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Vorab: Der Begriff »Aborigine« war lange Zeit Gegenstand einer kontroversen Debatte. Viele Nachfahren der Ureinwohner Australiens haben sich mittlerweile mit dieser Bezeichnung arrangiert, verwenden aber auch gerne die Begriffe »Aboriginal Australians«, »Aboriginal People«, »First Australians«, »First Nation Australians«, »First Nation People« oder »Indigenous Australians«. Die offizielle Bezeichnung dieser Gruppen lautet in Australien übrigens »Aboriginal and Torres Strait Islander peoples«.
Es gibt englische Historiker und Historikerinnen, die behaupten, der Seefahrer James Cook habe Australien nur deshalb erreichen können, weil er seiner Mannschaft ganze Fässer voll Sauerkraut verabreichte. Dass es deutsches Sauerkraut war, kann man aus einem Streit erkennen, den Cook mit seinen Matrosen hatte. Denn die wollten das deutsche Kraut anfangs ums Verrecken nicht essen. Das Standardessen auf der Endeavour bestand aus stark gepökeltem Schwein und einer Art bissfestem Keks. Erst als Cook selbst sich täglich eine gute Ladung Sauerkraut auf den Teller packte, konnte er auch seine mürrische Crew überzeugen. Der gefährliche Skorbut blieb aus, und James Cook verlor dank intensiver Vitamin-C-Gaben in Form von Sauerkraut und Limettensaft auf seinen langen Reisen nur wenige Männer. (Wahrscheinlich ebenjene, die sich seiner Sauerkrautkur standhaft verweigert hatten.)
Als der Brite 1770 die australische Ostküste entlangsegelte, um sie zu kartieren, war er weder der Kapitän des Schiffes (!) noch der Entdecker dieses neuen Landes (!!). Am 26. Januar, dem australischen Nationalfeiertag, feiert man nicht die Entdeckung Australiens, sondern die Ankunft der ersten Flotte, ihrer Strafgefangenen und Besatzung. Ein häufig tradierter Fehler. Cook galt lange Zeit in den Schulen des Landes als Captain Cook, der Entdecker Australiens. Die Aboriginal People in den Missionsschulen reagierten auf die dort ausschließlich unterrichtete Geschichte der weißen Besiedlung mit einer spöttischen Interpretation des historischen Kürzels B. C. Für sie begann die neue Zeitrechnung nicht before Christ, sondern before Cook.
Bereits 164 Jahre vor Lieutenant James Cook hatte der holländische Handelsreisende Willem Janszoon australischen Boden betreten. Er hielt die Landspitze der heutigen Cape-York-Halbinsel, auf die er am 26. Februar 1606 stieß, jedoch für einen Teil Neuguineas. Als den »Kolumbus von Australien«, also den eigentlichen Entdecker, könnte man den Niederländer Dirck Hartog bezeichnen, der 1616 am heutigen Cape Inscription an der Westküste landete.
Tatsächlich jedoch kamen die Europäer Jahrtausende zu spät, um sich als Entdecker feiern lassen zu können. Die erste Besiedlung verliert sich im Nebel der Zeit, reicht aber mindestens 53 000 Jahre zurück. Die Ureinwohner Australiens lebten bereits seit der Altsteinzeit auf diesem fernen Kontinent. Als sich 1770 Europäer und First Nation People zum ersten Mal begegneten, kam es zum größten cultural clash, den die Welt je erlebt hatte. Auf der einen Seite die indigenen Völker Australiens, die ältesten kontinuierlichen Kulturen der Menschheit. Leben mit Steinwerkzeugen wie im Paläolithikum. Kein Metall, kein Rad, keine Feuerwaffen. Und auf der anderen Seite die neuen Siedler. Reisende der Industrialisierung. Botschafter der Dampfwagen, des Thermometers und der optischen Telegrafie. Die neuen Herren, die auf die Aborigines herabblickten, als wären diese seltsame Fossilien, brachten viele Dinge in die neue Welt, die man dort zuvor nicht vermisst hatte: Musketen, Pferde, Missionare, Rum, Tabak, Syphilis und Pocken.
Als bei uns in Europa noch Neandertaler lebten, hatten die ersten Menschen der Gattung Homo sapiens Australien längst erreicht. Während der ersten Besiedlung war dieser südliche Kontinent etwa um ein Sechstel größer als heute. Durch die Eiszeit auf der Nordhalbkugel war der Meeresspiegel weltweit über Hundert Meter niedriger. Australien war damals noch mit Neuguinea und Tasmanien verbunden.
