Schweitzer Fachinformationen
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»Natürlich, die besten Typen laufen einem an Kaffeetheken, auf Spaziergängen (Hund!) und vor allem dann, wenn man es nicht erwartet über den Weg - manchmal aber eben auch bei Tinder« Influencerin Luise (»Luiseliebt«) erzählt über ihr Single-Jahr mit Tinder-Dates:Authentisch, schonungslos ehrlich und maximal lebensbejahend Marie Luise Ritter,28Jahre, ist Single und will es auch bleiben. Trotzdem möchte sie nicht auf Männer und Begegnungen mit ihnen verzichten. Also meldet sie sich bei Tinder an und stürzt sich ins Abenteuer Dating. Dabei erlebt sie komische, traurige aber überwiegend erfüllende und bereichernde Situationen. Und aus jeder einzelnen nimmt sie etwas für sich mit. Sie erlebt vorsichtige Dating-Versuche, innige Freundschaften und die immer wiederkehrende Frage, was man in Dating Apps wie Tinder eigentlich sucht - und ob man überhaupt etwas suchen sollte. Ein Buch übers Erwachsenwerden und Sich-selbst-Finden inderGroßstadt - und vor allem eine Liebeserklärung an das Leben und die Liebe!
Er: Schönes Match, dann sage ich hiermit mal freundlich Hallo!
Ich: Hi Leon. Hattest du einen schönen Sonntag?
Er: Hab die Sonne genossen und bin gerade zurück in Hamburg. Und du?
Ich: Auf dem Balkon gelesen und mir mal wieder Tinder runtergeladen.
Er wirkt groß, hat dunkles Haar, und seine Fotos zeigen ihn im Anzug mit einem kleinen Struppi-Hund vor einer Häuserzeile. Ich steh auf Anzüge. Er sieht wirklich gut aus. Wir schreiben vielleicht zehn, fünfzehn Minuten über Belangloses, als er vorschlägt, lieber über Sprachnachrichten zu kommunizieren. Naiv wie ich bin, schicke ich ihm meine Nummer. Eine Sache, die meine Freundin Janne am nächsten Tag, als ich ihr von meiner neuen Online-Bekanntschaft erzähle, kommentiert mit »Alter, spinnst du? Nie-nie-niemals so schnell die eigene Nummer auf Tinder rausgeben!« Aber dazu später mehr. Als er spontan nach einem Date für den Abend fragt, fühle ich mich nach Monaten des Verkriechens gerade mutig und draufgängerisch. Ich bin heute sogar geschminkt, meine Haare liegen gut und ich habe ein richtiges Outfit an. Weiße Hose, blau gestreifte Bluse, dazu sommerliche Sandalen. Ich fühle mich wohl. Also sage ich zu. Er schlägt ein Restaurant einer italienischen Kette in meiner Nähe vor, nichts Besonderes, aber für so einen ungeplanten Sonntagabend und den schnellen Hunger völlig okay. Ich füttere meinen Hund, streiche noch einmal kurz meine Bluse glatt, nehme Geld und Handy und mache mich auf den Weg.
»Du datest bestimmt viel, oder?« Er zwinkert mir über unsere Teller hinweg zu.
