzuwenden.
Bild 5: Die einzelnen Phasen des Führungsvorgangs (vgl. HLFS o.A.)
Die Einsatzleiterin oder der Einsatzleiter muss zur Gefahrenabwehr
die richtigen Mittel
zur richtigen Zeit
am richtigen Ort einsetzen.
Aus der Lagefeststellung/Erkundung sind für den Einsatzleiter relevant:
Objektbeschreibung,
Schadenereignis,
Umfeld etc.
Zur Erkundung nimmt der Einsatzleiter in der Regel den Führungsassistenten und/oder den Fahrzeugführer des ersteintreffenden Fahrzeuges mit und legt, falls die Einsatzstelle nicht einsehbar bzw. überschaubar ist, einen Haltepunkt für nachrückende Fahrzeuge fest.
Die vier Phasen der Erkundung sind immer zu berücksichtigen:
Frontalansicht,
Befragung,
Innenansicht,
Rundumansicht (360°).
Der Einsatzleiter muss nicht alle Punkte der Erkundung eigenständig umsetzen, es ist möglich Aufgaben an seine Einheitsführer zu delegieren. Als Erkundungsergebnis sollten wichtige Fragestellungen, wie die Anzahl und Situation der gefährdeten oder betroffenen Personen oder die Zugänglichkeit zum Schadengebiet, beantwortet werden können.
Sollte sich nach oder während der Erkundung bereits sofort einzuleitende Maßnahme ableiten lassen, beispielsweise:
man erkennt, dass die alarmierten Kräfte und Mittel nicht ausreichend sind,
man findet akut vital bedrohte Personen
oder eine Person befindet sich in akuter Absturzgefahr,
so sind direkte Maßnahmen einzuleiten.
Fiktives Beispiel:
Wir nehmen als Beispiel den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr Sankt Augustin am 23.03.2022. Um 12.42 Uhr wird der Absturz eines Kleinflugzeuges in Hangelar gemeldet. Das Beispiel soll fiktiv eine mögliche Vorgehensweise aufzeigen und nicht die realen Ereignisse widerspiegeln. Angenommen die Feuerwehr ist mit einem Rüstzug, bestehend aus ELW 1, HLF 1, RW 1 und HLF 2, ausgerückt.
Beim Eintreffen an der Einsatzstelle bietet sich den Rettungskräften folgendes Bild:
[28]Bild 6: Unfall eines Kleinflugzeuges kurz nach dem Start im nordrhein-westfälischen Sankt Augustin. Das Flugzeug liegt umgedreht auf einer Gartenhütte. Die Insassen konnten sich selbst befreien (Bild: Feuerwehr Sankt Augustin)
Das Kleinflugzeug befindet sich auf dem Dach liegend im Garten eines Zweifamilienhauses. Beim Start war die Cessna über die Startbahn hinausgeschossen, hatte sich überschlagen und kam dann auf einer Gartenhütte zum Erliegen.
Es gilt zunächst bei der Erkundung den Fokus auf mögliche Insassen zu legen (Anzahl, Gesundheitszustand, eingeklemmt etc.). Der Einsatzleiter muss parallel bei der Erkundung auf mögliche Gefahren achten (bspw. Vorhandensein eines Gesamtrettungssystems, Stabilität, auslaufende Kraftstoffe, sonstige Gefährdungen), um ein sicheres Tätigwerden zu ermöglichen. Des Weiteren sollte durch den Einsatzleiter das Luftfahrzeugkennzeichen erkundet werden und über Leitstelle weitere Informationen bei der deutschen Flugsicherung (DFS) eingeholt sowie in Rücksprache mit der Polizei die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) verständigt werden.
Wie bei allen anderen Einsätzen beginnt für die Einheitsführerin oder den Einheitsführer die erste Erkundung bereits durch das Einsatzstichwort. Dieses enthält bereits meist wichtige Informationen zur Lage. Weitere Informationen ergeben sich dann bei [29]der Anfahrt (Zugang zum Einsatzort, Wetter, Rauchentwicklung o.ä.) bzw. bei erstem Sichtkontakt (Lage auf Sicht). Gerade bei Flugunfällen ist schon frühzeitig eine erste Lageeinschätzung bezüglich des Ausmaßes des Schadens notwendig, um weitere Kräfte entsprechend nachzufordern aber auch koordinieren zu können. Denn die Maßnahmen und Kräftenachforderungen unterscheiden sich je nach individueller Lage sehr stark. Doch diese Einschätzung ist nicht immer einfach.
Tipp:
Es bietet sich an, ein Fernglas auf den Fahrzeugen verladen zu haben. Eine erste Sichterkundung kann somit durchgeführt werden, ohne sich ggf. in einen Gefahrenbereich zu begeben (analog zum Vorgehen bei einem Gefahrgutunfall). Es bietet sich hierdurch aber auch die Möglichkeit, ausgedehnte Einsatzstellen überblicken zu können.