Die Vorfahren der Aboriginal People haben Australien allerdings nicht über eine Landbrücke erreicht. Sie machten sich von den Inseln des indonesischen Archipels mit langen Seekanus auf den Weg in eine ihnen völlig unbekannte Welt. Eine urzeitliche Welt, wie der Mensch sie noch nie zuvor gesehen hatte.
In ihren ältesten Sagen sprechen die Aborigines aus dem Arnhemland im Norden Australiens noch heute voller Ehrfurcht von Beutellöwen, riesigen Drachen und baumhohen Kängurus. Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass diese keine reinen Erfindungen waren.
Der Kontinent, den die Vorfahren der Aborigines in der Urzeit erreichten, sah völlig anders aus als das heutige Australien. Wasser war das Element der frühen Zeit. Es gab endlose Sümpfe und Feuchtgebiete. Riesige Dschungel dominierten das Land. Im Norden befand sich ein gewaltiger Süßwassersee, in dem Krokodile lebten, die doppelt so groß waren wie ihre heutigen Nachfahren. Australien war damals eine Welt der Riesen, der Megafauna. Das größte Beuteltier, das es je gab, das Diprotodon, erreichte die Größe eines Nilpferds. Gingen die ersten australischen Menschen auf die Jagd, so mussten sie mit Riesenechsen und dem Procoptodon goliah rechnen, einem drei Meter großen Känguru. Durch Skelettfunde weiß man, dass dieses giant short-faced kangaroo stolze 230 Kilo auf die Waage gebracht haben muss. Wer sich ein Bild von diesen uns völlig unbekannten, teils sehr bizarren Tieren machen möchte, kann sie im Australian Museum in Sydney in Originalgröße bestaunen.
Als vor 9000 Jahren die Eiszeit zu Ende ging, stiegen die Meeresspiegel rapide an, und Australien verlor ein Sechstel seiner Landmasse durch Überschwemmungen. Die Aboriginal Australians zogen ins Landesinnere, in eine ihnen fremde, unwirtliche, sehr trockene Welt. Dürre und Hitze bestimmten nun ihr Leben, und um dort überleben zu können, machten sie ausgerechnet das Feuer zu ihrem wichtigsten Werkzeug. Aus Wassermenschen wurden Feuerkünstler, die mit mächtigen Fackeln auf die Jagd gingen.
Mit geübtem Auge erkannten die Ureinwohner den Wechsel der Ernte- und Sammelzeiten allein an den veränderten Farben der Vegetation. Die Sonne war ihre Uhr, und die unterschiedlichen Farben der Bäume wurden zu ihrem Kalender. War das Gras vertrocknet, wurde es Zeit, es abzufackeln, Schneisen ins Buschland zu brennen und die Kängurus in die Speere der Jäger zu treiben. Man zog weiter, wenn an einer Stelle alles Essbare aufgesammelt worden war. Die Aborigines legten selten Vorräte an. Die Vergangenheit und die Zukunft gab es in ihren Augen nicht. Die Ureinwohner lebten im zeitlosen Glück.
Lange Zeit wurden die Aborigines von den neuen Siedlern als primitive Steinzeitmenschen eingeschätzt, die keine Keramik und keine Häuser kannten und als Nomaden weder Rad noch Ackerbau oder Landwirtschaft entwickelt hätten. Nun gut, sie hatten ganz nebenbei ein gyroskopisches Wunderwerk erfunden, einen Bumerang, der zurückkehrt! Sie hatten die Woomera entwickelt, dank deren Hebelwirkung ein Speer drei Mal weiter fliegen konnte als üblich. Sie hatten gelernt, wie man thermoplastisches Harz herstellt, den über Jahrtausende besten Klebstoff der Welt. Sie hatten einen Wasserbeutel erfunden, den man zurecht als ersten Kühlschrank bezeichnen kann.
Den Coolgardie Safe, der Kapillarwirkung und Verdunstungskühlung nutzte, um das Verderben von Lebensmitteln zu verhindern. Aber ansonsten hielt man sie lediglich für Jäger und Sammler, die Steinäxte und Holzspeere verwendeten. Eine Kultur, die seltsamerweise trotz großer Eisenerzvorkommen die Metallverarbeitung nicht kannte und der das Rad völlig fremd zu sein schien. Doch in den letzten Jahren haben die Archäologen und Paläoanthropologen Australiens Erstaunliches entdeckt, weshalb man sich von vielen alten Vorstellungen verabschieden musste.
Denn die ersten Aboriginal People kannten bereits den Landbau und die Fischerei. Sie waren Seefahrer und Regenwaldmediziner. Sie besaßen über 400 hochkomplexe Sprachen, ...
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