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Zu Unrecht steht Arados Ar 234 im Schatten der legendären Messerschmitt Me 262, der sie in mancherlei Hinsicht sogar überlegen war, und das, obwohl die Ar 234 als Bomber und Aufklärer konzipiert wurde
Arado Ar 234 V1, die am 30. Juli 1943 mit Flugkapitän Selle am Steuer zum Erstflug startete
Unter der Leitung von Walter Blume und Hans Rebeski gelang den Arado-Konstrukteuren mit dem ersten Strahlbomber der Welt, der Ar 234, ein fortschrittliches und revolutionäres Düsenflugzeug, das seiner Zeit weit voraus war und den Weg in die Zukunft wies.
Erste Planungen für den neuen Typ liefen bereits im Herbst 1940 an, als die Luftwaffenführung einen Hochgeschwindigkeits-Fernaufklärer forderte, mit dem ungehindert über Großbritannien operiert werden könnte. Mit dem Projekt E 370, einem aerodynamisch hervorragend geformten einsitzigen Ganzmetall-Schulterdecker mit zwei untergehängten Antriebsgondeln, stellte man im Frühjahr 1942 eine hölzerne Attrappe der Ar 234 vor, worauf der Bau von sechs Musterflugzeugen in Auftrag gegeben wurde. Als Antrieb waren zwei Junkers- oder BMW-Strahltriebwerke vorgesehen, die den dortigen Entwicklern jedoch noch Schwierigkeiten bereiteten. Zudem hatte die Einsatzreife der ebenfalls mit Junkers Jumo 004 ausgerüsteten Me 262 Vorrang, wodurch sich das Ar 234-Projekt beträchtlich verzögerte.
Der Startwagen, auf den das Flugzeug zum Start gesetzt und kurz nach dem Abheben ausgeklinkt wurde. Im hinteren Gehäuse ist der gepackte Bremsschirm zu erkennen
Als die Turbinen-Triebwerke, Jumo 004 A, endlich geliefert wurden, brachte man die Ar 234 V1 Mitte Juli 1943 zur Erprobung nach Rheine. Vorrangig um Gewicht zu sparen, erhielt das Flugzeug kein Fahrwerk, sondern Landekufen, jeweils unter den Triebwerken sowie mittig unter dem Rumpf. Zum Start sah man einen Startwagen vor, der dann aus 500 m Höhe abgeworfen und an Fallschirmen hängend zur Erde schweben sollte.
Nach ausgedehnten Triebwerks- und Rollversuchen startete am 30. Juli 1943 Werkspilot Flugkapitän Selle um 20 Uhr 10 zum 14-minütigen Erstflug. Fliegerisch hinterlies die Arado-Neuschöpfung einen überaus positiven Eindruck und zeigte keine konstruktiven Mängel. Probleme bereitete jedoch der Startwagen, dessen Fallschirme sich ineinander verwirbelten und der 600 kg schwere Wagen schließlich nahezu ungebremst abstürzte. Nachdem ein zweiter Versuch in etwas geänderter Art ebenfalls scheiterte, ging man mit Erfolg dazu über, den Wagen kurz nach dem Abheben auszuklinken und durch einen Bremsschirm zum Stehen zu bringen.
Start nur mit Strahlantrieb, der Bremsschirm des Startwagens beginnt sich soeben zu entfalten
Problematisch zeigten sich auch die hoch empfindlichen Triebwerke, die die ganze Aufmerksamkeit des Piloten verlangten. So durfte der Schubregler nur mit größter Vorsicht langsam bewegt werden, da die Aggregate sonst ausgingen und ein Wiederanlassen nur bedingt möglich war. Werkspilot Selle kam am 29. August bei seinem dritten Flug während des Landeanfluges in diese Verlegenheit, worauf er die V1 notlanden musste. Selle, der dabei unverletzt blieb, beklagte am 2. Oktober 1943 einen weiteren Triebwerksschaden sowie den Ausfall wichtiger Instrumente. Eine Turbine war, wahrscheinlich von Selle unbemerkt, in Brand geraten und zerstörte die Gestänge einer Landeklappe, worauf Selle, der die einmotorig fliegende Maschine zu landen versuchte, tödlich abstürzte.
Die nachfolgenden Flugzeuge erhielten daraufhin einige Änderungen. Ab der V3 waren sogar ein Schleudersitz, eine Druckkabine und eine automatische Feuerlöschanlage eingebaut.
Zur besseren Steigleistung konnte zusätzlicher Schub durch zwei Walter Raketen-Triebwerke erreicht werden, die unter den Flächen hängend nach dem Ausbrennen abgeworfen wurden, am Fallschirm niedergingen und wiederverwendbar waren.
