Das Arbeitszeugnis im Lichte des Datenschutzrechts

Name: Das Arbeitszeugnis im Lichte des Datenschutzrechts | Folgen für Inhalt und Haftung
Brand: Nomos
Price: 124.0 EUR
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Folgen für Inhalt und Haftung

Sebastian Rombey(Autor*in)

Nomos (Verlag)

1. Auflage

Erschienen am 29. März 2021

476 Seiten

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978-3-7489-2362-6 (ISBN)

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Inhalt

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§ 1 Das Arbeitszeugnis und seine Schwächen
A) Anlass der Untersuchung und Einführung in die zentralen Fragestellungen
B) Vorab: Mögliche datenschutzrechtliche Implikationen
I. Im Rahmen der Zeugniserteilung
II. Im Rahmen vermeintlich geklärter Haftungsfragen
C) Gang der Untersuchung und Präzisierung der Kernfragen
I. Ursachenforschung zur abnehmenden Bedeutung des Zeugnisses (§ 2)
II. Die Grundsätze der Zeugniserteilung auf dem Prüfstand (§ 3)
III. Übertragbarkeit zeugnisrechtlicher Wertungen auf das Datenschutzrecht (§ 4)
IV. Haftungsfragen des Zeugnisrechts arbeitsrechtlich gedacht (§ 5)
V. Haftungsfragen des Zeugnisrechts datenschutzrechtlich gedacht (§ 6)
VI. Zusammenfassung in 20 Thesen (§ 7)
§ 2 Ursachenforschung zur abnehmenden Bedeutung des Zeugnisses
A) Wo stehen wir tatsächlich? Annäherung an den Bedeutungsverlust des Zeugnisses im Rahmen der Personalauswahl
I. Notwendigkeit des Zeugnisses
1. Das Arbeitszeugnis als Gebilde germanischer Rechtsordnungen
2. Schwächen alternativer Arbeitszertifikate und Referenzschreiben
3. Aufstrebende Alternative mit hohen Rechtsrisiken: Die Komplementärauskunft
II. Divergierende Interessen der zentralen Akteure
1. Interessen des Zeugnisausstellers
2. Interessen des zu beurteilenden Arbeitnehmers
3. Interessen des potentiellen künftigen Neuarbeitgebers
4. Folgerung: Interessenkonflikt als Keimzelle aller Zeugnisstreitigkeiten
III. Rechtstatsächliche Präliminarien: Über den Bedeutungsverlust des Arbeitszeugnisses im Rahmen der Personalauswahl
1. Bedeutungsverlust liegt in der Natur der Sache
2. Variabilität der Bedeutungskurve
3. Komplementärauskünfte als begünstigender Faktor der Bedeutungskrise
4. Die Mär vom unverändert hohen Stellenwert des Arbeitszeugnisses
IV. Rechtsökonomische Implikationen
1. Grundlegung
2. Empirische Befunde - eine positiv-ökonomische Betrachtung
a) Studie von Huesmann
b) Studien der Plattform statista
c) Studie von Grau und Watzka
aa) Aufwand
bb) Nutzen
cc) Mängel des Erstellungsprozesses
dd) Mängel des Auswertungsprozesses
ee) Implikationen der Studie
d) Folgerung: Die Erosion des Zeugnisses ist auch durch die Praxis bedingt
3. Effektivität der rechtlichen Rahmenbedingungen (§§ 109 GewO, 630 BGB) - eine normativ-präskriptive Betrachtung
4. Folgerung
V. Rechtssoziologische Fundierung: Wechselwirkung von Rechtsordnung und sozialer Wirklichkeit bei der Beurteilung von Arbeitnehmern
1. Grundlegung
2. Empirische Befunde belegen ein verändertes Bewertungsschema
a) Die Studien von Weuster und Huesmann im Direktvergleich
b) Studie von Münch
c) Studie von Sende, Galais und Dahl
d) In der Begründung nur in Ansätzen nachvollziehbare Haltung des BAG
e) Studie von Grau und Watzka
f) Neueste Erkenntnisse der Studie von Sende, Moser und Galais
