Schweitzer Fachinformationen
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Ob Reizblase, rezidivierende Harnwegsinfekte, chronische Prostatitis oder Frust mit der Lust - eine ganze Reihe urologischer Krankheitsbilder kann durch psychosoziale Konflikte verursacht sein. Im Folgenden werden die wichtigsten Beispiele von Interaktionen zwischen Psyche und Soma im Urogenitaltrakt beschrieben.
Psychosomatische Beschwerden treten auf, wenn sich psychosoziale Konflikte in körperlichen Symptomen äußern. Wie schon der Volksmund sagt, schlagen Sorgen auf den Magen. Die, die es im Kopf nicht mehr aushalten, bekommen Kopfschmerzen, andere machen sich vor Angst in die Hose. Typisch ist, dass als Erklärung für die Beschwerden kein krankhafter Befund vorliegt. Bei Frauen lauten die Diagnosen: Reizblasensymptomatik oder Rezidivneigung von Harnwegsinfekten; bei Männern: vegetatives Urogenitalsyndrom oder oft fälschlicherweise chronische Prostatitis. Wenig Beachtung findet dagegen der Hinweis, dass funktionelle sexuelle Störungen wie Lustlosigkeit, vorzeitiger Samenerguss und erektile Dysfunktion eine Folge psychosozialer Konflikte sein können.
Zwischen Spannung und Entspannung
Die Blase als Urinreservoir füllt sich bei entspannter Blasenmuskulatur kontinuierlich, ohne das wir etwas davon merken. Eine muskuläre Verspannung im Becken-Boden-Bereich verhindert den unwillkürlichen Urinverlust. Beim Entleeren der Blase kommt es umgekehrt zu einer Anspannung des Blasenmuskels und zu einer Entspannung des Beckenbodens. Man lässt los! Dieser Wechsel zwischen Verspannung und Entspannung im Blasen-Becken-Boden-Bereich ist für vegetative Dysregulationen äußerst anfällig, die von psychosozialen Konflikten ausgehen (z. B. häufiger Harndrang in Stresssituationen).
Die Tatsache, dass wir auf der Toilette unsere Blase entleeren, ist eine Frage der Erziehung. Dabei lernen wir, den Entleerungsreflex zu unterdrücken, bis ein geeigneter Ort für die Blasenentleerung gefunden worden ist. Bei nachlassender Hirnleistung im Alter greift die Erziehung nicht mehr. Wie nach der Geburt wird die Blase reflexartig unkontrolliert entleert. Wir werden wieder inkontinent.
Eine strenge und nicht einfühlsame Sauberkeitserziehung kann zeitlebens das Miktionsverhalten (die Blasenentleerung) beeinflussen. Das Bettnässen (Enuresis) bei Kindern zeigt, welchen Einfluss unser soziales Umfeld auf die Blasenentleerung hat. Ohne somatischen Befund ist das Einnässen als Ringen um Anerkennung und Aufmerksamkeit zu verstehen. Betroffene Kinder "weinen" durch die Blase. Sie machen so auf ein psychosoziales Problem aufmerksam, das von engen Bezugspersonen ausgeht. Behandelt werden sollte nicht das Symptom bei den Kindern, sondern die Störung im sozialen Umfeld.
Bei nicht vorhandenem Harnwegsinfekt und restharnfreier Blasenentleerung müssen bei Miktionsproblemen psychosoziale Ursachen berücksichtigt werden. Ein Miktionsprotokoll liefert Hinweise auf die Art der Störung: Häufiger Harndrang tagsüber, der ein Durchschlafen nachts erlaubt, muss, weil die Psyche nachts im Schlaf gleichermaßen ruht, eine psychische Ursache haben. Wird nachts mehrmals eine volle Blase entleert, ist eine kardiale Nykturie ursächlich, oder es handelt sich nach dem Motto: Wer viel trinkt, muss viel zur Toilette, um ein abnormes Trinkverhalten.
Dramatische Bemerkungen der Betroffenen wie oft, häufig und ständiger Harndrang sind subjektive Wahrnehmungen und ungenaue Angaben, die mithilfe des Miktionsprotokolls objektiviert werden.
Die psychischen Ursachen bis hin zur Urge- bzw. Dranginkontinenz sind vielfältig und können von erlerntem Fehlverhalten über nicht wahrgenommene und körperlich transformierte Affekte bis hin zu umfassenden seelischen Erkrankungen reichen.
Psychologie der überaktiven Blase
Ursächlich für eine Reizblasensymptomatik können sein:
Aufgrund einer rigiden Blasenkontrolle und häufigen Blasenentleerungen aus Sicherheitsgründen ("Geh lieber noch einmal zur Toilette!") konnte sich keine ausreichende Blasenkapazität ausbilden. Bereits bei geringen Blasenfüllungen treten Symptome einer vollen Blase auf. Umgekehrt gibt es Patienten mit einer antrainierten sehr großen Blasenkapazität von bis zu 500 ml, die in extremen Fällen nur ein- oder zweimal täglich zur Toilette gehen.