Start der Ar 234 V3 mit zusätzlichem Schub durch Raketen-Triebwerke, so genannte R-Geräte, die den Startweg auf etwa die Hälfte reduzierten
Ar 234 V4 bei der Gras-Landung auf Kufen
Ar 234 V9, PH+SQ, W.Nr. 130 009, das Musterflugzeug für die B-Serie flog erstmals am 12. März 1944 mit Einziehfahrwerk. Unter dem Rumpf und den Triebwerksgondeln waren ETC-Träger für eine Bombenlast von bis zu 2000 kg montiert
Eine Ar 234 B-2 des KG 76 wird startklar gemacht. An der linken Triebwerksgondel ist ein Bombenträger erkennbar. Die Träger konnten auch zur Aufnahme von zwei 300-l-Zusatztanks verwendet werden
Die wartungsintensiven Jumo 004-Triebwerke hatten eine durchschnittliche Lebensdauer von nur 25 Stunden
Das Flugzeug stieß bei der Luftwaffenführung und auch beim Führer, dem die Ar 234 Ende November vorgeführt worden war, auf großes Interesse. Die Maschine sollte schnellstens als Aufklärer und Schnellbomber zum Einsatz gelangen. So wurde die Entwicklung der Arado 234 rasch vorangetrieben. Da das bei den Aufklärer-Flugzeugen verwendete und durchaus bewährte Start- und Landesystem mittels Startwagen und Kufen für den praktischen Einsatz als Bomber nicht in Frage kam, wurde ein Fahrwerk mit Bugrad entwickelt und mit der V9 im März 1944 umgesetzt, die damit zum Musterflugzeug für die B-Serie wurde, die ab Mitte 1944 als Aufklärer- (B-1) und Bomber- wie Aufklärerversion (B-2) gebaut wurde. Um das Fahrwerk unterzubringen, mussten die Rumpftanks verlegt und der Rumpf etwas verbreitert werden. Die B-2 wurde mit allem, was für den Bombenwurf benötigt wurde, ausgestattet, so auch mit einem Dreiachs-Autopilot, der mit dem Bombenzielgerät Lotfe K7 gekoppelt war und das Flugzeug zum Abwurfziel führte.
Die Bombenlast von maximal 2000 kg konnte an ETC-Trägern unter dem Rumpf (max. 1000 kg) und den Triebwerksgondeln (max. je 500 kg) mitgeführt werden. Als Normallast galten 1000 kg.
Des weiteren erhielten die B-2-Ausführungen ein Periskop, das den Bombenabwurf im leichten Sinkflug erleichterte und den Blick nach hinten ermöglichte, dem schwächsten Punkt der Arado 234, da die Auslegung der Kabine praktisch keine Sicht nach hinten zuließ.
Eine weitere bei der Ar 234 eingeführte Neuheit war die Ausstattung mit einem Bremsschirm, um die lange Landestrecke zu verkürzen.
Auf Basis der Ar 234 B plante man ab Mitte 1944 30 Maschinen zu Nachtjägern umzubauen. Die als Ar 234 B-2/N bezeichnete Ausführung erhielt den Tarnnamen Nachtigall. Zur Ausrüstung des Nachtjägers gehörte ein Waffenbehälter mit zwei MG 151/20 unter dem Rumpf sowie eine Funkmessanlage FuG 218 Neptun. Der Messfunker fand im hinteren Teil des Rumpfes Platz, wo sonst die Kameraausrüstung (Aufklärer) untergebracht war. Nur drei Flugzeuge wurden jedoch derart ausgestattet. Die Einsatzerprobung der Behelfsnachtjäger verlief insgesamt unbefriedigend. Im Rahmen der C-Reihe sollte schließlich ein reiner Nachtjäger konzipiert werden.
Erste Einsatzerfahrungen konnten im August 1944 gesammelt werden, als mit dem Versuchsmuster V7 Aufklärungsflüge über der Normandie geflogen wurden, die äußerst erfolgreich verliefen. Die Aufklärer der A-Serie (mit Kufen) wie auch der B-Serie waren in der Regel mit zwei Kameras ausgestattet und wurden in den Sonderkommandos Götz, Hecht und Sperling geflogen. Später wurden die Sonderkommandos in einer Einheit, der 1. Staffel der Fernaufklärungsgruppe 100, zusammengefasst. Hinzu kamen die 1.(F)/Aufkl.Gr 123 und 33, ausgestattet mit Ar 234 B-1.
Mit der B-2 kam ab Oktober 1944 die Ar 234 auch als Bomber an die Front. Als erste und einzige Kampfeinheit bekam das Kampfgeschwader 76 den modernen Schnellbomber zugewiesen, der sich glänzend bewährte. Wegen der überlegenen Geschwindigkeit als Aufklärer praktisch kaum abfangbar, stellte auch die langsamere Bomberversion der Ar 234 für die alliierten Jäger einen äußerst schwierigen Gegner dar - die Arados verschwanden noch schneller, als sie gekommen waren. Das einzig tatsächlich wirksame Mittel, die Strahlflugzeuge an ihren Einsätzen zu hindern, bestand darin, die Maschinen am Boden zu vernichten oder sie an ihren Einsatzplätzen während des Start- und Landemanövers in wehrlosem Flugzustand vom Himmel zu holen, wie dies häufig auch bei den Me 262-Verbänden geschah.
Eine Arado Ar 234 B-2 wirft im leichten Sinkflug zwei 500-kg-Bomben. Diese Art des Bombenwurfs wurde erfolgreich...
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