Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Inhalt
Prolog
Das Boot
North to Alaska
Der Chilkoot Trail
Die Quellseen
Whitehorse - Dawson City
Dawson City - Circle
Die Yukon Flats
>The Bridge< - Galena
Galena - Grayling
Grayling - Beringsee
Epilog
Dank
Von Meistern und Grashüpfern, einem Murmeltier namens Banjohead und Leonardo da Vinci im Plumpsklo
Next Exit Yukon - nächste Ausfahrt Yukon? Ich zuckte kurz zusammen, als ich das Straßenschild am Interstate entdeckte. Dann erinnerte ich mich und musste schmunzeln. Vor vielen Jahren war ich hier schon einmal vorbeigekommen. Yukon, Oklahoma, ein kleines Prärienest, das mir nur deshalb in Erinnerung blieb, weil es die Heimatstadt von Garth Brooks ist. Der war in den Neunzigern musikalisch das Maß aller Dinge in den USA, hat mittlerweile über 130 Millionen Platten und CDs allein in Amerika verkauft, mehr als Elvis und Michael Jackson. Auch für mich war er lange Zeit der Größte, seine Musik lief rauf und runter, jeden Song konnte ich lauthals mitgrölen. Garth war eine Ausnahmeerscheinung, der erste Rockstar der Country Music seit Hank Williams. Seine Songs blieben größtenteils traditionell, aber die Liveshows inszenierte er wie eine gigantische Rock-'n'-Roll-Party und setzte damals völlig neue Maßstäbe. Er allein machte Country Music in den 90ern zum erfolgreichsten Musikformat Amerikas. Und auch wenn er sich nach nur zehn Jahren herausragenden Wirkens in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedete, blieben für mich dieser Mann und seine Musik faszinierend. Kurz entschlossen setzte ich den Blinker und nahm die Ausfahrt. Yukon. Verrückt. Tatsächlich vereinte dieser Name Faszination und Sehnsucht für mich in gleich zweierlei Hinsicht. Da waren die Musik meines Country-Helden aus vergangenen Tagen und der Fluss, der mich mindestens genauso lange schon begeisterte und mit dem ich bald für viele Wochen verbunden sein würde. »Willkommen in Yukon - zum Yukon Community Center und Yukon-Stadtpark geradeaus«, verkündeten die Schilder am Ortseingang. Daneben, schon deutlich verblichen, der Hinweis auf Yukon als Heimat von Garth Brooks. »Sie werden Yukon lieben!«, prangte in roten Lettern auf einem mächtigen Wassertank, von dem die Farbe blätterte. Für mich klang das wie eine Verheißung, über die ich mich zunehmend amüsierte, als ich auch noch am Yukon Super Buffet vorbeifuhr und schließlich den gestern gekauften Yukon-Blend-Bio-Kaffee im braunen Gras auf dem Grundstück des örtlichen Bestattungsunternehmens für ein Foto platzierte. Den Kaffee hatte ich in einer Filiale von Amerikas größter Kaffeehauskette entdeckt. Der stilisierte Grizzly, der hoch aufgerichtet vor markantem Bergpanorama posierte, fiel mir sofort ins Auge; Kompliment an die Verpackungskünstler. Ich nahm eine Packung in die Hand und las. »Auch wenn es wie eine unglaubliche Geschichte klingen mag, im Jahre 1971 wandte sich der Kapitän eines Fischkutters mit der Bitte an uns, doch einen Kaffee zu kreieren, der seine Besatzung selbst bei schlechtestem Wetter vor der Küste Alaskas bei Laune halten würde. Diese Bitte haben wir uns zu Herzen genommen und sind stolz, Ihnen unseren Yukon Blend präsentieren zu dürfen. Kräftig und markant, wie die Männer, die ihn trinken.« Noch mal Kompliment, diesmal an die Marketingabteilung, auf deren Strategie ich sofort reingefallen war. Jetzt wollte ich noch eine Kaffeemühle besorgen und könnte jeder Sturmfront trotzen.
