Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Leigh-Cheri hatte keine Ahnung, dass sie dabei war, einen Mann zu verhaften, den tot zu sehen ein halbes Dutzend amerikanischer Sheriffs auf die Familienbibel geschworen hatten, dass sie einen Flüchtling gestellt hatte, der, wie es hieß, ein Jahrzehnt lang den gierigsten Netzen des FBI entschlüpft war, obwohl man gestehen muss, dass das Interesse an seiner Verhaftung in den letzten Jahren nachgelassen hatte - eine Folge des veränderten Sozialklimas sowie seiner Untätigkeit. Natürlich hatte Leigh-Cheri schon von dem Buntspecht gehört, aber in den Tagen, als er dadurch Schlagzeilen machte, dass er Musterungsbüros und Einberufungszentren in die Luft sprengte, in den letzten Tagen des Vietnamkriegs, war sie noch ein Schulmädchen, das Brombeeren pflückte, Teddybären hätschelte, einer gewissen Gutenachtgeschichte lauschte und sich mit Butterblumen die Nase gelb färbte. Durch ein Klistier, welches Gulietta ihr auf Königin Tillis Geheiß verabfolgt hatte, wunderlich erregt, hatte Leigh-Cheri gerade an jenem Abend zum ersten Mal masturbiert, an dem Bernard seinerseits seinen größten Coup landete, und die verwirrende Lust geheimen Fingerspiels - die frische Glut, die ihre Wangen erhitzte, die undeutlichen Vorstellungen von schmutzigen Spielen mit Jungens, die klebrige Feuchtigkeit, die nach Froschwasser roch und wie Haftperlen am dichter werdenden Flaum rund um ihren Pfirsichfisch pappte -, dieser geheimnisvolle und beschämende kleine Schmerz der Ekstase stellte die weniger intimen Ereignisse jenes Tages hoffnungslos in den Schatten, unter anderem auch die Nachricht, dass der berüchtigte Buntspecht ein ganzes Gebäude auf dem Campus einer großen Universität des Mittelwestens gesprengt hatte.
Bernard Mickey Wrangle hatte sich in jener Nacht nach Madison, Wisconsin, geschlichen. Damals war sein Haar noch rot, und rot war die Farbe der Notarztwagen und der Rosen; rot war der Hut des Kardinals und der Hintern des Pavians; rot war die Farbe des Blutes, die Farbe der Marmelade; rot machte den Stier verrückt, rot brachte den Stier zur Strecke; rot war die Farbe der Valentinssträußchen, der Linkshändigkeit und des neuentdeckten schuldbeladenen Hobbys einer kleinen Prinzessin. Sein Haar war rot, seine Cowboystiefel schmutzig, sein Herz ein einziger Stock voller musikalischer Bienen.
Mit Hilfe und Unterstützung der Buntspechtbande jagte er den Chemiebau der University of Wisconsin in die Luft. Angeblich waren die in diesem Gebäude durchgeführten Arbeiten nützlich für den Krieg, den die US-Regierung damals in Südostasien führte. Die Explosion ereignete sich um drei Uhr morgens. Das Gebäude hätte leerstehen sollen. Unglücklicherweise befand sich ein graduierter Student in einem der Labors, um dort ein Forschungswerk abzuschließen, das ihm die Doktorwürde eintragen sollte.
Der fleißige Student wurde in den Trümmern gefunden. Nicht alles von ihm, aber genug, dass es ins Gewicht fiel. An den Rollstuhl gefesselt, wurde er Stereojockey in einer Disco in Milwaukee; er wechselte flotte Redensarten mit freizeitstrichenden Büroarbeiterinnen und spielte Barry-White-Platten, als ob er an sie glaubte. Er hätte ein anständiger Wissenschaftler werden können. Sein Projekt, das durch die Sprengung vernichtet wurde, war die Vervollkommnung eines oralen Verhütungsmittels für Männer.
Bernard gelang es, sicher in den Westen zu gelangen. Nur die Radionachrichten verfolgten ihn in das Versteck hinter dem Wasserfall. Dies eine Mal machten die Berichte ihm keinen Spaß. «Ich habe einem Mann seine Beine genommen», sagte er zu Montana Judy. «Ich habe ihm seine Mannheit genommen, ich habe ihm sein Gedächtnis genommen, ich habe ihm seine Karriere genommen. Schlimmer, ich habe ihm seine Frau genommen, die sich aus dem Staub gemacht hat, als es mit Mannheit und Karriere aus war. Noch schlimmer, ich habe wahrscheinlich die Entwicklung der Männerpille verhindert. Yiks. Ich muss bezahlen. Ich habe es nicht anders verdient. Aber ich werde auf meine Weise bezahlen, nicht auf die der Gesellschaft. So schlecht ich auch bin, es gibt keinen Richter, der gut genug ist, mich zu verurteilen.»
Ein anderer Büßer hätte sich einer schmuddeligen religiösen Sekte angeschlossen oder sich in eine finstere Gasse gestellt und darauf gewartet, dass einer vorbeikommt und ihm den Kopf einschlägt. Bernards Art zu bezahlen bestand darin, dass er sich in ein eigenes chemisches Forschungsprojekt stürzte. Er untersuchte, erforschte und testete verschiedene esoterische Methoden der Geburtenkontrolle. «Wer weiß», sagte er zu Montana Judy, «vielleicht finde ich etwas Besseres als die Pille des armen Kerls.»