Bei den Einsatzstellen außerhalb des Einzugsgebietes von Flughäfen ist die örtliche Feuerwehr zunächst auf sich allein gestellt. In den meisten Fällen ist die Zugänglichkeit zum Unfallort schwer zu lokalisieren, was eine erste Lageeinschätzung verzögert. Als mögliche Hindernisse seien hier erwähnt: Waldgebiete, schlechte Witterung, Nacht, Regen, Nebel etc. Um ein nicht einsehbares Gebiet bzw. eine Schadenstelle bei einem Flugzeugunfall gut überblicken zu können, bietet es sich an, auch Unterstützung aus der Luft (zur Suche oder Lageeinschätzung) in Form von Hubschraubern und/oder einer Drohne anzufordern. Auch in Bereichen von »Search and Rescue«-Standorten ist es von Vorteil, diese Einheit heranzuziehen.
Der Führungsvorgang beginnt mit der Lagefeststellung. Neben der Aufgabe, frühestmöglich die Anzahl und Situation der lebensbedrohten Personen an der Einsatzstelle festzustellen sollten vor allem folgende Sachverhalte im Zuge der Ersterkundung in Erfahrung gebracht werden, da sie maßgeblich für den weiteren Einsatzverlauf von Relevanz sein können:
Als Merkhilfe für die Erkundung bietet sich hier die sogenannte ABI 360-Regel an:
Außenansicht
Befragen
Innenansicht
Gesamtansicht (360°)
Was ist die Ursache für den Absturz? Was ist passiert? Hier sollte keine Spekulation betrieben werden, wie es zu dem Unfall kam. Vielmehr sollte erkundet werden, in [30]welcher Lage sich das Flugzeug befindet. Ist es abgestürzt, notgelandet oder notgewassert. In welchem Gebiet ist der Unfall geschehen, beispielsweise in einem bewaldeten Gebiet oder gar einem Wohngebiet?
Was für ein Flugzeugtyp liegt vor? Hiermit ist erstmal nicht nur das Modell gemeint, sondern welcher Kategorie von Flugzeug die verunglückte Maschine grob zuzuordnen ist. Über den Flugzeugtyp ist auch eine Gewichtseinschätzung möglich. Gegebenenfalls kann dies im weiteren Einsatzverlauf beim Heben und Ziehen von Bedeutung sein. Mittels des Luftfahrzeugkennzeichens lässt sich der Typ und das Modell herausfinden. Auch sind für einige Flugzeuge Rettungsdatenblätter verfügbar (vgl. Kapitel 2.1.1.2). Ebenso sollte bei kleineren Flugzeugen das Vorhandensein eines Gesamtrettungssystems umfangreich erkundet werden. Die Funktionsweise von Gesamtrettungssystemen wird in den folgenden Kapiteln erläutert.
Handelt es sich bei dem Flugzeug um ein Zivil- oder Militärflugzeug? In der Frühphase des Einsatzes muss zwingend zwischen zivilem und militärischem Luftfahrzeug unterschieden werden. Hieraus ergeben sich erheblich unterschiedliche einsatztaktische Maßnahmen.
Was für sonstige sichtbare Gefahren/Gefährdungen sind erkennbar? Hier sind unter anderem folgende Punkte zu nennen: laufende Triebwerke/Motoren, herumliegende Teile, nichtausgelöste Rettungssysteme, auslaufende Betriebsstoffe etc.
Es sollte versucht werden, möglichst viele Informationen durch Befragen der Anwesenden zu erhalten. Dies können Betroffene und Unfallzeugen sein. Sehr wertvolle Informationen erhalten Sie vor allem von Piloten und Copiloten. Falls diese ansprechbar sind, befragen Sie sie zum Vorhandensein eines Gesamtrettungssystems, der Anzahl der Passagiere oder Besonderheiten der Fracht. Bei Militärmaschinen fragen Sie nach dem Vorhandensein und Sicherungszustand der Bordwaffen!
Innenansicht:
In der Innenansicht soll in Erfahrung gebracht werden wie viele Insassen noch im Flugzeug sind. Hierbei sollte Folgendes beachtet werden:
Wie ist der Verletzungsgrad der Insassen und müssen diese ggfs. befreit werden?
Für welche Person ist die Situation lebensbedrohlich und wem muss zuerst geholfen werden?
Anmerkung: Analog zum Vorgehen bei Verkehrsunfällen sollte den Rettungsgrundsätzen gefolgt werden. Dies bedeutet, dass bewusstlose Personen schnellstmöglich [31]aus der Zwangslage zu befreien sind. Eingeklemmte, aber ansprechbare Personen, welche nicht akut vital gefährdet sind, sollten erst befreit werden, wenn medizinisches Personal vor Ort ist.
Des Weiteren sollte erkundet werden, ob eine Auslöseeinrichtung eines Rettungssystems vorhanden ist, wo sich ggfs. das Kraftstoffsperrventil (Brandhahn, Notaus) befindet und ob...
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