Schweitzer Fachinformationen
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Um uns herum zwitscherten Vögel. Der Duft süßer Blüten und frisch gemähten Rasens lag in der Luft. Ein sommerlicher Wind umwehte uns und spielte mit den flatternden Enden der blütenweißen Tischdecke, die im Sonnenschein besonders hell strahlte. Der Luftzug ließ die Blätter der Bäume tanzen, die neben der Terrasse standen. Das Sonnenlicht flackerte durch die angenehm kühlen Schatten, die die alten Eichen uns schenkten. Das Schattenspiel malte viele kleine graue Inseln auf den Rasen.
Wir saßen auf der Terrasse, die den Blick freigab auf den großzügigen Garten. Dieser Ort war eher ein Park, in dessen Mitte fürstlich die prachtvolle Villa meiner Schwiegereltern residierte. Das Elternhaus meines Mannes imponierte mir bei jedem Besuch bei Familie Klaasen. Es war ein in hellem Gelbton gestrichenes Gutshaus mit grünen Fensterläden und einem orangefarbenen Dach. Vor vielen Jahren beherbergte das Anwesen eine Pferdezucht. Die ehemaligen Stallungen grenzten unmittelbar an das Haupthaus. Rechts und links davon lagen die zwei kleineren Nebengebäude, in denen auf der einen Seite ein Raum für Feierlichkeiten angelegt war. Seit das letzte Pferd das Gebäude verlassen hatte, war es zum Schauplatz etlicher gesellschaftlicher Veranstaltungen avanciert und hatte damit rasch neuen Ruhm errungen.
Auf der anderen Seite lebte in bescheidenen Räumlichkeiten die Haushälterin mit ihrem Mann. Familie Mai galt als die gute Seele des Hauses und als Retter, wenn etwas zu Bruch ging und Reparaturen anstanden.
Ludgers Eltern wohnten, seit dem Auszug der Söhne, zu zweit in dem großzügigen Haupthaus.
Im Wohnbereich empfingen den Besucher mit kostbaren Antiquitäten ausgestattete Räume. Wertvolle Bilder zierten die Wände. Jagdmotive und Stammbäume bedeutender Pferde aus der früheren Zucht ergänzten den Eindruck einer traditionsreichen Historie der Familie Klaasen. Außer der modernen Küche prägte ein klassisch edler Stil das Bild. Es gab eine Bibliothek mit schweren Holzregalen und tiefen Ledersesseln sowie ein Jagdzimmer. Über massive Teppiche, die jeden Schall schluckten, schritt man durch lange Flure durch das Haus. Das Jagdzimmer galt als Herzstück des Gebäudes. Es diente als Raum für den Jägerstammtisch von Ludgers Vater mit seinen Freunden. Oft trafen wir uns in der kühleren Jahreszeit hier mit den Eltern meines Mannes. Wir saßen dann am wärmenden Feuer des Kamins und ein Geruch von Leder und angebranntem Holz erfüllte den Raum.
Weil das Wetter spätsommerlich warm war, genossen wir also an diesem Tag unser Treffen auf einer der Terrassen des Anwesens.
Maria und Richard Klaasen hatten meine Eltern, Ludger und mich auf ihr Gut eingeladen, um die Planung der Feier zur Übergabe der Kanzlei an uns zu besprechen.
Leider hielten unvorhergesehene Termine Ludger davon ab, diesem Treffen beizuwohnen. Mir wäre es lieber gewesen, wenn er dafür Zeit gefunden hätte. Gegenüber seiner Mutter kam ich mir ohne ihn häufig unsicher vor. Ihre starke, charismatische Ausstrahlung, die gerade Haltung und der durchdringende Blick schüchterten mich ein.
Wie immer trat das Ehepaar Klaasen edel gekleidet auf und vervollständigte das Bild des adelig anmutenden Gutshauses. Sie trugen beide helle Hosen, hellblaue Hemden und darüber Blazer mit Lederpatches an den Ärmeln. Meine Schwiegermutter hatte ein leichtes Tuch locker, aber zugleich perfekt in Szene gesetzt um ihren Hals gelegt, was ihre aufwendige Frisur noch besser hervorhob.
Sie lebte den Anspruch, zu jeder Zeit bestens gekleidet zu sein. Seitdem wir uns kannten, war ihr dieses Kunststück immer gelungen. Ihr exklusives und stilsicheres Auftreten in allen erdenklichen Lebenssituationen und Umgebungen sorgte bei mir für Bewunderung und Respekt gleichermaßen. Sie strahlte etwas aus, was eine gewisse Ehrfurcht in mir auslöste.
Meine Schwiegermutter versprühte die mondäne Ausstrahlung einer Lady aus einem englischen Film, der auf einem Schloss spielt.
Maria Klaasen wusste genau, was sie wollte, und hielt damit nicht hinterm Berg. Klar und strukturiert kam sie ohne Umwege direkt auf den Punkt. Gefühlsduselei kam für sie einem Zeichen von Schwäche gleich. Damit war man bei ihr fehl am Platz. Es gab kaum etwas, worüber sie sich mehr zu echauffieren schien, als über unprofessionelles oder in ihren Augen überzogen emotionales Verhalten. In ihrer Welt lag der Fokus darauf, seinen Weg zu gehen und die eigenen Ziele zu verfolgen. Und nicht immer fiel es mir als Menschen, der auch die Zwischentöne einer Beziehung zu registrieren vermochte, leicht, damit umzugehen.
Auch ihrem Sohn hatte sie vermittelt, dass an allererster Stelle das eigene Wohl und das der Familie standen.
