Am schönsten finden wir die Hütten da, wo sie vollkommen aus eigenem Bautriebe der Neger hervorgegangen sind, bei den Negern, die noch dem Heidenthum anhangen.
So berichtet Barth von den Marghi-Hütten (II. S. 463): "Die Hütten haben vor ihrer Thür Rohrschwellen, die manchmal umklappbar sind, und inwendig sind die Fußböden schon gepflastert;" oder II. S. 525 von Adamaua: "In Ssarau besteht eine Wohnung aus mehreren Hütten mit Lehmwänden und vortrefflich geflochtenem Rohrdach; diese Hütten sind durch Lehmwände mit einander verbunden, so daß das Ganze ein abgerundetes Dreieck bildet. Die eine Hütte bildet den Eingang, die anderen beiden sind für die Frauen. Die Eingangshütte hat eine 3-1/2 Fuß hohe und 16 Zoll breite eiförmige Thür; es befindet sich hier ein Ruhebett, 7 Fuß lang und 5 Fuß breit und 3 Fuß über der Flur, außerdem eine Feuerstelle. Die hellbraunen Wände der Hütte sind mit allerdings nicht kunstvollen Gegenständen von weißer Farbe bemalt. Die beiden andere Hütten sind ähnlich, enthalten zwei Rohrbetten, wovon eins für die Frau durch eine Scheidewand von dem übrigen Raume der Hütte getrennt ist. Diese 5 Fuß hohe und 4 Zoll dicke Scheidewand ist ebenfalls braun und mit weißen Streifen geziert; oben ist sie durch abwechselnd schalenartige und pyramidale Aufsätze gekrönt, welche ebenfalls verschiedene Farbe haben. Die Thüren sind auch hier eiförmig und noch kleiner, nur 2 Fuß hoch und 10 Zoll breit. Diese heimlichen Wohnungen übertreffen durch Harmonie der Farbentöne ihre Schwestern" u.s.w.
Am vollkommsten fand Barth den Hüttenbau wohl im Lande der Musgu. So berichtet er II. S. 158: "Jeder Hof hat drei bis sechs Hütten, sie sind aus Thon, und die Umschließungsmauer bei den Wohlhabenden aus demselben Material die der Aermeren aus Rohr und Holz. Die Dächer sind mit Sorgfalt gedeckt und weit besser als Strohdächer. Die Musguhütten zeigen in der Form ihrer Giebelung selbst Spuren verschiedener Style, die vielleicht auf eine gewisse Stufenfolge im Leben zurückzuführen sind."
Ueberall findet man in diesen Gehöften, die nicht nur die Städte und Dörfer zusammensetzen, sondern da, wo die Sicherheit der Gegend es zuläßt, auch über die Landschaften vereinzelt anzutreffen sind, die dem Neger so unentbehrlichen Nebenbaulichkeiten. Wir erwähnen hier zuerst des Schattendaches, welches man in jeder Wohnung antrifft.
Diese Schattendächer ruhen auf 4 oder 6 Pfählen, welche nur oben mit einem dicken Strohdache oder Mattenwerk bedeckt sind. Unter ihnen ist gewöhnlich ein Rohrbett und Platz genug, daß auch die Hausfrau ihre Arbeiten im Schatten verrichten kann. Dann findet man in jedem Hofraum große Thonbehälter, oft auf Steinen ruhend, zum Aufbewahren von Korn; manchmal sind sie sehr künstlich eingerichtet. Barth sagt III. S. 158 bei der Beschreibung eines Musgu-Hofes: "Jeder Hofraum hat einen 12 bis 15 Fuß hohen Kornbehälter aus Thon und ein Schattendach. Die Kornbehälter haben ein gewölbtes, ebenfalls aus Thon bestehendes Dach mit einer aufspringenden Mündung, welche wieder von einem kleinen Strohdache geschützt wird." An einer andern Stelle sagt Barth: "Die Kornbehälter auf 2 Fuß Unterlagen haben eine Höhe von 15 Fuß und verjüngen sich nach oben. Sie haben nur eine Oeffnung am oberen Theile und sind ähnlich den ägyptischen Taubenhäusern." Außerdem findet man häufig Veranden vor den Hütten und überdachte Kochstellen.
