Schweitzer Fachinformationen
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In Deutschland ist die Spende von Organen für Transplantationszwecke im Transplantationsgesetz vom 5.11.1997 geregelt. Danach ist die Entnahme von Organen bei toten Spendern nur zulässig, wenn zum einen zuvor der Hirntod des Patienten festgestellt wurde und zum anderen eine Einwilligung zur Organspende bzw. die Zustimmung der Angehörigen dazu vorliegt. Diese ist erforderlich, wenn der Wille des Verstorbenen nicht dokumentiert ist. Die Feststellung des Hirntods erfolgt in einem Verfahren, das für Deutschland durch die Richtlinien der Bundesärztekammer geregelt ist (letztmalig fortgeschrieben 2015).7 Voraussetzung für die Feststellung des Hirntods sind eine akute schwere Hirnschädigung und der Ausschluss bestimmter Faktoren (z. B. die Einnahme von Medikamenten, die die Hirntoddiagnostik verzerren können).8
Die schwere Hirnschädigung wird an der Bewusstlosigkeit, fehlenden Reflexen des Hirnstamms und dem Atemstillstand festgemacht. Um den Hirntod von anderen Bewusstseinsstörungen abzugrenzen, müssen eine Reihe von Untersuchungen vorgenommen werden, in denen das Ausbleiben von Reflexen sowie Reaktionen auf Schmerzreize überprüft werden. Zu den bei einem Hirntoten (im Unterschied zum nur Bewusstlosen) fehlenden Reflexen zählen:
Deuten alle fünf Reflexprüfungen auf einen Hirntod hin, ist als Nächstes die Spontanatmung zu überprüfen. Sie setzt im lebenden Organismus ein, sobald der Kohlendioxingehalt im Blut durch den Verbrauch des Sauerstoffs ansteigt. Setzt der Atemreflex beim Patienten nicht ein, ist von einem vollständigen Ausfall des Atemzentrums auszugehen. Schließlich ist die Irreversibilität, also Unumkehrbarkeit, der Hirnschädigung festzustellen. Dazu ist ein zeitversetzter zweiter Untersuchungsgang durchzuführen, der - je nach Art der Hirnschädigung und Alter des Patienten - nach 12, 24 oder 72 Stunden angesetzt wird. Bestätigt sich der Ausfall des Gehirns, stellen zwei Ärzte unabhängig voneinander den klinischen Hirntod fest. Dabei muss es sich um zwei erfahrene Fachärzte handeln, die nicht an der Organentnahme bzw. -transplantation mitwirken dürfen, und von denen einer ein Neurologe oder Neurochirurg zu sein hat. Das Ganzhirntod-Kriterium bedeutet dabei organisch den irreversiblen Ausfall von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm.
Der Feststellung des Hirntods geht in der Regel eine Phase der intensivmedizinischen Behandlung voraus, handelt es sich doch um schwerstkranke Patienten. Für diese Behandlung ist das Ziel der Erhaltung des Lebens des Kranken maßgeblich, der Arzt hat also seinem Heilauftrag zu folgen und darf dem Patienten nicht schaden. Im Rahmen der intensivmedizinischen Behandlung kann der Arzt an den Punkt gelangen, an dem er feststellt, dass der Patient an seiner Erkrankung sterben wird und dass eine Fortführung der Behandlung nicht länger in dessen Interesse ist. Kommt der Arzt zu dem Ergebnis, dass eine Weiterbehandlung medizinisch nicht angezeigt ist oder liegt eine Patientenverfügung vor, die in aussichtsloser Lage den Verzicht auf Weiterbehandlung bestimmt, dann bedeutet dies, dass die intensivmedizinischen Maßnahmen einzustellen sind.
Ist der Patient als potenzieller Organspender identifiziert, dann müssen jedoch bestimmte intensivmedizinische Maßnahmen, wie z. B. die für die Herztätigkeit und Durchblutung der Organe erforderliche künstliche Beatmung, weitergeführt werden, um die Organe transplantationsfähig zu erhalten. Man spricht dabei von "organprotektiven" Maßnahmen. Außerdem muss sichergestellt sein, dass der Körper nicht unterkühlt ist oder unter Einwirkung von Giften steht. Die für eine Organspende zwingend verlangte Hirntoddiagnostik macht es zugleich erforderlich, dass Schmerz- und Beruhigungsmittel sowie Muskelrelaxien, also Medikamente zur Entspannung der Muskulatur, im Körper des potenziellen Spenders abgebaut sein müssen. Nur unter diesen Bedingungen lässt sich zuverlässig feststellen, ob das Gehirn im nicht schmerzunterdrückten Zustand auf Schmerzreize reagiert oder nicht. Wir werden auf diesen kritischen Punkt, an dem es um die Frage des Abbruchs oder der organprotektiven Fortführung intensivmedizinischer Maßnahmen geht, unter dem Stichwort "Patientenverfügung" noch einmal zurückkommen.
