Schweitzer Fachinformationen
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»Wir müssen schneller werden!«, definiert Catherine als Ziel für die Produktentwicklung. Sie ist die Gründerin und Geschäftsführerin von CatDate, einer Dating-Plattform für Katzen. Letztlich ist CatDate einfach nur eine Webanwendung, mit der Katzenzüchter nach Katern für ihre Rassekatzen suchen können. Catherine findet die Darstellung als Dating-Plattform witzig.
Florence kann mit dieser Art von Humor wenig anfangen. Sie muss aber zugestehen, dass es bei den Kunden gut ankommt. Florence ist erst seit Kurzem bei CatDate. Sie wurde eingestellt, um zusammen mit Rob, dem Leiter der Produktentwicklung, die Entwicklung wieder in Schwung zu bringen.
»Ich fühle mich hier manchmal wie in der Behörde für Agilität!«, fährt Catherine fort. Florence fällt auf, dass Catherine ganz schön viele Ausrufezeichen beim Sprechen verwendet. Rob sieht betreten zu Boden. Er kann Catherines Frust gut nachvollziehen. Schnell sind sie schon lange nicht mehr. Gleichzeitig ist er sich keines Fehlers bewusst. Sie haben alles so organisiert, wie es in dem Business üblich ist. Ist es einfach die unvermeidliche Trägheit der Masse, die mit dem Wachstum des Unternehmens einhergeht? Immerhin ist er seit der Einstellung von Florence mit dem Problem nicht mehr allein.
Florence ist sich sicher, dass es gute Gründe für Catherines Unzufriedenheit gibt. Sie weiß aus ihrer Vergangenheit aber auch, dass es schwierig werden könnte, unter dem Schlagwort »schneller werden« eine echte Veränderung zu bewirken. Die Problembeschreibung ist noch zu allgemein und kann zu unterschiedlich interpretiert werden. Daher steigt sie in das bisher sehr einseitig verlaufende Gespräch ein: »Ich kann deinen Frust gut nachvollziehen, Catherine. Um schnell voranzukommen, hilft es meiner Erfahrung nach, wenn wir die Problemsituation sehr klar formulieren. Du sagst, wir müssen schneller werden.«
»Das sollte doch wohl klar sein!«, poltert Catherine.
»Dir ist klar, was du meinst, aber möglicherweise nicht allen anderen. Was wird denn besser, wenn wir schneller werden?«, fragt Florence.
»Unser Geschäft hier in Deutschland läuft so lala. Wir können davon die Gehälter bezahlen, aber große Sprünge sind nicht drin. Natürlich hätte ich für meine Idee und das ganze Herzblut, das ich in die Firma gesteckt habe, irgendwann gern Gewinne gesehen. Und gleichzeitig würden relevante Gewinne auch Stabilität mit sich bringen. Wir würden nicht jedes Mal in Hektik verfallen, nur weil mal ein Quartal etwas schlechter läuft. Wir haben schon Ideen, wie wir das Business entwickeln wollen, um das zu erreichen. So möchte ich unseren Service auch im Ausland anbieten, zunächst in den USA. Denn dort gibt es sehr viele Katzenbesitzer und eine sehr rege Katzenzucht-Community.« Catherine merkt, wie ihre Begeisterung für die Katzenzucht und ihre Geschäftsidee sie von der eigentlichen Frage ablenkt, und konzentriert sich wieder auf ihr Anliegen. »Und damit wir diese Pläne umsetzen können, brauchen wir mehr Wumms. In unserem aktuellen Zustand schaffen wir es gerade so eben, dass wir uns um Deutschland kümmern. Da können wir nicht noch neue Märkte erschließen. Gleichzeitig reichen die Gewinne nicht aus, um nennenswert zusätzliche Leute einzustellen. Wir müssen also mit der existierenden Truppe umsetzungsfähiger werden.«
»Okay, verstanden«, folgert Florence. »Mehr Wumms bedeutet also, dass wir, um dieses Ziel zu erreichen, die erforderlichen Funktionalitäten viel schneller umsetzen und liefern müssen, als wir das heute können. Jetzt ist nicht nur klar, was erreicht werden soll, sondern auch warum. Und dieses Warum hat nicht nur damit zu tun, dass die Besitzerin reich wird.«
»Was als Seiteneffekt aber durchaus auch schön wäre«, sagt Catherine schmunzelnd.