3. Folgerung: Bestnoteninflation als Indikator des Bedeutungsverlustes
VI. Rechtshistorische Betrachtung
1. Ein kurzer Abriss deutscher Zeugnisgeschichte
a) Der Abkehrschein der Bergarbeiter
b) Die Kundschaft der Handwerksgesellen
c) Die Urkunde des Gesindes
d) Die Vorläufer des Zeugnisses als sicherheitspolitische Notwendigkeit des 16. bis 18. Jahrhunderts
e) Das Arbeitszeugnis als wirtschafts- und sozialpolitische Forderung des beginnenden 19. Jahrhunderts
f) Der Ursprung der heutigen Zeugnisnormen
g) Heutiger Standort des Zeugnisanspruchs: historisch wie systematisch stimmig
2. Folgerungen
B) Ein erstes Zwischenergebnis
§ 3 Die Grundsätze der Zeugniserteilung auf dem Prüfstand
A) Wo stehen wir arbeitsrechtlich? Eine kritische Analyse des bisherigen Zeugnisrechts
I. Rechtsgrundlagen: Einheitliches Zeugnisrecht trotz gespaltener Kodifikation
1. Abgrenzungsprobleme zwischen § 630 BGB und § 109 GewO
2. Auswirkungen auf den zu beschreitenden Rechtsweg
II. Doppelte Zielsetzung: Lückenlose Abbildung der Erwerbsbiographie dient Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen
III. Schuldner des Zeugnisanspruchs
IV. Ort der Zeugniserteilung
V. Arten von Zeugnissen und Zeitpunkt der Anspruchsentstehung
1. Schlusszeugnis
a) Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers, § 315 BGB
b) Wahlrecht zwischen einfachem und qualifiziertem Zeugnis
2. Zwischenzeugnis
3. Bindungswirkungen
VII. Arbeitsrechtliche Grenzen: Die Zeugnisgebote und deren Herleitung - zwischen Fürsorge- und Wahrheitspflicht
1. Wohlwollen
2. Wahrheit
3. Vollständigkeit und Einheitlichkeit
4. Transparenzgebot und Geheimzeichenverbot, § 109 Abs. 2 GewO
5. Formvorgaben, insbes. Schriftformgebot, § 109 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 GewO
a) Erstreckung der Schriftform auf das Dienstzeugnis im Beamtenverhältnis
b) Mut zur Öffnung der Zeugniserteilung für die elektronische Form
c) Die Form als Aushängeschild des Inhalts: weitere Anforderungen
6. Geklärte Konsequenzen
a) Erstens: Kein Recht zur Lüge bei gleichzeitiger Pflicht zum Wohlwollen
b) Zweitens: Keine Lücke beredten Schweigens
c) Aber: Eingeschränkte parteiliche Dispositionsfreiheit über den Zeugnisanspruch
VIII. Rein arbeitsrechtliche Leitlinien zum Zeugnisinhalt
1. Notwendiger Inhalt des einfachen Zeugnisses
a) Überschrift nur bei Verkehrsüblichkeit
b) Personaldaten, soweit sie zur Identifikation notwendig sind
c) Art und Dauer der Tätigkeit
d) Erwähnung von Fehlzeiten, Unterbrechungen oder Freistellung nur ausnahmsweise
e) Erwähnung der Beendigungsumstände nur auf "Wunsch" des Arbeitnehmers
f) Übergeordneter Maßstab: Möglichst genaues, vollständiges und umfassendes Bild
2. Notwendiger Inhalt des qualifizierten Zeugnisses
a) Leistung
b) Verhalten bzw. Führung im Arbeitsverhältnis
c) Gleichwertigkeit der Beurteilungskriterien und Unabhängigkeit voneinander
d) Exkurs: Mindestdauer des Arbeitsverhältnisses
3. Widerruf eines einmal erteilten (fehlerhaften) Zeugnisses
a) Analogieschluss zu den §§ 119 ff. BGB verbietet sich
b) Maßgeblichkeit der Kenntnis von der Unrichtigkeit des Zeugnisinhalts
c) Überdies: Erfordernis wesentlicher Unrichtigkeiten des Zeugnisinhalts
d) Dogmatische Einordnung: Pflicht oder Obliegenheit zur Korrektur?
