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Die komparative Analyse ist in der Biologie ein seit langem eingesetztes Mittel, Entdeckungen zu machen. Wurden anfangs Morphologien ganzer Organismen verglichen, vergleichen wir heute Sequenzen. Das Ergebniss einer Suche nach Ähnlichkeiten zwischen zwei oder mehreren Sequenzen, nach Homologien, wird gewöhnlich in Form eines "sequence alignment" dargestellt. Dabei wird eine distinkte Beziehung zwischen den Positionen zweier oder mehrerer Nukleinsäure- bzw. Proteinsequenzpositionen hergestellt, die untereinander im Alignment stehen (siehe z.B. Abb. 1.59). Die auf diese Weise erkennbar gemachten Ähnlichkeiten bzw. Abweichungen lassen dann Schlüsse auf strukturelle, funktionelle und evolutionäre Beziehungen zu. Ein Alignment hat also das Ziel, erkennbar zu machen, ob zwei Sequenzen hinreichend ähnlich sind (Ähnlichkeit, similarity, ist eine quantifizierbare Größe, z.B. ausgedrückt als % Identität zweier Sequenzen), so daß man das Vorliegen einer Homologie annehmen kann. (homology ist also der Schluß, der aus dem Vergleich der beiden Sequenzen gezogen wird.) Zwei Gene sind entweder homolog, oder sie sind es nicht. Korrekt gesprochen, gibt es Grade von Ähnlichkeit (similarity) aber nicht von Homologie (homology). Hinter "Alignments" steht also der Gedanke, daß evolutionär verwandte Proteine Sequenzähnlichkeit zeigen. Inwieweit dies dann auch für Struktur und Funktion gilt, wird im folgenden zu diskutieren sein.
Zunächst müssen wir uns ansehen, wie der Evolutionsverlauf auf dem Planeten Erde aussah und in welchen Zeitdimensionen Sequenzen evozierten (Abb. 1.1). Bemerkenswert ist, daß distinkte Organismenformen sich bereits zu einem Zeitpunkt von -3,5 Milliarden Jahren nachweisen lassen, also zu einem Zeitpunkt, der tief in die Geschichte des jungen Planeten zurückreicht und weit vor den klassischen geologischen Epochen liegt (siehe Webversion [http://www.sciencemag.org www.sciencemag.org/ ] von A. H. Knoll, A new molecular window on early life. Science 1999, 285: 1025-1026). Vorläufer in Form von mehr oder weniger effizienten selbstreplizierenden Molekülsystemen müssen daher bereits viel früher vorhanden gewesen sein. Selbstreplizierende Molekülsysteme sind vielleicht bereits 300.000 Jahre nach Ausbildung einer festen Planetenoberfläche entstanden. Diese frühen Formen von Leben bestanden, wie eine attraktive Theorie annimmt, aus reinen RNA Systemen, in denen RNA sowohl Informationsmolekül als auch katalytisch kompetentes Molekül war (Abb. 1.2). Walter Gilbert prägte 1986 hierfür den Begriff der RNA World. Es war stets eine wichtige Annahme bei der Modellbildung einer frühen RNA-Evolution, daß Translation ein RNA-katalysierter Prozeß ist. Gerade diese Annahme wurde durch Nissen et al. im Jahre 2000 belegt (Science, 289: 920-930). Diesen Autoren gelang es, den lange vermuteten Ribozym-Charakter des Ribosoms nachzuweisen. Vielleicht waren Protoribosomen in einer frühen Evolutionsphase reine RNA-Körper. Wiederum ein Hinweis auf die inhärente Eigenschaft von Materie, sich als selbstreplizierendes Informations/Katalyse-System zu organisieren.
1.1 In diesem Diagramm sind die wichtigsten Ereignisse der Biologie und der Chemie belebter Materie in den 4,5 Milliarden Jahren der Existenz des Planeten Erde zusammengefaßt. Das linke Diagramm beschreibt die Entwicklung der Atmosphäre, das mittlere die Evolution der chemischen und biologischen Vorgänge, die zu den heute beobachteten Organismen führten, während rechts die Phasen der jüngsten Geologie und einiger biologischer Schlüsselereignisse in ihnen beschrieben sind. Signifikant ist das extrem frühe Erscheinen komplexer biologischer Systeme in der Erdgeschichte, entsprechend lang ist die Vorgeschichte biologischer Makromoleküle.
