Schweitzer Fachinformationen
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Cecile sah auf das Kostbarste in ihrem Leben. Sie wollte ihn nicht wecken, nicht jetzt. Er schlief so friedlich und würde ihre Sorgen sofort spüren. Vorsichtig fuhr sie ihrem Sohn mit der Hand über die Wange.
»Ich komme zurück, versprochen«, flüsterte sie. »Bis dahin wird dein Dad auf dich aufpassen, Elliot.« Sie liebte den Namen. Ihr Großvater und ihr Vater hatten so geheißen und nun auch ihr Sohn. Sie nahm das Buch über den Drachen Rhegad in die Hand, ein letztes Mal, bevor sie aufbrach. Viele Abende hatte sie Elliot daraus vorgelesen, und er sollte es behalten. Eine Botschaft, wenn er sie brauchte, und eine tolle Geschichte, wenn ihm nach Unterhaltung war. Die Inquisition würde nicht verstehen, worum es ging, hoffte sie. Salazar Montanari hatte Cecile in der Bibliothek des Klosters erwischt, und damit war ihr Leben und das ihrer Familie in Gefahr.
Elliot schmatzte im Schlaf, und Cecile strich ihm über die Stirn. Sie wollte ihn nicht verlassen. Sie wollte hierbleiben und zusehen, wie ihr Sohn aufwuchs. Geburtstage und Weihnachten mit ihm feiern, bei seiner Einschulung dabei sein, die erste Freundin kennenlernen.
Sie war sich nicht sicher, ob es von dort, wo sie hinging, einen Weg zurückgab, aber sie würde es herausfinden und nun nicht länger zögern. Theodore hatte vor wenigen Stunden angerufen. Es gab Hinweise, dass die Inquisition ihr auf den Fersen war.
Sie griff nach dem Kompass in ihrer Jackentasche. Cecile hatte viel dafür riskiert, nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das ihrer Liebsten. Sie würde auf den letzten Metern nicht aufgeben.
Es war Zeit. Sie beugte sich über das Bett und gab Elliot einen Kuss auf die Stirn. »Pass auf deinen Vater auf, okay?« Sie lächelte, obwohl Tränen über ihre Wangen glitten. Dann schlich sie aus dem Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Die Liebe zu ihrem Sohn wollte sie zurückdrängen, aber sie kämpfte sich durch den Flur zur Haustür. Ihre olivgrüne Reisetasche stand bereits am Ende der Treppe.
Sie griff nach der Tasche, die sie mit frischen Klamotten vollgestopft hatte. Wahrscheinlich trug man auf Avalon ganz andere Sachen, ausgefallene Spitzenkleider oder robuste Lederschürzen, aber sie wollte etwas zum Wechseln haben.
Cecile warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. In einer Stunde traf sie sich mit einem Typen im Hafen von Edinburgh. Er hatte ihr versprochen, ihr ein kleines Motorboot zu besorgen. Es hatte die letzten Ersparnisse der Familie Craig gekostet, und John würde sie verfluchen, wenn er das entdeckte. Aber es war nötig, sie konnte hier nicht bleiben. Allein ihre Anwesenheit war eine zu große Gefahr für alle, und sie musste herausfinden, ob das Portal nach Avalon funktionierte. Mitnehmen konnte sie Elliot nicht, er würde die Reise nicht überstehen, dafür war sein Körper zu schwach, und John wollte sie nicht begleiten.
Ihre Hand wanderte gerade zum Türknauf, da hörte sie ein Räuspern hinter sich. Cecile schreckte zusammen und drehte sich um.
Es war John. Er hatte ein markantes Gesicht und einen gepflegten Dreitagebart. Seine Augen waren wach und aufmerksam. Der hastig übergeworfene Bademantel verriet, dass er bis eben noch geschlafen hatte.
»Willst du dich nicht verabschieden?« Die Stimme war ruhig, aber sie kannte ihn zu gut, um die Enttäuschung zu überhören.
»Ich . dachte .«, stammelte sie, ». es wäre so einfacher für uns beide.« Sie nahm es sich selbst nicht ab.
»Bitte bleib«, sagte John Craig, und seine Stimme brach wie ein Sektglas, das zu Boden fiel. Er fing an zu weinen.
Cecile spürte, wie sich ihr Hals zuschnürte und auch ihr wieder die Tränen in die Augen schossen. Sie ging hinüber zu ihrem Ehemann und nahm ihn in den Arm. Er erwiderte die Geste zögerlich. »Du weißt, dass ich nichts lieber würde, als bei euch zu bleiben. Aber es geht nicht. Ich stecke zu tief drin, und die Gefahr, dass ich euch mit reinziehe, ist zu groß. Ich muss herausfinden, was dran ist an Avalon. Vielleicht finden unsere Freunde dort eine sichere Heimat, wenn wir den Weg irgendwie öffnen können.«
John Craig schluchzte wie ein kleines Kind. »Ich weiß nicht, wie ich es ohne dich schaffen soll«, presste er hervor. »Es ist, als würde ich dich zum Sterben weggehen lassen.«
»Ich sterbe nicht, und wenn es mir gelingt, das Portal dauerhaft zu öffnen, bin ich zu Elliots nächstem Geburtstag zurück.«
»Glaubst du das wirklich?«
Cecile hatte Schriften gefunden, die besagten, dass es kein Spaziergang werden würde. »Ja«, log sie und küsste ihn. »Ich muss los.«
John umarmte sie ein letztes Mal, und sie hatte Angst, dass er sie nie wieder loslassen würde. Ihr Brustkorb wurde zusammengedrückt, als ränge sie mit einem Bären. Er strich mit seinen Lippen über ihr Ohr. »Ich werde ihm jeden Tag erzählen, was für eine mutige Mutter er hat.«
Cecile rang sich ein Lächeln ab. »Auf Wiedersehen.« Sie küsste ihn, drehte sich dann schnell um und verschwand durch die Tür. Hätte sie ihrem Mann noch einmal in die Augen geschaut, sie hätte es sich anders überlegt.