Eigentlich fehlte nur noch der passende Wagen. So heißt denn der Edel-SUV von GMC tatsächlich >Yukon<, seit vielen Jahren ein Verkaufsrenner, trotz monumentalem Spritverbrauch und saftigem Preis. Allein der Name verspricht wilde Abenteuer, und sei es nur auf dem Highway-Dschungel von L.A., durch den man sich im Schritttempo von einem Megastau zum nächsten quält. Aber hey, wenn's wirklich drauf ankommt, dann . dann wäre ich gewappnet, mit so einem Spaßmobil. Ich habe mich dann doch anders entschieden. Für einen betagten, weißen Ford F100, Baujahr 1974, mit kleiner Camper-Kabine, 90 000 Meilen, in exzellentem Zustand. Das lag auch am Wüstenklima Arizonas, das Rost schlichtweg nicht entstehen ließ und in dem er die ersten 36 Jahre seiner Existenz verbringen durfte. Musste eine Weile suchen, bis ich den Truck im Internet gefunden hatte. Die Ausstattung klassisch-spartanisch, 4-Gang-Schaltgetriebe, durchgehende Sitzbank, Hüftgurt, aber immerhin schon Klimaanlage und ein gemütlicher V8-Motor, bestens zum Highway-Cruisen geeignet. Später, als ich immer wieder gefragt wurde, wie sie heiße (ja, Trucks sind zumindest in Amerika offenbar stets weiblichen Geschlechts), gab ich ihr den Namen >Loretta<, vielleicht auch, weil sie mich mit ihrer klassisch-schlichten Erscheinung an Country-Königin Loretta Lynn denken ließ.
Sie merken schon, Country Music spielt eine große Rolle in meinem Leben. Ich mag die Wehmut, die Sehnsucht der Songs, die einfachen Geschichten, aber auch die vielen Facetten. Klar, dass ich bei meiner Fahrt zum Yukon vorzugsweise nach Country-Stationen im Radio suchte. Meist mit Erfolg, kein anderes Genre ist häufiger vertreten in Amerika. Etwa die Hälfte aller Sender hier spielt ausschließlich Country. Auch auf dem Fluss sollte mich diese Musik begleiten, obwohl ich weder Radio noch MP3-Player mitnehmen wollte. Besonders ein Song von Garth Brooks würde eine große Rolle spielen. Aber das war mir noch nicht klar, als ich nach kurzem Stopp in seiner Heimatstadt wieder auf die Autobahn rollte.
Ich hatte mich entschlossen, meine Reise auf dem Yukon in einem traditionellen Kanu aus Birkenrinde zu unternehmen. Nicht nur, weil es toll aussieht. Ich wollte ja vor allem den Menschen am Fluss begegnen. Die über zwanzig Siedlungen und Dörfer, die sich vor allem in Alaska an den Yukon reihen, sind traditionelles Territorium der Ureinwohner. Im Inland gehört es den Gwich'in Athabasken, die früher ihre Boote selbst aus Birkenrinde fertigten. Sie gaben dem Fluss auch seinen Namen. In ihrer Sprache bedeutet Yukon schlicht >großer Fluss<. Ich wollte keineswegs Indianer spielen, vielmehr den Menschen authentisch begegnen, selbst wenn die längst auf Aluboote umgestiegen waren. Und sicher würde ein Birkenrindenkanu Türen öffnen oder zumindest die Kontaktaufnahme erleichtern. Mein erstes Kanu dieser Art hatte ich im Jahr zuvor gesehen, als ich zum Yukon reiste, um ein paar Tage auf ihm zu paddeln und ein Gespür für Fluss und Land zu bekommen. Ich besuchte damals in Dawson City ein indianisches Museum am Ufer des Yukon. Dort befanden sich ein Jagdkanu und ein kleines Modell, das die Herstellung erklären sollte. Ich fragte die Kuratorin, ob die Menschen noch solche Boote benutzten, und erzählte ihr von der Idee meiner Reise. »Oh, da fragst du am besten das Mädchen, das das Modell hier gefertigt hat. Sie ist Halbindianerin, ihr Vater, ein Frankokanadier, hat seine Kenntnisse bei den Stammesältesten erworben und dann an seine Tochter weitergegeben.« Just in diesem Moment betrat eine junge Frau das Museum. »Na, das trifft sich ja, wir haben gerade von dir gesprochen.« Ich weiß nicht, wie Sie es mit Zufällen halten, auf meinen Reisen kommt es auffällig häufig zu solch glücklichen Fügungen. Ich bin wahrlich kein Esoteriker, aber manchmal muss ich dann schon sehr schmunzeln, wie sich die Dinge ergeben oder entwickeln.