Eine kranke Blase wird sozial besser akzeptiert als eine kranke Sexualität. Betroffene schützen sich mit krankhaft empfundenen Blasenbeschwerden vor nicht gewolltem Geschlechtsverkehr. Das Ziel der Behandlung sollte die sexuelle Störung und nicht die kranke Blase sein.
Patienten, die keinen Zugang zu ihren psychischen Affekten wie Ärger, Zorn oder Angst haben, somatisieren die nicht wahrgenommenen Affekte in Form von körperlichen Beschwerden. Gelingt es, den unbewussten psychischen Affekt bewusst zu machen, indem der Patient lernt, darüber zu reden, kommt es zur Desomatisierung.
Miktionsstörungen können in Verbindung mit anderen vegetativen Dysfunktionen wie Migräne, Angstzuständen und allgemeiner Reizbarkeit auftreten.
Der Rückzug auf die Toilette ist ein Appell an den Partner oder die Familienmitglieder nach mehr Rücksicht, Wärme und Zuwendung.
Patienten, deren seelisches Gleichgewicht gestört ist, reagieren häufig mit somatischen Krankheitserscheinungen in Form von Überregbarkeit auch im Bereich der Blase.
Neigung zu rezidivierenden Harnwegsinfekten:
Aufgrund der kürzeren weiblichen Harnröhre neigen Frauen häufiger zu rezidivierenden Harnwegsinfektionen als Männer. Aufsteigende Infekte sind die Folge einer immunologischen Abwehrschwäche bei Virusinfektionen oder einer verminderten peripheren Durchblutung aufgrund von Kälte (kalte Füße, Frösteln). Außerdem gelangen beim Geschlechtsverkehr Mikroorganismen rein mechanisch von außen in die Blase, die nicht, wie häufig vermutet, vom Partner stammen müssen. Gezielt eingesetzte prophylaktische Maßnahmen sind sinnvoll.
Harnwegsinfekte, die immer am Wochenende, vor einem besonderem Ereignis wie kurz vor einer Urlaubsreise oder in Verbindung mit einem neuen Partner auftreten, sind jedoch auf andere Ursachen zurückzuführen.
Oft lässt sich eine Traumatisierung in der Vergangenheit finden. Die Unsicherheit, von einem Harnwegsinfekt überrascht zu werden, wie sie schon einmal in einer ungewohnten Situation erlebt wurde, bewirkt eine weitere Verunsicherung und macht Angst. Der Stress, einer solchen Situation erneut ausgesetzt zu sein, führt zu einer Verspannung im Becken-Boden-Bereich. Ein nicht entspanntes, unverkrampftes "Loslassen können" ist nicht möglich und die Ursache für Miktionsbeschwerden wie bei der Reizblasensymptomatik führt aber auch zu aufsteigenden Infektionen bei stressbedingter veränderter Blasenentleerungsdynamik.
Beruhigend und stressreduzierend wirkt ein Antibiotikum, das Patientinnen für Notfälle dabei haben sollten. Sie dürfen jederzeit davon Gebrauch machen. Nicht von Bedeutung ist, wenn eine Tablette unbegründet eingenommen wurde, wichtiger ist, jederzeit auf ein Medikament zurückgreifen zu können. Die Sicherheit der Betroffenen, geschützt zu sein, schafft Erleichterung und reduziert die Rezidivneigung.
Vegetatives Urogenitalsyndrom (chronische Prostatitis)
Im Gegensatz dazu liegt beim vegetativen Urogenitalsyndrom des Mannes keine Infektion vor, obwohl immer wieder eine chronische Prostatitis vermutet wird. Bei nicht vorhandenem Harnwegsinfekt und restharnfreier Blasenentleerung müssen die unklaren verunsichernden ziehenden Unterbauchschmerzen von unterschiedlicher Qualität eine andere Ursache haben.
Wenn danach gefragt wird, fällt auf, dass die Beschwerden besonders in Konflikt- oder Stresssituationen auftreten. Konfliktbedingte Affekte wie Ärger, Zorn, Angst oder Enttäuschungen werden wie bei der Reizblasensymptomatik auf die körperliche Ebene transformiert, und zwar dort, wo früher seelische, aber auch körperliche Traumatisierungen stattgefunden haben. Es sind kriminalistische Fähigkeiten notwendig, um diese Ursachen ausfindig zu machen. Wie wir es von stressbedingten Rückenschmerzen kennen, kommt es im Becken-Boden-Bereich zu Verspannungen oder Verkrampfungen im Sinne einer Beckenbodenmyalgie.
Die Art der Beschwerden im Unterbauch lässt Erkrankungen in unterschiedlichen Fachgebieten vermuten. Bei Ausstrahlung in den Kreuzbeinregion ist der Orthopäde gefragt. Der Proktologe findet Hämorrhoiden bei Ausstrahlung in den Enddarm. Der Chirurg vermutet ein weiche Leiste, wenn die Schmerzen dort auftreten. Patienten haben Angst vor einem Hodentumor, wenn es dort...
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