Schweitzer Fachinformationen
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Das Ende des Tunnels sehen . oder auch nicht
»Aufstehen!«, brüllte mein Besitzer direkt neben meinem Ohr, und ich schreckte aus dem Schlaf hoch.
Sein Atem stank nach Alkohol und Tabak, und er schüttelte mich brutal.
John. Ein Dreckskerl ersten Ranges, was man leicht an seinem ungehobelten und nachlässigen Auftreten erkennen konnte. Er war immer voll auf harten Drogen und hatte nichts als Geld im Sinn.
»Ich hab eine hohe Summe von ihm verlangt, also darf ich auch bei der Lieferung nicht trödeln!«, rief er in aufgesetzt fröhlichem Ton.
Ich schälte mich unter den böswilligen Blicken meines zukünftigen Ex-Besitzers aus dem Bett. Mir war übrigens noch nicht richtig bewusst, was ich da sagte: zukünftiger Ex-Besitzer.
Mit schwankendem Schritt verließ er das Zimmer - ein Anzeichen dafür, dass er betrunken war. Verdammte Scheiße, wie konnte man nur um neun Uhr morgens betrunken sein?
Neben meinem Bett stand eine alte Tasche mit Kleidung, die John mir zu diesem Anlass gekauft hatte: Unterwäsche, zwei Jeans und zwei Pullover. Was für ein aufmerksamer Mann.
Ich nahm die Sachen, die auf dem Boden lagen, und stopfte sie nachlässig hinein. Mit den abgetragenen Schuhen an den Füßen trat ich aus der Besenkammer, die mir als Schlafzimmer diente.
Ich konnte es kaum erwarten, diesen entsetzlichen Ort hinter mir zu lassen. Ein für alle Mal.
So schnell ich konnte, stieg ich die Treppe hinauf und wäre beinahe mit dem alten Penner zusammengestoßen, der auf der Schwelle zur Eingangstür auf mich wartete.
»Komm her.«
Misstrauisch trat ich näher. Er legte seine mageren, widerlichen Hände auf meinen zerzausten Kopf und versuchte, meine widerspenstigen Locken in der Hoffnung nach unten zu ziehen, meine Haare zu bändigen.
Als ich zurückzuckte, packte er mich fest am Kinn und zwang mich dazu, ihn anzuschauen, während er mir entgegenblaffte: »Ich sollte mich davor ekeln, dich anzufassen, du verdammte kleine Schlampe.«
Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu, entgegnete aber nichts. Er packte mich und zerrte mich nach draußen. Ein schöner Tag kündigte sich an, vor allem für mich.
Er ging zu einem schwarzen Auto, das vor dem Haus parkte, öffnete die Tür und stieß mich hinein. »Du machst nur Probleme, ganz zu schweigen von den Nächten, in denen du wie ein kleines Gör geflennt hast. Das wird er auch bald einsehen und sicher sein Geld zurückhaben wollen, aber dann sagst du ihm, dass das nicht infrage kommt.«
Bevor sich die Tür wieder schloss, drang ein irres Lachen über seine Lippen. Ich seufzte vor Erleichterung auf, und mein Herzschlag verlangsamte sich, als ich endlich spürte, wie das Auto sich in Bewegung setzte.
Der Fahrer war zu meiner großen Erleichterung nicht auf ein Gespräch aus. Vom Gesicht her schätzte ich ihn auf etwa vierzig Jahre, und sein Körper wirkte beeindruckender als der von John. Ich wandte den Blick ab und betrachtete die neue Umgebung hinter der getönten Scheibe.
Ich verließ diese Hölle, in der ich die Hälfte meiner Jugend verbracht hatte. Gewissermaßen war ich nun frei. Weit weg von John, der mich aus meinem vorherigen Leben herausgerissen hatte. Der es aus reiner Habgier für angebracht gehalten hatte, mich von der wirklichen Welt abzuschotten.
Ich bin frei. Verdammt, von diesem Moment habe ich so lange geträumt!
Bei diesem Gedanken musste ich wie ein Kind grinsen, und Tränen stiegen mir in die Augen. Endlich begann ich, das Ende des Tunnels zu sehen, eines Tunnels, in dem ich mich für das einzige Familienmitglied, das mir noch blieb, verloren hatte.
Allerdings fürchtete ich mich auch vor meinem neuen Besitzer. Ich wusste, dass er nicht schlimmer als John sein konnte, das war immerhin sicher, aber ich fragte mich, wer dieser Unbekannte sein mochte. Was hatte er mit mir vor? Und würde er ihr das Geld weitergeben, das ich verdiente? Übrigens hatte ich von ihr seit Beginn meiner Arbeit nichts mehr gehört.
Die vage Idee, meinem zukünftigen Besitzer zu entfliehen, ging mir durch den Kopf, aber jetzt war es zu spät. Mein Leben war zerstört, ich konnte nirgendwohin. Vor allem wusste ich nicht, wohin ich gerade unterwegs war.
Die Fahrt dauerte lange, sehr lange Inzwischen war die Nacht hereingebrochen, und ich schlief dauernd ein. Dann konzentrierte ich mich auf den Fahrer, der seit unserer Abfahrt kein Wort gesagt hatte. Würde ich eine Antwort erhalten, wenn ich ihn fragen würde, wie lange die Fahrt noch dauerte? Auf mich wirkte er übellaunig und kalt.
Endlich spürte ich, dass wir langsamer wurden. Ich schluckte schwer, als ich einige Männer am Straßenrand bemerkte. Der Fahrer ließ die Scheibe herunter, und mein Blick traf auf eine dieser imposanten Gestalten.