Die vollendetsten Hütten trifft man, wie schon gesagt, da, wo das Heidenthum herrscht. Eine Hütte hat in der Regel 15 Fuß Durchmesser, und die Thonwände, oft dick, oft nur 1/2 Fuß dünn, sind in der Regel 4 bis 5 Fuß über der Erde. Das Dach ruht ganz frei auf dem runden Thonbau; in den meisten Gegenden wird es zu ebener Erde fertig gebaut und vollendet erst auf die Thonmauer gleichsam wie ein Deckel gelegt. Der Boden ist überall festgestampft und bildet manchmal einen aus kleinen Steinchen zusammengegossenen Mosaik.
Im Innern der Hütte sind verschiedene Scheidewände und außer dem beweglichen Rohrbette befindet sich wenigstens ein festes Thonbett darin. In kalten Gegenden, z.B. auf dem Gora-Gebirge, beobachtete ich, daß die Thonbetten hohl und von inwendig zu heizen waren. Die größte Sorgfalt wird immer auf die Eingangshütten verwendet; diese haben natürlich immer zwei Thüren. Eine Hütte des Sultans von Akun, den ich besuchte, zeigte sogar zwei Dächer, wovon das obere offenbar nur zum Schmuck angebracht ist. Manche Eingangshütten sind colossal groß, sowie die des Sultans von Keffi-abd-es-Senga; diese diente zugleich als Versammlungort seiner Gäste, war viereckig und hatte mit einem außerordentlich hohen Dache eine Veranda verbunden.
Eine ähnlich große Empfangshalle traf Schweinfurth auf seiner Reise im östlichen Centralafrika. Die L.I. Zeitung Nr. 1542 vom Jahre 1873 giebt ein anschauliches Bild davon. Die große Festhalle, in der Schweinfurth empfangen wurde, war von vielen Hundert Menschen gefüllt. Es waren die achtzig Lieblingsweiber des Königs Munsa anwesend, eine Musikbande und alle seine Trabanten. Die Empfangshalle selbst hatte die Form unserer modernen großen Eisenbahnhallen.
Die kunstlosen Hütten der Bassa-Neger auf den Inseln des Bénue verdienen hier insofern nur einer Erwähnung, als wir hier inmitten Afrika's auch auf "Pfahlbauten" stoßen.
Einen Uebergang zu den, wie es scheint, von den Europäern von der Küste her eingeführten großen Giebelhäusern und den Hütten der Neger bilden die seltsamen Wohnungen der Kado-Neger in Segseg, die gewissermaßen aus Haus und Hütte zusammengesetzt sind. Zwei circa 25 Fuß von einander entfernte Hütten sind durch ein Haus oder einen Gang verbunden, und das Dach bildet mit den beiden Dächern der Hütte ein Ganzes. Nur die eine Hütte hat eine Thür, der Gang und die zweite Hütte haben nur runde Löcher, um dem Lichte Eingang zu verschaffen.
Hier zu erwähnen sind auch noch jene kleinen Hütten für die Fetische. Manchmal sind dies nur auf Pfählen ruhende Strohdächer, unter welchen die Götter Schutz gegen die Sonne und den Regen finden, manchmal aber auch ordentlich eingerichtete Hütten. Aber jedesmal findet man sie in bedeutend verkleinertem Maßstabe. Eine Fetischhütte ist nie höher als 4 bis 5 Fuß und hat an der Basis gewöhnlich 3 bis 4 Fuß Durchmesser. Oft steht ein Fetisch oder eine ganze Fetischfamilie nur auf einem Thonteller, der circa 1 Fuß hoch, nach oben sich verjüngt und circa 3 bis 4 Fuß im Durchmesser hat. Außerdem hat jede Hütte in den Gegenden, wo Fetischismus betrieben wird, einen Fetisch in seiner Hütte, der oft aus Thon oder Holz geformt, oft aber nur ein Bild oder Relief an der Hüttenwand ist.