»Ich habe mir Tinder vorhin erst runtergeladen, wie ich geschrieben habe.«
»Ach, das glaube ich dir nicht«, erwidert er. »Du siehst eher aus wie eine ganz Wilde, die von niemandem die Finger lassen kann.«
Wir sitzen ungefähr seit zwanzig Minuten im Restaurant am Fenster, ich bleibe eigentlich nur, weil ich Hunger habe. Es ist mehr als nur schrecklich. Ich fühle mich wirklich wie im falschen Film. Leon und ich, wir reden aneinander vorbei, tauschen Satzfetzen aus und sind eigentlich nur zwei Fremde, die nichts gemeinsam und sich nicht wirklich was zu sagen haben. Dass das hier nichts ist, muss uns beiden doch klar sein. Zwischen uns ist nichts, kein Funke, kein Verständnis, kein Interesse. Trotzdem gibt er sein Bestes, Witze zu reißen, viele auf meine Kosten. Er macht Bemerkungen zu meinem Äußeren, die mehr als daneben sind, und bedient dabei alle sexistischen Klischees. Als ich mich gerade ernsthaft frage, in was ich mich da hineinmanövriert habe, weil ein Date ja kaum schlimmer und zäher sein kann, sagt er ganz langsam, wie in Zeitlupe: »Weißt du, was wirklich schön wäre? Wenn ich jetzt hier meine Hose runterziehen könnte und du mir unter dem Tisch einen blasen würdest.« Ich pruste laut los, ohne, dass seine Worte wirklich zu mir durchdringen, und entgegne mit aller Schlagfertigkeit, die ich in diesem Moment aufbringen kann, dass das doch nun wirklich niemand sehen will. Ich bin völlig perplex. Es wäre richtiger und wichtiger gewesen, an dieser Stelle aufzustehen und zu gehen. Er fasst mein Lachen als Mitspielen auf, als gekonnten Sarkasmus, als Flirten vielleicht, und fühlt sich bestätigt, noch mehr Grenzen zu überschreiten. Dabei meine ich das völlig ernst, auch wenn ich dabei lache. Im Lachen verstecke ich meine Unsicherheit, so mache ich das schon immer. Als wir das Restaurant verlassen, streift er meine Hand und macht eine anerkennende Bemerkung zu meinem Po in der weißen Hose. Es schüttelt mich lautlos vor Ekel. Er ist groß und breit gebaut, und sein forsches, übergriffiges Auftreten macht mir zu viel Angst, als dass ich angemessen reagieren könnte.
Leider wohne ich viel zu nah am Restaurant, um ihn abschütteln zu können. Unten an der Tür stelle ich mich zwischen ihn und den Türrahmen, murmele mehrmals etwas wie »Ich gehe dann jetzt mal schlafen, danke«, aber er drückt sich an mir vorbei in meinen Hauseingang und läuft schnurstracks die Treppe hoch. Ich merke sofort, dass ich diese Situation nicht mehr unter Kontrolle habe, dass dieser mir fremde Mann gerade zu weit geht, dass ich gerade etwas sagen könnte, sollte, müsste. Aber ich bin unfähig, mich zu rühren, wirklich einzuschreiten. Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen und danach zu handeln. Ich stehe neben mir, als würden Körper und Kopf gerade nicht zusammengehören. Ich wüsste nicht, wie er reagiert, wenn ich jetzt Stress mache. Es erfordert vor allem Mut von mir, Mut und Ehrlichkeit. Etwas, womit ich mich schwertue, denn später einfach auf WhatsApp zu ghosten und ihn bei Tinder zu löschen, ist einfacher. Weniger Konflikt. Weniger direkte Auseinandersetzung mit diesem Menschen, der mir Angst macht. Ich wäge deshalb zwischen all meinen Ausflüchten und seinen Reaktionen kurz ab, und während ich das noch tue, habe ich schon meine Wohnung aufgeschlossen, und wir sitzen auf meinem Balkon. Ich sitze fest. In meinem eigenen Zuhause.
Während er redet, verstrickt er sich immer wieder in seltsame Widersprüche. So erzählt er mir erst, er wäre ein typisches Einzelkind, ein paar Momente später geht er auf seine vier jüngeren Brüder ein. Ich höre kaum zu, entdecke dann aber doch jede Menge weiterer Differenzen in seinem Monolog. Einfach irgendetwas daher erzählen, was sich in dem Moment imposant anhört und meine Geschichten übertrumpft. Fühlt sich für mich Nicht-Psychologin wie eine narzisstische Persönlichkeitsstörung an, die mir da gegenübersitzt. Und das als erstes Date als Neu-Single. Klasse. Und dann immer wieder die unpassenden Anspielungen auf mein Äußeres. Ich ekle mich inzwischen einfach nur noch.
Als er endlich geht, fühlt es sich an, als würde ich aus einem schlechten Traum aufwachen. Manchmal habe ich diese Träume, in denen schlimme Dinge passieren. In denen ich merke, dass ich gerade träume, aber nicht in der Lage bin, mich selbst aufzuwecken. So ungefähr waren die letzten drei Stunden, nur, dass sie real waren. Ich habe nicht reagiert. Ich habe ihn in meinen Hausflur und in meine Wohnung gelassen. Sobald er aus der Tür ist, blockiere ich seine Nummer bei WhatsApp.
