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Libro Cornuto
I'd sign a contract with the devil
In the book of heavy metal
Dream Evil, »The Book of Heavy Metal«
Kennst du das Gefühl? Dieses Gefühl, wenn du noch ganz frisch verliebt bist? Wenn du dich so leidenschaftlich nach einem anderen Menschen verzehrst, dass es, abgesehen von den seelischen Qualen, geradezu körperlich wehtut, dieser Person nicht nah sein zu können? Diesen Schmerz spüre ich heute, obwohl ich kürzlich meinen zehnten Hochzeitstag feiern konnte und, inklusive zweier hinreißender Kinder, glücklich verheiratet bin. Die Ursache für diese Pein ist so simpel wie niederschmetternd: Ich schreibe diese Zeilen am 1. Juni 2021. Heute Mittag wurde das Wacken Open Air abgesagt, zum zweiten Mal nach 2020. Corona ist ein Arschloch!
Nun könnte jemand leichtfertig sagen: »Kopf hoch, ist doch nur ein Festival. Es gibt Schlimmeres.« Im großen Lauf der Dinge und der Welt als solcher ist das einerseits zutreffend. Andererseits - und ich sage das mit dem gebotenen Respekt - können mir solche Menschen gehörig den Schritt shampoonieren. Erklär mal einem fünfjährigen Kind, dass in diesem Jahr sein Geburtstag, Weihnachten und Ostern komplett ins Wasser fallen - und dass darüber hinaus alle Spielplätze dauerhaft geschlossen sind. So in etwa fühlt sich das für mich an.
Zudem bin ich beileibe nicht der einzige Mensch, dem Metal1 so richtig ans Herz geht. Da wäre die Mutter aus Neuseeland, die ihre drei Kinder Metallica, Slayer und Pantera genannt hat.2 Vielleicht ist das ein bisschen drüber, aber ich bin nicht hier, um den ersten Stein zu werfen. Schauen wir uns stattdessen den Schweden Roger Tullgren an: Er bezieht seit über einem Jahrzehnt eine Art Invalidenrente. Der schwedische Staat hat bestätigt, dass Tullgren unter Heavy-Metal-Sucht leidet, und diese Malaise als eine besondere Form der Behinderung anerkannt. Weil er sich zum Erhalt seiner seelischen Gesundheit zu viel auf Konzerten rumtreiben muss, gilt er als nicht voll erwerbsfähig und erhält fünfundzwanzig Prozent Lohnzuschuss vom Amt. Klingt komisch, ist aber so.3 Bei mir ist es noch nicht ganz so weit gediehen, aber ich fürchte, der deutsche Sozialstaat würde mir auf Nachfrage sowieso den amtlichen Stinkefinger zeigen.
Mittlerweile schreiben wir Silvester 2021. Die ersten Konzerte und auch kleinere Festivals konnten wieder stattfinden, ich selbst habe es im Spätsommer immerhin zu Blind Guardian nach Krefeld geschafft. Vor dieser Erquickung war mein letztes Live-Erlebnis ein Autokonzert mit einem scheintoten Interpreten von Kinderliedern im Sommer 2020. Und was soll ich sagen: Ich habe es genossen. Doch an meiner Pinnwand überlagern sich die Karten für verschobene Konzerte aus den Jahren 2020 und 2021. Ist okay, ich kann warten. Aber Wacken ist nur einmal im Jahr.