Je mehr man sich dem Niger nähert, desto andere Bauformen finden wir gäng und gäbe. Freilich bleibt auch hier die runde Hütte noch immer die eigentliche Nationalbehausung der Neger; aber wir finden nun bei den Wohnungen der Fürsten, der Großen und Reichen keineswegs mehr große, nach arabischer Art mit plattem Dache versehene Häuser, sondern Gebäude, die nach Art der europäischen ein Giebeldach haben. In Imaha, in Ogbomoscho und Ibadan haben die Fürsten die großartigsten Giebelbauten, bei denen europäischer Einfluß wohl kaum zu leugnen ist.
Die Fürstenwohnung in Illori ist der Art, daß sie ein längliches Viereck von 150 Fuß Länge auf 30 Fuß Breite bildet. Die Seitenmauern, circa 6 Fuß hoch und 2 Zoll dick, aus gestampftem Thon errichtet, tragen ein unverhältnißmäßiges hohes Strohdach à cheval, dessen überstehende Seitenwände über die Mauern hinausreichen, so daß sie fast den Erdboden berühren. Der Raum, der hierdurch entsteht, giebt einen schattigen Ruheplatz für die zahlreichen Sclaven ab. Im Innern läuft längs der einen Wand ein Corridor, und von diesem aus kommt man mittelst niedriger Thüren in die verschiedenen Zimmer, von denen einige einen aparten Bodenabschluß haben, andere aber frei bis unter das Dach hinaufreichen.
Höchst eigenthümlich fand Dr. Nachtigal die heidnischen Bewohner im südlichen Bagermi wohnen. Fortwährend den Ueberfällen der mohammedanischen Bevölkerung ausgesetzt, haben sie ihre Wohnungen gleich den Vögeln auf den Bäumen errichtet, und der gewaltige Baumwollenbaum (Bembax. cottontree) eignet sich vortrefflich dazu, derartige Behausungen zu empfangen: Der Baumwollenbaum gehört zu den Riesen der centralafrikanischen Vegetation. Ungefähr 50 Fuß hoch vom Boden, gehen von seinem colossalen Stamme starke horizontal verlaufende Aeste ab. Auf diese legen die Bagermi-Bewohner Balken und errichten darauf ihre Hütten; selbst der Viehstand wird in Zeiten der Gefahr mit nach oben gezogen. Mittelst einer aufziehbaren Strickleiter gelangen die Eigentümer hinauf. In der Nacht werden nach Nachtigal nie Feindseligkeiten unternommen, so daß während dieser Zeit die Inwohner eines solchen Baumdorfes ihre Vorräthe an Wasser und Lebensmitteln machen können. Und da in Bagermi der Gebrauch der Schießwaffe noch nicht eingeführt ist, so gewinnen die Besitzer in ihren hohen, luftigen Bauten eine ziemliche Sicherheit.
Je mehr man sich der Küste nähert, desto mehr schwindet die Hütte, und wenn in den Ortschaften des Konggebirges oder an den Abhängen desselben auch die Häuser der privaten nicht alle jene großen kasernenartigen Dimensionen haben, so läßt sich doch in der Anlage der europäische Einfluß auf den ersten Blick heraussehen. Gebrannte und behauene Steine findet man erst, wenn man die Küstenstädte Afrika's selbst, mithin das europäische Element erreicht hat.
Fußnoten:
Inhaltsverzeichnis [1] Allerdings sind in Marokko in den sogenannten "maurischen Bädern" auch gewölbte Kuppeln, aber diese Gewölbe sind...