Ich schicke meiner Single-Freundin Milli gegen null Uhr dreißig den Standort meiner Wohnung und schreibe ihr, dass ich zu Hause bin und es mir gut geht. Es ist ausgemacht, dass ich mich nach jedem Date kurz melde, damit sie sich keine Sorgen macht. Ich finde es wichtig, dass immer jemand weiß, wo ich bin. Wir sprechen vorher darüber, wen wir treffen, und halten uns auf dem Laufenden. Wie schlimm wäre es, wenn von so einem Date niemand etwas wüsste? Da könnte ja alles passieren. Könnte auch so, merke ich jetzt.
Als ich aufwache, ist mir direkt wieder schlecht. Leon. Dieser Blowjob-Spruch. Ich habe ihn mit zu mir genommen. Was ich meinen Freundinnen nicht erzähle, als ich am nächsten Tag davon berichte. Ich lasse es weg, fühle mich schlecht, aber das hier ist einfach nur verdammt peinlich. Meine Geschichte bleibt einfach nach dem Essen offen -». ja und dann war ich halt zu Hause, puh!« Was war nur los mit mir? Ich verzeihe mir diese eine Notlüge mit dem Versprechen an mich selbst, dass mir das nie wieder passiert. Nie wieder. Genauer auswählen. Einen Selbstverteidigungskurs belegen, vielleicht. Sich trauen, Nein zu sagen. Egal was, Hauptsache, das passiert mir nicht noch mal. Meinen Freundinnen werde ich ein anderes Mal von den unschönen Einzelheiten erzählen, wenn ich mehr verstanden habe, was mich zu dieser Dummheit veranlasst hat.
Vielleicht wären ein paar grobe Regeln ganz gut. So was wie: Mindestens drei Dates draußen, an der frischen Luft, eh ich überhaupt überlege, jemanden in meine Wohnung zu lassen oder ähnliches. Auch wenn sich ein Wein auf meinem schönen Balkon schnell verlockend anhört. Jedes kleine ungute Gefühl in meiner Magengrube ernst nehmen. Und ein Date im Zweifel schon nach zehn Minuten abbrechen, wenn es sich wie Zeitverschwendung anfühlt, kein spannendes Gespräch in Gang kommt. Auch wenn ich nicht weiß, wie ich das schaffen soll. Ich bin nicht der Typ für klare, harte Worte und direkte Absagen. Ich traue mich das schlichtweg nicht.
In einem Anfall von »andere Frauen mit diesem Negativ-Erlebnis zu mehr Selbstbestimmung inspirieren zu wollen« und einem »Ich muss veröffentlichen, dass mir so was auch passiert, dass ich nicht immer stark und tough und bei mir bin«, schreibe ich dieses erste Dating-Erlebnis für meinen Blog auf. Aber dann schreibe ich weiter, Date um Date. Das ist der Anfang von diesem Buch.
Als ich am Tag darauf noch einmal sein Profil aufrufe, um das Match aufzulösen, fällt mir auf, dass die Ganzkörperbilder gar nicht ihn zeigen. Dunkelhaarig, Anzug, Sonnenbrille und ein Hund, das könnte generell jeder sein. Aber die Statur passte nicht, er war in echt viel stämmiger. Und außerdem sieht der Straßenzug im Hintergrund aus wie . New York? Brooklyn? Backstein-Hausfassaden mit schwarzen Feuertreppen. Wieso fiel mir so etwas nicht vorher auf?
Ich wollte mich eigentlich nur ablenken und habe mir stattdessen meinen schlimmsten Albtraum beschert. Ob es besser wäre, die App zu löschen und es dabei für dieses Jahr zu belassen? Dann wäre mein einziges Date in 2018 mit einem Typen gewesen, der am Tisch fragt, ob er nicht seine Hose runterziehen kann. Puh, nee. Ich brauche ein gutes. Also stecke ich den Sonntag und Montag ein bisschen Zeit in die App und versuche mir vorzustellen, wie die Männer so sind, mit denen ich da schreibe. Ich suche eigentlich nur jemand Netten, Höflichen, mit dem ich einen guten Abend bei einer guten Unterhaltung verbringen kann. Ich wähle aus, schreibe ein...
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