Schweitzer Fachinformationen
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In der Penn Station in New York explodiert eine Bombe. Daher ist Julia Swann erleichtert, als ihr Mann Michael, der zu der Zeit im Bahnhof war, eine SMS schickt. Aber dann statten Beamte der Terrorabwehr Julia einen Besuch ab und zeigen ihr ein Überwachungsvideo, in dem Michael vom Tatort flüchtet. Offenbar hat er die Bombe gezündet. Julia glaubt jedoch nicht, dass ihr Mann ein Terrorist ist. Sie ist entschlossen, Michael vor der Polizei zu finden und ihm zu helfen. Ein gnadenloser Wettlauf beginnt ...
Ich kann sie jeden Tag sehen. Ich schließe die Augen, und sie tritt aus der Dunkelheit hervor, eine strahlende Erscheinung, die ich einfach nicht verdiene. Noch immer habe ich sie an diesem Tag vor Augen. Sie hatte ein weißes Trägershirt und eine Caprihose an, auch wenn es Monate dauerte, bis mir wieder einfiel, dass das die richtigen Bezeichnungen dafür waren. Sie stand in der Sonne, deren Strahlen die weiche Haut ihrer Wangen streiften und die atemberaubende Intensität ihres Blicks verstärkten. Die dunklen Haare hatte sie nach hinten zusammengebunden, wodurch ihr markantes Gesicht und ihr langer, eleganter Hals betont wurden. Sie sah aus wie eine Läuferin und eine Anführerin, eine Mutter und eine zeitlose Schönheit, zumindest in meinen Augen. Und ich sah den Ring an ihrem Finger, silbern, schlicht. Ihr Name war Julia. Julia Swann.
An dem Tag, als es passierte, saß sie mit Evelyn und Tara, zwei Nachbarinnen, auf der Veranda hinter dem Haus. Ihre Kinder spielten im Garten mit großen, teuren Wasserpistolen. Ihre wilden Schreie hallten durch das engmaschige Straßennetz der Nachbarschaft, die sich außerhalb von Philadelphia auf dem Land erstreckte.
»Diese Aufstände gestern Abend, kaum zu glauben, oder?«, sagte Julia.
»Richtig verrückt, nicht wahr? Ich verstehe das einfach nicht.«
»Ich auch nicht«, sagte Evelyn. »Diese Proteste erinnern an das Wrestling, das sich mein Bruder als Kind immer anschaute.«
Julia lachte. »Stimmt, nur war da alles vorgetäuscht. Das hier ist real.«
»Ich finde, sie sollten einfach alle miteinander festnehmen«, sagte Tara in einem schärferen Tonfall als die anderen. »Nichts als dummes Gerede. Verkünden großartig irgendwelche Versprechen und reden von dieser verfluchten Mauer! Kein Einziger scheint sich darum zu sorgen, dass so viele Menschen ihre Jobs verlieren.«
Evelyn und Julia schwiegen einen Moment lang. Sie wussten nur zu gut, wie heikel dieses Thema werden konnte, insbesondere für Tara. Doch Julia wusste auch, wie besorgt ihre Freundin war. Und sie wollte ihr eine Gelegenheit geben, sich alles von der Seele zu reden. Vielleicht half ihr das ja.
»Über tausend Entlassungen?«, fragte sie mit gerunzelter Stirn und schwenkte das Glas Chardonnay, das sie in der rechten Hand hielt. Tara nickte. Ihre Augen röteten sich, als sie zur Seite sah. Die meisten Nachbarn wussten, dass sie und ihre Familie vermutlich von hier wegziehen mussten, wenn ihr Mann keinen neuen Job an Land zog.
»Das ist alles so verkorkst«, sagte Tara. »Ich dachte, er würde sein ganzes Leben lang hier arbeiten. So war das bei meinem Vater.«
»Heutzutage ist alles so anders«, sagte da die dritte Mutter, Evelyn Chase. Sie hatte kurze dunkle Haare und trug aufeinander abgestimmte Laufkleidung von Athleta.