B) Ein zweites Zwischenergebnis
C) Hinführung: Das Recht des Beschäftigtendatenschutzes als Ansatz zur Besserung
§ 4 Übertragbarkeit zeugnisrechtlicher Wertungen auf das Datenschutzrecht
A) Vorab: Eine knappe grundrechtliche Sicht der Dinge
I. Bestimmte Zeugnisangaben als Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Beschäftigten aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG
II. Bestimmte Zeugnisangaben als Eingriffe in das Recht auf Schutz personenbezogener Daten aus Art. 8 GrCh
B) Konzeption des Datenschutzrechts
I. Zweidimensionales Normgefüge
1. Europarechtliche Dimension: Die DS-GVO samt Öffnungsklausel für Datenverarbeitungen "im Beschäftigungskontext"
2. Nationale Dimension: Das BDSG samt Regelungsspielräumen
II. Geeignet zur Systembeschreibung: Das "Verbot mit Erlaubnisvorbehalt"
C) Wo stehen wir datenschutzrechtlich? Transfer zeugnisrechtlicher Wertungen auf das Datenschutzrecht
I. Über die Notwendigkeit, datenschutzrechtliche Maßstäbe an das Zeugnis anzulegen
1. Vergleichbarkeit mit dem arbeitgeberseitigen Fragerecht
2. Vergleichbarkeit mit Regelbeurteilungen im Arbeits- und Dienstverhältnis
3. Weit wichtiger: Die Zeugniserteilung als Verarbeitung personenbezogener Daten
a) Sachlicher Anwendungsbereich
aa) Divergenz von allgemeinem und beschäftigungsspezifischem Anwendungsbereich
(1) Art. 2 Abs. 1 DS-GVO als Ausgangspunkt
(2) § 1 Abs. 1 S. 2 BDSG: Orientierung an der DS-GVO
(3) § 26 Abs. 7 BDSG: Erweiterung "für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses"
(4) Keine Tatbestandskongruenz zwischen den §§ 109 GewO, 630 BGB und dem BDSG
bb) Personenbezogene Daten im Arbeitszeugnis
cc) Verarbeitung eben dieser personenbezogenen Zeugnisdaten en détail
b) Persönlicher Anwendungsbereich
c) Verantwortlichkeit des zeugniserteilenden Arbeitgebers
d) Folgerung und Überleitung: Geltung des datenschutzrechtlichen Verbotsprinzips
II. Über die datenschutzbedingten Änderungen des Zeugnisinhalts
1. Rechtfertigung der Zeugnisangaben durch die Erlaubnistatbestände des § 26 BDSG
a) Geltung des Beschäftigtendatenschutzes
aa) Abstrakt: Verarbeitung für "Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses" und Notwendigkeit einer sekundärrechtlich vorgezeichneten, extensiven Interpretation
bb) Konkret für das Endzeugnis: Datenverarbeitung "nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Beendigung"
cc) Konkret für das Zwischenzeugnis: Datenverarbeitung "zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses"
b) Erlaubnistatbestand 1: Einwilligung
aa) Freiwilligkeit als Ausgangspunkt
bb) Die Ausübung des Zeugnisanspruchs als Einwilligung?
cc) Der "Wunsch" auf Aufnahme eines bestimmten Datums in das Zeugnis als Einwilligung?