Florence schreibt auf einem Flipchart auf, was sie verstanden hat:
»Habe ich das so richtig verstanden?«, fragt sie Catherine. Diese bejaht die Frage und auch Rob signalisiert, dass er verstanden hat. »Dann wäre das unser Auftrag«, beschließt Florence.
Rob murmelt so leise, dass Florence und Catherine ihn nicht hören können: »Auch wenn wir keine Ahnung haben, wie wir das Kunststück hinkriegen sollen.«
Am nächsten Tag reflektiert Florence die Situation für sich. Sie hatte sich bereits einen Überblick über die Situation in der Entwicklung verschafft, als sie zu CatDate kam. Es gibt sechs Entwicklungsteams bei CatDate:
Alle Teams bestehen aus fünf bis acht Mitgliedern und haben jeweils einen Product Owner.
Florence visualisiert die Situation. Vor der Coronapandemie hätte sie das auf einem Flipchart und mit Haftnotizen gemacht. Jetzt wählt sie ein elektronisches Whiteboard - schließlich arbeiten die Menschen bei CatDate nicht mehr regelmäßig im Büro.
Abb. 1-1Teamschnitt nach Customer Journey
Es ist Sache der Teams, eine für sie passende Arbeitsweise zu finden. Wenn Teams entscheiden, dass sie vollständig im Büro arbeiten wollen, ist das genauso in Ordnung, wie wenn sie beschließen, komplett remote zu arbeiten. In den meisten Teams hat sie Hybrid-Situationen gesehen. Sie hat sich direkt nach ihrer Einstellung gefragt, ob die vermeintliche Langsamkeit der Teams durch das Remote-Arbeiten verursacht sein könnte. Ihre Nachforschungen haben aber schnell ergeben, dass die Geschwindigkeit der Teams heute ungefähr so hoch ist wie vor der Coronapandemie. Das Problem der Trägheit war nur in den Hintergrund getreten, weil man unter den Corona-Bedingungen überhaupt irgendwie das Unternehmen am Laufen halten musste.
Die Teamstruktur, die Florence visualisiert hat, folgt der Idee, die Teams nach der Customer Journey zu schneiden. Zuerst müssen die Kunden Accounts anlegen, dann werden sie Angebote erstellen, in deren Verlauf Katzen angelegt werden. Die Angebote werden dann durchsucht und die Suchergebnisse angezeigt. Die Monetarisierung liegt ein Stück quer dazu, da die Monetarisierung durch das Abomodell etwas mit den Kunden zu tun hat und durch die angedachte Werbung auch mit den Suchergebnissen. Nach Florence' Erfahrung sollte das aber kein Problem darstellen. Wichtig ist, dass jedes Team Funktionalität von Ende zu Ende verantwortet, also von der Benutzungsoberfläche bis hin zur Datenhaltung. Außerdem ist es nützlich, wenn Informationen zwischen den Produktkomponenten nur in eine Richtung fließen. Das reduziert Abhängigkeiten und ist durch die Orientierung an der Customer Journey gegeben.
Neben der Orientierung an der Customer Journey gibt es alternative Muster zum Teamschnitt, z. B. Domain-Driven Design oder Team Topologies. Im vorliegenden Fall würden diese Ansätze aber zu sehr ähnlichen Teams führen, sodass Florence diese Themen zunächst nicht vertiefen will.
Die Teams sind selbstorganisiert und gut ausgestattet mit qualifizierten Teammitgliedern, Hardware und Softwarelizenzen. Im Großen und Ganzen ist hier alles nach dem aktuellen Stand der Kunst organisiert. Und trotzdem geht es Catherine nicht schnell genug. Nach Florence' erstem Eindruck sind die Teams hier auch nicht langsamer als in den Unternehmen, in denen sie in den letzten Jahren gearbeitet hat.
Catherines...
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