Julia lehnte sich zurück und beobachtete die Kinder. Ihre Jungs, Evan, zwölf Jahre alt, und Thomas, acht Jahre, waren sehr gut mit Brady, Evelyns ältestem Sohn, befreundet. Gerade eben steckten die drei die Köpfe zusammen, es sah so aus, als würden sie eine perfekt koordinierte Attacke auf die anderen Kinder planen.
»Ist es denn endgültig?«, fragte Julia.
»Ich denke schon, aber sie haben noch nicht verkündet, wer gefeuert wird. Heute hat wohl irgendein wichtiges Meeting stattgefunden, aber ich habe bislang noch nichts gehört.«
»Kann er nicht hier etwas anderes finden?«
Tara schüttelte den Kopf und lachte müde. »Das bezweifle ich. Er ist Pflanzengenetiker. Wenn es da überhaupt irgendwelche Jobs gibt, dann im Mittleren Westen.« Wieder lachte sie, aber dieses Mal kullerte eine Träne über ihre Wange. »Könnt ihr euch das vorstellen? Ich in Iowa?«
»Da ist es ganz schön«, sagte Evelyn. »Das habe ich zumindest gehört. Frannie Goode ist vor ein paar Jahren dorthin gezogen, und ihr gefällt es richtig gut.«
»Ach wirklich?«, sagte Tara.
»Na komm«, sagte Evelyn. »Das wird schon. Am Anfang wirst du dich schwertun, aber so ist das bei jeder Veränderung. Und du wirst schon sehen, den Kindern wird es da richtig gut gehen. Sieh sie dir nur an. Sie kommen mit allen klar. Und dann mit ihrem Sport, das wird super.«
»Und wenn sie es nicht in ein Team schaffen?«
Julia schüttelte den Kopf. »Tja, stimmt schon.«
Einen Moment lang sagte keine der drei etwas. In geübter Synchronie nippten sie an ihrem Wein. Die Kinder lachten und grüßten, als eine Nachbarin vorbeifuhr und ihnen zuhupte. Die drei Frauen lächelten und winkten.
»Sie hat eben in der Bibliothek angefangen«, bemerkte Julia geistesabwesend.
»Karen?«
»Ja.«
»In der Schule?«
»Nein, hier im Stadtteil.«
»Tatsächlich?«
Julia nickte.
»Das ist ja wunderbar«, sagte Evelyn.
Julias Handy vibrierte. Es lag auf der Lehne des Adirondack-Gartensessels, den sie und Michael gekauft hatten, als sie im Juni am Strand waren. Sie warf einen Blick aufs Display und sah, dass es ihr Ehemann war.
»Da muss ich rangehen.«
»Kein Problem«, sagte Evelyn.
Julia warf Tara einen kurzen Blick zu und bemerkte, dass sie die Kinder betrachtete. Es sah ganz so aus, als würde ihre Freundin gleich in Tränen ausbrechen. Julia stand aus dem Gartenstuhl auf, das Handy in der Hand, das Weinglas auf der Lehne, und legte die Hand sanft auf Taras Schulter. Sie sahen sich kurz an, und Julia lächelte. Es war ein angenehmes, freundliches Lächeln. Taras Blick fiel nach unten, und sie legte ihre Hand ganz kurz auf Julias. Auf dem Weg zum Haus spürte Julia eine leichte Übelkeit im Magen.
Mit einem »Hey« nahm sie den Anruf entgegen.
»Hey«, sagte auch ihr Mann Michael.
Im Hintergrund hörte sie Lärm. »Wo bist du? Das klingt nach einer Party.«
»An der Penn Station. Ich gehe gerade die Treppe runter.«
Sie atmete tief durch. »Wie ist es gelaufen?«
»Großartig«, sagte er. Sein Tonfall war anders als sonst, fiel ihr auf. Er war in letzter Zeit auffälliger geworden, als müssten seine Worte vor allem ihn selbst überzeugen. »Ich glaube, ich hab's geschafft. Sie haben mir die üblichen Fragen gestellt. Ich denke, ich habe sie ganz gut beantwortet. Die Zuständige von der Personalabteilung hat mich dann zum Mittagessen eingeladen. Du wärst begeistert von ihr. Sie hat selbst zwei Kinder, etwas jünger als unsere.«
Julia strich sich über den Bauch und schaute aus dem Fenster. »Haben dir die Büros gefallen?«
»Absolut.«
»Die Leute?«
»Ja, ganz gut.«
»Ganz gut?«, hakte sie nach.