»Lasst ihn durch«, sagte der Mann.
Verdammt, wo sind wir? Ich muss ihn fragen .
Ich zögerte noch einen Moment. Als ich mich dann endlich zu der Frage durchgerungen hatte, hielt das Auto abrupt an. Der Fahrer stieg aus und ging um den Wagen herum, um auch mir die Tür zu öffnen. Er packte mich so fest am Arm, dass ich das Gesicht vor Schmerz verzog, und zerrte mich aus dem Fond.
Immer mit der Ruhe, ich hau schon nicht ab. Ich kann ja nirgendwohin, Kumpel.
Er warf sich den Rucksack über die Schulter, drückte auf einen Knopf mit leuchtendem Umriss, der sich an einem Tor befand, und wartete ab, ohne mich anzusehen oder etwas zu mir zu sagen. Um uns herum gab es nichts außer der Hauptstraße, die sich hinter mir erstreckte, und dem Tor vor uns, das mich von meinem künftigen, von einer langen Mauer umgebenen Zuhause trennte.
»Sie ist hier«, sagte der Fahrer kühl und hob den Kopf zu einer Überwachungskamera, die oben an der Mauer angebracht war.
Das Tor schwang automatisch auf. Er zog mich schnell mit sich die Auffahrt hinauf, die mir endlos vorkam. In der Ferne erhob sich ein riesiges Haus mit mehr Fenstern als Mauern. Hat mein neuer Besitzer denn noch nie Horrorfilme gesehen? So was erregt oft die Aufmerksamkeit von Psychopathen.
Es war ein großes, ein zu großes Haus. Zu meiner Linken befand sich inmitten eines makellos gemähten Rasens ein riesiger Pool. Viel weiter unten sah ich noch eine Einfahrt, wahrscheinlich zu einer Garage.
Der Fahrer packte mich noch etwas fester am Arm. Ich war mir sicher, dass ich seine Fingerabdrücke auf meiner Haut zurückbehalten würde. Dann klopfte er an die Haustür, und ein älterer Mann öffnete uns. Er musterte mich mit neutralem Gesichtsausdruck.
»Rick ist mit den anderen im zweiten Stock«, erklärte der ältere Mann, ohne den Blick von mir abzuwenden.
Rick? Hieß mein neuer Besitzer Rick?
»Sind alle hier?«
Der Mann nickte knapp und trat dann beiseite. Ich schenkte ihm ein höfliches Lächeln, das er nicht erwiderte. Vielmehr wandte er den Kopf ab und tat so, als ob er nichts bemerkt hätte. Warum nur hatte ich ihn angelächelt?
Wortlos stiegen wir eine weiße Treppe hinauf. Obwohl ich keine Gelegenheit hatte, in die verschiedenen Zimmer zu schauen, bemerkte ich mehrere Türen. Alles Schlafzimmer? Aber wer sollte in seinem Haus denn so viele Schlafzimmer brauchen?
Im zweiten Stock hörte ich vom Ende des Korridors gedämpfte Stimmen. Ich schluckte schwer, und mein Herz begann wie wild zu hämmern. Verängstigt von diesen unbekannten Stimmen, erzitterte ich, als wir vor der Tür standen, hinter der das leise Gemurmel hervordrang. Die berühmt-berüchtigte Tür, die meine unsichere Zukunft von meiner albtraumhaften Gegenwart trennte.
Nachdem er noch einmal angeklopft hatte, wartete der Fahrer wieder geduldig. Es waren deutlich Schritte zu vernehmen. Endlich ging die Tür auf, und dahinter stand ein Mann, jünger als derjenige, dem wir unten begegnet waren. Er war vielleicht fünfzig Jahre alt und betrachtete mich mit seinen blauen Augen, während sich seine schmalen Lippen in die Länge zogen. Immerhin, er lächelte.
»Du hast ja ziemlich lange gebraucht!«, rief er und sah den Fahrer an.
»Entschuldige, es war ziemlich viel Stau, ich musste auf Nebenstraßen ausweichen.«
Der Mann nickte und wandte seine Aufmerksamkeit dann mir zu. Hinter ihm war Geflüster zu hören. Er trat beiseite, ließ uns eintreten und schloss die Tür hinter uns.
Als der Fahrer endlich meinen Arm losließ, der inzwischen richtig schmerzte, atmete ich kurzzeitig auf. Mir gegenüber saßen vier Leute, die kaum älter als ich selbst zu sein schienen: zwei Frauen und zwei Männer. Sie alle saßen auf ledernen Bürostühlen und musterten mich und begutachteten mich, als ob ich ein Tier auf einem Viehmarkt wäre.
Ich fand das schrecklich.
»Ich beende dieses Treffen mit einer kategorischen Ablehnung«, sagte einer von ihnen und stand von seinem Stuhl auf.
Die ziemlich raue Stimme gehörte zu dem einzigen blonden Mann im Raum. Einige Strähnen seiner wilden Mähne fielen ihm vor die grauen Augen. Sein durchdringender Blick schüchterte mich ebenso sehr ein wie sein beeindruckender Körper.
Er wandte den Blick von meinem Gesicht ab, während der Fünfzigjährige zischte: »Ash, spiel nicht den Schwierigen. Sie ist perfekt fürs Geschäft, ihr ehemaliger Besitzer hat mir gesagt, dass sie sehr große Initiative zeigt.«
Das nennt man irreführende Werbung, Mister!
»Ich will aber keine neue Gefangene, Rick! Sieh sie dir doch an, verdammt, sie sieht aus wie ein Zombie! Sie nützt uns überhaupt nichts, außer dass wir mit ihr...
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