Schweitzer Fachinformationen
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Laut der holographischen Schaltuhr am Ende der Fabrikhalle würde der Arbeitstag noch volle dreihundert-zweiundsechzig Minuten andauern. Bei dem mir neulich zugewiesenen Drehstuhl hier in der Produktionskontrollabteilung würden mich wohl nicht sonderlich viele Arbeitsschritte erwarten, bis zu dem feierabendlichen Surren, welches unter grünem LED-Geblinke der Konsolen die mir endlich nach so viel bohrender Langeweile und monotonen Knopf- und Tastatureingaben heftigst ersehnte Freizeit ankündigen würde. Nach einer gewissen Eingewöhnungsphase hier empfand man die eigene Hand quasi als mit dem Kontrollpult verschmolzen. Hinter der semipermeablen Scheibe konnte man sehr gut die drei zugewiesenen Produktionstrakte betrachten: Vollautomatisierte Förderbänder liefen zwischen den dampfenden Synthese-Kesseln, Zentrifugen, Schläuchen und Kolben hin und her. Künstliche Intelligenzen konfigurierten, erhitzten und vermischten Zutat für Zutat, und transportierten das Ganze immer weiter zum nächsten Vorgang. Verdammt, selbst im Falle einer Komplikation überwachten unzählige Thermometer, Sensoren und sonstige Messgeräte die verschiedenen Werkschritte.Mein einziges Zutun innerhalb der Herstellung von "Treninotschskis Soljanka" bestand darin, zu Beginn der Schicht die vorgegebenen Zutaten und Kochprogramme an die diversen Maschinen zu verteilen. Dann sah ich auf die Excel-Tabellen, Füllanzeigen und Diagramme, bis sich die Balkenanzeigen nach viel Gegähne und Schulterstrecken endlich von rot über gelb nach grün verfärbt hatten... schließlich brauchte ich nur den jeweils blinkenden Schalter mit der Nummer '4', '5' oder '6' zu betätigen, worauf sich in der Mitte der Halle eine riesige Ofenluke öffnete. Aus einer Art gewaltigen Mikrowelle schob sich dann ein gigantischer, containerartiger Kochtopf heraus auf die Rollbänder. In ihm schwappten fast zwei Tonnen Eintopf, bestehend aus Laborgemüse, Hormonfleisch und etlichen weiteren Konservierungs- wie Aromastoffen, welche in Richtung Verpackungsanlagen weiterbefördert wurden. Der Rest der Schicht bestand dann darin, fast 10 Stunden auf den flimmernden Bildschirm zu starren, und auf eine registrierte Fehlerdiagnose zu warten. Da unsere staatliche Manufaktur veraltete, störanfällige Technologie verwendete, leuchtete das rote LED-Lämpchen oft genug am Tag. Genau jener alarmierende Farbton, gepaart mit dem nervtötend hochfrequenten Piepen, riss mich wieder einmal aus der gedanklichen Starre! Intuitiv überflog ich die Kontrollanzeigen, und sah ein stark blinkendes Feld mit der Aufschrift "Gemüsezubereitung". Sind es schon wieder die Gurken, die Probleme verursachten? Genervt stoppte ich den vierten Produktionstrakt mittels eines gelben Knopfes und stand vom Schaltpult auf. Die stählerne Schiebetür öffnete sich, wenn man den im Handballen implantierten Chip vorhielt, und eine Türklinkenbewegung nachahmte. Mehrere Stufen der Gittertreppe nehmend, registrierte ich bereits, woran es liegen musste... der Häcksler streikte wohl. Jedenfalls standen die sonst wirbelnden Klingen in der kolossalen Rührschüssel still. Es fielen trotzdem weiterhin aus den Zulaufrohren Tomaten, Gurken und der labbrige Abklatsch einer Paprika in den matschigen Brei. An der Maschine öffnete ich eiligst den Sicherungskasten. Über vielen scheinbar überschaubaren Reglern und Tasten bestand in einem Display die Auswahl aus 'Systemdiagnose', 'Produktion manuell stoppen' und 'Geschwindigkeit der Rotoren einstellen'. Zunächst entkoppelte ich die Maschine von der sonstigen Produktion. Mit einem großen Ruck fiel noch einmal ein großer Schwall Tomaten hinein, die vereinzelte Letzte wurde sauber halbiert, als sie auf einer der freischwebenden Klingen landete. Nun erst mal geschaut, was überhaupt los war. Die Fehlerdiagnose brauchte immer einen Moment, so dass mir in der Zwischenzeit der Gestank beißender Chemikalien in die Nase gestiegen war. Er rührte von dampfenden Fugen oberhalb des Soßenkessels, der unweit entfernt ja eigentlich auf die Gemüsestreifen und Fleischstücke wartete. Bei vorzeitigem Abkühlen nach nicht ordnungsgemäßen Kochvorgang zerfiel ein Teil der Geschmacksstoffe, die die gustatorischen Eigenschaften der traditionellen Salzgurkenlake und des Weißkohls nachahmen sollten... zurück blieb ein fauliger Geruch und ein leicht pelziger Geschmack im Mund. - Oft für den Rest des Tages.
