Schweitzer Fachinformationen
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Sein Arm war ganz steif geworden. Mit einem leisen Laut des Unbehagens rollte Doug sich zur Seite und zupfte geistesabwesend an seinem Verband herum. Sein Kopf ruhte auf einem weichen, frischbezogenen Kopfkissen, die Bettdecke, in die er sich kuschelte, spendete angenehme Wärme. Behutsam bewegte er den linken Arm und legte sich auf den Rücken.
Der dunkle Raum vermittelte ihm die Illusion, es sei immer noch Nacht, doch ein Blick auf die Uhr belehrte ihn, daß es bereits Viertel nach neun war. Mist! Er rieb sich mit der Hand über das Gesicht und setzte sich auf.
Eigentlich sollte er sich längst in einem Flugzeug mitten über dem Indischen Ozean befinden, anstatt in einem noblen Washingtoner Hotelzimmer herumzuliegen. Einem ziemlich öden Hotel, wie er sich erinnerte. Wenn er nur an diese mit rotem Teppich ausgelegte Halle dachte! Sie waren um zehn nach eins angekommen, und man hatte ihm nicht einmal mehr einen Drink serviert. Von ihm aus konnten sich die Politiker Washington an den Hut stecken, er bevorzugte jedenfalls New York.
Dann tauchten die Probleme auf. Erstens hielt Whitney den Daumen auf dem Geld. In diesem Punkt hatte sie ihm keine Wahl gelassen. Zweitens hatte sie recht gehabt. Während er nur daran dachte, aus New York herauszukommen, machte sie sich Gedanken um die Details, wie zum Beispiel die Beschaffung von Pässen.
Sie verfügte also in D.C. über Beziehungen, überlegte er. Nun, wenn diese Beziehungen ihm den Weg ebneten, hatte er nichts dagegen einzuwenden. Doug sah sich in dem teuren Hotelzimmer um, das kaum größer als eine Duschkabine war. Den Zimmerpreis würde sie ihm garantiert auch in Rechnung stellen. Mit schmalen Augen starrte Doug auf die Verbindungstür. Whitney MacAllister hatte statt eines Herzens eine Registrierkasse im Leib. Und ein Gesicht wie ein ...
Unwillig lächelnd schüttelte er den Kopf und legte sich zurück. Besser, er beschäftigte sich nicht zu sehr mit ihrem Gesicht und ihren sonstigen Reizen. Ihr Geld war es, was er brauchte. Frauen kamen erst einmal an zweiter Stelle. Wenn er das besaß, wohinter er herjagte, dann würde er sich vor ihnen nicht retten können.
Bei dieser angenehmen Vorstellung verstärkte sich sein Lächeln. Blondinen, Brünette, Rotschöpfe, üppig, schlank, groß oder klein, er war da nicht allzu wählerisch, und er hatte die Absicht, sehr großzügig mit seiner Zeit umzugehen. Doch erst einmal mußte er sich einen Paß nebst Visum beschaffen. Gottverdammter Bürokratismus, überlegte er finster. Ein Schatz wartete auf ihn, ein professioneller Totschläger lechzte nach seinem Blut, und zu allem Überfluß hatte er eine verrückte Frau am Hals, die ihm noch nicht einmal ein Päckchen Zigaretten besorgen würde, ohne den Preis in das kleine Büchlein einzutragen, das sie in ihrer zweihundert Dollar teuren Schlangenledertasche mit sich herumtrug.
Dieser Gedanke veranlaßte ihn, eine Zigarette aus der Packung zu ziehen, die auf seinem Nachttisch lag. Er konnte ihre Haltung nicht verstehen. Wenn er Geld in der Tasche hatte, dann ging er äußerst großzügig damit um. Vielleicht zu großzügig, wie er reuevoll zugab. Das Geld zerrann ihm unweigerlich unter den Fingern.
Diese Großzügigkeit war ein Bestandteil seines Charakters. Seine Schwäche waren die Frauen, besonders kleine Frauen mit Schmollmund und großen Augen. Er konnte ihnen einfach nicht widerstehen.
Doch das würde sich ändern, schwor sich Doug. Sollte er tatsächlich den Topf voll Gold in seinen Besitz bringen, dann würde er klüger verfahren. Diesmal würde er seine Traumvilla auf Martinique erwerben und endlich das Leben führen, von dem er schon immer geträumt hatte. Und seinen Bediensteten gegenüber würde er sich spendabel zeigen. Oft genug hatte er hinter den Reichen dieser Welt hergeputzt, um zu wissen, wie gedanken- und gefühllos sie mit ihren Dienstboten umgingen. Natürlich hatte er nur ihre Zimmer aufgeräumt, wenn er sie anschließend ausräumen konnte, doch das änderte nichts an den Tatsachen.
Seinen Hang zum Luxus verdankte er nicht der Arbeit bei wohlhabenden Leuten, damit war er geboren worden. Nur hatte er nie genug Geld gehabt, um ihn auszuleben. Doch andererseits war es vielleicht vorteilhafter, über einen scharfen Verstand zu verfügen. Verstand und, nun, gewisse Begabungen ermöglichten es ihm, anderen Leuten das wegzunehmen, was er brauchte - oder haben wollte -, und zwar so geschickt, daß diese den Verlust kaum bemerkten. Diese Art Job bedeutete ständigen Nervenkitzel. Das Ergebnis, also das Geld, verwendete er dazu, sich zu entspannen - bis zum nächsten Mal.
Er pflegte seine Unternehmungen sehr gründlich zu planen, und er kannte den Wert von Hintergrundinformationen. Aus diesem Grund hatte er sich auch die halbe Nacht um die Ohren geschlagen, um jedes Fitzelchen an Information aufzusaugen, das mit dem Inhalt des kostbaren Umschlags zusammenhing. Ein Puzzle, gewiß, doch er besaß alle Einzelteile. Er brauchte nur Zeit, um sie zusammenzufügen.
