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Der Goldene Schnitt (lat.: sectio aurea), auch Göttliche Teilung (lat.: proportio divina) genannt, fasziniert die Menschheit bereits seit Jahrtausenden. In der Natur ist der Goldene Schnitt allgegenwärtig. In der griechischen Antike galt er als Inbegriff von Ästhetik und Harmonie und fand in der Architektur und der Kunst seine Anwendung.
Die frühen Baumeister haben den Goldenen Schnitt, einem nur für Eingeweihte zugänglichen Geheimnis von »Maß und Zahl«, als Stilmittel in den Proportionen ihrer Bauwerke umgesetzt.
Einige Beispiele: In den Schriften des griechischen Geschichtsschreibers Herodot (* um 490/480 bis 424 v. Chr.) soll geschrieben stehen, dass das Verhältnis der Wand der Cheopspyramide zu ihrer Höhe dem Goldenen Schnitt entspricht. Zum besseren Verständnis ist dieses Beispiel als Skizze in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: Cheopspyramide
Bei einer ursprünglichen Höhe der Cheopspyramide von 146,59 m = ZS und einer Seitenlänge von 230,4 m = BC lässt sich über den Satz des Pythagoras die Strecke MS = 186,44 m berechnen.
Zufall? Oder kannte der Baumeister bereits das Geheimnis von Maß und Zahl?
Auch beim Parthenon, bei vielen gotischen Kathedralen, wie zum Beispiel der Kathedrale von Chartres oder bei modernen »Tempeln« wie zum Beispiel der Walhalla bei Regensburg wurde der Goldene Schnitt in den Proportionen berücksichtigt.
Der Architekt Le Corbusier3 entwickelte ein Proportionssystem (Modulor), basierend auf den menschlichen Maßen und dem Goldenen Schnitt.
Mathematisch dargestellt wurde der Goldene Schnitt erstmals von Euklid4 (* um 360 bis ca. 280 v. Chr.) in seinem berühmtesten Werk Die Elemente. Er teilte eine Linie in ein »äußeres und ein mittleres Verhältnis« (proportio habens medium et duo extrema). Die Strecke L wird so zweigeteilt, dass sich das größere Segment (der Major) zum kleineren Segment (der Minor) so verhält wie die Summe aus beiden zum größeren Segment:
Abbildung 2: a verhält sich zu b wie (a + b) zu a
Abbildung 2: Goldener Schnitt
Wie kann die Strecke L entsprechend dem Goldenen Schnitt geteilt werden?
Die in der Geometrie verwendeten Konstruktionsverfahren beschränken sich auf die Verwendung von Zirkel und Lineal (ohne Skala). Für die göttliche Teilung gibt es jede Menge Verfahren, auch Euklid hat eines dazu beigesteuert (Abbildung 3):
Abbildung 3: Innere Teilung nach Euklid
Euklid selbst verwendete nicht den Begriff Goldener Schnitt - dieser stammt von Luca Pacioli aus dem späten Mittelalter.
Leonardo da Pisa (* um 1180 in Pisa, ┼ um 1241) ist der bedeutendste Mathematiker des Mittelalters. Der Beiname Fibonacci ist zurückzuführen auf Bonaccio, dem Namen des Großvaters. Filius Bonacii - Sohn des Bonaccio -, daraus wurde dann Fibonacci. Über die Biografie Fibonaccis ist nur wenig bekannt. Der Kaufmannssohn bereiste Nordafrika und Arabien und lernte nicht nur das Rechnen mit den neun indo-arabischen Ziffern, sondern auch die Null kennen. In Europa wurde zu dieser Zeit noch mit römischen Ziffern gerechnet, mit welchen keine höhere Mathematik möglich war - ein echter Hemmschuh für die Weiterentwicklung der Wissenschaften in der damaligen Zeit.
In seinem Hauptwerk Liber Abbaci (erschienen 1202) stellte er der lateinisch sprechenden Welt die Vorzüge der neun indo-arabischen Ziffern und der Null vor und etablierte das noch heute verwendete Zahlensystem im mittelalterlichen Europa.
Leonardo da Pisa gehörte zum Gelehrtenkreis um den Staufer-Kaiser Friedrich II5. Von diesem soll die »Kaninchen-Aufgabe« gestellt worden sein. Das ist das Beispiel mit dem Kaninchen-Paar, das nach jedem zweiten Monat ein weiteres Paar Kaninchen wirft (in Abbildung 4 dargestellt). Die Nachkommen verhalten sich ebenso. Die Kaninchen leben unter idealen Bedingungen, sie sind unsterblich, von außen kommen keine hinzu, und sie können ihr Paradies nicht verlassen.
