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Kalista vol Kalah Heigaari, Feldherrin des camavorischen Heeres, Speer des Silberthrons und Nichte des Königs, riss sich den Helm vom Kopf. Sie holte tief Luft und fuhr sich mit der Hand durch ihr langes, schweißnasses Haar.
Die Sonne brannte auf sie herab, unbarmherzig und gnadenlos. Es war eine sengende Hitze, die in ihren Lungen brannte, aber langsam begann sich ihr Puls wieder zu beruhigen. Erst jetzt, als der Rausch des Kampfes nachließ, spürte sie das Stechen und den Schmerz der Wunden, von denen sie sich nicht erinnern konnte, sie sich zugezogen zu haben. Ihr Kopf fühlte sich schwer an, und in ihren Ohren klingelte es. Hatte sie einen Schlag auf den Kopf abbekommen? Möglich, aber während der Schlacht hatte ein solches Durcheinander geherrscht, dass sie es nicht mit Sicherheit wusste.
Ihre Arme waren schwer wie Blei, ihr Rücken schmerzte. Alles, was sie wollte, war auf den Boden zu sinken und die Augen zu schließen, aber sie tat es nicht. Kein Soldat wollte sehen, wie die Feldherrin sich ihrer Erschöpfung hingab. Also blieb sie stehen und betete zu den Ahnen, dass ihre Beine nicht einfach unter ihr nachgeben würden.
Die staubige Ebene war übersät von Tausenden Körpern. Dort, wo der Kampf am heftigsten getobt hatte, türmten sie sich auf den Linien, an denen die Truppen aufeinandergestoßen und gestorben waren. Die meisten lagen bewegungslos da, aber nicht alle. Überlebende beider Lager zuckten und stöhnten. Aber gesiegt hatten die Camavorer. Während also ihre Verwundeten geborgen, ihre Verletzungen versorgt werden würden, hatte das Töten der Kämpfer und Kämpferinnen von Santoras bereits begonnen.
Jenseits des Schlachtfelds sahen die Frauen und Töchter, Ehemänner und Söhne der Gefallenen von den Zinnen der abfallenden Sandsteinmauer ihrer Stadt zu. Kalista meinte fast, ihr Weinen hören zu können. Innerhalb der Mauern herrschte wahrscheinlich Panik. Ihr König hatte alles aufs Spiel gesetzt, indem er sich Camavor entgegengestellt hatte, aber nun war er tot und seine Stadt erobert.
Weit hinter Kalista, auf einer Anhöhe, die das Schlachtfeld überblickte, stand der verhängte Pavillon, von dem aus ihr König zusah, seine Gemahlin an der Seite. Viegos Wunsch war es gewesen, hier unten zu stehen, zu kämpfen, mit der mächtigen Klinge Heiligkeit in der Hand das Heer anzuführen. Schließlich entstammte er einer Reihe von Kriegerkönigen, und sein Vater war der legendäre Löwe von Camavor. Seit anderthalb Jahren war Viego nun König, und er brannte darauf, seine Macht unter Beweis zu stellen, vor seinen Verbündeten wie vor seinen Kritikern.
Vor dem Kampf hatte er die Ratschläge seiner Berater und Generäle abgetan, die ihn gedrängt hatten, aus der Entfernung zuzusehen, weitab der Gefahr. Doch als diese abgezogen waren, hatte Kalista ihn gestellt.
»Du bist der König und hast noch keinen Erben«, hatte Kalista, die langsam die Geduld verlor, durch zusammengebissene Zähne hervorgestoßen.
»Ich bin es leid, im Schatten meines Vaters zu stehen«, hatte Viego gefaucht. Er war für den Kampf gekleidet, in glänzend schwarzer, goldumrandeter Rüstung. »Ich bin ein ebenso starker Krieger, wie er es war. Ich will, dass dieser Sieg mir gehört.«
»Das wird er auch, egal, ob du mit auf dem Schlachtfeld stehst oder nicht«, erwiderte Kalista. »Die Geschichtsbücher werden es als einen Sieg König Viegos verzeichnen. Es spielt keine Rolle, ob du kämpfst.«
»Für mich schon«, hatte er hitzig zurückgegeben.
Niemand sonst würde sich trauen, in diesem Tonfall mit ihm zu sprechen, aber schon als Kind hatte er stets ihre Bestätigung gesucht, und in gewisser Weise tat er das immer noch.
Doch diesmal ließ er sich nicht umstimmen. Gerade hatte er den Mund geöffnet, um zu widersprechen, als Königin Isolde eine Hand auf seinen Arm legte. »Kalista ist weise, mein Liebster«, hatte sie gesagt. »Bleib an meiner Seite. Bitte. Du musst nichts beweisen.«
So sanft ihre Worte auch klangen, Isolde wohnte beeindruckende Stärke inne. Viego hatte geseufzt und schließlich nachgegeben. »Es ist wohl nur der Stolz, der den Wunsch in mir weckt, zu kämpfen«, hatte er gesagt und die Hand seiner Königin mit der seinen ergriffen. »Ich will tun, was du wünschst, meine Liebe.«
Auf dem staubigen, heißen Schlachtfeld, inmitten der Toten und Sterbenden, reckte Kalista ihren Speer in die Luft, um das Königspaar in der Ferne zu grüßen.