In der herbalistischen Literatur steht geschrieben, Schwarzwurz sei gut für Verstauchungen, und Kampfer sei gut gegen Krämpfe; Cascarilla mache Schluss mit Verstopfung, Traubenkirsche mit Sprachhemmungen; gegen Nasenbluten empfehle sich Kreuzdorn, und bei Lungenentzündung nehme man Stinkenden Zehrwurz. Ist man von sexuellem Verlangen geplagt, wird Lilienwurzel verschrieben, und für den Fall, dass Lilienwurzel versagt, gerade nicht zur Hand ist oder im Delirium der Krankheit einzunehmen vergessen wurde, können Krebswurz, Narde und Himbeere die Geburt ein bisschen erleichtern. Die herbalistische Literatur des Westens ist auffällig arm an Ratschlägen zur Empfängnisverhütung, entdeckte Bernard. Auffällig arm. Er verdächtigte die Kirche, ihre Finger im Spiel zu haben, aber Bernard verdächtigte die Kirche mancherlei.
Anthropologische Texte, die er aus öffentlichen Bibliotheken beiderseits der Rocky Mountains stibitzte, handelten vom förderlichen Einfluss der Baumgeister und Wassernymphen auf die Fruchtbarkeit, und wenngleich Bernard dies nicht bezweifelte - die weiblichen Mitglieder der Buntspechtbande bewiesen draußen in der Wildnis, wo es Baumgeister zuhauf gab, eine erstaunliche Tendenz zur Fruchtbarkeit -, fragte er sich, wo zum Teufel die Götter wären, die gegen das Dickmachen halfen. Die Eskimos von der Beringsee, die Huixol aus Mexiko, die Nishinam-Indianer aus Kalifornien, die Kaffernstämme Südafrikas, die Basuto, die Maori, die Ainu, sie alle fertigten Puppen als Abbilder des erwünschten Säuglings, und dieser Akt homöopathischer Magie führte die erwünschte Schwangerschaft galoppierend herbei. Welches Bildnis aber konnte man anfertigen, um Möchtegern-Embryonen fernzuhalten? Den Bräuten der Lkungen verabreichte man einen Sud aus Wespennestern, um sie fruchtbar wie Insekten zu machen. Wie viele Rhinozerosse musste eine Braut essen, um das seltene Fortpflanzungsverhalten dieser Tiere zu imitieren?
In alten Zeiten, als der Erfolg - manchmal das Überleben - eines Volkes von stetiger Vermehrung abhing, wurde alle verfügbare Magie aufgeboten, um die Fruchtbarkeit zu fördern. Erst nach der industriellen Revolution erschienen Abschreckungsmittel gegen die Fruchtbarkeit allgemein wünschenswert (wünschenswert für die Gesellschaft insgesamt, nicht für die einzelnen unglücklichen Liebenden), und im letzten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts, als Überbevölkerung sich zu einer der größten Gefahren für den Planeten entwickelte, gab es keine Magie mehr, die man hätte aufbieten können. Oder doch? Vielleicht in Asien .
In einer Bar in Boulder, Colorado, sah Bernard in einer Fernsehserie mit dem Titel «Sie fragen .» einen bemerkenswerten Dokumentarstreifen. Irgendwo in Indien gab es ein Dorf, an dessen Rand, zwischen den Steinen, eine große Albino-Kobra hauste. Jahrelang hatte die Schlange eine Star-Rolle bei einem einzigartigen Fruchtbarkeitsritus gespielt. Die unfruchtbaren Frauen des Dorfes mussten eine Wallfahrt zur Höhle der weißen Kobra machen. Dort mussten sie diese küssen - auf den Kopf. Aber ein Kuss reichte nicht aus. Um eine Empfängnis zu garantieren, mussten sie die Kobra zweimal küssen. Auf diese Weise verlor das Dorf den größten Teil seiner unfruchtbaren Frauen. Bernard war von dieser starken Szene fasziniert. Das, so dachte er, würde einen guten Werbespot für frischen Atem abgeben. So im Stil von: «Wenn sie dich einmal küsst, wird sie dich noch mal küssen?» Bernard schickte diesen Vorschlag an den Kaugummikonzern Certs. Certs antwortete, er hätte anscheinend fragwürdige Ansichten, ganz zu schweigen von seinem guten Geschmack. Dasselbe sagte Montana Judy.
Aus Indien erhielt er dann aber die Nachricht, dass ein aus Poleiminze und Myrrhe gebrauter Tee die Empfängnis bis zu sieben Tagen nach dem Akt verhüten könne. Er ging sofort in einen Kräuterladen in Missoula und klaute sich die Ingredienzien. Ostindische Quellen vermittelten darüber hinaus die Erkenntnis, die regelmäßige Einnahme von Karottensamen sei eine Methode der Geburtenkontrolle, deren Wirksamkeit durch ungezählte Generationen von Hindufrauen erwiesen sei. Der Hinweis auf «ungezählte Generationen» überzeugte ihn wenig, aber er beschaffte sich die Karottensamen in einem Geschäft für Farmerbedarf in der Nähe von Billings und wurde dabei um ein Haar geschnappt. Die Beschaffung der gefäßverengenden Zutaten von Shi-link, dem traditionellen chinesischen Verhütungsmittel auf Pflanzenbasis, stellte noch einmal die Findigkeit des Buntspechts auf die Probe, denn die Zubereitung von Shi-link verlangte Tshi-je-Datteln, Shi-link-Blüten, Ling-shuk-Wurzeln und Gomsomtshu-Blätter: die vier Unsterblichen, gottbefohlen. Natürlich hatte die Drogenkommission erhebliche Bedenken gegen die Einführung der Shi-link-Essenz nach Amerika. Bernard sah sich gezwungen, die Türschlösser chinesischer Ärzte zu knacken, bis hinüber nach San Francisco, um ein wenig Shi-link in seine sommersprossigen Pfoten zu bekommen.
Trotzdem verlor er das Interesse an Shi-link ebenso plötzlich wie das an...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.