Schweitzer Fachinformationen
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Deutschland Anfang März 2021. Das Land befindet sich noch immer in der zweiten Corona-Welle und liegt weitestgehend lahm, zumindest was das gesellschaftliche Leben betrifft. Restaurants, Kinos, Theater, Museen, Einzelhandel, Baumärkte, körpernahe Dienstleistungen wie Tattoo-Studios oder Massagepraxen, alles ist geschlossen. Nach der schwersten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg im zweiten Quartal 2020 bahnt sich das nächste Quartal mit rückläufiger Wirtschaftsleistung an. Die versprochenen unbürokratischen Hilfen sind bürokratisch wie alles hierzulande, und vielen Selbstständigen steht das Wasser bis zum Hals. Gäbe es nicht die Aussetzung der Insolvenzpflicht bei Zahlungsunfähigkeit, würde das Land eine nie da gewesene Pleitewelle erleben. Mehr oder minder sieht es in der gesamten westlichen Welt auch so aus, wobei die USA - unter Präsident Donald Trump zunächst planlos in die Pandemie gestolpert - nun mit ihrer Impfstrategie Deutschland und die meisten anderen Länder der Europäischen Union deutlich überholen. Nur das kürzlich ausgeschiedene Großbritannien macht es auch besser, was den Brexit aber nicht besser macht. Doch auch wenn es manche extrem hart trifft, die kollektive Angst vor einer schweren und langen Rezession mit hoher längerer Arbeitslosigkeit will sich nicht einstellen. Die Aktien legen rund um den Globus nach kurzem scharfem Rücksetzer zu, befinden sich fast überall auf Rekordniveau und scheinen als Seismograf eine rosige Zukunft zu verheißen. Ist die Durchimpfung so weit fortgeschritten, dass geöffnet werden kann, sollte es kräftig nach oben gehen. Den USA wird für 2021 ein Wirtschaftswachstum von 7 Prozent vorausgesagt.
Wir scheinen mit unserem Geldsystem das Perpetuum mobile gefunden zu haben. Zwar sind wir nicht immun gegen Krisen, diese tauchen immer wieder auf und sind wohl nicht zu vermeiden, aber wir haben offensichtlich einen sicheren Weg gefunden, wie wir uns sehr schnell aus diesen wieder befreien können und der nächste Wirtschaftsaufschwung eingeleitet wird, der uns dann zu noch mehr Wohlstand führt. Die Staaten gehen ganz einfach in die Vollen, leihen sich Geld und kurbeln damit die Konjunktur an. Die dadurch entstehenden Schulden übernehmen die eigenen Notenbanken, indem sie ganz einfach die Staatsanleihen aufkaufen, die der Staat zur Finanzierung herausgibt. Außerdem senken sie die Zinsen bis auf null und kurbeln so auch die Kreditvergabe im privaten Bereich an. Kurz darauf wächst die Wirtschaft wieder, es entstehen Arbeitsplätze und die Krise ist abgehakt.
Zu schön, um wahr zu sein? Könnte man meinen, doch den Skeptikern ist zu entgegnen, dass diese Politik doch schon nach der Finanzkrise angewendet wurde und sich seither bewährt hat. Ihre Kritiker wurden also durch nun bald 13 Jahre Praxis widerlegt und wenn man Japan mit einbezieht noch viel länger. Dort finanzierte die Notenbank schon vor der Finanzkrise den eigenen Staat. Negative Nebenwirkungen gab es offenkundig keine. Auch die Inflation, die viele von der Politik dieser Geldvermehrung erwarteten - ich gehörte auch dazu, wie einige Leser sicherlich wissen -, stellte sich nicht ein.
Was jedoch eintrat, war das, was eine Inflation üblicherweise mit sich bringt, nämlich ein negativer Realzins - also ein Zins, der unter der Inflationsrate liegt. Dieser sorgt dann real betrachtet für ein sukzessives Auffressen der in festverzinslichen Anlagen befindlichen Ersparnisse. Nur stieg diesmal nicht die Inflation über den Zins, sondern der Zins sank so weit ab, dass er unter die Inflation rutschte, obwohl sich diese nie über dem Zielsatz der Notenbank befand. Im Ergebnis war es für Sparer das gleiche Ergebnis, ihre Ersparnisse schrumpften real betrachtet. Insofern war es schon nach der Finanzkrise richtig, auf Sachwerte wie Gold, Immobilien, aber natürlich auch Aktien zu setzen.
Aus Sicht des Verbrauchers kam es allerdings nicht zu durchgehend höheren Preisen beim Bezahlen an der Kasse. Also müssen wir uns keine Sorgen machen und können uns nach der Durchimpfung der Gesellschaft und dem Ende des Lockdowns auf den nächsten schönen inflationsfreien Wirtschaftsaufschwung freuen? Es hört sich zu schön an, um wahr zu sein, und der gesunde Menschenverstand - so man über ihn verfügt - sagt einem unüberhörbar, dass es so einfach nicht sein kann.
