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»Erfolg wird nicht an Zahlen gemessen, sondern daran, wie viel Liebe du hast.«
Bob Moffett8
»Wir im Nahen Osten heißen den Schmerz willkommen und sind geehrt, dass wir für Jesus leiden dürfen. Ihr im Westen tut alles dafür, bloß keinen Schmerz zu erleben«, sagte uns Ramez Atallah in einem missiologischen Workshop 2018 auf einer europäischen Leitungskonferenz. »Und das fängt schon im Kleinen an.«
»Oha«, dachte ich, »es stimmt.« Mir kam mein Rucksack in den Sinn, den ich zur Konferenz mitgebracht hatte, und ich ging in Gedanken den Inhalt durch: Notschminke, Schmerzmittel (natürlich nicht nur für mich, sondern auch, um Kollegen und Kolleginnen mitzuversorgen!), Pflaster (man könnte sich ja eine Blase laufen) etc. Natürlich wusste ich, Ramez meinte nicht nur meine kleine Notfallapotheke, aber ich fühlte mich ertappt.
Ramez Atallah ist seit vielen Jahren der Geschäftsführer der Bibelgesellschaft in Ägypten und hat erlebt, wie er persönlich und auch seine Arbeit immer wieder von Muslimen angegriffen wurden. Wie seine wunderschönen christlichen Buchhandlungen in Brand gesetzt und seine Mitarbeitenden verletzt wurden. Aber nie hörte er, wie sie sich darüber beklagten. Weder von ihm noch von anderen Christinnen und Christen kamen Klagen. Wenn wir von jungen Christen hören, die bereit sind, ihr Leben für Jesus zu lassen, dann kommen sie meist aus dem Nahen und Fernen Osten. Ich erinnere mich auch an einen ägyptischen Moderator, der im öffentlichen Fernsehen im Liveinterview in Tränen ausbrach, weil die Christen den Mördern ihrer Familienangehörigen vergaben. Seine Reaktion darauf, unter Tränen ausgesprochen: »Diese Christen sind aus Stahl gemacht.« Das ging um die ganze Welt.9
Während Ramez sprach, dachte ich über uns in Deutschland nach, über mich, über die vielen Krisen- und Kritikgespräche, die ich mit Leitenden führe: Wie kommt es, dass wir das Leiden so oft lieber vermeiden wollen, obwohl die Bibel sehr klar darüber spricht, dass Nachfolge Jesu auch immer bedeutet, einen Preis dafür zu zahlen? Wieso denken wir so oft, dass, wenn wir Jesus nachfolgen, alles noch schöner, größer und besser im Leben wird? Dass unser Kontostand sich unserem Glauben fügen wird und wir immer im finanziellen Überfluss schwimmen werden? Und mehr noch als das, dass Christsein bedeutet, ein Happy-clappy-Leben zu führen? Die wenigsten von uns würden das wohl so platt auf den Punkt bringen. Aber wenn wir ehrlich sind, haben wir doch oft genau diese Erwartung an Gott, oder? Was ist aber, wenn nicht alles gut läuft?
Ich erinnere mich sehr gut an eine für mich sehr prägnante und theologisch heilsame Erfahrung, die ich in meinem Leben nicht mehr missen möchte. Als 25-Jährige flog ich Hals über Kopf für einen einjährigen Missionseinsatz nach Afrika. Spontan hieß, dass ich im Gepäck noch meine Impfauffrischungen mitnahm. Gut, ich hatte ein dreijähriges sehr cooles theologisches und missiologisches Studium in den Niederlanden vorab genossen. Wirklich vorbereitet auf das wahre Leben habe ich mich zwar nicht gefühlt, aber ich hatte viel gute Theorie im Kopf. Ich war ja dafür da, den Afrikanern und Afrikanerinnen das Evangelium zu bringen. Wirklich? Eigentlich flog ich nach Afrika, um zwei Missionarskinder als Lernhelferin während eines Schuljahres zu begleiten. Das klang aber nicht so spektakulär. Die Sehnsucht danach, von Gott interkulturell gebraucht zu werden, war größer.
Nun landete ich in einem Land, von dem ich weder genau wusste, wo es geografisch lag, noch konnte ich ein Wort Französisch. Dazu gesellte sich Malaria vom ersten Tag an - richtig blöd! Das hieß, anstatt erfolgreich für Jesus unterwegs zu sein, war ich von Anfang an entweder ans Bett gebunden oder quälte mich durch den Unterricht. Ich fühlte mich allein und verlassen, hatte wenig Kraft und fragte mich, wieso das denn passieren konnte. Ich war doch in Gottes Mission unterwegs und bereit gewesen, für ein Jahr oder auch länger alles aufzugeben, ihm nachzufolgen und in einem fremden Land für ihn zu arbeiten. Müsste das Gott nicht besonders sehen und segnen?
Ich war jung und naiv. Das ist an sich ja super, aber meine Theologie hatte einen Haken. Einen ganz großen! Ich dachte, mit Gott unterwegs zu sein, würde mich vor allem Schlimmen bewahren. Mindestens vor Krankheiten. Das wurde mir klar, als ich meine afrikanischen Geschwister um mich herum besser kennenlernte und sie beobachtete. Sie hatten eine andere Theologie. In einem muslimischen Land lebend ertrugen sie nicht nur die Nöte Westafrikas, verloren ständig Familienmitglieder durch Malaria und andere tropische Krankheiten und wurden von Schlangen gebissen! Sie erlebten auch, was es hieß, wegen des Glaubens an Jesus verfolgt zu werden. Nachfolge konnte bedeuten, aus der Familie ausgestoßen zu werden, kein Essen mehr zu bekommen, seine Heimat, seinen Job und vielleicht auch sein Leben zu verlieren. Aber sie glaubten dennoch an Gott!