Abbildung 4: Kaninchenaufgabe - Herleitung der Zahlenfolge
Aus dieser Kaninchen-Aufgabe heraus lässt sich die Fibonacci-Zahlenfolge entwickeln (Details zur Fibonacci-Zahlenfolge in Kapitel 2).
Leonardo da Pisa hat sich allerdings nicht weiter mit der Zahlenfolge beschäftigt, er stellte auch keinen Zusammenhang mit dem Goldenen Schnitt her, der ihm bekannt war. Erst Édouard Lucas6 - der über 600 Jahre später lebte - hat dieser Zahlenfolge den Namen »Fibonacci Sequence« gegeben.
Der Franziskanermönch und Mathematiker Luca Pacioli7 (* um 1445 - 1514) aus Florenz soll als Erster den Begriff divina proportio (Göttliche Teilung) verwendet haben. Sein Buch De divina proportione erschien 1509 und wurde von Leonardo da Vinci8 (1452-1519), seinem Mathematikschüler, illustriert. Von diesem Universalgenie stammt die Darstellung des Menschen in Quadrat und Kreis (homo ad quadratum et circulum), der vitruvianische Mensch. In dieser Zeichnung ist der Goldene Schnitt im Verhältnis der Seitenlänge des Quadrats zum Radius des Kreises verewigt. Diese Federzeichnung Leonardo da Vincis findet sich auf der Rückseite der italienischen Variante der 1-Euro-Münze (Abbildung 5).
Abbildung 5: Rückseite der italienischen 1-Euro-Münze
Der Mathematiker, Physiker und Astronom Johannes Kepler9 (1571-1630) hat den Zusammenhang zwischen der Fibonacci-Zahlenfolge und dem Goldenen Schnitt aufgezeigt. Von ihm stammt die Bezeichnung sectio divina (Göttlicher Schnitt).
Die erste bekannte Berechnung des Goldenen Schnitts als »ungefähr 1,6180340« schrieb der Tübinger Professor Michael Maestlin 1597 in einem Brief an seinen früheren Schüler Johannes Kepler.
In der Zeitreihe erscheint dann Édouard Lucas (1842-1891), der der Zahlenfolge den Namen Fibonacci-Zahlenfolge gegeben hat. Lucas stellte auch eine eigene Zahlenfolge auf, die sich nach derselben Gesetzmäßigkeit wie die Fibonacci-Zahlenfolge errechnet. In der Lucas-Zahlenfolge werden jedoch andere Startwerte verwendet. Näheres dazu finden Sie in Kapitel 2.
Der amerikanische Mathematiker Mark Barr hat dann um 1909 den Goldenen Schnitt mit der heute üblichen Bezeichnung, dem griechischen Buchstaben F (Phi) zu Ehren des Baumeisters des Parthenon, Phidias (F?d?as, 490 - 430 v. Chr.) mit dem Anfangsbuchstaben seines Namens versehen.
Das große Phi F = 1,618 und das kleine phi ? = 0,618.
Der Goldene Schnitt als ein Streckenverhältnis oder Zahlenverhältnis:
Das (große) Phi F hat den Zahlenwert 1,618. Die Herleitung erfolgt über diese Formel:
Das (kleine) phi ? ist der reziproke Wert10 vom großen Phi F und hat den Zahlenwert 0,618. Die Kehrwertberechnung hier:
Goldenes Rechteck: Ein Rechteck, dessen Seitenverhältnis dem Goldenen Schnitt entspricht, bezeichnet man als Goldenes Rechteck (Abbildung 6). Die internationalen Papierformate der Reihen DIN A bis D entsprechen nicht dem Goldenen Schnitt, sondern dem Seitenverhältnis : 1 = 1,414, beziehungsweise dessen reziprokem Wert 0,707. Ein DIN-A4-Blatt misst 210 297 mm.
Abbildung 6: Ein Goldenes Rechteck (blaue und rote Linien) und ein Rechteck, dessen Seitenverhältnisse einem DIN-A4-Blatt (graue Linien) entspricht.
Goldenes Dreieck: Ein gleichschenkliges Dreieck, bei dem zwei Seiten dem Seitenverhältnis des Goldenen Schnitts entsprechen, bezeichnet man als Goldenes Dreieck (Abbildung 7).
Abbildung 7: Goldenes Dreieck
Goldener Winkel: Den Goldenen Winkel Psi11 ? erhält man, wenn ein Kreis im Verhältnis des Goldenen Schnitts in zwei Kreisausschnitte geteilt wird (Abbildung 8). In der Regel wird der kleinere dieser...
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