Doch ich will gleich eines vorwegnehmen: Sie halten nicht das Buch eines Crashpropheten in der Hand, der die große Katastrophe verkündet, den Systemcrash, die Währungsreform, die Hyperinflation, in der alle Vermögen vernichtet werden, oder den repressiven Staat, der uns alle enteignet. Es gibt für all diese Prognosen überhaupt keine logische Herleitung. Mag sein, dass man mit so steilen Thesen Bücher verkauft, mit der Realität haben sie nichts zu tun.
Warnt jemand vor Inflation, so wie ich es tue, dann vermutet man ihn zunächst im Lager der Österreichischen Schule, deren prominentester Ökonom Friedrich August von Hayek war. Diese Lehre steht für eine durch reale Güter wie etwa durch Gold gedeckte Währung, in der der Markt den Zins bestimmt und nicht die Notenbanken. Doch weit gefehlt, diese Idee ist ein vollkommener Irrweg. Auch bin ich nicht gegen die aktuelle Politik der Notenbanken und war es auch nach der Finanzkrise nicht. Da, wo wir angekommen sind, ist sie die beste Alternative, denn viel zu weit ist der Rubikon überschritten, als dass zu einer konservativen Geld- und Fiskalpolitik zurückgekehrt werden könnte. Dieser Weg würde in eine Katastrophe führen. Ich erkenne einfach nur an, dass Inflation eine unvermeidliche und auch notwendige Folge der Fiskal- und Geldpolitik sein wird, keine galoppierende, aber eine trabende.
Denn natürlich haben sich durch das über Jahrzehnte überproportionale Wachstum der Verschuldung und der Geldmenge Ungleichgewichte aufgebaut. Denn mag der Wohlstand in den vergangenen Jahren auch gestiegen sein, er wuchs sehr ungleichmäßig für die einzelnen gesellschaftlichen Schichten.
Donald Trump und die Bewegungen, die er vertrat und noch vertritt, Boris Johnson und sein Brexit, der Front National in Frankreich, die Lega Nord in Italien, aber auch die AfD in Deutschland und andere extreme Bewegungen sind kein Zufallsprodukt. Sie wurden zu großen Teilen nach oben gespült durch diejenigen, die von der Globalisierung der vergangenen drei Jahrzehnte nicht profitieren, die nicht Teilhabe an den Wohlstandsgewinnen hatten, sondern sich zunehmend abgehängt fühlen. Die größten Zuwächse hatten vor allem diejenigen, die Kapitaleinkommen hatten, weil sie massiv von den steigenden Aktien-, Anleihen- und Immobilienpreisen profitieren. Lohneinkommen stiegen nur für die hochqualifizierten und in Führungspositionen befindlichen Arbeitnehmer, die vom Erfolg ihrer Firmen profitierten und als Fachkräfte den rasanten technischen Fortschritt gestalteten. Sie waren gefragt und profitierten von steigenden Gehältern. Die Menschen mit geringerer Qualifikation, die sich in den unteren Lohngruppen befinden, erlebten lange Zeit gar keine Realeinkommenssteigerungen mehr. Teilweise fielen ihre Reallöhne sogar. Relativ gesehen zu den anderen Einkommen sogar sehr deutlich. Und nicht nur die unteren Lohngruppen, auch die mittleren haben wenig Zuwachs in den vergangenen Jahren erfahren. Dazu kamen steigende Preise weit über der Inflation. Wer seinen Arbeitsplatz in einem Ballungsgebiet hat und keine Immobilie besitzt, der muss heute immer größere Teile seines Lohns für Miete aufwenden. Es ist schön, dass die Inflation in den vergangenen Jahren im Durchschnitt nie mehr als 2 Prozent betrug, doch nützt es dem im Rhein-Main-Gebiet tätigen Berufstätigen eben gar nichts, wenn günstige Mieten auf dem Land in Mecklenburg-Vorpommern die durchschnittlichen Mietsteigerungen herunterziehen. Sein Job ist eben im Rhein-Main-Gebiet, wo die Immobilienpreise und auch die Mieten explodiert sind. Hier hat sich in den vergangenen Jahren ein großer Druck aufgestaut. Wollen wir unseren sozialen Frieden bewahren, das wichtigste aller politischen und ökonomischen Ziele, wird es Veränderungen geben müssen. Und diese werden Geld kosten und die Preise steigen lassen.
Obwohl weite Teile der Wirtschaft sich noch im Lockdown befinden, spüren wir bereits, wie sich die Inflation anschleicht. Viele Preise klettern bereits. Und es wird nicht bei Einmaleffekten bleiben, weil es langfristige Trends gibt wie den ökologischen Umbau unserer Volkswirtschaften und die sich verändernde Demografie, die für höhere Preise sorgen werden. Gerade für uns Deutsche wird dies zu einer enormen Herausforderung. Da sich viele allein auf die staatliche Rente verlassen, die den Lebensstandard im Alter nicht mehr wird erhalten können, sind Sparen und der Aufbau einer parallelen Altersvorsorge dringend geboten. Doch diese lohnt sich nur, wenn die Anlage auch einen Ertrag abwirft und man vom sogenannten Zinseszins profitiert. Liegen die Zinsen aber bei null, gibt es auch keinen Zinseszins, stattdessen frisst auch schon eine geringe Inflation das Ersparte auf und die Altersarmut ist vorprogrammiert. Doch so weit muss es nicht kommen....
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