Für viele Menschen in der Metalszene ist das Wacken Open Air (W:O:A) so etwas wie das Hochamt, das absolute Highlight im Metalkalender.4 Das W:O:A ist überlebensgroß, ein Mythos, ein Sehnsuchtsort. Es findet in einem Paralleluniversum statt, das für Menschen wie mich ein besserer Ort ist, besser als die echte Welt. Das liegt natürlich an der wunderbaren Kraft der Musik - aber da ist noch so viel mehr. Das Wichtigste: Wacken ist ein Ort, an dem Menschen wie ich die Normalen sind, nicht die Verrückten. Im Grunde ist es dort egal, wer oder was du bist, und das kann man nicht von vielen Gestaden auf diesem Planeten sagen. Wacken ist ein heiliger Ort. Nicht umsonst wird die weite Fläche vor den Hauptbühnen als »Holy Ground« bezeichnet. In den meisten Wochen des Jahres ist es nur ein Acker. Doch für wenige Tage im Sommer verwandelt sich dieser Acker in einen Ort, in eine Gemeinschaft, in der Menschen wie ich heil sein dürfen.5
Der gemeine Headbanger von nebenan
Da stellt sich die Frage: Menschen wie ich - wer soll das bitte schön sein? Im richtigen Leben bin ich Mitte vierzig und - wie schon berichtet - verheiratet, habe zwei Kinder und zwei Katzen, lebe in einem gemütlichen, immer leicht unordentlichen Haus mit einem gemütlichen, immer leicht unordentlichen Garten.6 Ich war zuletzt eine Zeit lang Professor für Wirtschaftspsychologie, habe das aber im Lauf der Arbeit an diesem Buch an den Nagel gehängt. Davor war ich lange Jahre Manager in der Wirtschaft, gehobene Führungsposition. In vielerlei Hinsicht also ein ziemlich bürgerliches Leben, am Ende des Tages. Im anderen richtigen Leben bin ich seit drei Jahrzehnten eingefleischter Headbanger, Metalhead, ein langhaariger Bombenleger (wenn auch nur im Herzen), wie manche Menschen zu sagen pflegen. Seit einigen Jahren betreibe ich auf Facebook das Ministerium für Schwermetall, eine Seite zur amtlichen Verehrung schwermetallischer Musik. Und für Quatsch. Aber hauptsächlich: Metal.7 Diese Musik spielt eine außerordentlich große Rolle in meiner Existenz, neben meiner Familie und der Arbeit. Sie definiert einen wichtigen Teil meiner Persönlichkeit. Ich höre die Musik nicht einfach nur seit Jahrzehnten - dieser Krach macht enorm viel von dem aus, wer und was ich bin.
Nico Rose, mit Kater
Von Menschen wie mir, von Metalheads, handelt dieses Buch. Ich werde naturgemäß viel über die Musik sprechen, aber noch mehr geht es um die besondere Spezies Mensch, die sich zu dieser einzigartigen klanglichen Sphäre hingezogen fühlt, sie bisweilen so sehr braucht wie Luft zum Atmen. Es geht um das Lebensgefühl als Headbanger, um die positiven Seiten, die negativen - und die komischen, um Karl Valentin die Ehre zu geben.
Warum gibt es dieses Buch?
Eine einfache Antwort: Weil es keiner verhindert hat, doch ich schätze, das bringt uns nicht weiter. Also mit etwas mehr Anlauf: Die Band Dream Evil singt in ihrem eingangs zitierten Song über das »Buch des Heavy Metal«. In jenes Buch werde ich mich vermutlich nicht mehr eintragen können. Meine Fender Stratocaster steht seit rund fünfzehn Jahren unberührt im Keller. Ich werde also mit hoher Wahrscheinlichkeit in meinem Leben kein Metal God mehr. Doch möglicherweise reicht für den Seelenfrieden statt einer Erwähnung im Buch vom Heavy Metal auch ein Buch über Heavy Metal? Ich möchte es zumindest drauf ankommen lassen.
Dies ist das Buch eines Metalfans für Metalfans - und Menschen, die es vielleicht noch werden wollen.8 Ich werde beleuchten, wie Metal das Leben bereichert und einfach verdammt glücklich macht. Oder manchmal: ein bisschen weniger unglücklich. Dafür werfe ich immer wieder heitere, bisweilen aber auch melancholische Blicke auf die Kultur und die Gepflogenheiten der Szene. Im Kern interessiert mich als Psychologe vor allem der Metalhead (w/m/d) als solcher. Ich möchte wissen:
Ich bin schwer davon überzeugt, dass im schwermetallischen Literaturkanon noch gut und gerne Platz ist für ein solches Buch. Metal ist nicht zwingend ein Allerweltsthema, trotzdem gibt es schon das eine oder andere Werk, vom kurzen Essay bis hin zum ausgewachsenen Türstopper. Die meisten dieser Texte widmen sich jedoch der Musik als solcher - oder auch der Metalszene als mehr oder weniger abgrenzbarer (Sub-)Kultur. So gibt es schon wunderbare Bücher über die:
Es gibt Essays über Metal in Afrika, im Nahen Osten oder in der DDR, über die Typografie von Bandlogos, über die Rolle von Gott und Teufel in den Lyrics,9 über spezifische Festivals und wie man sie durchsteht, ohne dass Leib und Seele Schaden nehmen. Und natürlich reichlich (Auto-) Biografien von Bands oder einzelnen Künstlern. Was es, wie schon erwähnt, meines Wissens noch nicht gibt, ist ein Buch, dass nicht so sehr die Musik oder die Szene ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt, sondern das metalverehrende Individuum sui generis: den Fan und seine Psychologie. An diesem Punkt möchte ich eine kleine Delle ins Universum hauen.
Dazu sei gesagt: Ich will gar nicht erst den Eindruck erwecken, ich sei ein oberkrasser...
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