Für jeden anderen hätte die sauber getippte Übersetzung, in die er sich vertieft hatte, nur eine unterhaltsame Story oder eine Auffrischung seiner Geschichtskenntnisse bedeutet. Aristokraten, die bemüht waren, ihre Juwelen aus dem von der Revolution gebeutelten Frankreich herauszuschaffen und gleichzeitig ihr kostbares Leben zu retten. Er hatte Worte der Furcht, der Verwirrung und der Verzweiflung gelesen. Aber der Handschrift des plastikverpackten Originals, den hingekritzelten Worten, die er nicht verstand, hatte er noch etwas anderes entnommen: den Eindruck von Hoffnungslosigkeit. Auch von Intrigen, von Königshäusern und von unermeßlichem Reichtum war die Rede gewesen. Marie Antoinette und Robespierre. Diamantkolliers mit exotischen Namen, die hinter losen Ziegelsteinen verborgen wurden. Die Guillotine. Eine verzweifelte Flucht über den Kanal. Ein blutiger Teil der französischen Geschichte. Dennoch - die Diamanten, die Smaragde und die hühnereigroßen Rubine hatten wirklich existiert. Einige waren nie wieder aufgetaucht. Mit anderen wurde das nackte Leben, eine warme Mahlzeit oder Stillschweigen erkauft. Wieder andere waren in die entlegensten Teile der Welt gelangt. Lächelnd massierte Doug seinen Arm. Der Indische Ozean - die Handelsroute der Kaufleute und Piraten. Und an der Küste von Madagaskar, seit Jahrhunderten verborgen und für eine Königin aufbewahrt, lag die Erfüllung seiner Träume. Er würde sie finden - mit Hilfe des Tagebuchs eines jungen Mädchens und der Verzweiflung eines Vaters. War er erst einmal auf dem Weg, würde er nicht mehr zurückblicken.
Wieder dachte er an die junge Französin, die vor zweihundert Jahren ihre Gefühle schriftlich festgehalten hatte. Armes Ding. Doug bezweifelte, daß die Übersetzung, die er gelesen hatte, wirklich das widerspiegelte, was das Mädchen durchmachen mußte. Könnte er doch nur das französische Original verstehen! Achselzuckend erinnerte er sich daran, daß das Mädchen lange tot war und daß ihn dieser Aspekt eigentlich nichts anging. Aber sie war doch noch ein Kind gewesen, ein verängstigtes, verwirrtes Kind.
Warum hassen sie uns so? hatte sie geschrieben. Warum nur sehen sie uns mit solch haßerfüllten Augen an? Papa sagt, wir müssen Paris verlassen. Werde ich meine Heimat je wiedersehen?
Sie hatte sie nie wiedergesehen. Krieg und Politik hatten seit Urzeiten das Leben Unschuldiger zerstört, sei es während der Französischen Revolution oder während des Vietnamkrieges. Das würde sich nie ändern. Doug wußte nur zu gut, was es bedeutete, hilflos zu sein. Nie wieder wollte er sich dem aussetzen.
Er räkelte sich wohlig und dachte an Whitney.
Gut, er hatte ein Geschäft mit ihr gemacht, da biß die Maus keinen Faden ab. Trotzdem ging es ihm gegen den Strich, sie um jeden einzelnen Dollar bitten zu müssen.
Dimitri hatte ihn angeheuert, um diese Papiere zu stehlen, weil er, wie Dimitri wußte, ein ausgezeichneter Dieb war. Im Gegensatz zum Rest von Dimitris Mannschaft gab sich Doug nicht dem Trugschluß hin, eine Waffe könne den Verstand ersetzen. Er hatte sich immer auf letzteren verlassen und war sich bewußt, daß sein Ruf, einen Job schnell und sauber zu erledigen, ihm den Anruf von Dimitri eingetragen hatte. Der Auftrag lautete, einen dicken Umschlag aus dem Safe einer Villa in der Park Avenue zu entwenden.
Job blieb Job, und wenn ein Mann wie Dimitri gewillt war, fünf Riesen für ein Bündel Papiere, vergilbt und zum Teil mit ausländischer Schrift bedeckt, springen zu lassen, dann wollte Doug sich nicht auf Diskussionen einlassen. Außerdem fühlte er sich gezwungen, einige Schulden zu bezahlen.
Er mußte zwei ausgeklügelte Alarmanlagen überwinden und sich an vier Wachposten vorbeischleichen, ehe er den Wandsafe knacken konnte, in dem der Umschlag aufbewahrt wurde. Aber schließlich hatte er ein Händchen für Schlösser und Alarmanlagen. Es war - nun, eine Gabe. Ein Mann sollte seine gottgegebenen Talente nicht verschwenden.
Dummerweise hatte er sich an die Spielregeln gehalten und nichts außer den Papieren mitgehen lassen, obwohl sich in dem Safe ein äußerst interessanter schwarzer Aktenkoffer befunden hatte. Als er die Papiere herausnahm, um sie durchzulesen, wollte er eigentlich nur seine Neugierde befriedigen. Nie hätte er angenommen, daß ihn die Übersetzung eines zweihundert Jahre alten Tagebuches und geheimer Dokumente dermaßen in Bann schlagen könnte. Vielleicht hatten seine Vorliebe für eine gute Story oder sein Respekt vor dem geschriebenen Wort seine Phantasie angekurbelt. Doch Faszination hin, Faszination her, Geschäft blieb Geschäft.
In einem Drugstore hatte er sich mit Klebeband versehen. Den Brief auf seiner Brust zu...
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