Gott trug meine afrikanischen Geschwister durch die schweren Zeiten hindurch. Leid stärkte ihr Vertrauen auf Gott. Das war ein Aha-Moment für mich. Gefühlt dahinsiechend erlebte ich im afrikanischen Krankenbett, wie Gott mich durchtrug. Es dauerte etliche Wochen, bis meine Kraft wieder zurückkehrte, aber sie tat es. Ich dankte Gott für Medizin und rettende Engel. Einer davon war eine US-amerikanische Missionarin, Mary Ellen. Sie setzte sich öfter an mein Bett und sprach mir Gottes Liebe zu, die so unabhängig davon ist, was ich für Gott tue oder auch nicht tue. Sie sang mir Lieder vor, die Gottes Gnade zum Thema hatten. Mary Ellen hatte eine ziemlich furchtbare Gesangsstimme (ihre eigenen Worte), aber sie folgte Gottes Impuls, mir eine Ermutigung zu sein. Und das war sie wirklich!
Als ich an Weihnachten das zweite Mal Malaria bekam, war ich innerlich viel klarer unterwegs. Gott würde mir auch jetzt zur Seite stehen. Mir war bewusst geworden: Sachen geschehen im Dienst, die nicht von Gott gewollt sind, aber sie passieren und Gott trägt durch. Und das Leid, das geschieht, hält ihn nicht davon ab, seine Pläne zu realisieren. Im Gegenteil: Ich kann sogar Teil dieser gigantischen, göttlichen Heilspläne in Afrika sein, während ich krank im Bett liege. Dass ich ganz frei von Aktionismus bin und mein Vertrauen auf Gottes Versorgung und seine Souveränität krisentauglich wird - das ist eben auch ein Teil dieser guten, ganzheitlichen Pläne Gottes.
Am Ende meiner Zeit in Afrika bat mich einer meiner afrikanischen muslimischen Freunde, doch mit ihm gemeinsam die Bibel zu lesen. Natürlich freute ich mich sehr darüber, fragte ihn aber auch nach dem Grund. Er sagte: »Ich habe dich die ganze Zeit erlebt, auch deine vielen Wochen der Krankheit, und ich habe gesehen, wie dein Gott dich trägt und sich um dich kümmert. Diesen Gott möchte ich kennenlernen!« Bevor ich ins Flugzeug zurück nach Deutschland stieg, beteten wir zusammen, und er entschied sich, ein Nachfolger Jesu zu werden.10
Diese Erfahrung hat meine Theologie des Leidens auf den Kopf gestellt, sie revidiert und mich herausgefordert, die Bibel nochmals anders zu lesen und zu verstehen. Im Hinblick darauf, wie Menschen Jesus nachfolgen und was Gott denen verspricht, die seine Kinder sind. Ich wollte die Bibel mehr so lesen wie meine Freunde in Afrika.
Nachfolge bedeutet, Gott mit ganzem Herzen zu lieben und zu ehren. Ihn an die erste Stelle zu setzen und auf eigene Wünsche zu verzichten. Tatsächlich bedeutet es auch, bereit zu sein, mit ihm zu leben und, wenn er es jemals von uns fordert, für ihn zu sterben. Die Christen in Ägypten haben oftmals genau diese Einstellung. Ramez Atallah erzählte, wie einige der jungen Christen sogar weinten, als sie einen der terroristischen Attentate überlebt hatten. Ihre Einstellung ist, lieber zu sterben, weil sie bei Jesus sein wollen. Das ist für mich erst mal schwer nachzuvollziehen, dürfen wir doch auch das Leben fröhlich genießen. Eine gute Balance ist hier wichtig.
Paulus schreibt an die Korinther: »Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark« (2. Korinther 12,10; LUT). Diese Bereitschaft des Paulus, Jesus ohne Wenn und Aber nachzufolgen, ist eine große Herausforderung für mich. Ich bin gerne mit Jesus unterwegs, wenn alles glattläuft, und benutze Jesus vielleicht auch wie ein altes Bügeleisen. Was schrumpelig aus der Wäsche kommt, kriegt er schon glatt gebügelt. Mir geht es schon gut, aber mit Jesus geht es mir einfach besser. Doch das ist eine Herzenshaltung, bei der ich nicht wirklich bereit bin, den Preis für die Nachfolge zu zahlen. Die wenigsten von uns in Europa werden für ihren Glauben sterben müssen. Dafür geht es uns hier viel zu gut. Wir wissen nicht wirklich, was Verfolgung bedeutet. Wenn jemand uns wegen unseres Glaubens an Jesus verspottet, fühlen wir uns schon beleidigt und »verfolgt«.
Ajith Fernando, ehemaliger Leiter von Jugend für Christus in Sri Lanka, schrieb in seinem Aufsatz Embracing suffering in service (»Das Leiden im Dienst umarmen«)11:
Ich berichte meinen Gebetsunterstützern manchmal über meine Müdigkeit und bitte um Gebet. Viele antworten dann, dass sie dafür beten, Gott möge mich stärken. Interessanterweise bekomme ich unterschiedliche Nachrichten von Christen aus dem Westen und Osten. Ich habe immer mehr den Eindruck, dass viele im Westen denken,...
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