»Also, ich meine, es war .«
»Oh.«
Die Welt draußen nahm wieder Konturen an, als einer der Jungs losbrüllte. Sie sah, wie sich Thomas, ihr Jüngster, die Stirn hielt. Sein strubbeliger blonder Pony verdeckte seine kleinen Finger fast vollständig. Aber sie sah, dass er die Augen weit aufgerissen hatte, ob vor Schmerz oder Wut, konnte sie nicht sagen.
»Ich muss los«, sagte sie.
»Alles okay?«
»Ja, Tara und Evelyn sind hier. Ich glaube, Thomas hat sich den Kopf angehauen.«
»Schlimm?«
Sie lachte. »Vermutlich nicht.«
»Wie geht's Tara so?«, fragte er.
Sie seufzte. »Es sieht nicht gut aus. Sie ist sich ziemlich sicher, dass sie von hier wegziehen müssen.«
»Das ist ja mal scheiße«, sagte Michael.
Einen Moment lang schwiegen sie.
»Tja.«
Thomas drückte die Tür zur Küche auf. Sein Weinen war durch das Telefon zu hören.
»Hilfe«, sagte Michael. »Kümmere dich mal um ihn. Ich sollte in drei Stunden zu Hause sein, vorausgesetzt, der Zug hat keine Verspätung.«
»Ich liebe dich«, sagte sie.
»Ich dich auch.«
Julia legte genau dann auf, als Evan durch die Hintertür kam und zu Thomas aufschloss. Er beugte sich vor und redete leise mit seinem kleinen Bruder, hatte eine Hand auf dessen Schulter gelegt. In Momenten wie diesen erkannte Julia, wie sehr Evan seinem Vater glich, mit seinen rotblonden Haaren und den blauen Augen. Und wie sein Vater war auch er ein Baseballspieler. Die Erkenntnis, wie reif ihr Sohn bereits war, überrumpelte sie gerade völlig.
»Sie werden so schnell erwachsen«, flüsterte sie.
Grinsend ging Evan zu den anderen Kindern nach draußen, und Thomas kam zu ihr. Er weinte nicht mehr, aber sie nahm ihn trotzdem in den Arm und küsste ihn auf den Kopf. Das verstrubbelte Haar roch nach Sonne und war überraschend warm an ihren Lippen.
»Was ist passiert?«, flüsterte sie und hielt ihn dabei fest.
Abgehackt kamen seine Worte heraus, wie bei chronischem Husten. »Brady hat mich auf den Kopf geschlagen.«
»Absichtlich?«, fragte sie.
»Bestimmt.«
Julia legte die Wange auf den warmen Kopf ihres Sohnes und unterdrückte ein Lachen. Ein breites Lächeln tauchte auf ihrem Gesicht auf, als sie über seinen Rücken rieb.
»Rate mal, was ich gestern gekauft habe?«
Sofort hörte das Schluchzen auf. »Was?«
»Dieses Eis, das du so gerne magst, mit der tollen Füllung.«
Er löste sich aus ihrer Umarmung und sah sie an. »Krieg ich eins?«
»Nur wenn du den anderen eins mitbringst.«
Barfuß hüpfte er auf dem Fliesenboden herum. »Okay.«
»Alles okay mit deinem Kopf?«
»Ja-ha.«
Das Gefühl, das Julia in diesem Moment übermannte, ließ sich nur schwer beschreiben. Es überkam sie häufig, vor allem aber in den eigenartigsten Momenten. Wenn sie still vom Zimmer nebenan zuhörte, wie ihre Söhne mit...
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