Sie legte Wert darauf, in der Hamburger Gesellschaft einen exzellenten Ruf zu genießen, und war auf nahezu allen Events gerne gesehen. Sie kannte jedermann, wusste souverän zu etlichen Themen etwas zu sagen. Maria Klaasen verlieh einer Veranstaltung alleine durch ihr Erscheinen, das dem einer Schauspielerin auf einem roten Teppich glich, einen Hauch von Glamour.
Mein Schwiegervater galt als inoffizieller Ruhepol der Familie. Er erinnerte mich an einen Gutsherrn, der in Reitstiefeln über die Wege auf seinem Anwesen spaziert und mit seinem Leben sehr zufrieden ist. Klassisch und edel gekleidet, lehnte er mit einer Pfeife, die Beine lässig überschlagen, in einem der Sessel und ließ in allen Fragen zur Planung seiner Frau den Vortritt.
Während ich ihn betrachtete, wünschte ich mir in diesen Tagen, Ludger hätte ein wenig mehr von der Gelassenheit seines Vaters geerbt. Die Lachfalten um die herzlichen Augen meines Schwiegervaters zeugten von einer Portion liebenswerten Humors, die sein Leben begleitete. Ludger hingegen hatte die ernste Falte seiner Mutter geerbt, die von angestrengter Nachdenklichkeit und überbordendem Ehrgeiz herrührte und sich fest zwischen den Augenbrauen eingeprägt hatte.
Mein Schwiegervater zeigte auch Freude an der Feier, weil er stolz war auf seinen Sohn und den Erfolg der Kanzlei. Dennoch stand für ihn im Fokus seines Lebens, zufrieden zu sein.
Dazu gehörte für ihn nicht zwingend, dass die Elite von Hamburg ihm applaudierte und mit teurem Champagner zuprostete. Als guter Mensch und liebender Ehemann respektierte er jedoch die Ambitionen seiner Frau, was die Optimierung der Feier anging. Es war ihm bewusst, welche Bedeutung sie dieser beimaß.
Über mein Gesicht huschte ein Lächeln, das ich zu unterdrücken versuchte, als ich registrierte, wie er eine eingehende Nachricht auf seinem Smartphone las. Er klickte dabei unbeholfen mehrfach daneben, und plötzlich lief in unangemessen dröhnender Lautstärke einer dieser spaßigen Filme ab.
Wenn Blicke töten könnten, wäre Maria Klaasen inmitten der unwirklich idyllischen Atmosphäre soeben zur Mörderin geworden.
Angestrengt biss ich mir auf die Unterlippe, um der Planung die angemessene Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und das Lachen im Keim zu ersticken.
Auch mich traf sofort ein Blitz in Form eines scharfen Blickes meiner Schwiegermutter, der »Contenance!« zu rufen schien.
Es ging heute darum, minutiös das Fest zu organisieren, welches anlässlich der Übergabe der seit vielen Generationen durch die Familie Klaasen erfolgreich geführten Kanzlei stattfinden sollte.
Schauplatz der feierlichen Zeremonie und damit des Fegefeuers der Eitelkeiten würde das Anwesen der Familie sein.
Ob Ludger seinen dringenden Termin nur vorgeschoben hatte? Er kannte seine Mutter schließlich und wusste, wie wenig entspannt solche Zusammenkünfte vonstattengingen.
Ludger und ich arbeiteten seit einiger Zeit federführend in der Kanzlei. Der Zeitpunkt, dass Richard und Maria Klaasen sich aus dem Berufsleben zurückziehen wollten, war gekommen.
Die Kanzlei Klaasen & Klaasen hatte sich über Jahrzehnte einen Namen erarbeitet, der in Hamburg für Qualität und herausragende Arbeit stand. Zur Übergabe planten die Schwiegereltern ein gigantisches Fest. Eingeladen waren alle wichtigen Geschäftspartner der Kanzlei, das Who is who der Hamburger Gesellschaft hatte zugesagt.
Die Familie setzte Erwartungen in das Event, die vergleichbar waren mit denen an den Wiener Opernball.
Mir wurde regelmäßig schwindelig, wenn ich mir die Größenordnung dieser Feier vor Augen hielt. Die Selbstverständlichkeit, mit der meine Schwiegermutter allerdings mit Zahlen und Umfang der Feier jonglierte, ließ mich schweigend der Dinge harren, die da kommen sollten.
Seit Wochen zelebrierte man Probeessen verschiedenster Caterer, wählte Servicepersonal für den Tag aus und legte Musik fest.
Auch für mich stellte dieser Tag einen Meilenstein von immenser Bedeutung dar. Ich trat offiziell in die Fußstapfen meiner erfolgreichen Schwiegermutter und würde an der Seite ihres Sohnes die Kanzlei fortführen.
Was einigen Juristen ihr Leben lang vorschwebte, sollte mir durch die Verbindung zu Ludger bald ermöglicht werden.
Mein Part in der Planung des Events war nicht von großem Umfang. Das meiste hatte Maria Klaasen in die Hand genommen. Sie traute niemandem so wie sich selbst und ihrem Sohn. Wenn ich ehrlich sein soll, war ich hier sogar gerne einen Schritt zurückgetreten. Zu schwerwiegend wäre meine Schuld, würde an diesem Tag irgendetwas schiefgehen, was in meinen Verantwortungsbereich fiel.
Einzig um einen Fotografen hatte ich mich gekümmert. Das geschah selbstverständlich nicht, ohne dass sie seine Arbeit zu unserer Hochzeit bereits für tadellos befunden hatte.
Ich hatte einen alten Schulfreund angeheuert. Bis...
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