"Fehlerlokalisierung abgeschlossen", verkündete das Touchpad. "Fremdkörper eingedrungen - Produktion bis auf weiteres eingestellt", hieß es weiter. Wieder nur ein 'T17'? In diesem Routinefall konnte ich nichts anderes tun, als wie im Handbuch beschrieben eine Drohne anzufordern. Na toll. Welchen Sinn sollte es aber auch haben, selber in diesen übergroßen Mixer zu klettern und nach einem unbekannten Kleinstkörper zu wühlen?
Gelangweilt tatschte ich auf der Digitaluhr das 'T' und die '17'.
Eine halbe Minute später erschien aus einem Zugangsschacht über dem Hallentor ein etwa kaninchengroßes Flugobjekt. Immer näher sauste das von einem Rotor angetriebene Roboterwesen, bis 'Detecto217b' auf Höhe meines Brustkorbes in der Luft verharrte.
"Lididiiiip", machte die Drohne, als ihre fühlerartigen Antennen mich registrierten. Sie wand sich dem Sicherheitskasten zu und scannte ihn mit einem Infrarotlichtkegel. Diese Art Robotertyp glich von der Form einer fliegenden Schnecke, nur dass statt einem Schneckenhaus ein kastenförmiger Elektromotor mit einem Propeller auf dem vollständig beweglichen Rumpf angebracht war. Nach einem neuerlichen:
"Lididiiip" landete Detecto auf dem Deckel der Zerteilermaschine, und faltete seine Rotorblätter ein. Wie eine Raupe wand er sich in Richtung eines schmalen Luftloches, schlängelte sich hindurch und landete drinnen auf den Tomaten. Sofort bahnte er sich den Weg durch das Gemüse und grub sich in das Innere des Gemischs. Und, was würde sich finden? Ein gewöhnlicher Kieselstein, wie fast immer? Kakerlakengetier? Oder doch nur wieder ein Stück Plastik? Tag ein, Tag aus dasselbe! Plötzlich tauchte mein elektronischer Gehilfe wieder auf der Oberfläche auf, und krabbelte dank seiner Haftbeschichtung das Glas einfach wieder hoch, und quetschte sich wieder durch das Belüftungsloch. Kaum wieder an der frischen Luft, klappten sich seine Rotorblätter wieder aus, und er erhob sich in die Lüfte. Ich folgte ihm zu der silbernen Schale direkt neben dem Sicherungskasten. Mit einem letzten "Lididiiidiiip" öffnete sich eine schaufelförmige Luke, die wohl so etwas wie Detectos Mund darstellen sollte ... und ein schleimiger Ball fiel heraus auf die Aluminiumschale. Akribisch begann ich mit einer Gabel das Häufchen zu durchkämmen, während die Drohne, noch voller Tomaten und Gurkenmatsch davonbrauste. Hmmm... Moment mal... was zum Geier?! War meinen Augen zu trauen!?
Das konnte doch nicht etwa tatsächlich eine Wespe sein? Aber das war unmöglich! Seit meiner Kindheit als kleiner Junge in den Getreidefeldern an der Wolga hatte ich keine mehr gesehen. Ihren Rumpf nur leicht mit der Gabel tangierend, provozierte ich plötzlich ihre Instinkte. Sie verließ das Innere der wässrigen Paprikahälfte, und obwohl ihr zwar mehrere Beine fehlten, waren die Flügel wohl intakt geblieben! Nachdem sie noch so ein, zwei Zentimeter über die Schale gekrabbelt war, flog das eigentlich ausgestorbene Insekt los, und landete auf meiner Schulter! Sichtlich geschockt pustete ich sie weg. Einmal als Kind hatte ich eine ernsthafte allergische Reaktion, als ich auf eine insektizidresistente Hornissenart an den Flussufern stieß... nun jedoch flog sie ziemlich aufgebracht mit einem hakenförmigen Schlenker auf mich zu und landete auf der nackten Haut des rechten Oberarmes. Sie würde mich doch wohl nicht stechen?! Als das Insekt versuchte, mir fast unter die Ärmel innerhalb der Arbeitsklamotten zu krabbeln, schnipste ich es kurzerhand weg. Zu groß war die Angst! Doch plötzlich war sie auf meinem Hals gelandet. Nein, verdammt! Mit der linken Hand schlug ich sie weg, und bevor die Wespe mit ausgezogenem Stachel auf meinen Beinen landen konnte, schnipste ich sie auf den Boden und trat auf das mich attackierende Insekt. Kurz knirschte es, Moment mal, das klang irgendwie. unnatürlich? Beim Inspizieren der Schuhsohle staunte ich dann nicht schlecht: Statt zerdrückten Insekts in seinem Körpersaft bot sich der Anblick eines kaputten, überholten Spielzeuges irgendeines Spionagedienstes. Es fiel ein weiteres, täuschend echt aussehendes Beinchen heraus aus dem Häufchen kleinster Platinen, Widerständen und Transistoren, und natürlich war da noch ein kleines Kamera-Objektiv, na klar! Verflixt und zugenäht! Was auch immer das zu bedeuten hatte, da hatte ich keinen Nerv für. Das Ganze am Tischbein abstreifend, wurde mir wieder einmal klar, dass dieser zeitraubende Unsinn hier im Betrieb mir grade einmal ein paar hundert DIGI-Unions mehr über dem läppischem Grundeinkommen einbrachte. Und dann auch noch aufpassen müssen, dass nicht sonst was für Nachrichtendienste insgeheim mit fragwürdigen Miniatur-Aufklärungsdrohnen hier im Eintopf herumschnüffeln? Nein danke....
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