»Auf keinen Fall!« war ihre prompte, ernüchternde Antwort auf meine Frage, ob ich damit den Yukon hinabfahren könne. »Vielleicht wenn jemand in einem Begleitboot mitfährt, der dich im Notfall rettet.« Ich erkannte den Ansatz eines schelmischen Grinsens in ihrem hübschen Gesicht. Diese Kanus seien für die Jagd konzipiert, leicht, schnell, wendig, aber eben nicht sehr stabil und für so eine lange Reise einfach nicht geeignet. Wie schade, ich sah mich schon im Geiste als Lederstrumpf mit Waschbärmütze, dem gerade die Felle davonschwammen. Ich könnte ja noch ihren Vater Halin fragen, der sei der eigentliche Experte. Außer ihm gebe es im Yukon keinen mehr, der die traditionellen Boote baute. Er habe sogar schon ein riesiges Voyager-Kanu aus Birkenrinde gebaut. Da passten locker acht oder zehn Leute rein, plus Felle, Ausrüstung und Proviant. So seien früher die Pelzhändler unterwegs gewesen. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich meine anfängliche Enttäuschung überwunden hatte. Drei Monate später, zurück in Deutschland, schrieb ich eine Mail an Halin und hörte wochenlang nichts. Ich hatte meinen Traum vom Birkenrindenkanu längst begraben, als er plötzlich doch noch antwortete. In gebrochenem Englisch entschuldigte er sich für die Verspätung, er sei gerade in Patagonien, wolle dem Winter im Yukon entfliehen und sich ganz seiner Kunst widmen, der Malerei. Im Übrigen könne man eine Reise, wie ich sie vorhätte, selbstverständlich in einem Kanu aus Birkenrinde machen. Man müsse eben nur das passende Modell wählen. Ich horchte auf und erfuhr, dass es Dutzende unterschiedlicher Stile gab, jeder Stamm hatte quasi seinen eigenen. Und auch wenn das Grundprinzip der Herstellung bei allen ähnlich war, so unterschieden sie sich eben je nach Zweck und Region doch deutlich in den Details. Halin riet mir zu einem Kanu, das die Indianer der Great Lakes an der Grenze zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten früher benutzten. »Die mussten teilweise wochenlang unterwegs sein, transportierten in ihren robusten Booten manchmal den halben Hausstand samt Familie.« Großartig, ich würde meine Reise also doch noch stilecht machen können. Allerdings wollte ich das Boot auch gerne bauen oder zumindest dabei mithelfen. »Kein Problem«, schrieb Halin. »Dann geht es schneller .« Anfang Juni wäre mein Wunschtermin für den Start, gleich nach dem Eisaufbruch auf den Quellseen, um nicht in die gefährlichen Herbststürme im Delta zu geraten, vor denen mich viele im Vorfeld gewarnt hatten. Halin wollte eigentlich nicht so früh zurückkommen, es sich aber noch mal überlegen. Tage des Bangens...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.