Schweitzer Fachinformationen
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Kommissarin Nina Tschöke lächelte der Tante ihrer Freundin Hanna mangels Ideen zur Konversation höflich zu und zupfte an der Blütendeko auf dem Tisch. Walzerklänge setzten ein.
»Ein schönes Paar, nicht? Und jetzt eröffnen sie den Tanz.« Die Tante, deren Namen Nina schon wieder vergessen hatte, richtete sich auf, um einen besseren Blick auf die Tanzfläche zu erhaschen, wo sich das Paar raumgreifend im Takt des Wiener Walzers drehte. Der zur Tante gehörende Onkel erinnerte Nina an den Kollegen Ottfried »Shanty« Weber: Wie Weber hatte er sich die wenigen Haare quer über die Halbglatze geklebt. Sein Blick war fest auf sein Handy geheftet, es ging um Fußballergebnisse, soweit Nina das erkennen konnte. Wieso unterhielt der sich nicht mit seiner Frau?
Nina nickte der Tante zu und gähnte unterdrückt. Sie hatte Hanna eine dermaßen traditionelle Hochzeit gar nicht zugetraut. Und die Miete des Bad Salzufler Kursaals musste ein Vermögen gekostet haben. Obwohl sie Hanna die Feier von Herzen gönnte, hatte sie wenig Lust verspürt herzukommen. Es begann schon mit der Wahl der Garderobe: In Ninas Kleiderschrank fanden sich fast ausschließlich Jeans und Hoodies und ähnlich Praktisches. Ihre Brille hatte sie vor Kurzem beim Tae Bo geschrottet und notdürftig mit Sekundenkleber und Tesafilm repariert, und die Neue war noch nicht fertig. Außerdem war ihre Freundin Michaela, die Einzige außer Hanna, die sie hier wirklich gut kannte, gerade unterwegs, um irgendwelche lustigen Fotos von sich schießen zu lassen und den Eintrag ins Hochzeitsbuch vorzunehmen.
»Und um Mitternacht wirft die Braut den Strauß.« Die Augen der schwergewichtigen Tante glänzten. »Da müssen sich alle unverheirateten Frauen versammeln.« Sie zwinkerte ihr zu.
Sehe ich so unverheiratet aus?, dachte Nina. »Ach wirklich?«, sagte sie, um etwas zu sagen.
»Aber ja.« Die Tante strahlte und senkte ihre Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Und ich habe aus zuverlässiger Quelle gehört, dass es nicht verabredet ist.« Sie nickte ihr auffordernd zu.
»Wie? Verabredet? Was?«
»Sonst wird doch oft verabredet, wer den Brautstrauß fangen wird. Als Wink mit dem Zaunpfahl für den Freund sozusagen. Aber dieses Mal nicht, das macht es noch viel spannender. Der Höhepunkt des Abends!«
»Ach so.« Albern. Verstohlen warf Nina einen Blick auf ihre Uhr. Vielleicht konnte sie sich noch vor Mitternacht verdrücken.
»Na, Polizeihauptkommissarin Tschöke, amüsierst du dich gut?« Zum Glück war Michaela zurück. »Was machst du überhaupt für ein Gesicht? Du hast Urlaub.«
»Ja, und ich hatte dummerweise endlich Zeit, diesen Wälzer von Eva Illouz zu lesen: Warum Liebe wehtut. Deprimierend, sag ich dir. Das Ende aller naiven Vorstellungen von der großen Liebe.«
»Seit wann liest du Herzschmerzromane?«
»Herzschmerzromane? Unsinn. Meine Liebe, es geht um die sozioökonomischen Faktoren, die dazu führen, dass Frauen in unserem Alter praktisch keine Chancen mehr auf dem Beziehungsmarkt haben.«
»In unserem Alter . Hanna ist doch auch schon vierunddreißig.«
»Ausnahmen bestätigen die Regel.«
»Ach, Nina, ich wette, du denkst immer noch an Stefan. Ich sag dir was: Ruf ihn einfach an.«
»Er wäre dran, sich zu melden - und nein, ich denke ganz sicher nicht mehr an Stefan! Er ist offensichtlich nicht der Richtige für mich.«
»Klar, und wieso hab ich überhaupt gefragt? Sieh es mal so: Du fliegt bald nach Malle, und ich komme in zwei Tagen hinterher, und dann machen wir einen drauf, besaufen uns hemmungslos und angeln uns zwei Latin Lover.«
»Du vergisst, dass ich mich da ja auch um Kai und Bine kümmern muss.«
»Erstens helfe ich dir. Zweitens finde ich, dass dein Bruder und seine Freundin für zwei Downies ziemlich selbstständig sind.«
Nina wollte gerade einwenden, dass der Schein trüge, als sich Wo de Nordseewellen trekken an den Strand . kakophonisch unter An der schönen blauen Donau mischte. Nina griff nach ihrem Handy. »Ah, das ist Stefan«, rief Michaela.