Nach erfolgter Hirntodfeststellung schließen sich weitere Untersuchungen an, mit denen festgestellt werden soll, ob der "Hirntote" auch tatsächlich als Spender infrage kommt, denn es dürfen nur gesunde Organe oder Gewebe übertragen werden. Heute handelt es sich bei den potenziellen Organspendern nur zum geringeren Teil um Unfallopfer, während dem Hirntod überwiegend eine akute Hirnschädigung (Schlaganfall) oder atraumatische Zustände wie Hirnblutungen, Hirntumore, Hirnentzündungen vorangehen. Kommt der Schwerstkranke für eine Organtransplantation infrage, erfolgt eine Meldung an den zuständigen Koordinator der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DOS). Die nächsten Angehörigen werden zum Gespräch gebeten, um die (ggf. in Form eines Organspenderpasses dokumentierte) Einwilligung bzw. - falls nicht dokumentiert - den mutmaßlichen Willen des Hirntoten hinsichtlich einer Organspende zu erkunden. Die nächsten Angehörigen sind gemäß § 1a Nr. 5 TPG - in dieser Rangfolge - der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner, volljährige Kinder, Eltern bzw. ggf. Sorgeberechtigte, volljährige Geschwister und Großeltern. Liegt die Einwilligung zur Organspende (bzw. die Zustimmung der Angehörigen) vor, übermittelt der Koordinator detaillierte Spenderdaten an die Vermittlungsstelle Eurotransplant, die nach geeigneten Empfängern sucht. Entnommen werden dürfen nur die Organe, für die sich geeignete Empfänger auf den Wartelisten finden.
Der Hirntote wird währenddessen für die operative Organentnahme vorbereitet. Die Organentnahme erfolgt zeitnah, zumeist innerhalb von 48 Stunden nach Hirntodfeststellung. Wurde mittels Hirntoddiagnostik festgestellt, dass sich im Gehirn keine neuronale Aktivität mehr zeigt, wird medizinisch davon ausgegangen, dass mit dem Bewusstsein auch das Schmerzempfinden erloschen ist. Gleichwohl muss damit gerechnet werden, dass es noch über das Rückenmark geleitete motorische Reflexe gibt, die wie bewusste Bewegungen des Hirntoten erscheinen. Die Entnahme der Organe kann zudem zu einem Anstieg des Blutdrucks und der Herzfrequenz führen, die jedoch - so die medizinisch vorherrschende Überzeugung - nicht aus einer Schmerzempfindung resultieren, sondern durch Reflexe des Rückenmarks verursacht sind. Wem diese Vorstellung als potenziellem Spender Unbehagen bereitet, den weist der Deutsche Ethikrat auf Folgendes hin: "Auch wenn es eine medizinische Indikation für eine Schmerztherapie nicht gibt, kann ein Organspender eine entsprechende Bedingung formulieren und seine Zustimmung zur Organentnahme davon abhängig machen."10 Es ist also möglich, im Organspendeausweis oder in der Patientenverfügung darauf zu bestehen, dass die Organentnahme unter Narkose durchgeführt wird. Nach der Organentnahme werden die Wundhöhlen verschlossen. Der Leichnam ist gemäß ärztlichem Ethos in einen würdigen Zustand zu bringen, bevor er in den Verabschiedungsraum überführt wird, wo die Angehörigen Abschied nehmen können.
Die Zuteilung der Spenderorgane erfolgt für acht europäische Länder über die Organisation Eurotransplant. Zur Gruppe dieser Staaten gehören Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Ungarn und Slowenien.11 Für die Zuteilung der Organe werden bei Eurotransplant verschiedene Merkmale einbezogen, wie z. B. die Blutgruppe und der Gewebetyp. Ein komplexes...
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