dd) Folgerung: Die Einwilligung als bloß rudimentäres Rechtfertigungsinstrument
c) Erlaubnistatbestand 2: Kollektivvereinbarung
aa) Die Betriebsvereinbarung als allein "abstraktes" Rechtfertigungsinstrument
bb) Beachtung des Mitbestimmungsrechts aus § 94 Abs. 2 BetrVG bei der Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze
cc) Folgerung: Betriebsvereinbarungen sind nur bedingt zielführend
d) Erlaubnistatbestand 3: Erforderlichkeit der Datenverarbeitung
aa) Vierstufiges Abwägungsschema grundrechtssystematischer Prägung
bb) Höhere Hürden für die Aufnahme sensibler Zeugnisangaben
cc) Rahmenlinien der Erforderlichkeitsprüfung: Über das Spannungsverhältnis von Zeugniswahrheit und informationeller Selbstbestimmung
(1) § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG als Garant flexibler Lösungen
(2) Orientierung an den arbeitsrechtlichen Grundsätzen zur Zeugniserteilung
(3) Datenschutzrechtliche Einschränkungen und Flexibilisierungen
(4) Indikatorische Kriterien
e) Verhältnis zu und Rückgriffsmöglichkeit auf Art. 6 und Art. 9 DS-GVO
f) Folgerung: Graduelle, nicht aber grundlegende Änderungen des Zeugnisrechts
2. Überführung einzelner Zeugnisangaben in einen datenschutzrechtlichen Ordnungsrahmen
a) Vorab: Eine rechtstatsächliche Sichtung statistisch häufiger Zeugnisangaben
b) Typische Zeugnisangaben
aa) Personaldaten: Vor- und Nachname, Anschrift, Geburtsdatum und Geburtsort
bb) Leistung
(1) Datenrichtigkeit gilt nicht nur bei Tatsachen, sondern auch bei Werturteilen
(2) Eingeschränkte Kontrollierbarkeit der Leistungsdaten
(3) Berücksichtigung des Grundsatzes der Datensparsamkeit
cc) Führung bzw. (Sozial-)Verhalten
dd) Beendigungsumstände
c) Auswahl besonders problematischer Zeugnisangaben: Balanceakt zwischen Wahrheit und Wohlwollen, zwischen Informationsfunktion und Datenschutz
aa) Verdachtsmomente
(1) Eine Sichtung der Rechtsprechung
(2) Stimmen des Schrifttums
(3) Eine kritische Stellungnahme
(4) Ein neuer Ansatz: Datenschutzrechtliche Interessenabwägung
(5) Folgerung: Mindestschwelle einer fiktiven Verdachtskündigung
bb) Straftaten
(1) Arbeitsrechtliche Leitplanken
(2) Ein neuer Ansatz: Kumulative Berücksichtigung von § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG und § 51 BZRG im Rahmen des Art. 10 S. 1 DS-GVO
cc) Krankheit und Gesundheitszustand
dd) Weitere (sensible) Zeugnisangaben, insbesondere zur Konfession
d) Folgerung: Umdenken bei einzelnen Zeugnisangaben
III. Weitere Auswirkungen einer datenschutzrechtlichen Betrachtung
1. Beachtung der Betroffenenrechte im Kontext der Zeugniserteilung: Berichtigungs- und Auskunftsrechts
2. Zulässige Speicherdauer zeugnisrelevanter Daten nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und Auswirkungen auf die Löschpflichten
a) Aufbewahrungspflichten
b) Aufbewahrungsrechte
3. Beteiligung des Betriebsrats am Prozess der Zeugniserteilung und -auswertung
a) Betriebsverfassungs- und datenschutzrechtliche Grenzen des Zeugnisvorlagerechts
b) Der Betriebsrat als Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DS-GVO?