»Quatsch, das ist mein Kollege!«
Michaela nahm ihr das Handy aus der Hand und drückte das Gespräch weg. »Da gehst du doch jetzt wohl nicht ran? Du bist im Urlaub, kapier das doch endlich. Hast du nicht vor Kurzem noch gejammert, dass du zu viel arbeitest und das Leben an dir vorüberzieht?«
Nina blinzelte. »Ja, na ja .« Sie fuhr sich durch das kurze Haar.
»Was ist das überhaupt für ein blöder Klingelton?«
»Ein Kollege von mir singt im Shantychor, und er hat mir diesen Klingelton .«
»Dieser Ottfried Weber?«
Nina nickte.
»Weißt du was, vergiss jetzt mal deine Kollegen. Ich bestell uns noch Sekt, dann trinken wir uns die Männer hier schön, und dann wird getanzt.«
Der Onkel schreckte bei trinken wir uns die Männer hier schön kurz von seinem Handy hoch.
Nach dem Sekt gab es noch Tequila und Caipirinha, und die Musik wurde besser, und Nina tanzte, schwitzte ihre Bluse durch und war gerade im Flow zu Michael Telos Ai Se Eu Te Pogo, als zu ihrem Verdruss die Musik leiser gedreht wurde, Hanna ans Mikro trat und das Werfen des Brautstraußes ankündigte. Sofort erhob sich Jubel, und alle Single-Frauen wurden auf die Bühne gebeten. Nina hielt Ausschau nach Michaela, mit der sie sich ein Taxi teilen wollte, als sich plötzlich von hinten ein Arm um ihre Schultern legte. »Komm, Nina, Kneifen gilt nicht.«
»Du, Michaela, ich bin so was von müde und wollte mich jetzt eigentlich vom Acker machen. Wäre das okay, wenn ich für mich allein ein Taxi .«
»Die paar Minuten hast du doch noch Zeit.« Michaela schob sie auf die Bühne.
Unter großem Hallo wurde Hanna eine Binde umgebunden. Dann setzte die Musik wieder ein, und die Single-Frauen tanzten um die Braut herum. Nina blieb stehen. Michaela gab ihr einen Klaps. »Was stehst du so steif herum, Nina? Tanzen!«
»Ich glaub's einfach nicht. So viele Cocktails kann ich gar nicht trinken.« Halbherzig machte Nina ein paar Tanzschritte.
Hanna drehte sich grinsend mal in die eine, dann in die andere Richtung.
»Hanna, mach's nicht so spannend«, rief eine gebräunte, pummelige Frau mit Lockenturm und üppigem Goldschmuck. Alle lachten.
Nina suchte nach einem Ausweg. Doch die Bühne war umringt von den Zuschauern des Spektakels. Sie dachte an das Taxi, schon bald würde das hier überstanden sein, sie würde sich in die Polster des Taxis zurücklehnen und .
Plötzlich stoppte die Musik. Hanna, die ihr gerade noch den Rücken zugekehrt hatte, wandte sich mit einem Mal um und warf den Brautstrauß in ihre Richtung! Außer ihr stand niemand dort. Nina machte eine Art Hechtsprung, erwischte den Brautstrauß fast . jetzt hatte sie ihn . oder doch nicht ganz, statt ihn zu fassen, lenkte sie ihn mit ihrer Bewegung ab, sodass er im hohen Bogen in eine leere Ecke flog.
Ein enttäuschtes »Oooh« ging durch die Menge.
Michaela stöhnte. »Du bist doch nicht beim Polizeisport. Fangen sollst du ihn, nicht pritschen.«
Der Lockenturm rettete die Situation. So schnell ihre High Heels sie trugen, stöckelte sie auf den Strauß zu, schnappte ihn sich, hielt ihre Beute triumphierend hoch und strahlte in die Menge.
Eine Stunde später schloss Nina ihre Haustür auf und kickte die Pumps von den schmerzenden Füßen. Fröstelnd drehte sie die Heizung in ihrem Wohnzimmer auf und ließ sich noch im Mantel auf ihr Sofa fallen, ohne das Licht einzuschalten. Urlaub war manchmal anstrengender als Arbeit. Aber das Schlimmste lag hinter ihr: erst die Feier anlässlich der Pensionierung des Kollegen Kux und jetzt die Hochzeit. Sie gähnte. Regen pladderte gegen die Fensterscheibe, durch die Rinnsale, die die Scheibe hinunterliefen, wurde das schwache Licht einer Straßenlaterne gebrochen. Sie gähnte noch einmal und holte ihr Handy aus der Tasche. Dodo hatte angerufen und auf die Mobilbox gesprochen. Bestimmt Polizeikram. Michaela hatte recht, sie sollte besser abschalten. Im wahrsten Sinne des Wortes: Weg mit dem Handy!
Sie hörte die Mobilbox ab.
»Hey Nina, hier Dominik. Falls dir langweilig sein sollte und du die Versehrtentruppe verstärken möchtest .« Lachen. »Du erinnerst dich, dass Weber seit der Bierkistenaktion bei...
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