1.2 Darstellung eines denkbaren Ablaufs früher chemischer Evolution in der RNA World Phase. Auch der Übergang von einer RNA- zu einer RNA-Protein Welt läßt sich so erklären, wenn man die ribosomale Translation bzw ihren evolutionären Vorläufer als eine RNA katalysierte Reaktion begreift. A) Zunächst unterliegt eine selbstreplizierende Ribozym-RNA (blau) einer darwinistischen Evolution, in deren Verlauf sie die Fähigkeit entwickelt, eine Aminosäure kovalent an eine Art tRNA-Vorläufer (rot) zu koppeln. Dabei entsteht ein Aminoacyl-Ribozym. B) Die Kopplung zweier oder mehrerer Aminosäuren führt dann zu Peptid.RNA-Komplexen und Proteinen. Die Transpeptidierung wie wir sie auch in "modernen" Ribosomen beobachten, erfordert außer GTP keine zusätzliche Energie, da die Aminoacylester bereits energiereich sind.
folgender Verlauf ist denkbar:
1.3 Moderne biologische Systeme benutzen DNA als Informationsspeicher und Proteine für die katalytischen Aufgaben.
1.4 Proteine besitzen eine weit höhere Seitenkettenvielfalt als RNA. Ungeachtet dessen und trotz hoher Ladungsdichte und Beweglichkeit des Backbone (siehe pfeile), kann aber auch RNA mit der Unterstützung von Metallionen komplexe Strukturen und katalytische Zentren formen.
Moderne biologische Systeme benutzen im biologischen Informationsfluß fast immer den Informationsspeicher DNA (Abb. 1.3) und haben die meisten Struktur- und Katalysefunktionen der Stoffklasse der Proteine anvertraut. Die Vorschrift, nach der die Information des DNA-Informationsmoleküls in Proteine umgesetzt wird, ist der genetische Code, die vermittelnden Moleküle sind messenger und transfer RNA. DNA und RNA sind Biopolymere, die ein Kodierungsalphabet von vier Buchstaben besitzen. Beide sind auf Grund ihres Aufbaus aus Nukleotidbausteinen 5'3' gerichtete Moleküle. Proteine reichen in ihrer Evolutionsgeschichte also weit in den Raum jenseits der 3 Milliarden Grenze zurück. Der molekulare Evolutionsverlauf ist in seinen Details in verschiedenen evolutionären Phasen stets unterschiedlich, da eine darwinistische Evolution von Molekülpopulationen stets von der Fehlerrate des evolvierenden Systems abhängt. Siehe hierzu auch die Gedanken in Kapitel 6.
Proteine bestehen aus den 20 proteinogenen Aminosäuren (Abb 1.4). Wie Nukleinsäuren (5'3'), so sind auch Proteine gerichtete Biopolymere (N Terminus C Terminus). Auf Grund der zahlreichen verschiedenen Seitenketten können Aminosäuren eine große Vielfalt von Strukturen bilden. RNA muß insbesondere wegen der fehlenden hydrophoben Seitenketten andere Lösungen finden, urn hydrophobe Taschen zu bilden. Gerade die Struktur der P4/P6 Domäne der group I-selfsplicing RNA hat auf eindrucksvolle Weise gezeigt, welche reichen Strukturmöglichkeiten auch RNA zur Verfügung stehen, urn eine dichte Raumpackung zu erreichen und Wasser aus einem Faltungs-"innenraum" zu verdrängen, auch wenn dazu nur 4 verschiedene Nukleotide und Metallionen zur Verfügung stehen (Abb. 1.5). Dieser Umstand verleiht RNA die Fähigkeit, katalytische Zentren auszubilden.
1.5 Stereodarstellung der dreidimensionalen RNA-Struktur der P4-P6 Domäne des selbstspleißenden Gruppe I Introns aus Tetrahymena. Trotz eines limitierten Sets an Bausteinen kann RNA mit Hilfe von Metallionen kompakte Strukturen bilden, die an Proteinstrukturen erinnern und katalytische Zentren beherbergen. (aus Cate et aI., Science 1996, 273: 1678-1685; Abdruck mit Genehmigung der American Association for the Advancement of Science)
Zunächst ein Blick auf die historische Entwicklung, die uns zu den heutigen Primärsequenz- und Strukturdatenbanken führte. Genomische Sequenzdaten werden heute in großen Mengen durch die zahlreichen laufenden Genomprojekte erstellt. Die meisten dieser Projekte arbeiten an prokaryontischen Organismen (vielfach Pathogenen) und an einigen eukaryontischen Modellorganismen. Einen guten Überblick verschaffen z. B. die Homepage des Institute for Genomic Research, TIGR, eines Pioneers der Sequenzierung kompletter Genome, oder das ENTREZ Portal des NCBI (Abb. 1.6 und Abb. 1.7). Genomprojekte konzentrieren sich auf evolutionär interessante Organismen, auf molekularbiologische Modellorganismen, auf pathogene Mikroorganismen, auf Organismen mit beträchtlicher wirtschaftlicher Bedeutung und natürlich das menschliche Genom (Abb. 1.8 und Abb. 1.9). Abb. 1.10 läßt erkennen, wie sehr Wachstum des biologischen Wissens und Entwicklung der Computertechnik einhergehen. Dazu kam natürlich die explosionsartige Entwicklung des Internets im Verlauf der 90er Jahre. Abb. 1.11 zeigt, daß die ersten 40 Jahre der modernen Molekularbiologie von...
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