c) Datensparsamkeit als zentrale Folge für das Zeugnisvorlagerecht des Betriebsrats
4. Vorlage- und Auswertungsbefugnis des Neuarbeitgebers bzgl. des Zeugnisses
5. Einsatz sog. Zeugnisgeneratoren
a) Gefahr der Entkontextualisierung und Problematik des Profiling
b) Gefahr der Diskriminierung durch Algorithmen
c) Daher: Softwaregenerierte Zeugnisse sind genau zu prüfen
6. Durchführung sog. Kollegenbeurteilungen
D) Ein drittes Zwischenergebnis
E) Forschungsperspektiven: Rechtmäßigkeitserwägungen zu Komplementärauskünften
§ 5 Haftungsfragen des Zeugnisrechts arbeitsrechtlich gedacht
A) Bestandsaufnahme: Haftungslage bei unrichtigen Zeugnissen
I. Überwiegend geklärte Haftungssituation im Verhältnis von Altarbeitgeber und beurteiltem Arbeitnehmer: vor allem eine Problematik mangelnden Wohlwollens
1. §§ 109 GewO, 630 BGB: Anspruch auf Neuerteilung eines zunächst unrichtig erteilten Zeugnisses (sog. "Berichtigungsanspruch")
2. Verwirkungsgefahr: Plädoyer für eine deutlich restriktivere Handhabung
3. § 280 Abs. 1 oder § 280 Abs. 1, 2 i.V.m. § 286 BGB: Schadensersatz bei unrichtig oder verspätetet erteiltem Zeugnis
a) Wahl der richtigen Anspruchsgrundlage
b) Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolge
4. § 15 Abs. 1, 2 AGG: Schadensersatz und Entschädigung bei Diskriminierung
5. § 823 Abs. 1 BGB: Persönlichkeitsrechtsrelevanz des Zeugnisses?
6. § 823 Abs. 2 BGB
7. Entschädigung bei Zeugnisverzicht nach § 61 Abs. 2 ArbGG im Rahmen der Zwangsvollstreckung
8. Zwischenergebnis
II. Nicht abschließend geklärte Haftungssituation im Verhältnis von Alt- und Neuarbeitgeber: vor allem eine Problematik mangelnder Wahrheit
1. Haftung aus Delikt
a) § 823 Abs. 1 BGB
aa) Eigentum als absolutes Rechtsgut
bb) Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als sonstiges Recht?
cc) Jedenfalls in der Regel keine zurechenbare Verletzungshandlung
(1) Kausalität: Äquivalenz und Adäquanz
(2) Schutzzweck der Norm bei mittelbarerer Verletzungshandlung: Sachliche Nähe zur deliktischen Sorgfalt nur bei positiver Handlungspflicht
(a) Aus dem Recht folgt nicht zwangsläufig auch die Pflicht
(aa) Nur eine instanzgerichtliche Entscheidung behauptet eine solche Pflicht - ohne Begründung und allein obiter dictum
(bb) Entscheidende Argumente sprechen gegen den Schluss vom rechtlichen Können auf das rechtliche Müssen
(b) Folgerung: Der Schutzzweck der Norm bildet eine kaum überwindbare Hürde
dd) Folgerung: § 823 Abs. 1 BGB hilft nicht weiter
b) § 823 Abs. 2 BGB
c) § 826 BGB
aa) Schädigungshandlung und Zurechenbarkeit
bb) Sittenwidrigkeit der Schädigung
cc) Vorsatz
dd) Rückblick: Folgen eines unterlassenen Widerrufs
ee) Folgerung: § 826 BGB erfasst nur seltene Ausnahmefälle und ist noch seltener nachweisbar