»Das sollte sich besser mal jemand ansehen«, sagte eine Stimme, ein tiefer, grollender Bariton. Kalista wandte sich um und entdeckte Ledros, ihren zuverlässigsten und fähigsten Hauptmann. Er war ein Hüne von Mann, überragte den nächstgrößten Mann der Heerschar Camavors um fast zwei Köpfe, und sein von der Sonne dunkel gebräuntes Gesicht war von einem Gewirr blasser Narben überzogen. Wie bei allen standeslosen Fußsoldaten der Heerschar bestand seine Rüstung aus wenig mehr als einem Brustharnisch aus gehärtetem Leder, einem unscheinbaren Bronzehelm und ledernen Beinplatten. Sein großer hölzerner Schild war zersplittert, und als er ihn von seinem Arm löste, zerfiel er in Stücke. Es war ein gewaltiger Arm, so dick wie anderer Männer Oberschenkel. Er war mit Blut bespritzt, aber nur wenig davon war seines.
Kalista starrte ihn an und versuchte zu verstehen, was er meinte. Er deutete auf die Seite ihres Kopfes, und sie hob die Hand an die Schläfe. Stirnrunzelnd betrachtete sie ihre blutigen Fingerspitzen. Dann warf sie einen Blick auf ihren Helm, den sie lose in ihren tauben Fingern hielt, und sah den seitlich eingekerbten Riss. Axthieb. Er konnte sie nur gestreift haben, sonst läge sie jetzt bei den anderen Leichen im Staub. Sie hatte Glück gehabt, und Ledros wusste das.
»Es ist nichts, Hauptmann«, sagte sie.
Ledros hielt ein Büschel Haare in der Hand, an denen als grausige Trophäe ein abgetrennter Kopf baumelte. Der Herrscher von Santoras. Es war der Tod dieses Kriegerkönigs, der den Kampfgeist des feindlichen Heeres gebrochen hatte. Und als die ersten Soldaten und Soldatinnen die Flucht ergriffen, war das Ende absehbar gewesen. Auf dem Schlachtfeld war die Angst eine ansteckende Krankheit, und die Entschlossenheit einer Armee konnte schnell ins Wanken geraten. Der Tod eines einzigen Mannes konnte eine ganze Gefechtslinie zerschlagen, genau so, wie ein einzelner Kiesel eine Lawine auslösen konnte.
»Das war ein guter Kampf«, sagte Kalista.
Der feindliche König hatte den Ruf eines unübertroffenen Schwertkämpfers gehabt, und bei dem, was Kalista gesehen hatte, war dieser Ruf auch nicht übertrieben gewesen. An der Spitze seiner Elitetruppe hatte er ihre rechte Flanke angegriffen und gekämpft wie ein Halbgott, alles, was sich ihm in den Weg stellte, fiel. Die Reihen Camavors hatten nachgegeben und drohten aufzubrechen, bis Ledros sich durch das Gefecht gekämpft hatte, um ihm entgegenzutreten.
Es bestand kein Zweifel daran, dass der König ein talentierter Krieger gewesen war . er war nur nie zuvor auf einen Gegner wie Ledros getroffen.
»Der Bastard hat sich anständig gewehrt«, grunzte Ledros.
»Nicht anständig genug, wie mir scheint«, merkte Kalista an. »Die Ritterorden werden außer sich sein vor Wut, dass Ihr ihnen die Chance genommen habt, diese Ehre für sich zu beanspruchen.«
Wie immer sprach sie ihn mit dem Respekt an, den er verdiente, auch wenn andere ihm das ob seiner niederen Geburt verwehren mochten. Ledros grinste. Seine Züge waren zu breit und massig, als dass man ihn als gut aussehend hätte bezeichnen können, aber er hatte ein ehrliches Gesicht. In ihm steckte nicht ein Fünkchen Arglist, ein Charaktermerkmal, das man allzu selten fand. »Das macht den Sieg umso süßer«, sagte er mit einem schalkhaftem Glitzern in den Augen.
Kalista schnaubte. Es war ein würdeloses Geräusch, aber außer Ledros und den anderen ihr loyal ergebenen Soldaten und Soldatinnen war niemand da, der es hören konnte. Sie war vielleicht von hoher Geburt, aber sie hatte sich stets im gemeinen Korps wohler gefühlt als in der Gesellschaft anderer Adliger mit ihren Schmeicheleien, den Lügen und Intrigen. Die Politik am Hof von Camavor war genauso gefährlich wie jedes Schlachtfeld, voller Finten, plötzlichen Angriffen und verzweifelten letzten Gefechten, aber Kalista trat ihren Feinden schon immer lieber im Kampf entgegen. Dort konnte man wenigstens sehen, wer eine Klinge hielt.
Staubwolken in der Ferne zeigten an, in welche Richtung der zerschlagene Rest der gegnerischen Armee geflohen war. Sie würden nicht weit kommen. Drei der großen Ritterorden waren neben dem Heer aufmarschiert, um Santoras zu besiegen - die Ritter der Azurblauen Flamme, der Eiserne Orden und die Ritter des Schwarzen Geweihs -, dazu noch eine Handvoll kleinere Orden. Ihnen war der Ruhm eines entscheidenden, siegreichen Eingreifens verwehrt worden, als das feindliche Heer zusammengebrochen war, noch bevor sie sich richtig in den Kampf einbringen konnten, also würden sich die Ritter jetzt damit vergnügen, den Überlebenden nachzusetzen.
Kalista schob die Erschöpfung beiseite und lief durch die Reihen des Heers, Ledros an ihrer Seite. Sie wollte, dass die Kämpferinnen und Kämpfer ihre Feldherrin sahen. Regelmäßig blieb sie stehen, um Einzelnen Lob auszusprechen, zu scherzen oder ihr Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen. Sie kniete neben den Verwundeten, hielt die Hände der Sterbenden und malte denen, die bereits verschieden...
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