Schweitzer Fachinformationen
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Ich geh dir nach, wie aus der dumpfen Zelle
ein Halbgeheilter schreitet: in der Helle
mit hellen Händen winkt ihm der Jasmin.
Ein Atemholen hebt ihn von der Schwelle, -
er tastet vorwärts: Welle schlägt um Welle
der großbewegte Frühling über ihn.
Ich geh dir nach in tiefem Dirvertrauen.
Ich weiß deine Gestalt durch diese Auen
vor meinen ausgestreckten Händen gehn.
Ich geh dir nach, wie aus des Fiebers Grauen
erschreckte Kinder gehn zu lichten Frauen,
die sie besänftigen und Furcht verstehn.
Ich geh dir nach. Wohin dein Herz mich führe
frag ich nicht nach. Ich folge dir und spüre
wie alle Blumen deines Kleides Saum.
Ich geh dir nach auch durch die letzte Türe,
ich folge dir auch aus dem letzten Traum .
Wolfratshausen, 18. Juni 1897
Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn,
wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören,
und ohne Füße kann ich zu dir gehn,
und ohne Mund noch kann ich dich beschwören.
Brich mir die Arme ab, ich fasse dich
mit meinem Herzen wie mit einer Hand,
halt mir das Herz zu und mein Hirn wird schlagen,
und wirfst du in mein Hirn den Brand,
so werd ich dich auf meinem Blute tragen.
Wolfratshausen, Sommer 1897
Da erzählte der Vater: Im Königspalast
War ich vor Jahren des Königs Gast.
Die Kinder lauschten alle.
Da erzählte der Vater: Dann hielten wir Rast
In goldenen Stühlen mit rothem Damast.
Die Kinder schauten die Halle.
Den Kindern ging leiser und leiser die Uhr,
Sie lugten und lauschten und folgten der Spur
Des purpurnen Märchens. Ein bleicher
Knabe allein schlich hinaus in den Flur.
Seine einsame Seele sang ihm: Nur?
Meine Träume sind reicher.
Wolfratshausen, 17. August 1897
Das ist die Sehnsucht: wohnen im Gewoge
und keine Heimat haben in der Zeit.
Und das sind Wünsche: leise Dialoge
der armen Stunden mit der Ewigkeit.
Und das ist Leben. Bis aus einem Gestern
die einsamste von allen Stunden steigt,
die, anders lächelnd wie die andern Schwestern,
dem Ewigen entgegenschweigt.
Berlin-Wilmersdorf, 3. November 1897
Ich möchte werden wie die ganz Geheimen:
Nicht auf der Stirne die Gedanken denken,
nur eine Sehnsucht reichen in den Reimen,
mit allen Blicken nur ein leises Keimen,
mit meinem Schweigen nur ein Schauern schenken.
Nicht mehr verraten und mich ganz verschanzen
und einsam bleiben; denn so thun die Ganzen:
Erst wenn, wie hingefällt von lichten Lanzen,
die laute Menge tief ins Knieen glitt,
dann heben sie die Herzen wie Monstranzen
aus ihrer Brust und segnen sie damit.
Berlin-Wilmersdorf, 29. Dezember 1897
Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und lass dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken lässt.
Sie aufzusammeln und zu sparen
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.
Berlin-Wilmersdorf, 8. Januar 1898
Alle Strassen führen
jetzt grade hinein ins Gold:
die Töchter vor den Thüren
haben das so gewollt.
Sie sagen nicht Abschied den Alten,
und ist doch: sie wandern weit;
da sie so fremd und befreit
anders einander halten,
und in anderen Falten
um die lichten Gestalten
gleitet das Kleid.
Florenz (San Domenico), 3. Mai 1898
Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heisst Hund und jenes heisst Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.
Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.
Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.
Berlin-Wilmersdorf, 21. November 1898
Ihre Seele stieg in ihr entflammtes
Aug, wie in die Rüstung steigt der Wächter
weißer Türme oder sanfter Frauen
(eh die Blicke noch den Feind erschauen,
in der Ahnung seines Amtes),
und sie hebt mit ihrem Atmen breit
in den Glanz ihr schweres Halsgeschmeid;
und in ihrem rotverloschnen Kleide
ist ein Kämpfen zwischen Samt und Seide
und ein dunkler Widerstreit:
bis der Falten seidenes Gelächter
abbricht an dem Rand des ernsten Samtes.
St. Petersburg, Anfang Juni 1899
Da neigt sich die Stunde und rührt mich an
mit klarem, metallenem Schlag:
mir zittern die Sinne. Ich fühle: ich kann -
und ich fasse den plastischen Tag.
Nichts war noch vollendet, eh ich es erschaut,
ein jedes Werden stand still.
Meine Blicke sind reif, und wie eine Braut
kommt jedem das Ding, das er will.
Nichts ist mir zu klein und ich lieb es trotzdem
und mal es auf Goldgrund und groß,
und halte es hoch, und ich weiß nicht wem
löst es die Seele los .
Berlin-Schmargendorf, 20. September 1899
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.
Ich lebe grad, da das Jahrhundert geht.
Man fühlt den Wind von einem großen Blatt,
das Gott und du und ich beschrieben hat
und das sich hoch in fremden Händen dreht.
Man fühlt den Glanz von einer neuen Seite,
auf der noch alles werden kann.
Die stillen Kräfte prüfen ihre Breite
und sehn einander dunkel an.
Berlin-Schmargendorf, 22. September 1899
Werkleute sind wir: Knappen, Jünger, Meister,
und bauen dich, du hohes Mittelschiff.
Und manchmal kommt ein ernster Hergereister,
geht wie ein Glanz durch unsre hundert Geister
und zeigt uns zitternd einen neuen Griff.
Wir steigen in die wiegenden...
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