2. Vertragsähnliche Haftung aus culpa in contrahendo oder Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter?
a) Sonderrechtsprechung: Der BGH überspannt vertragsähnliche Ansprüche
aa) Vorvertragliches Schuldverhältnis fehlt
bb) Vorvertragliches Schuldverhältnis fehlt - und kann auch nicht fingiert werden
cc) Suche nach einem Anknüpfungspunkt für eine Informationspflicht
(1) Versuch der Herleitung aus einer Verkehrssicherungspflicht schlägt fehl
(2) Einwirkungsmöglichkeit des Zeugnisausstellers als Grundvoraussetzung, um Gefahrsicherungsmaßnahmen überhaupt ergreifen zu können
(3) Erkenntnis: Anknüpfungspunkt für eine Verkehrssicherungspflicht fehlt, und selbst wenn er bestünde, wäre eine Informationspflicht praxisuntauglich
b) Idee eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verfängt ebenfalls nicht
aa) Leistungsnähe wohl gegeben
bb) Zentral: Gläubigerinteresse des Arbeitnehmers konkretisiert sich auf die eigene Entlastung, nicht auf den Schutz des Neuarbeitgebers
cc) Hilfsweise: Erkennbarkeit wohl gegeben
dd) Hilfsweise: Keine Schutzbedürftigkeit des Neuarbeitgebers
ee) Folgerung: Ein "Arbeitszeugnis zu Lasten des Altarbeitgebers" darf es nicht geben
c) Folgerung: Vertragsähnliche Haftung überzeugt kaum - ein neuer Ansatz ist dringend notwendig
3. Ein knapper Rechtsvergleich: In Österreich und der Schweiz bestehen vergleichbare Probleme
B) Ein viertes Zwischenergebnis
C) Hinführung: Eine Datenschutzrechtliche Betrachtung kann möglicherweise neue Impulse in dieses Wirrwarr an Haftungsfragen bringen
§ 6 Haftungsfragen des Zeugnisrechts datenschutzrechtlich gedacht
A) Art. 82 DS-GVO: Datenschutzdeliktsrecht in a nutshell
I. Vergleich zu den §§ 7, 8 BDSG a.F. sowie Art. 23 DSRL 95/46/EG
II. Voraussetzungen und Rechtsfolgen: Art. 82 DS-GVO im Überblick
III. Sinn und Zweck: private enforcement des Datenschutzrechts
B) Das Haftungsverhältnis von Zeugnisaussteller und Neuarbeitgeber im ordnenden Zugriff
I. "Jede Person" ist anspruchsberechtigt - oder doch nur die betroffene? Zur Einbeziehung Dritter in den Kreis der Anspruchsberechtigten
1. Kausalität wird bei der Betrachtung des Anspruchs zu Unrecht ausgeblendet
2. Kausalität als Überdruckventil zur Vermeidung einer ausufernden Haftung
3. Effektivitätsgedanke setzt nur das durch, was die Norm auch gewährt
4. Ein kurzer Seitenblick zum Kartellrecht
5. ErwG 146: Verschiedene Zielrichtungen von S. 1 und S. 6
6. Klagerecht nach Art. 79 Abs. 1 DS-GVO ist kein valides Argument
7. Gerichtsstand des Art. 82 Abs. 6 i.V.m. Art. 79 Abs. 2 S. 2 DS-GVO sagt nichts über die materiell-rechtliche Anspruchsberechtigung aus
8. Kontrollüberlegung: Der Verordnungsgeber war sich seiner Wortwahl bewusst
9. Ergebnis der Auslegung: "Jede Person" ist auch eine dritte Person
10. Übertragbarkeit auf das Haftungsverhältnis von Alt- und Neuarbeitgeber
II. "Jede Person" ist anspruchsberechtigt - oder doch nur die natürliche? Zur Einbeziehung juristischer Personen in den Kreis der Anspruchsberechtigten
1. Erneut: Kausalität als Überdruckventil zur Vermeidung einer ausufernden Haftung
2. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO gibt keinen Aufschluss über Art. 82 Abs. 1 DS-GVO
3. Zielsetzung der DS-GVO steht einer Einbeziehung juristischer Personen nicht zwingend entgegen
a) Schutz personenbezogener Daten primär, natürlicher Personen nur sekundär
b) Gleichrangig: Schutz des freien Flusses personenbezogener Daten
c) Der EuGH zieht abstrakte Schutzzwecke in anderen Rechtsgebieten bislang nicht zur Begrenzung der Anspruchsberechtigung heran
d) Einbeziehung juristischer Personen ist auf Sonderfälle begrenzt und führt nicht zur Aufweichung der von der DS-GVO verfolgten Ziele
e) Ein kurzer Seitenblick zum schweizerischen Datenschutzrecht
4. Die Anspruchsberechtigung setzt die potentielle Möglichkeit der Geltendmachung aller denkbaren Schadensposten nicht voraus