Es war Herbst, und ein kalter Wind fegte durch die engen Gassen von Edinburgh. Cecile schloss ihren Mantel und hängte sich die Reisetasche über die Schulter. Es war bereits dunkel, und das feuchte Laub auf den Gehwegen wurde von den Straßenlaternen angeleuchtet.
Cecile stellte sich an die Straße und passte ein Taxi ab. Sie setzte sich auf die Rückbank, legte ihre Tasche neben sich.
»Wohin?«, fragte der Taxifahrer. Es war ein alter, glatzköpfiger Herr mit Schnurrbart und Strickpullover, der sich vermutlich mit dem Job die Rente aufbesserte oder von zu Hause flüchtete. Vielleicht auch beides.
»Zum Hafen, bitte.«
Der Taxifahrer fuhr langsam an, und sie wagte einen letzten Blick auf das Haus, in dem sie die vergangenen Jahre gelebt hatte. Es waren schöne Zeiten gewesen. Sie hatten Partys veranstaltet, geheiratet und Elliot gezeugt - mit allem, was dazugehörte. John stand nicht in der Tür, und sie war ihm dankbar dafür. Es zerriss sie innerlich, von hier fortzufahren.
Aber leider musste das sein. Wenn die Inquisition so weitermachte, wäre in ein paar Jahrzehnten nichts mehr von der magischen Welt übrig. Das Merlin-Center, Theodore und viele ihrer Freunde hatten keine Zukunft in Schottland und auch nirgendwo sonst in dieser Welt. Die Kirche würde sie finden und langsam vernichten, wie einen Fluss, dem man mit einem Damm seine Quelle nahm.
Das Taxi fuhr durch die leeren Straßen, vorbei an alten Kirchen, dem Bahnhof und Statuen längst vergessener Helden.
»Haben Sie eine genaue Adresse?«, fragte der Mann hinter dem Steuer mit der Stimme eines herzlichen Großvaters.
»Lassen Sie mich einfach in der York Road raus«, antwortete Cecile und war froh, dass der Fahrer kein hohes Redebedürfnis hatte. Stattdessen dudelten Oldies aus dem Radio, und Cecile versuchte, nicht zu viel nachzudenken, was ihr jedoch nicht gut gelang.
Die Schemen der Gebäude flogen an ihr vorbei, und dann kam das Auto zum Stehen. »Hier wären wir. Das macht siebzehn Pfund.«
Cecile bezahlte ihn mit einem fürstlichen Trinkgeld. Wo sie hinwollte, waren Pfund sowieso nichts wert. Also konnte sie es dem netten, schweigenden Mann geben. Sie stieg aus dem Taxi und atmete die frische, salzige Meeresluft ein, hörte auf das Rauschen der Wellen. Nur das Kreischen der Möwen fehlte, denn die Tiere schliefen gerade, was sie eigentlich auch tun sollte.
Das Taxi röhrte davon, und sie stand alleine in der dunklen Gasse. Mit einer Handbewegung schüttelte sie die Armbanduhr unter dem Ärmel hervor und versuchte, die Zeit abzulesen. Eine Viertelstunde noch, möglicherweise, so gut war das in der Nacht nicht zu erkennen.
Cecile lief los. Sie hatten sich am Pier verabredet. Ein alter Fischer würde dort mit dem Boot auf sie warten. Alles war bezahlt und besprochen. Sie wollte hinausfahren und dem Kompass folgen. Der Fischer sollte sich auch um Proviant und Sprit für mehrere Tage kümmern. Hoffentlich war er sein Geld wert.
Sie kam an einem Pub vorbei und vernahm von drinnen die fröhlichen Stimmen betrunkener Gäste. Zu einer anderen Zeit wäre sie jetzt hineingegangen und hätte mitgefeiert. Aber nicht heute.
Cecile lief die Kaimauer entlang und hörte zu ihrer Rechten das Meer. Die wogenden Wassermassen wurden beinahe von der Nacht verschluckt, nur der Mondschein spiegelte sich auf ihrer Oberfläche. Mit jedem Schritt wuchs die Aufregung in ihr. Was, wenn der Fischer nicht auftauchte? Wenn er sich entschieden hatte, heute Abend in einen Pub zu gehen, sich mit Whisky volllaufen zu lassen und die Seemannslieder seiner Jugend mitzugrölen?
Cecile kam am Treffpunkt an, eine Leiter führte hier direkt ins Meer. Wahrscheinlich war sie für Leute gedacht, die unfreiwillig hineingefallen waren, um möglichst schnell wieder herausklettern zu können. Cecile setzte sich auf die Mauer und starrte in die Dunkelheit. Hin und wieder fuhr ein Auto vorbei und erhellte mit den Scheinwerfern die Umgebung. In diesen Momenten sah sie auf den Boden. Sie wollte nicht kurz vor der Ziellinie von der Inquisition abgefangen werden. Früher hätte sie sich für solche Gedanken als paranoid abgestempelt, aber Salazar wollte sie mit allen Mitteln finden, das wusste sie. Seit dem Vorfall in der Bibliothek, bei dem Cecile das Regal umgeworfen und auf sein Bein hatte stürzen lassen, war er auf eine Gehhilfe angewiesen, und sie würde dafür zahlen müssen. Sollte er doch einfach zu Gott beten, dass der das Bein wieder richtete.
Zwei...
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