5. Kontrollüberlegung: Ungewollte Risiken bestehen ohnehin
6. Ergebnis der Auslegung: "Jede Person" kann auch eine juristische Person sein
7. Übertragbarkeit auf das Haftungsverhältnis von Alt- und Neuarbeitgeber
III. "Verstoß gegen diese Verordnung" als Verstoß gegen das BDSG?
1. Verstöße sind in solchen Bereichen erfasst, in denen § 26 BDSG der Durchführung oder Konkretisierung der DS-GVO dient
2. § 26 BDSG zuwiderlaufende Zeugnisse sind in aller Regel erfasst
IV. "Verstoß gegen diese Verordnung": Ist jeder Verstoß gegen das Datenschutzrecht erfasst oder nur ein Verstoß gegen spezifische Datenschutzvorschriften?
1. Auslegungsmethoden deuten auf eine umfassende Berücksichtigung von Verstößen
2. Accuracy: Grundverpflichtung der sachlichen Richtigkeit personenbezogener Daten als prägendes Strukturprinzip des neuen Datenschutzrechts
3. Jedenfalls im Beschäftigungskontext ist die Verletzung von Strukturprinzipien über § 26 Abs. 5 BDSG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. d) DS-GVO sanktionsfähig
4. Ergebnis der Auslegung: Unrichtige Zeugnisangaben sind mithin haftungsrelevant
V. Entlastungsbeweis des Art. 82 Abs. 3 DS-GVO: "Verantwortlichseinmüssen" liegt nahezu immer vor, insbesondere in Fällen unrichtiger Zeugniserteilung
VI. Weit wichtiger: Erweiterung der Haftung auf beteiligte Hilfspersonen
1. Zurechnung des Fehlverhaltens eigener Mitarbeiter und Organe
2. Haftung auch für Auftragsverarbeiter, auf die die Pflicht zur Zeugniserteilung delegiert wurde
3. Folgerung: Keine Entlastung durch Einschaltung von Hilfspersonen
VII. Eine Vielzahl denkbarer Schäden
VIII. Schadenseintritt "wegen" des Datenschutzverstoßes - Kausalität als besser zur Haftungseinschränkung geeignetes Merkmal
IX. Auswirkungen der Anspruchsberechtigung auf die Darlegungs- und Beweislast
X. Exkurs: Keine Möglichkeit zur Haftungsfreizeichnung
XI. Anspruchskonkurrenz: Art. 82 Abs. 1 DS-GVO als haftungserweiternde Norm, die neben nationale Anspruchsgrundlagen tritt
XII. Folgerung: In Ausnahmefällen valide Anspruchsgrundlage des Neuarbeitgebers
C) Das Haftungsverhältnis von Zeugnisaussteller und beurteiltem Arbeitnehmer in gebotener Kürze
D) Weitere Fallstricke und generelle Widersprüche zur bisherigen Rechtsprechung: Über Transfermöglichkeiten und Transfernotwendigkeiten
I. Zeugnisrechtliche Judikatur zur culpa in contrahendo sowie zu § 826 BGB
II. Datenschutzrechtliche Judikatur zu Art. 23 DSRL 95/46/EG und § 823 Abs. 1 BGB
III. Rückkopplung des Zeugniswiderrufs an das Datenschutzrecht
1. Grundverpflichtung zur Datenrichtigkeit
2. Determinanten der Datenrichtigkeit
3. Hürden einer Zeugniswiderrufspflicht
a) Notwendigkeit der Aktualisierung unrichtiger Daten nur erforderlichenfalls
b) Notwendigkeit der Berichtigung oder Löschung nur bei Angemessenheit der Maßnahmenergreifung
4. Folgerung: Eine Pflicht zum Zeugniswiderruf besteht nur in engen Grenzen
5. Aber: Keine ergänzende Informationspflicht gegenüber Dritten
E) Ein letztes Zwischenergebnis
§ 7 Zusammenfassung in 20 Thesen
Literaturverzeichnis

Systemvoraussetzungen

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